UFS RV/0407-L/09

UFSRV/0407-L/097.7.2009

Kein Verstoß der Kammerumlage II gegen Art 43 EG, 87 EG und 7 B-VG

 

Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1034/09 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30.11.2009 abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/15/0159 eingebracht. Mit Erk. v. 31.5.2011 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der VAS, vertreten durch IWG, vom 30. Dezember 2008 gegen den Bescheid des Finanzamtes L vom 22. Dezember 2008 betreffend Kammerumlage gemäß § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 für 11/2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

1. Die Bw. reichte am 12. November 2008 folgendes Schreiben bei der zuständigen Finanzbehörde ein: Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag - Kammerumlage II, November 2008. (a) Unter Hinweis auf die nachstehende Begründung werde seitens der Bw. die Kammerumlage II mit 0,00 € berechnet und somit keine Zahlung geleistet. Rechnerisch würde sich für die Kammerumlage II für November 2008 ein Zahlungsbetrag von 115.004,84 € ergeben, den man aufgrund der im folgenden geäußerten Rechtsansicht nicht schulde und daher nicht zur Einzahlung bringe.

(b) Die Selbstberechnung mit 0,00 € erfolge mit folgender Begründung:

(1) Die Einhebung der Kammerumlage II widerspreche Art. 43 Abs 1 EGV (Niederlassungsfreiheit). Nach neuerer Rechtsprechung des EuGH sei Art 43 EGV nicht allein als Diskriminierungsverbot ausländischer Wirtschaftstreibender zu sehen; Art. 43 EGV stelle vielmehr ein generelles Verbot von ungerechtfertigten Behinderungen der Niederlassungsfreiheit dar. Die Pflichtmitgliedschaft in einer Kammer im Zusammenwirken mit der verpflichtenden Entrichtung eines Kammerbeitrages stelle eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn der Kammerbeitrag im Vergleich zu den von der Kammer angebotenen Leistungen in einem groben Missverhältnis stehe.

(2) Die Kammerumlage II widerspreche dem Sachlichkeitsgebot des Art. 7 B-VG. Die Bemessung der Kammerumlage nehme weder Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen (und widerspreche damit dem mittelbar im Verfassungsrang stehenden Leistungsfähigkeitsprinzip), noch auf das Ausmaß der Leistungen, die der Abgabepflichtige allenfalls in Anspruch nehmen könne.

Beantragt werde daher, den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag bescheidmäßig mit dem Betrag von 0,00 € festzusetzen.

2. Das zuständige Finanzamt setzte mit Bescheid vom 22. Dezember 2008 den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für November 2008 mit 115.004,84 € fest. Die Festsetzung wurde wie folgt begründet: Dem Antrag vom 12. Dezember 2008 - die Kammerumlage II für 11/2008 mit 0,00 € festzusetzen - habe man nicht entsprechen können. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung der KU II werde auf die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen des § 122 Abs 7 und 8 WKG verwiesen. Der zu entrichtende DZ für den Kalendermonat 11/2008 sei daher gemäß § 201 BAO in der mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 bekanntgegebenen Höhe festzusetzen.

3. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 wurde gegen den Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für November 2008 (datiert mit 22. Dezember 2008) innerhalb offener Berufungsfrist das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Diese richte sich gegen die Vorschreibung von 115.004,84 €, die gegenüber der erfolgten Selbstberechnung von 0,00 € abweiche. Beantragt werde daher, die Festsetzung des Zuschlages mit 0,00 € anzunehmen.

(a) Der Bescheid gründe sich auf eine gemeinschaftsrechtswidrige Bestimmung, nämlich auf § 122 Abs 7 und 8 WKG. Diese sei im Umfang ihrer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit durch primäres Gemeinschaftsrecht verdrängt und daher nicht anzuwenden, weshalb der Bescheid an Rechtswidrigkeit des Inhaltes leide.

(b) Verstoß gegen Art. 43 EGV:

(1) Nach Art. 43 EGV seien ungerechtfertigte Behinderungen der Niederlassungsfreiheit verboten. Nach der Rspr des EuGH seien darunter nicht nur diskriminierende Maßnahmen, also Maßnahmen die einen Unterschied zwischen Ausländern und Inländern machten, sondern auch nicht-diskriminierende Maßnahmen zu verstehen. Auch § 122 Abs 7 und 8 WKG sei eine nicht-diskriminierende Maßnahme, die die Niederlassungsfreiheit ungerechtfertigt beeinträchtige.

(2) § 122 Abs 7 und 8 WKG bestimmten, dass alle Mitglieder der Wirtschaftskammer eine "weitere Umlage" (zusätzlich zur Umlage nach § 122 Abs 1 oder 2 WKG) an die Landeskammern und die Bundeskammer zu entrichten hätten. Wer Mitglied sei, bestimme sich nach § 2 WKG. In Verbindung mit dieser Bestimmung müssten daher alle Unternehmen deren Tätigkeit der GewO unterliege, unterschiedslos eine Umlage nach § 122 Abs 7 und 8 WKG entrichten. Dieser Umlage werde die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967 zugrundegelegt. Das sei die Summe der Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Bundesgebiet beschäftigten Dienstnehmer gezahlt werde, wobei ein ins Ausland entsendeter Dienstnehmer ebenfalls als im Bundesgebiet beschäftigt angesehen werde.

Eine solche undifferenzierte nationale Bestimmung sei mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar: Insbesondere Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig seien, würden in mehreren Mitgliedstaaten mit Mitgliedsbeiträgen zu gesetzlichen Interessenvertretungen belastet. § 122 Abs 6 und 7 WKG stelle in keiner Weise darauf ab, ob das Mitglied auch in einem anderen Mitgliedstaat Mitglied einer gesetzlichen Interessenvertretung sei und in welcher Höhe eine Beitragsbelastung anfalle.

(3) Freilich liege es am europäischen Gesetzgeber, ein System gesetzlicher Interessenvertretungen in Europa derart zu harmonisieren, dass ungerechtfertigte Doppelbelastungen von grenzüberschreitenden Unternehmen und somit eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes vermieden würde. Eine fehlende Harmonisierung hindere den Normunterworfenen aber nicht, den Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit im Sinne der unmittelbaren Wirkung des Primärrechtes sofort aufzugreifen. Dies sei vor dem Hintergrund der enormen Belastungen, denen die Unternehmen durch derartige Mitgliedsbeiträge in verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ausgesetzt seien, notwendig.

(c) Verstoß gegen Art. 87 EGV:

(1) Nach Art. 87 EGV seien staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigten.

(2) Das Tätigwerden der nationalen Gerichte und Behörden im System der Kontrolle von staatlichen Beihilfen beruhe auf der unmittelbaren Wirkung, die dem in Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV ausgesprochenen Verbot, beabsichtigte Beihilfemaßnahmen durchzuführen, zukomme. Dieses Verbot werde als Durchführungsverbot bezeichnet. Die Bekämpfung einer staatlichen Beihilfe müsse also nicht notwendigerweise durch Anrufung der Kommission oder des Europäischen Gerichtshofes geschehen, sondern könne direkt vor der nationalen Behörde erfolgen, welche Normadressat des Durchführungsverbotes sei.

(3) § 122 Abs 7 und 8 WKG verstoße gleich in zweifacher Hinsicht gegen das Beihilfenverbot, einerseits durch die Finanzierung von wirtschaftlichen Tätigkeiten der Wirtschaftskammern und andererseits durch Begünstigung bestimmter Wirtschaftszweige.

(4) Wirtschaftliche Tätigkeiten:

Im Sinne der Rspr des EuGH seien Institutionen nach der Art der österreichischen Wirtschaftskammern als staatliche Institutionen dem Staat zuzurechnen (Verweis auf EuGH 7.5.1998, "Epifanio Viscido", C-52/97 , "Mauro Scandella", C-53/97 und "Massimiliano Teragnolo", C-54/97 gegen Ente Poste Italiane). Das bedeute, dass durch die Wirtschaftskammer an Unternehmen gewährte Beihilfen im Sinne dieser Rspr auch als staatliche Beihilfen anzusehen seien.

In diesem Zusammenhang sei festzuhalten, dass aus den Mitgliedsbeiträgen nach § 122 Abs 7 und 8 WKG (sowie aus anderen Mitgliedsbeiträgen) auch wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammer finanziert würden. So betreibe die Wirtschaftskammer beispielsweise das "WIFI - Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich". Die Wirtschaftskammer werbe selbst auf ihrer Internetseite www.wifi.eu dafür, dass dieses Institut nicht nur in Österreich, sondern auch in Polen, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien tätig sei. Das Institut sei nach der eigenen Aussage eine "Plattform und Wissensvermittler auf den Gebieten Werbung, Public Relations, Internet, neue Bildungsprodukte, Technologien und Innovation". Es sei wohl amtsbekannt, dass diese Dienstleistungen auf entgeltlicher Basis angeboten würden. Damit stehe das WIFI aber in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen Anbietern in Österreich und den genannten anderen Mitgliedstaaten.

Die Mitglieder der Wirtschaftskammer finanzierten aus ihren gesetzlichen Beiträgen somit grenzüberschreitende wirtschaftliche Tätigkeiten der Wirtschaftskammern. Dies stelle eine staatliche Beihilfe dar, die mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar sei, weil sie den Markt zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige.

