Aufteilung eines gemeinsamen Wohnrechtes als Gegenleistung
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Ing. PS, Adr, vom 19. Mai 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom 21. April 2006 betreffend Schenkungssteuer im fortgesetzten Verfahren entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Anlässlich der Hausübergabe an den Sohn haben sich die Übergeber das lebenslängliche und höchstpersönliche Wohnungs-(Wohnungsgebrauchs-)recht am gesamten Übergabsobjekt ausbedungen. Strittig war im Folgenden die Aufteilung des Wertes des Wohnungsrechtes als Gegenleistung auf die beiden Erwerbsvorgänge.
Der Unabhängige Finanzsenat (UFS) hat diesbezüglich die Auffassung des Finanzamtes bestätigt, wonach die Aufteilung unter Berücksichtigung der Erlebenswahrscheinlichkeiten zu erfolgen habe, sodass für den einen Teil der Übergabe neben Grunderwerbsteuer auch Schenkungssteuer angefallen ist und die Berufung des Übernehmers gegen diesen Schenkungssteuerbescheid abgewiesen.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom 28. Mai 2009, Zl. 2007/16/0192, wurde die Berufungsentscheidung des UFS vom 9. Oktober 2007, RV/0680-L/06, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Durch diese Aufhebung tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der angefochtenen Berufungsentscheidung befunden hat. Über die Berufung ist daher nochmals zu entscheiden, wobei die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren an die Rechtsauffassung des VwGH gebunden ist.
Soweit die Berufungsentscheidung vom VwGH nicht beanstandet worden ist, wird hiermit für die nochmalige Berufungsentscheidung hinsichtlich Gang des Verfahrens, Sachverhalt und rechtlicher Würdigung auf die Berufungsentscheidung vom 9. Oktober 2007 verwiesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden, wenn der VwGH einer Beschwerde stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
In seinem zum gegenständlichen Fall erlassenen Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2007/16/192, hat der VwGH folgende Rechtsanschauung niedergelegt:
Ein mehreren Personen eingeräumtes, von diesen gleichzeitig ausübbares Wohnrecht derselben Räumlichkeiten stellt auf der Seite des dadurch Belasteten ein Wohnrecht dar, dessen Wert gegebenenfalls - etwa für die Frage der Schenkungssteuer - auf die Berechtigten aufzuteilen ist. Dabei ist denkmöglich dass sich der Übergeber ein Wohnrecht für sich selbst oder aber (in einem Vertrag zu Gunsten Dritter) ein Wohnrecht für seine Ehegattin (allein) oder für einen Dritten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2001,Zl. 2001/16/0436) oder auch ein Wohnrecht für sich und seine Ehegattin ausbedingt. Soweit das jeweils ausbedungene Wohnrecht dieselben berechtigten Personen betrifft, ist dessen Wert demnach aufzuteilen. Hätte sich jeder der Übergeberteile das Wohnrecht für sich und für den jeweils anderen Übergeberteil ausbedungne (wie der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat und in der Beschwerde ins Treffen führt), dann hätte sich jeder der Übergeberteile somit das Gleiche, nämlich das "gesamte" Wohnrecht ausbedungen und wäre der Wert des "gesamten" Wohnrechtes daher zu halbieren und diese Hälfte beim Erwerbsvorgang jeder Liegenschaftshälfte anzusetzen. Hätten der Übergeber und die Übergeberin jedoch ein Wohnrecht jeweils nur für sich selbst ausbedungen, wäre der Wert des "gesamten" Wohnrechtes nach dem Gesichtspunkt aufzuteilen, wie lange jeder Berechtigte dieses sein Wohnrecht ausüben kann.
