UFS RV/0003-I/05

UFSRV/0003-I/058.7.2009

Vorsteuerabzug bei einem gemischt (unternehmerisch und privat) genutzten Gebäude

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom 25. August 2004 betreffend Umsatzsteuer 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe betragen (gegenüber der Berufungsvorentscheidung unverändert): steuerpflichtige Umsätze 2002: 2.041,94 €, Umsatzsteuergutschrift: -46.542,37 €.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) errichtete im Streitjahr 2002 ein Appartementhaus, in dem sich neben den für Zwecke der gewerblichen Vermietung genutzten Ferienwohnungen auch zwei Privatwohnungen befinden.

In der Umsatzsteuererklärung 2002 wurde unter Berufung auf das Urteil des EuGH Rs. C-269/00 , Seeling, die gesamte Vorsteuer für den Neubau geltend gemacht. Der (gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige) Umsatzsteuerbescheid vom 25. August 2004 erging erklärungsgemäß, wobei das Finanzamt auf Basis der eingereichten Erklärung offensichtlich von einer bloß geringfügigen Privatnutzung des Gebäudes ausgegangen ist. In der Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid vom 25. August 2004 teilte der Berufungswerber mit, dass der dem Finanzamt bisher bekannt gegebene Privatanteil zu berichtigen sei und 21,32 % (bezogen auf das Gesamtgebäude, bestehend aus einem Altbestand im Erdgeschoß und dem im Streitjahr errichteten Zu- und Aufbau) betrage. Rechtlich zog der Berufungswerber daraus den Schluss, dass die Privatnutzung nicht untergeordnet und deshalb die Vorsteuer für den nicht unternehmerisch genutzten Teil des Neubaues nicht abzugsfähig sei. Nach einer diesem Vorbringen Rechnung tragenden Berufungsvorentscheidung (mit Ausfertigungsdatum 29. November 2004) wurde im Vorlageantrag vom 30. Dezember 2004 unter Berufung auf das Gemeinschaftsrecht wiederum der volle Vorsteuerabzug für den Neubau begehrt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom 23. November 2006 wurde die Entscheidung über die Berufung im Hinblick auf das beim Verwaltungsgerichtshof unter Zl. 2005/14/0035 anhängige Verfahren (betreffend den Vorsteuerabzug bei gemischt genutzten Gebäuden) gemäß § 281 BAO ausgesetzt. Aus Anlass des genannten Beschwerdeverfahrens hat der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 24. September 2007, Zl. 2006/15/0056, ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 234 EG an den EuGH gerichtet. Dazu ist am 23. April 2009 das Urteil des EuGH (Rs. C-460/07 ) ergangen. Mit Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, hat der VwGH die Beschwerde des Ausgangsverfahrens abgewiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

I. Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 sind, als nicht für das Unternehmen ausgeführt. Dieselbe Regelung fand sich in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1972.

Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind u.a. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1) sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung (Z 2 lit. a).

II. Gemäß Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche Bemessungsgrundlage (6. MwSt-RL) legt der Rat auf Vorschlag der Kommission vor Ablauf eines Zeitraumes von vier Jahren nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie einstimmig fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar ist ... (Unterabsatz 1). Bis zum Inkrafttreten der vorstehend bezeichneten Bestimmungen können die Mitgliedstaaten alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Richtlinie bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind (Unterabsatz 2).

III. Im Erkenntnis vom 28. Mai 2009, 2009/15/0100, hat der Verwaltungsgerichtshof - zu der auch im Berufungsfall maßgeblichen Rechtslage im Jahr 2002 - ausgesprochen, dass die anteilig auf privat genutzte Gebäudeteile entfallende Vorsteuer bereits nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 EStG 1988 vom Abzug ausgeschlossen ist. Diese Bestimmung sei unabhängig von der (seit dem AbgÄG 1997 mehrfach geänderten) Vorschrift des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 anwendbar und durch Art 17 Abs. 6 Unterabsatz 2 der 6. MwSt-RL gedeckt.

IV. Das Ausmaß der Privatnutzung des Appartementhauses wurde, wie in der Verwaltungspraxis üblich, nach dem Verhältnis der Nutzflächen der jeweils nach dem Überwiegensprinzip betrieblichen zu den privaten Räumen ermittelt (zum Aufteilungsschlüssel siehe auch Seite 6 des VwGH-Erkenntnisses vom 28. Mai 2009) und ist nicht strittig. Da die Privatnutzung des Gebäudes - ebenso unbestritten - nicht mehr als untergeordnet anzusehen ist, war hinsichtlich der privaten Gebäudeteile ein (anteiliger) Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Innsbruck, am 8. Juli 2009

Ergeht auch an: Finanzamt als Amtspartei

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Verweise:

VwGH 28.05.2009, 2009/15/0100
EuGH 23.04.2009, Rs C-460/07

Stichworte