Aufgrund des erwähnten Durchführungsverbotes des Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV sei es nationalen Behörden verboten, Beiträge einzuheben, mit denen staatliche Beihilfen gewährt würden.

(5) Begünstigung bestimmter Wirtschaftszweige:

Der Begriff der Beihilfe nach Art. 87 EGV umfasse nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in unterschiedlicher Form Belastungen verminderten, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen habe und die somit zwar keine Subvention im strengen Sinn des Wortes darstellten, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstünden. Nach der Rspr des VwGH bedürfe es daher im Hinblick auf das Beihilfenverbot nach Art 87 EGV einer sachlichen Rechtfertigung für eine unterschiedliche steuerliche Behandlung von Unternehmen (Verweis auf VwGH 31.3.2003, 2002/14/0130). § 122 Abs 7 und 8 WKG stellten in Verbindung mit § 41 FLAG auf die Summe von Arbeitslöhnen als Beitragsgrundlage für die in Streit stehende Umlage ab. Dies bewirke, dass vor allem Unternehmen mit einem hohen Personalaufwand - arbeitsintensive Produktionszweige - unverhältnismäßig stark mit der Gebühr belastet würden.

Auch durch die Freigrenze nach § 41 Abs 4 letzter Satz FLAG werde eine Ausnahme zugunsten von Betrieben gemacht, die nur einen sehr geringen Personaleinsatz hätten. Dies verstärke den Effekt zu Lasten der arbeitsintensiven Produktionszweige noch zusätzlich.

Eine staatliche Maßnahme stelle dann eine Beihilfe dar, wenn sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstige (Verweis auf Jestaedt, in Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilfenrechtes 2003, § 8 Rz 8). Prüfe man die steuerliche Regelung nach den Vorgaben der Europäischen Kommission (Verweis auf die Mitteilung der Kommission über Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung - Kommissionsmitteilung Abl 1998, C-384/3), so stelle man fest, dass sie Ausnahmecharakter habe, weil sie eine Ausnahme hinsichtlich jener Unternehmen mache, die sehr wenig oder gar keine Arbeitslöhne zahlten. Somit erfülle die Maßnahme das Kriterium, nicht auf alle Unternehmen und alle Produktionszweige anwendbar zu sein.

Weiters sei festzuhalten, dass die Maßnahme auch nicht durch den inneren Aufbau des Steuer- und Abgabensystems gerechtfertigt sei, weil es kein Grund- und Leitprinzip des österreichischen Steuersystems darstelle, personalintensive Betriebe unverhältnismäßig stärker zu belasten, als kapitalintensive Betriebe. Es sei auch arbeitsmarktpolitisch nicht besonders erstrebenswert, den Faktor Arbeit durch zusätzliche Lohnnebenkosten enorm zu belasten und damit gegenüber dem Produktionsfaktor Kapital ungerechtfertigt zu benachteiligen.

Im Ergebnis sei daher festzuhalten, dass die Bestimmung des § 122 Abs 7 und 8 WKG in Verbindung mit § 41 FLAG eine staatliche Beihilfe im Sinne des § 87 EGV darstelle, weil sie Ausnahmecharakter habe und somit bestimmte Wirtschaftsteilnehmer ungerechtfertigt begünstige. Diese stünden unstrittig auch im unmittelbaren Wettbewerb mit ausländischen Anbietern, womit eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten gegeben sei. Der Behörde sei es nach Art. 88 Abs 3 Satz 3 EGV untersagt, diese Abgabe einzuheben.

(d) Verfassungswidrigkeit:

Der Bescheid leide auch deshalb an Rechtswidrigkeit, weil er sich auf § 122 Abs 7 und 8 WKG stütze und diese Bestimmung durch ihren Verweis auf § 41 FLAG auch verfassungswidrig sei. § 122 Abs 7 und 8 WKG diene der Finanzierung der Wirtschaftskammern. Die Verteilung dieser Finanzierungslast auf die Mitglieder müsse nach einem sachlichen Kriterium erfolgen.

Wie Beiser ausführe, sei eine unverhältnismäßige Belastung aufgrund einer insgesamt (im Verhältnis zu Aufgaben und Zweck nach § 1 WKG) überhöhten Umlagenlast, eine unverhältnismäßige Belastung (und somit Überforderung) einzelner Mitglieder oder eine unverhältnismäßige Verteilung der Umlagekosten unter den Kammermitgliedern mit dem Gebot einer gleichmäßigen Verteilung der Umlagelasten nach Art. 7 B-VG nicht zu vereinbaren (Verweis auf Beiser SWK 9/2008). Aus Art. 7 B-VG werde von der herrschenden Lehre abgeleitet, dass eine Differenzierung sachlich sein müsse. Das bedeute, dass Kriterien, anhand derer Gleiches als gleich erachtet und gleich behandelt sowie Ungleiches als ungleich erachtet und ungleich behandelt werde, sachlich sein müssten (Sachlichkeitsgebot).

Der Bw. sei bekannt, dass der VfGH die Ansicht vertrete, dass ein Abstellen auf die Unternehmensgröße bei der Bemessung einer Abgabe kein unsachliches Kriterium darstelle (Verweis auf VfGH 7.3.1995, B 1933/94). Auf die in Streit stehende Abgabe treffe diese Rspr jedoch nicht zu. Durch die Umlage iSd § 122 Abs 7 und 8 WKG werde eben nicht nach der Unternehmensgröße, sondern nach der Produktionsart differenziert: Unternehmen, deren Produktion vor allem den Produktionsfaktor Arbeit benötige, würden gegenüber Unternehmen benachteiligt, die keine Dienstnehmer beschäftigten oder nur sehr geringe Löhne zahlten. Dieses Kriterium sei unsachlich. Es gebe keinen Grund, Unternehmen mit vielen Beschäftigten, die zur Sicherung der Arbeitsplätze beitragen würden, wesentlich höher mit einer bestimmten Abgabe zu belasten, als Unternehmen, die keine Beschäftigten anstellten, wenn diese Abgaben lediglich zur Finanzierung der Wirtschaftskammern dienten. Hier sei kein vernünftiger Zusammenhang zwischen dem Zweck der Abgabe (Finanzierung der Wirtschaftskammer) und dem Kriterium der Verteilung dieser Abgabe auf die Mitglieder erkennbar.

Hinter § 122 Abs 7 und 8 WKG stehe auch kein bestimmtes politisches Ziel, das die Gestaltung rechtfertigen würde, weil es wie bereits oben erwähnt kein Grund oder Leitprinzip der österreichischen Steuerpolitik sei, den Produktionsfaktor Arbeit besonders hoch im Verhältnis zu anderen Produktionsfaktoren zu belasten. Es wäre geradezu widersinnig, dies dem Gesetzgeber zu unterstellen.

Einer verfassungskonformen Interpretation sei § 122 Abs 7 und 8 WKG nicht zugänglich, weil diese Bestimmung eindeutig unsachlich im dargelegten Sinn sei.

Im Ergebnis verstoße § 122 Abs 7 und 8 WKG durch den Verweis auf die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG gegen das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot des Art 7 B-VG und sei daher verfassungswidrig, womit auch der Bescheid an einer Rechtswidrigkeit leide.

Daran ändere auch Art. 120c Abs 2 B-VG idF des B-VG BGBl Nr. 2/2008 nichts, weil diese Bestimmung nur die Mitgliedschaft an sich und nicht die Höhe und Lastenverteilung der Beiträge verfassungsgesetzlich regle.

4. Die Berufung wurde am 16. April 2009 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Die Bw. wendet bezüglich § 122 Abs 7 und 8 WKG einen Verstoß gegen Art. 43 EG (Niederlassungsfreiheit), gegen Art. 87 EG (Beihilfenverbot) und Verfassungswidrigkeit ein. Die rechtliche Würdigung des dargestellten Sachverhaltes wird daher in dieser Reihenfolge vorgenommen.

2. Die Kammerumlage II und ihre rechtliche Ausgestaltung:

(a) Neben der Kammerumlage I wird von der Wirtschaftskammer zusätzlich eine Kammerumlage II erhoben, letztere dient primär der Bedeckung der Aufwendungen der jeweiligen Landeskammern, zu einem kleineren Teil der Aufwandsdeckung der Bundeskammer.

(b) Die Kammerumlage II ist wie folgt in § 122 WKG geregelt (stand 1.1.2008):

Abs. 7:

Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhnen zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967, BGBl Nr. 376/67, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen.

Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 2 besitzt.

Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 FLAG 1967, BGBl Nr. 376/67, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlage als solche bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 128 Abs 3; § 128 Abs 3 und 5 sind sinngemäß anzuwenden. Ein im Verhältnis zur Summe der Arbeitslöhne der Arbeitnehmer der Mitglieder der einzelnen Landeskammern ungleichgewichtiges Aufkommen aus der weiteren Umlage ist zwischen den Landeskammern auszugleichen (Finanzausgleich).

Abs 8:

Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 7 festlegen. Abs. 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15% der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.

(c) Als Bemessungsgrundlage ist die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG angeführt.

Die Regelung in § 41 FLAG lautet wie folgt:

Abs. 1: Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

Abs. 2: Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 des EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 des EStG 1988.

Abs. 3: Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs. 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit. a und b des EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 des EStG 1988.