In diesem Sinn bringt der Übernehmer im gesamten Verfahrensverlauf vor, die Übergeber hätten sich ein gemeinsames Wohnrecht, jeweils für sich und den anderen, ausbedungen. Lt. Übergabsvertrag (auszugsweise) übergeben die Übergeber gegen Duldung des Wohnrechtes. Der Übernehmer verpflichtet sich zur Duldung des Wohnrechtes zugunsten der Übergeber. Den Übergebern gebührt das Wohnrecht am Übergabsobjekt, so wie sie dieses bisher als Eigentümer ausgeübt haben. Wenn auch die Formulierung im Übergabsvertrag den behaupteten Vertragswillen nicht explizit zum Ausdruck bringt, so kann nach Ansicht des UFS aufgrund der durchgehenden Verwendung des Plural in den entscheidenden Passagen doch davon ausgegangen werden, dass sich jeder Übergebende die gesamte Gegenleistung versprechen ließ. Auch die Bezugnahme auf die bisherige Nutzung, welche bei aufrechter Ehe wohl nur als "gemeinsam" bezeichnet werden kann, unterstützt das Berufungsvorbringen. Es steht auch durchaus im Einklang mit der Lebenserfahrung, dass sich Ehegatten vertraglich ein gemeinsames Wohnrecht zusichern lassen. Gegenteilige Anhaltspunkte sind nicht erkennbar. Nicht zuletzt spricht die gleichzeitige, einheitliche Vertragserrichtung für ein gemeinsames Wohnrecht, was schon der VwGH in seinem Erkenntnis angedeutet hat.
Es kann daher für die weitere Entscheidung unbedenklich davon ausgegangen werden, dass sich im gegenständlichen Fall jeder der Übergeber das Gleiche ausbedungen hat, sodass nach der dargestellten Rechtsansicht des VwGH zum Zwecke der Ermittlung, was Gegenleistung für die Übergabe eines Hälfteanteiles an der Liegenschaft war, das gesamte Wohnrecht zu halbieren ist.
Die grundsätzliche Annahme einer gemischten Schenkung in Zusammenhang mit der gegenständlichen Hausübergabe aufgrund eines Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung hat der Übernehmer nie in Zweifel gezogen. Bei Vorliegen einer solchen gemischten Schenkung wird der einheitliche Erwerb für Zwecke der Steuerberechnung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil zerlegt. Für den entgeltlichen Teil wird Grunderwerbsteuer, für den unentgeltlichen Teil Schenkungssteuer erhoben. Gemäß § 3 Abs. 1 Zif. 2 GrEStG sind Rechtsgeschäfte, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Gegenleistung übersteigt. Als Wert des Grundstückes ist gemäß § 6 Abs. 1 lit. b GrEStG das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen.
Eine Schenkungssteuer fällt somit nur in dem Fall an, dass der Grundstückswert die Gegenleistung übersteigt, wobei für die Steuerberechnung Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 19 ErbStG nach den allgemeinen Regeln des Bewertungsgesetzes zu bewerten sind. Nach diesen Regeln beträgt die Gegenleistung des Übernehmers für den Erwerb der Haushälfte von seinem Vater unstrittig insgesamt 48.387,37 €, sodass der halbe Wert des Wohnrechtes (Gegenleistung des Übernehmers für den Erwerb der Haushälfte von seinem Vater) 24.193,68 € ausmacht.
Aufgrund der nunmehr geänderten Aufteilung der Gegenleistung ist daher für die steuerliche Beurteilung des gegenständlichen Erwerbsvorganges dem Wert des Grundstückes (halber dreifacher Einheitswert) in Höhe von 23.218,97 € die halbe Gegenleistung in Höhe von 24.193,68 € gegenüberzustellen.
Überschreitet aber die Höhe der Gegenleistung die Höhe des anteiligen Einheitswertes, muss die Übertragung der Liegenschaftshälfte als rein entgeltlicher und damit ausschließlich der Grunderwerbsteuer zu unterstellender Erwerb angesehen werden. Eine Schenkungssteuer fällt nicht an.
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Diese Berufungsentscheidung wird dem Bw persönlich zugestellt, weil die Vollmacht (einschließlich Zustellvollmacht) des Notares Dr. Peham durch die Beendigung seiner Amtstätigkeit erloschen ist.
Linz, am 21. Juli 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Schlagworte: | Verbindungsrente |
Verweise: | VwGH, 2007/16/0192 |