(d) Die Umlage ist von Kammermitgliedern zu entrichten, dazu gehören nach § 2 WKG alle physischen und juristischen Personen sowie sonstige Rechtsträger, die Unternehmungen des Gewerbes, des Handwerks, der Industrie, des Bergbaues, des Handels, des Geld-. Kredit- und Versicherungswesens, des Verkehrs, des Nachrichtenverkehrs, des Rundfunks, des Tourismus und der Freizeitwirtschaft sowie sonstige Dienstleistungen rechtmäßig selbständig betreiben oder zu betreiben berechtigt sind (Abs. 1); ebenso Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen sowie insbesondere solche, die in der Anlage zu diesem Gesetz angeführt sind (Abs. 2) und alle im Firmenbuch eingetragenen Holdinggesellschaften, soweit ihnen zumindest ein Mitglied gemäß Abs. 1 angehört (Abs. 3). Die Mitgliedschaft ist eine gesetzlich zwingende Pflichtmitgliedschaft.

(e) Aufgaben und Funktionen der Wirtschaftskammern (§ 2 WKG) bestehen in der Vertretung der gemeinsamen Interessen der Mitglieder (Abs. 1) und der Förderung der gewerblichen Wirtschaft und einzelner ihrer Mitglieder (Abs. 3). Damit ist der Interessenausgleich und die Vertretung der gemeinsamen Interessen aller Mitglieder zentrales Element der Aufgaben der Kammern (s Beiser, Rechtfertigung und Grenzen der Umlagenfinanzierung der Wirtschaftskammern - eine verfassungsrechtliche Analyse des Status quo und Vorschläge de lege ferenda, Pkt IV. 2).

(f) Sonderleistungen die über die allgemeine Interessenvertretung hinausgehen, werden nach § 125 WKG durch Gebühren finanziert, die auf Kostendeckung abzielen und in einer Gebührenordnung festgelegt werden.

3. Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit:

(a) Art. 43 EG (vormals Art 52 EGV) lautet:

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Art. 48 Abs 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine Angehörigen.

(b) Die in den Art 43 bis 48 EG geregelte Niederlassungsfreiheit hat die Freiheit der Erwerbstätigkeit von Selbständigen (als Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit) und Gesellschaften (also auch juristischen Personen in der Abgrenzung zu natürlichen Personen) im Gemeinschaftsgebiet zum Ziel. Der Begriff der Niederlassung wird vom Gerichtshof definiert als "tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit" (EuGH 25.7.1991, Rs C-221/89 , "Factortame", Rz 20). Unterschieden wird zwischen der primären (erstmalige Gründung, Umzug und grenzüberschreitende Verschmelzung) und der secundären (Schaffung einer von der Hauptniederlassung wirtschaftlich oder rechtlich abhängigen Einheit in einem anderen Mitgliedstaat) Niederlassungsfreiheit. Weiters zwischen Inbound-Fällen (Besteuerung im Aufnahmestaat) und Outbound-Fällen (Besteuerung im Herkunftsstaat).

(c) Diskriminierung und allgemeines Beschränkungsverbot:

Die Prüfung der Niederlassungsfreiheit erstreckt sich sowohl auf Diskriminierungen (Gleichheitsrechte) als auch auf sogenante Beschränkungsverbote (Freiheitsrechte).

(1) Diskriminierung:

a. Allgemeines: Zu den primärrechtlichen Grundfreiheiten zählen der freie Warenverkehr (Art. 28), die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39), die Niederlassungsfreiheit (Art. 43, vormals Art. 52), die Dienstleistungsfreiheit (Art. 49) und der freie Kapital- und Zahlungsverkehr (Art. 56). Die einzelnen Grundfreiheiten können nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr ist die Prüfung der Niederlassungsfreiheit in einen Zusammenhang mit den anderen Grundfreiheiten zu stellen, sodass auch Rspr aus diesen Bereichen miteinzubeziehen ist. Die Grundfreiheiten greifen grundsätzlich dort ein, wo das Sekundärrecht nicht zur Anwendung kommt.

Auch in sämtlichen nichtharmonisierten Bereichen werden die nationalen Steuersysteme vom Primärrecht überlagert. Die Mitgliedstaaten haben ihre Befugnisse aufgrund der ständigen Rspr des EuGH in diesen Bereichen "unter Wahrung des Gemeinschaftsrechtes" auszuüben. Direkte Steuern sind nur in geringem Ausmaß harmonisiert, sie haben aber ebenfalls Relevanz für den Binnenmarkt, weil sie die grenzüberschreitende Bewegung von Produkten und Produktionsfaktoren beeinflussen und verzerren können. Dieser Beeinträchtigung des Binnenmarktes wirken die (durch die Marktteilnehmer einklagbaren) Grundfreiheiten entgegen, uU auch das Beihilfenverbot. Die EG-konforme Ausübung der Befugnisse unterliegt damit der Prüfung der nationalen Gerichte, also auch dem UFS.

Bei Schaffung des freien Arbeitnehmer-, Niederlassungs- und Dienstleistungsverkehrs beinhaltete das Schutzkonzept ursprünglich nur eine sogenannte "Inländergleichbehandlung" mit Rechtsschutz für ausländische Staatsangehörige gegenüber dem territorialen Bestimmungsstaat (Cordewener, Europäische Grundfreiheiten und nationales Steuerrecht, 2002, S. 183 ff).

Der EuGH hatte sich aber auch mit Fallkonstellationen zu beschäftigen, bei denen in den Heimatstaat zurückkehrende Arbeitnehmer oder Selbständige auf rechtliche Hindernisse stießen. Dabei war zu unterscheiden: Bei rein "internen Situationen" (also Fällen ohne gemeinschaftsrechtlich relevantem Anknüpfungsfaktor) blieb der Schutzzweck der Grundfreiheit verschlossen; lag aber ein ausreichender Anknüpfungspunkt vor, so war ebenfalls ein Schutzbereich gegeben. Die Zuerkennung der Schutzfunktion der Grundfreiheit für diese Fälle im Rahmen der allgemeinen Inländergleichbehandlung wurde zunächst aber nur unzurechend begründet (Cordewener, S. 184, 185 ff mit Verweis auf EuGH 7.2.1979, Rs 115/78 , "Knoors" ua; S. 190 ff.).

b. In der Folge entwickelte sich eine Rspr, die auch Diskriminierungen durch Belastungen des Herkunftsstaates in Zweifel zog, allerdings abgetrennt von der Inländergleichbehandlung (so EuGH 27.9.1988, Rs 81/87 , "Daily Mail", Rz 16 zur Sitzverlegung einer Gesellschaft in die Niederlande; EuGH 8.5.1990, Rs C-175/88 , "Biehl" zur Versagung der Erstattung beim Jahresausgleich; EuGH 16.7.1998, Rs C-264/96 , "ICI" zur Versagung steuerlicher Begünstigungen wegen der Voraussetzung des Haltens von Aktien von im Mitgliedstaat ansässigen Tochtergesellschaften). Von einem Teil der Lehre wird diese Form der Diskriminierung als "Inländerdiskriminierung" bezeichnet (umgekehrte Diskriminierung).

Ausgangspunkt für diese Überlegungen war die Grundfreiheit als wirtschaftlich ausgerichtetes Konzept, das der Öffnung der Märkte der Mitgliedstaaten dient. Aus Art. 3 Abs 1 EG ergibt sich, dass nicht jegliche, sondern nur zwischen Mitgliedstaaten bestehende Hindernisse beseitigt werden sollen. Es war das erklärte Ziel, alle Grundfreiheiten auf dieselbe Stufe zu stellen und den Fluss der Verkehrsströme im Binnenmarkt symmetrisch zu den Spielregeln des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs zu optimieren (Cordewener, aaO, S. 200 ff, S. 229 ff).

Der Gerichtshof ging sodann dazu über, eine abstrakte Prüfung der nationalen Norm vorzunehmen und deren diskriminierenden Charakter als solches festzustellen (Cordewener S. 230 mit Verweis auf EuGH 13.1.1993, Rs C-19/92 , "Kraus"). In der Rs "Kraus" führt der EuGH aus, Art 52 stehe jeder nationalen Regelung entgegen, die zwar ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit anwendbar sei, aber geeignet, die Ausübung der ... grundlegenden Freiheiten ... zu behindern oder weniger attrattraktiv zu machen (Rz 32). Bezüglich eines in einem ausländischen Mitgliedstaat erworbenen akademischen Grades dürfe zwar ein "Genehmigungsverfahren" eingerichtet werden (Rz 36 ff), aber nur

- zum Zweck der Prüfung der ordnungsgemäßen Verleihung

- mit leicht zugänglichem und gerichtlich überprüfbarem Verfahren

- ohne überhöhte Verwaltungsgebühren und außer Verhältnis stehenden Sanktionen.

Im Bereich Arbeitnehmerfreizügigkeit bestätigte der Gerichtshof in EuGH 12.9.1996, Rs C-278/94 , "Kommission/Belgien", Rz 20 einen weiten Diskriminierungsbegriff, wobei schon die Feststellung genügt, dass die Vorschrift (bloß) geeignet ist, eine solche Wirkung hervorzurufen. In EuGH 27.6.1996, Rs C-107/94 , "Asscher", führte er an, dass auch die eigenen Staatsangehörigen geschützt sind, wenn sie sich aufgrund ihres Verhaltens gegenüber ihrem Herkunftsstaat in einer Lage befinden, die mit derjenigen anderer Personen vergleichbar ist, die in den Genuss der durch den Vertrag garantierten Rechte und Freiheiten kommen (Rz 32).

In EuGH 30.9.2003, Rs C-167/01 , "Inspire Art" führte der Gerichtshof die in der Rs "Centros" und "Überseering" begonnene Rspr weiter und ließ eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit durch das eigene Gesellschaftsrecht des Tätigkeitsstaates mittels Sonderanknüpfungen (Firma, Publizität, Mindestkapital bzw Haftung) nicht zu und garantierte damit den freien Zuzug von EU-Gesellschaften.

c. Zusammengefasst gelten damit als Fälle der Ungleichbehandlung (Diskriminierung) sowohl die Blockierung grenzüberschreitender Wirtschaftstätigkeit (Inländergleichbehandlung) als auch die Benachteiligung des Inländers durch seinen Herkunftsmitgliedstaat (Inländerdiskriminierung).

(2) Allgemeines Beschränkungsverbot:

a. Während die Prüfung der gleichheitsrechtlichen Komponente auf Diskriminierungen (offene oder verdeckte) abzielt, können auch nichtdiskriminierende Vorschriften dem Binnenmarkt entgegenstehen. Diese - wie im weiteren darzulegen - bezüglich der Auslegung und des Ausmaßes umstrittene Frage, stammt ursprünglich aus dem Bereich des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, wo der Umstand inkriminiert war, dass im Fall bestimmter inländischer Regelungen ausländische Anbieter erschwert in den Inlandsmarkt eindringen konnten oder es dem ausländischen Abnehmer unmöglich gemacht wurde, der Auswahllimitierung auf die inländische Ware zu entkommen (Cordewener, aaO, S. 250). Dabei kann ein das Diskriminierungsverbot überschreitendes "Beschränkungsverbot" integrationspolitisch und systematisch begründet werden, denn dem Wortlaut der Grundfreiheiten ist ein verengtes Verständnis im Sinne eines bloßen Gleichbehandlungsgebotes nicht zu entnehmen. Zudem kann aus Art. 3 Abs 1 lit. c EG herausgelesen werden, dass jede den transnationalen Verkehr belastende Maßnahme als "Hindernis" anzusehen ist, ohne dass es auf eine Diskriminierung ankommt (Cordewener, aaO, S. 251 ff.).

b. Das sich in einem Beschränkungsverbot ausdrückende Freiheitsrecht kommt beispielsweise dann zum Tragen, wenn die Befreiung von einer Mehrbelastung erfolgen soll, die den Wettbewerb verhindern kann. Dies könnte der Fall sein, wenn

- inkompatible nationale Normen in nichtharmonisierten Bereichen erlassen werden (Regulierungen desselben Sachverhaltes durch mehrere nationale Rechtsordnungen als Hauptfall der nichtdiskriminierenden Verkehrshindernisse - sogenannte "doppelte Hürden") oder

- Regelungen vorliegen, welche zwingende Mindestanforderungen festlegen oder sogar zum Ausschluss von der Verwendung am inländischen Markt führen (Cordewener, aaO, S. 266 ff; Verweis auf EuGH 9.7.1997, Rs C-34/95 , "De Agostini" zum Verbot von Fernsehwerbung für Kinder unter zwölf Jahren: Da bereits eine Richtlinienregelung zum Schutz der Jugendlichen existiert, kann der Empfangsstaat keine zusätzliche zweite Kontrolle einführen - Rz 61).

c. Die Anfänge einer (im weitesten Sinne) als "Beschränkungsjudikatur" zu bezeichnenden Rspr finden sich in EuGH 11.7.1985, Rs 60 und 64/84, "Cinetheque": Fraglich war, ob das Verbot, in Filmtheatern verwertete Filme nicht vor Ablauf einer Frist von bis zu achtzehn Monaten als Videokassetten herauszubringen, gegen den EWG-Vertrag verstoßen kann. Da die Regelung für im Inland hergestellte und eingeführte Videokassetten galt, bezweckte sie keine Lenkung der Handelsströme und war daher nicht als diskriminierend anzusehen (Rz 21). Der EuGH stellte aber fest, die Regelung könne wegen der Unterschiede zwischen den in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden Systemen und den Voraussetzungen, unter denen die Filme dort in Filmtheatern vorgeführt würden, zu Behinderungen des innergemeinschaftlichen Handels mit Videokassetten führen. Dieses Verwertungsverbot sei nur dann mit dem Grundsatz des freien Warenverkehrs vereinbar, wenn

- die Behinderungen nicht über das hinausgingen, was notwendig sei, um das angestrebte Ziel zu erreichen und

- dieses Ziel nach dem Gemeinschaftsrecht gerechtfertigt sei (Rz 22). Einer Regelung die zum Ziel habe, in einem begrenzten Zeitraum die Verbreitung der Werke der Verwertung in Filmtheatern vorzubehalten, könne eine Rechtfertigung nicht abgesprochen werden (Rz 23; zumal nach Rz 20 die Verwertung in den Filmtheatern für die Rentabilität der Filmproduktion gegenüber der Verwertung durch Videokassetten als wesentlich angesehen wird). Nach EuGH 28.11.1978, Rs 16/78 , "Choquet" ist die Kontrolle einer in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Fahrerlaubnis per se noch keine Behinderung (Rz 7), kann aber zu einer solchen werden, wenn eine Prüfung nur unnötig wiederholt wird oder sprachliche Hindernisse aufgebaut werden. Nach EuGH 12.7.1984, Rs 107/63 , "Klopp" ist es verwehrt, die Ausübung eines freien Berufes nur deswegen zu versagen, weil der Betroffene gleichzeitig eine Kanzlei in einem anderen Mitgliedstaat unterhält. Gemäß EuGH-Urteil 30.4.1986, Rs 96/85 , "Kommission/Frankreich" ist die Genehmigung einer Zulassung von Ärzten im Mitgliedstaat dann nicht gerechtfertigt, wenn die Zulassung im Herkunftsstaat rückgängig zu machen ist, weil nach dem Recht des Mitgliedstaates der Betätigung nur eine Praxis geführt werden darf. Nach EuGH 7.5.1991, Rs C-340/89 , "Vlassopoulou" kann die Zulassung als Rechtsanwalt im Aufnahmestaat überprüft werden, um objektiv festzustellen, ob die auswärtigen Kenntnisse zumindest gleichwertig sind.

Gemäß EuGH 24.11.1993, Rs C-267/91 , "Keck", ist nicht jede potentiell behindernde Regelung beiseite zu schieben, vielmehr muss differenziert werden: Bloße Verkaufsmodalitäten (hier: Weiterverkauf zum Verlustpreis) sind nicht geeignet, den Marktzugang unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, sofern diese Bestimmungen

- für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben und

- den Absatz aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berühren. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sind die Regelungen nicht geeignet, den Marktzugang für diese Erzeugnisse zu versperren oder stärker zu behindern, als sie dies für inländische Erzeugnisse tun: Die Regelungen fallen daher nicht in den Anwendungsbereich von Art. 30 EWG-Vertrag (Rz 16, 17; zu den Implikationen des "Keck"-Urteils und den Auswirkungen auf das Beschränkungsverbot s Cordewener, S. 254-268 und in der Berufungsentscheidung Pkt 3 (d) (3) c zur Bedeutung für die Niederlassungsfreiheit).

d. Das Verbot der über eine Diskriminierung hinausgehenden Beschränkungen wurde in der Folge von der Rspr in verschiedenen Konstellationen weiterhin aufgegriffen:

- EuGH 30.11.1995, Rs C-55/94 , "Gebhard" (zur Niederlassungsfreiheit) betrifft die Betätigung eines deutschen Staatsbürgers in Italien als Rechtsanwalt. Die Ausübung der Tätigkeit kann bestimmten Bedingungen des Aufnahmestaates unterliegen. Die Bedingungen Diplome zu besitzen (Rz 35), einer Berufsorganisation beizutreten oder sich Standesregeln oder Verwendungsbezeichnungen zu unterwerfen, müssen aber zwingende Voraussetzungen erfüllen, wenn sie die Niederlassungsfreiheit behindern oder weniger attraktiv machen: Es darf keine diskriminierende Anwendung vorliegen, es muss eine Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gegeben sein sowie die Eignung die Verwirklichung des verfolgten Zieles zu gewährleisten und es muss eine Beschränkung auf das gegeben sein, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (Rz 37).

- Nach EuGH 10.5.1995, Rs C-384/93 , "Alpine Investments BV" kann für eine Gesellschaft, die auf Warenterminverträge spezialisiert ist, das Verbot mit potentiellen Kunden in einem anderen Mitgliedstaat ohne deren vorherige Zustimmung telefonisch Kontakt aufzunehmen, eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs mit nichtdiskriminierendem Charakter darstellen (Rz 35), weil es dem Marktteilnehmer ein schnelles Mittel der Werbung nimmt. Diese Beschränkung kann aber durch den zwingenden Grund des Allgemeininteresses (zur Aufrechterhaltung des guten Rufes) des nationalen Finanzsektors gerechtfertigt sein.

- Zu verweisen ist auch auf das "Bosmann"-Urteil (EuGH 15.12.1995, Rs C- 415/93, zur Arbeitnehmerfreizügigkeit bei Fußballern betreffend Transferregeln und Zahlung von Ablösen). In Rz 82 wird festgehalten, dass Beschränkungen nicht nur behördliche Maßnahmen betreffen können, sondern die Grundfreiheit sich auch auf Vorschriften anderer Art erstreckt, die zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit dienen (betroffen sind also auch nicht dem öffentlichen Recht dienende Vereinigungen und Einrichtungen).

- Mit EuGH 15.2.1996, Rs C-53/95 , "Hans Kemmler" (zur Niederlassungsfreiheit) wurde klargestellt, dass die Erhebung von Beiträgen im Sozialversicherungssystem Belgiens, obwohl der Rechtsanwalt bereits in Deutschland beitragspflichtig war, zwar zu keiner Diskriminierung führt, aber eine behindernde Wirkung bezüglich der Ausübung der Erwerbstätigkeit ausserhalb dieses Mitgliedsstaats ausübt. Das Hindernis für die Ausübung der Erwerbstätigkeit ist auch nicht gerechtfertigt, weil sie dem Betroffenen keinen zusätzlichen sozialen Schutz bietet (Rz 13).

- In EuGH 15.5.1997, Rs C-250/95 , "Futura Participations" (zur Niederlassungsfreiheit) ging es um die Frage, ob ein Verlustvortrag aus früheren Jahren bei einem Steuerpflichtigen geltend gemacht werden kann, der in einem Gebiet seine Zweigniederlassung aber nicht seinen Sitz hat, wenn er nicht entsprechend dem nationalen Recht Bücher über seine dortigen Tätigkeiten (im Jahr der Verlustentstehung) geführt und aufbewahrt hat. Will eine Gesellschaft Verluste vortragen, muss sie getrennte Bücher über die Tätigkeit der Zweigniederlassung führen. Damit verstößt diese Voraussetzung, die spezifisch Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat trifft, gegen den EG-Vertrag, sodass die Behinderung einer Rechtfertigung bedarf (Rz 25, 26). Die Wirksamkeit der Steueraufsicht ist jedenfalls ein zwingender Grund des Allgemeininteresses (Rz 31). Das Ziel der Steueraufsicht lässt sich aber nicht mit Büchern erreichen, die der Steuerausländer nach dem Recht des anderen Mitgliedstaates führt. Das Interesse der Behörde besteht nur in der klaren und eindeutigen Ermittlung der Verluste. Soweit der Steuerpflichtige diese belegt, darf der Vortrag nicht mit der Begründung verweigert werden, im Tätigkeitsstaat seien keine ordnungsmäßigen Bücher geführt worden (Rz 39, 43).

- Mit EuGH 9.3.1999, Rs C-212/97 , "Centros" wurden die vier Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit Maßnahmen gerechtfertigt sind mit denen Grundfreiheiten behindert oder weniger attraktiv gemacht werden, auch für Gesellschaften formuliert (Rz 34).

(d) Prüfung der Kammerumlage im System der EG-Grundfreiheiten und der Diskriminierungs- und Beschränkungsverbote:

(1) Bei der Erörterung der Verletzung der Niederlassungsfreiheit (bzw der Grundfreiheiten ganz allgemein, daher Verweis auf diesbezügliche Rspr) ergibt sich nachstehendes Prüfungsschema:

a. Zuerst muss der betroffene Sachverhalt in den Anwendungsbereich der Grundfreiheit fallen. Zu erfassen ist dabei der sachliche, persönliche, räumliche und uU auch der zeitliche Anwendungsbereich.

Der sachliche Anwendungsbereich wird bestimmt durch die charakteristischen wirtschaftlichen Tätigkeiten der Grundfreiheit. Gleichzeitig muss nach Rspr (zB EuGH 7.2.1979, Rs 115/78 , "Knoors" Slg 1979, 399, Rz 24 ua; s dazu Silber, Dogmatik der EG-Grundfreiheiten, taxlex 2008, 319, B 1) und hA (Silber aaO mit Verweis auf Kingreen, Die Struktur der Grundfreiheiten des Europäischen Gemeinschaftsrechtes 1999, 16 ua) ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegen. Die Grundfreiheiten gelten nicht für Tätigkeiten, "die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Gemeinschaftsrecht abstellt und die mit keinem relevanten Moment über die Grenze eines Mitgliedstaats hinausweisen" (Silber aaO mit Verweis auf EuGH 26.1.1999, Rs C-18/95 , "Terhoeve", wonach ein Gemeinschaftsbürger, der vom Recht auf Freizügigkeit der Arbeitnehmer Gebrauch macht und in einem anderen Mitgliedstaat eine Berufstätigkeit ausübt, unter die genannten Vorschriften fällt; Hahn, DStZ 2005, 433). Dabei reicht es aus, dass potentielle Auswirkungen auf den Binnenmarkt in Betracht kommen (s zB zum Kapital- und Zahlungsverkehr EuGH 26.9.2000, Rs C-478/98 , "Kommission/Belgien", Rz 16 und vorangehend Schlussantrag Generalanwalt vom 15.6.2000, Rz 27).

Der persönliche Anwendungsbereich setzt Personen voraus, die von der Grundfreiheit begünstigt werden. Die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit wird über die jeweiligen Artikel ausdrücklich auch auf Gesellschaften und juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts erstreckt.

b. Auf der nächsten Stufe wird das Vorliegen eines Eingriffes in die Grundfreiheit geprüft. Der Eingriff ergibt sich im Bereich der Niederlassungsfreiheit aus den jeweiligen Diskriminierungs- und Beschränkungsverboten. Allerdings ist nicht jeder Eingriff eine Beeinträchtigung der Grundfreiheit. Abzuwägen ist zwischen Marktfreiheit und nationaler Regelungskompetenz, insbesondere im Bereich der direkten Steuern, bei denen die Kompetenzen der Mitgliedstaaten nicht auf die Gemeinschaft übertragen wurden. Reine Disparitäten als Folge nicht harmonisierter Steuersysteme sind unschädlich in Bezug auf die Grundfreiheiten (Silber, Dogmatik der EG-Grundfreiheiten, taxlex 2008, 319, C).

c. Rechtfertigung :

- diskriminierende Regelungen:

Für offene Diskriminierungen können kodifizierte Rechtfertigungsgründe den Eingriff rechtfertigen (strittig inwieweit auch die "Cassis"-Rspr zu den ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen zählt). Zu den kodifizierten Gründen gehören die in den Art. 30, 39 Abs 3, 46 Abs 1 und 55 EG normierten Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit.

- nichtdiskriminierende Regelungen:

Die Maßnahme muss nach der Rspr des EuGH in nichtdiskriminierender Weise angewandt werden, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, zur Erreichung des verfolgten Zieles geeignet sein und sie darf nicht über das hinausgehen, was zum Erreichen des Ziels notwendig ist (EuGH 9.3.1999, Rs C-212/97 , "Centros", wobei weitere Rechtfertigungsgründe hinzukommen können, s Rz 32-34; das verfolgte Ziel muss ein Missverhältnis zwischen der Einschränkung und der Schutzgutsicherung bewirken, s Silber, Dogmatik der EG-Grundfreiheiten, taxlex 2008, 319, D 3 a). Im Gefolge der Rs "Kraus" und "Gebhard" hat der EuGH damit eine allgemeine Schrankendogmatik der Grundfreiheiten herausgebildet, indem er ein zunächst für die Dienstleistungsfreiheit entwickeltes Modell nunmehr bei Beschränkungen der Dienstleistungs-, Niederlassungs- und Kapitalverkehrsfreiheit heranzieht und einen einheitlichen Standard einführt (Rechtsgutachten Hans Böckler-Stiftung, Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit und die deutsche Unternehmensmitbestimmung).

Beschränkungen können durch rules of reason (ungeschriebene Rechtfertigungsgründe) gerechtfertigt sein. Nichtkodifizierte Rechtfertigungsgründe sind zB ungeschriebene zwingende Erfordernisse des Allgemeininteresses wie

- die Kohärenz des nationalen Steuersystems (EuGH 28.1.1992, Rs C-204/90 , "Bachmann"; EuGH 21.11.2002, Rs C-436/00 , "X und Y"),

- die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle (EuGH 20.2.1979, Rs 120/78 , "Cassis de Dijon"),

- die Ausgewogenheit der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis (EuGH 13.12.2005, Rs C-446/03 , "Marks & Spencer") oder

- Missbrauch und Steuerflucht (EuGH 12.9.2006, Rs C-196/04 , "Cadbury Schweppes").

Die Verhältnismäßigkeit ist Teil der Rechtfertigungsprüfung sowohl bei diskriminierenden als auch bei nichtdiskriminierenden Maßnahmen.

(2) Diskriminierung:

a. Verboten sind nicht nur offensichtliche, sondern auch versteckte Diskriminierungen, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale (als der Staatsangehörigkeit oder des Sitzes bei Gesellschaften) zum gleichen Ergebnis führen (EuGH 13.7.1993, Rs C-330/91 , "Commerzbank AG", Rz 14).

b. Inländergleichbehandlung:

A. Zur Verletzung der Niederlassungsfreiheit durch Diskriminierung ausländischer Unternehmen liegt (insbesondere im Steuerbereich) eine reichhaltige Judikatur vor:

- Nach EuGH 28.1.1986, Rs 270/83 , "Avoir Fiscal" ist die Verweigerung von Steuergutschriften für Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat eine Diskriminierung, die gegen die Niederlassungsfreiheit verstößt. Mangelnde Harmonisierung der Rechtsvorschriften kann die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen (Rz 24).

- In EuGH 21.9.1999, Rs C-307/97 , "Saint-Gobain" steht die Niederlassungsfreiheit einer Regelung entgegen, wonach in Deutschland gelegene Betriebsstätten einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten nicht wie inländische Kapitalgesellschaften steuerlich begünstigt werden (Schachtelprivileg, Anrechnung der KÖSt, Befreiung von der Vermögensteuer).

- Nach EuGH 29.4.1999, Rs C-311/97 , "Royal Bank of Scotland" ist die Nichteinräumung günstigerer Steuersätze für Niederlassungen von Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat diskriminierend, wenn inländischen Gesellschaften diese Begünstigung eingeräumt wird.

- Gemäß EuGH 23.2.2006, Rs C-253/03 , "CLT-UFA" ist die Niederlassungsfreiheit verletzt, wenn die Gewinne der Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat mit einem höheren Steuersatz belastet sind, als die Gewinne einer Tochtergesellschaft einer solchen Gesellschaft, die ihre Gewinne voll an die Muttergesellschaft ausschüttet.

B. Den allgemeinen Ausführungen und den vorangehend genannten Entscheidungen ist zu entnehmen, dass von einer Diskriminierung die zu einer Verletzung der Grundfreiheit führen kann, dann gesprochen wird, wenn Gebietsfremde und Inländer unterschiedlich behandelt, also unterschiedliche Vorschriften auf gleichartige Sachverhalte angewandt werden. Dies ist zB der Fall, wenn die unterschiedliche Behandlung aufgrund fremder Staatsangehörigkeit erfolgt oder die (begünstigende) Regelung nur im Falle eines Wohnsitzes oder Sitzes im Inland angewendet wird. Auch Inländer können sich auf Art. 43 EG berufen, wenn ein gemeinschaftsrechtlicher Sachverhalt erfüllt ist.

C. Im gegenständlichen Fall werden von den Regelungen des § 122 Abs 7 und 8 WKG alle Kammermitglieder bzw alle Unternehmen mit einer Gewerbeberechtigung erfasst. Die Umlage betrifft unterschiedslos inländische und ausländische Unternehmen. Es kommt daher zu keiner als Diskriminierung aufzufassenden Blockierung grenzüberschreitender Wirtschaftstätigkeiten. Ebensowenig kann von einer Inländerdiskriminierung gesprochen werden.

Eine Diskriminierung iS von Art. 43 EG liegt nicht vor.

(3) Beschränkungsverbot:

a. Die Reichweite des möglichen Beschränkungsverbotes ist anhand der bisher zu dieser Frage ergangenen literarischen Aufarbeitung durch die Lehre und der vom EuGH entschiedenen Fälle zu überprüfen. Generell sind dem Beschränkungsverbot spezifische Zugangsbehinderungen zugeordnet, die zwar nicht zwischen Inländern und Ausländern differenzieren, aber in ihrer tatsächlichen Wirkung den Zugang behindern oder weniger attraktiv machen, zB durch die Errichtung staatlicher Monopole, das Verbot der mehrfachen Niederlassung und Bedürfnisregelung, durch Wohnsitz-, Genehmigungs-, Zulassungs- und Qualifikationserfordernisse (Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, S. 305, Rz 53 zur Niederlassungsfreiheit).

b. Die Steuerpflichtige bringt zu Art. 43 EG vor, die nationale Bestimmung (§ 122 Abs 7 und 8 WKG iVm § 41 FLAG) sei undifferenziert, weil Unternehmen, welche grenzüberschreitend tätig seien, in mehreren Mitgliedstaaten mit Mitgliedsbeiträgen aus gesetzlichen Interessenvertretungen belastet würden. Die inländische Belastung stelle nicht auf die Mitgliedschaft in anderen Mitgliedstaaten und die Höhe der dortigen Belastung ab. Die Bw. bezieht sich damit offenbar auf den Fall der doppelten Hürde, also der mehrfachen Regelung desselben Sachverhalts in mehreren nationalen Rechtsordnungen.

c. Das Zusammenspiel von "Gebhard" und "Keck":

Unabhängig von der Ausrichtung der Kammerumlage als Beitrag ist allgemein festzuhalten, dass eine wörtliche Auslegung der "Gebhardformel" (die Betonung der "Geeignetheit") jede mitgliedstaatliche Regelung des Wirtschaftslebens erfassen würde, die potentiell oder mittelbar die Bereitschaft von Unternehmern zum grenzüberschreitenden Tätigwerden zu beeinflussen geeignet ist. In der Literatur wird davor gewarnt dies unbeschränkt gelten zu lassen, weil die Annahme einer Beschränkung sobald die Vorschrift auch nur "geeignet" ist, die grenzüberschreitende Tätigkeit weniger attraktiv zu machen, jede fremde Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit oder jede nationale Norm aufgrund ihrer bloßen Unterschiedlichkeit erfassen würde. Im Bereich des Steuerrechtes wäre dann die Erhebung einer Steuer stets eine Beschränkung (Cordewener, S. 288, 289). Dies würde die Souveränität der Mitgliedstaaten übermäßig stark betreffen. Ein zu tiefes Eindringen in diesen Bereich lässt sich nur mit einer funktionellen Ausrichtung der Grundfreiheiten auf die Identifizierung und Beseitigung der Handelshemmnisse vermeiden (Cordewener, S. 290). Dabei sind zu berücksichtigen

- das "Keck-Urteil", das nicht nur für den Warenverkehr, sondern auch für die Prüfung der anderen Grundfreiheiten heranzuziehen ist (Cordewener, S. 295, 296; ebenso Obwexer in der Vorlesung "Erste Säule - Vertiefung - materielles Recht", Teil vier, WS 2006/07, Universität Innsbruck; aA Schmitz, der in "Der freie Personenverkehr in der Europäischen Union" (2008) die Keck-Formel für nicht anwendbar hält, um eine Abgrenzung zu erreichen). Der Begriff der Behinderung (iSd aus der Freiheitskomponente resultierenden Beschränkungsverbotes) ist so auszulegen, dass die Ausrichtung der Grundfreiheiten auf die Beseitigung spezifischer Verkehrshindernisse (Eröffnung des Zuganges zu anderen mitgliedstaatlichen Märkten) ausgerichtet ist und die Frage, wann der Marktzugang behindert wird, nach ökonomischen Kriterien erfolgt (wirtschaftliche Realitäten, Gesamtkontext der Regelung; Cordewener, S. 294).

- die Aussagen des Generalanwaltes in EuGH 23.11.1989, Rs 145/88 , "Torfaen" (zu Art. 28 EG - freier Warenverkehr). Mitgliedstaatliche Bestimmungen sind beschränkend, die inländische Märkte schützen oder den Zugang zu diesem Markt unzulässigerweise für Wirtschaftsteilnehmer aus anderen Mitgliedstaaten schwieriger, unrentabler oder unattraktiver machen. Es geht dabei um die Abschirmung nationaler Märkte die zu einer Marktaufspaltung führt. Die Abstellung auf erhöhte Kostenlasten kann dabei nur Indiz sein, ist aber nicht der allein entscheidende Faktor. Das gilt auch für das Kriterium der faktischen Mehrbelastung des grenzüberschreitenden gegenüber dem landesinternen Wirtschaftsvorgang (Cordewener, S. 296; Fn 479 zu "Torfaen" und "Cinethque"). So ist im Fall der Sonntagsruhe bei "Torfaen" der Rückgang von Einfuhren und inländischen Verkäufen eine (etwaige) Behinderung, die aber als berechtigte wirtschafts- und sozialpolitische Entscheidung im Rahmen der einer solchen Regelung eigentümlichen Wirkung verbleibt; im "Cinetheque"-Fall zur Videoverwertung liegt die Behinderung in der unterschiedlichen Regelung der Staaten, die aber nicht über das Ziel schießend und gerechtfertigt ist; im Fall "Alpine Investments" betreffend Telefonwerbung in Mitgliedstaaten ist die Beeinflussung des unmittelbaren Zuganges zu anderen Mitgliedstaaten beschränkend, aber gerechtfertigt durch die Bewahrung des guten Rufes als zwingender Grund des Allgemeininteresses. In allen Fällen bedurfte es keiner faktischen Benachteiligung iS einer Mehrbelastung.

Zu prüfen ist, wie auch den vorangehenden Entscheidungen entnommen werden kann, ob es eines Rechtfertigungsgrundes bedarf, um die Niederlassungsfreiheit verneinen zu können oder ob aufgrund der Eigenart der Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang schon der Eingriff in Art. 43 EG zu verneinen ist.

d. Zur Transformation der Judikatur des "Keck-Urteiles" betreffend Verkaufsmodalitäten in den Bereich der Niederlassungsfreiheit:

Regelungen die als "Verkaufsmodalitäten" anzusehen sind, verstoßen nicht gegen die Grundfreiheit und führen damit zu keiner Marktzersplitterung.

So hat der Gerichtshof in EuGH 20.6.1996, Rs C-418/93 , "Semeraro Casa Uno" (und in weiteren Fällen) in Fortsetzung seiner "Keck"-Rspr festgestellt, nationale Ladenschlussregelungen seien nicht geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten tatsächlich oder potentiell zu behindern, wenn die Bestimmungen für alle im Inland (diesfalls Italien) geltenden Wirtschaftsteilnehmer gelten würden und die Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten in gleicher tatsächlicher und rechtlicher Weise berührt seien, auch wenn der italienische Einzelhandelsmarkt eine besondere Ausgestaltung erfahren habe. Der Umstand einer Beschränkung des Absatzvolumens reiche nicht aus, um die Rechtsvorschriften als Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung anzusehen (Rz 24). Zudem habe der Gerichtshof wiederholt anerkannt, dass nationale Regelungen wie diese ein Ziel verfolgten, das nach Gemeinschaftsrecht gerechtfertigt sei. Diese Beschränkungen seien Ausdruck bestimmter Entscheidungen, die auf landesweite oder regionale soziale und kulturelle Besonderheiten Bezug nehmen würden, sie seien daher Sache der Mitgliedstaaten (Rz 25). Der Gerichtshof ging demzufolge auf die weitere gestellte Frage, ob nämlich die Rechtsvorschriften ein Verstoß gegen Art. 52 EGW-Vertrag über die Niederlassungsfreiheit oder ein Verstoß gegen Art. 2 Abs 2 der RL 64/223 über die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit seien (Rz 7) nur insoweit ein, als er feststellte: Die Regelung gilt für alle im Inland tätigen Wirtschaftsteilnehmer, sie bezweckt keine Regelung der Bedingungen für die Niederlassung von Unternehmen und die beschränkenden Wirkungen, die sie für die Niederlassungsfreiheit haben könnte, sind zu ungewiss und zu mittelbar, um diese Freiheit zu behindern.

Damit ist durch die Folgerechtsprechung zum "Keck"-Urteil klargestellt, dass auch im Bereich der Niederlassungsfreiheit ähnliche Kriterien anzuwenden sind, wie im Bereich des freien Warenverkehrs.

Zwar finden sich im Rahmen des Art. 43 EG keine Regelungen, die als "Verkaufsmodalitäten" zu qualifizieren wären. Es wurden aber auch für die Personenverkehrsfreiheiten ähnliche Wertungskriterien entwickelt (zB die Unterteilung in Vorschriften, die den "Zugang" zur Tätigkeit betreffen und solche, die deren "Ausübung" regeln), wobei diese Unterscheidungen nur eine - auch vom EuGH noch nicht vollständig ausgearbeitete - Richtungsvorgabe darstellen (s zB auch Cordewener, S. 282 und den Verweis in Fn 420).

e. Beschränkungsverbot und Disparitäten:

Die Heranziehung des Beschränkungsverbotes bedeutet keinesfalls, dass vorbezeichnete Rechtsunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten eingeebnet werden sollen. Der EuGH greift nur dort ein, wo verschiedene mitgliedstaatliche Rechtsordnungen ein und denselben Sachverhalt mehrfach belasten und zu Systemstörungen führen ("marktspaltender Effekt"). Dies kann grenzüberschreitende Transaktionen treffen, die zu erhöhter Belastung führen.

Das Beschränkungsverbot greift aber dann nicht, wenn

- die nationalen Regelungen beziehungslos nebeneinander stehen, ohne das rechtliche Regime des Sachverhalts mit abweichenden Standards zu konfrontieren und

- wenn auch nicht in sonstiger Form absolute Markthindernisse aufgestellt werden (Cordewener, S. 299).

So entscheidet der EuGH im Urteil vom 14.7.1994, Rs C-379/92 , "Matteo Peralta" über das nationale (italienische) Verbot des Ablassens von natronlagehaltigem Reiningungswasser (und allgemein von Kohlewasserstoffen und anderen schädlichen Stoffen) in Hoheits- und Binnenmeerengewässern sowie außerhalb der Hoheitsgewässer, wodurch die italienischen Schiffe gezwungen waren ein anderes Beseitigungssystem zu benutzen, was zu einer Verteuerung der Fahrten führte. Die Regelung verstieß nicht gegen Art. 30 EWG-Vertrag, weil sie nicht nach dem Ursprung der transportierten Stoffe unterschied, nicht den Warenhandel regeln sollte und die beschränkenden Wirkungen für den freien Warenverkehr zu ungewiss und zu unmittelbar für eine Behinderung waren (Rz 24). Aber auch der Zwang zur Kabotage in italienischen Hoheitsgewässern und die Tatsache, dass in den Häfen der anderen Mitgliedstaaten Einrichtungen zur Behandlung der Reinigungswässer - im für die italienischen Reinigungsvorschriften notwendigen Ausmaß - nicht vorzufinden waren, verletzt die Niederlassungsfreiheit nicht (Rz 30). Ein Mitgliedstaat kann, sofern es keine Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene gibt, Schiffen die unter seiner Flagge fahren technische Regeln mittelbar oder unmittelbar vorschreiben, die nur für ihn gelten und in den anderen Mitgliedstaaten nicht zwangsläufig zu finden sind. Die Schwierigkeiten die sich für die Unternehmen daraus ergeben, beeinträchtigen nicht die Niederlassungsfreiheit. Diese Schwierigkeiten wären nämlich grundsätzlich nicht anderer Art als diejenigen, die auf Unterschiede zwischen den nationalen Rechtsvorschriften zB in den Lohnkosten, den Sozialabgaben oder dem Steuersystem zurückzuführen sind (Rz 34).

Bloße Disparitäten können zwar unternehmerische Entscheidungen im Rahmen der Auswahl des Mitgliedstaates der wirtschaftlichen Tätigkeit oder Niederlassung beeinflussen. Wenn die Regelungen aber

- nicht den grenzüberschreitenden Verkehr spezifisch und per se belasten

- und auch nicht in sonstiger Weise den Marktzugang und -Abgang versperren, bleiben sie dem Anwendungsbereich der Grundfreiheiten entzogen, auch wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse eine Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt ergibt. Die Marktteilnehmer müssen die fortbestehenden Unterschiede der nationalen Rechtsordnungen akzeptieren (Cordewener, S. 300).

f. Zu einem ähnlichen Ergebnis führt auch die Betrachtung der Lösung von allgemeinen Kollisionsfällen im Bereich von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht: Der EuGH untersucht hier nicht nur die tatsächlichen Auswirkungen einer Vorschrift, sondern berücksichtigt die Stellung der Vorschrift im Verfahren, den Verfahrensablauf und die Besonderheiten des Verfahrens. Würde nämlich jede nationale Norm dem Gemeinschaftsrecht weichen, könnte dies den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und den Subsidiaritätsgrundsatz verletzen. Dabei wird vor punktuellen Eingriffen in innerstaatlich austarierte Systeme ausdrücklich gewarnt (Cordewener, S. 306, 307). Insgesamt ergibt sich, dass das Vorliegen einer den Marktzugang erschwerenden Behinderung nicht vorschnell anzunehmen ist (Cordewener, S. 313).

g. Regelungen des Steuer- und Sozialversicherungsrechtes:

Zwar wird das gesamte nationale Steuerrecht von der Gemeinschaftsrechtsordnung überlagert. Die direkten Steuern sind jedoch bisher nicht harmonisiert (Art. 93 EG bezieht sich nur auf die indirekten Steuern) und erfahren eine Angleichung nur partiell und über Richtlinien. Mit Hilfe der Grundfreiheiten allein ist eine Harmonisierung nicht zu bewirken, auch der EuGH kann nur über den Umweg der "binnenmarkthindernden Regelung" den Mitgliedstaaten die Notwendigkeit der Harmonisierung vor Augen halten (Silber, Die Allgemeine Harmonisierungskompetenz des Art. 94 EG als Grundnorm der Rechtsangleichung direkter Steuern, ÖStZ 2008/887, Pkt 4).

Soweit der EuGH in seiner bisherigen Rspr die Verletzung der Niederlassungsfreiheit im Bereich des Steuerrechtes aufgegriffen hat, handelte es sich primär um offene oder versteckte Diskriminierungen (s Inländergleichbehandlung "Avoir Fiscal" usw.). Dagegen führen den Unternehmen bloße "Schwierigkeiten" bereitende Unterschiede im Steuerrechtssystem - soweit nichtdiskriminierende Regelungen vorliegen - idR nicht zur Grundfreiheitsverletzung (so zB in EuGH 14.7.1994, Rs C-379/92 , "Matteo Peralta").

h. Unter der Prämisse der vorangegangenen Darstellungen ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes:

Zum Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit:

Die Kammerumlage II zählt nach § 126 Abs 2 WKG von Gesetzes wegen zu den Abgaben der BAO und ist als staatliche Maßnahme anzusehen.

Die Bw. hat zur möglichen Verletzung der Niederlassungsfreiheit in der Berufung ausgeführt, es liege eine "Doppelbelastung grenzüberschreitender Unternehmen" vor. Es kann daher angenommen werden, dass sie damit sowohl Unternehmen vor Augen hat, die ihren Sitz in der EU haben und in Österreich tätig werden wollen, als auch sich selbst in jenen Fällen, in denen sie grenzüberschreitend tätig wird, sofern erstere oder sie selbst sowohl in den Mitgliedstaaten als auch in Österreich Umlagen an die jeweiligen Kammern zahlen müssen. Von einer - möglichen - Beschränkung durch mehrfache Belastungen könnten daher inländische und ausländische Unternehmen betroffen sein. Die Situation betroffener Unternehmen ist nicht mit jener in der Rs "Werner", EuGH 26.1.1993, C-112/91 vergleichbar, wo die grenzüberschreitende Situation ausschließlich aus privaten Gründen (Wohnsitz außerhalb Deutschlands) zustandegekommen ist (vgl vielmehr Rs "Bosman" bzw. Rs "Kommission/Belgien", C-478/98 ). Soweit sich ausländische Unternehmer in Österreich betätigen wollen und Kammerumlage zahlen müssen, liegt eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung vor.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ist daher von einem grenzüberschreitenden Sachverhalt auszugehen, der den Anwendungsbereich der Grundfreiheit berührt.

Zum Eingriff in Art 43 EG:

Wie den vorangehenden Ausführungen entnommen werden kann, ist - auch für die Niederlassungsfreiheit - zu prüfen, ob (an wirtschaftlichen Realitäten gemessen) durch die bezeichneten gesetzlichen Maßnahmen (§ 122 Abs 7 und 8 WKG) einem Unternehmen des Europäischen Marktes der Zugang zu einer angestrebten Niederlassung erschwert oder gar unmöglich gemacht wird (in der Formulierung des EuGH .. die Niederlassung "behindert oder weniger attraktiv gemacht wird"). Insbesondere ist auch zu fragen, ob die Regelung eine "Abschirmung des Marktes" (iS einer Verhinderung oder Behinderung der Niederlassung) beabsichtigt, die zu einer "Marktaufspaltung" (durch Behinderung des wirtschaftlichen Austausches zwischen den Märkten) führen kann.

Die Frage kann so beantwortet werden, dass die Zielsetzung des WKG gerade umgekehrt in einer Stärkung der Wirtschaftsposition der Unternehmen liegt und nicht darauf gerichtet bzw grundsätzlich auch nicht dafür geeignet ist, unternehmerische Tätigkeit (und damit die Errichtung von Niederlassungen) einzuschränken oder gar zu verhindern. Nach § 1 Abs 1 WKG wurden Landeskammern und Bundeskammern errichtet, um die gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, ebenso die Fachorganisationen (Abs 2). Auch durch die Einrichtungen und Maßnahmen der Wirtschaftskammern soll die gewerbliche Wirtschaft und die Tätigkeit ihrer Mitglieder gefördert werden (Abs 3). In den §§ 19 und 31 WKG sind eine Reihe von Tätigkeiten der Bundes- und Landeskammern angeführt (darunter die Vertretung der wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Mitglieder gegenüber dem Staat und gesellschaftlichen Gruppen sowie der Europäischen Union und der internationalen Organisationen in § 19 Abs 1 Z 1 und 31 Abs 3 Z 2 WKG; die Anfertigung von Gutachten und Vorschlägen in § 19 Abs 1 Z 2 und 31 Abs 2 WKG; die Abwicklung von EU-Programmen in § 19 Abs 1 Z 7 WKG; die Beratung und Information der Mitglieder bei arbeits- und sozialrechtlichen Angelegenheiten und bei der Gründung von Unternehmen in § 19 Abs 1 Z 10 und 11 WKG oder die Beratung und Information der Mitglieder bei außenwirtschaftlichen Angelegenheiten in § 31 Abs 3 Z 1 WKG).

Zielsetzung aller Aktivitäten der Wirtschaftskammer ist somit die Verbesserung der Marktstellung der Mitglieder und nicht deren Behinderung. Die Einhebung der Kammerumlage soll diese gesetzlich festgelegten Ziele ermöglichen. Es kann daher nicht davon gesprochen werden, dass durch die Einhebung einer Umlage der Wirtschaftskammer eine "Marktaufspaltung" angestrebt wird, im Gegenteil sollen alle Unternehmer uneingeschränkt zum Markt zugelassen und bestehende Marktteilnehmer gestärkt werden.

Aus der Sicht einer der "Keck"-Rspr entspringenden Einteilung in Marktzugangs- und Ausübungsmodalitäten ergibt sich ebenfalls, dass die Erhebung der Umlage nicht den Zugang (die Betätigung am Markt) an sich behindern soll, sondern als notwendiger Begleitumstand bestehender Markttätigkeiten des jeweiligen Kammermitgliedes aufgefasst wird (analog einer Maßnahme im Bereich der Ausübung der Betätigung).

Wenn die Bw. (in der Berufung) damit argumentieren will, dass ein ausländischer Marktteilnehmer (oder die Bw. selbst im Ausland) von vorneherein keinen Marktzugang anstreben könnte, weil er (sie) keine weitere Umlage in Österreich (im EU-Mitgliedstaat) zahlen will, so ist ihr zu entgegnen, dass die Umlage einerseits auch bisher Unternehmer aus dem EU-Raum nicht daran gehindert hat, in Österreich unternehmerisch tätig zu werden bzw Niederlassungen zu begründen (das gilt auch für österreichische Unternehmen im Ausland) und andererseits notwendige nationale Regelungen, die zu bloßen "Schwierigkeiten" (in Form zusätzlicher finanzieller Belastungen) für Unternehmen führen, noch nicht die Niederlassungsfreiheit berühren müssen. Die Angaben der Bw. machen deutlich, dass derartige Umlagen zumindest tw auch von Wirtschaftskammern anderer Länder erhoben werden. Grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigungen können daher schon im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten vorbehaltene Gesetzgebungskompetenz (in den Bereichen Soziales, Steuer und Wirtschaft allgemein) europaweit nur unter der Prämisse ausgeübt werden, dass im Betätigungsstaat zusätzliche Gebühren, Abgaben oder Umlagen anfallen. Die gegenständlich strittige Umlage erfährt dabei nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates (bezüglich der Beurteilung der Niederlassungsfreiheit) eine Einstufung analog den Abgaben in den steuerrechtlichen Systemen der Mitgliedstaaten (s auch Ruppe, SWI 1998, 123, Fn 5: Die Kammerumlage gleicht eher einer Steuer als einer Gebühr). Die in einem ausgewogenen System der Berufs- und Unternehmensvertretung der Finanzierung der Wirtschaftskammer dienende Umlage, kann bezüglich des Schwellenwertes einer Behinderung der Niederlassungsfreiheit grundsätzlich keine andere Wertung erfahren, als sozial- und steuerrechtliche Normen im allgemeinen. Nach den nationalen Steuersystemen bestehende länderweise Unterschiede sind als natürliche Disparitäten anzusehen, die zwar in Einzelfällen unternehmerische Entscheidungen zu beeinflussen vermögen, in Summe aber keine Sperre oder Behinderung des Marktzuganges erzeugen (s Rs "Matteo Peralta" zu Regelungen die nicht anderer Art sind, als diejenigen, die auf Unterschiede zwischen Steuer- und Sozialsystemen zurückgeführt werden können, wobei die Niederlassungsfreiheit nicht verletzt ist, obwohl derartige Regelungen in anderen Mitgliedstaaten nicht zu finden sind). Nichts anderes kann in Bezug auf die Kammerumlage II gelten.

Es liegt auch keine "doppelte Hürde" oder eine "doppelte Erhebung von Beiträgen" vor, wie dies in der Rs "Kemmler", C-53/95 konstatiert wurde, sondern es sind allenfalls - soweit in anderen Mitgliedstaaten Umlagen erhoben werden - nebeneinander bestehende Umlagensysteme gegeben, die sich auf unterschiedliche Tatbestände stützen, da ausländische Umlagen für andere Leistungen erhoben werden.

Dem Unabhängigen Finanzsenat sind im übrigen auch keine Untersuchungen, Gutachten oder wissenschaftlichen Arbeiten bekannt, wonach Kammerumlagen in Mitgliedstaaten konkret zu Behinderungen des grenzüberschreitenden (wirtschaftlichen) Verkehrs infolge umlagerelevanter Unternehmensdispositionen geführt hätten. Es ist auch kaum vorstellbar, dass ein Unternehmen mit den von der Bw. ausgewiesenen Umsätzen und Gewinnen sich durch Wirtschaftskammerumlagen (in Österreich oder anderswo) davon abhalten lässt, Niederlassungen zu gründen.

Zudem sind die Wirkungen der Umlagenregelung bei Gesamtbetrachtung aller Umstände zu ungewiss, um die Niederlassungsfreiheit behindern zu können (s. dazu Rs "Semeraro Casa Uno"). Allfällige den Unternehmern verbleibende finanzielle Belastungen aus derartigen Regelungen, wie sie das WKG enthält, sind der fehlenden Harmonisierung dieser Bereiche im Binnenmarkt anzulasten und damit von den Marktteilnehmern zu akzeptieren.

Da ein Eingriff in Art. 43 EG und damit eine Beschränkung nach der vorangehenden Darstellung nicht vorliegt, müssen allfällige Rechtfertigungsgründe nicht mehr geprüft werden.

i. Zusammenfassend ist nachstehendes auszuführen:

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates liegt kein Eingriff in Art. 43 EG vor, da die "Belastung" durch die Kammerumlage II unterhalb jener Schwelle liegt, ab der von einer Behinderung oder Einschränkung der Niederlassung gesprochen werden kann. Wie der vorangehend angeführten Judikatur und Lehrmeinung zu entnehmen ist, wird der Ansatz jener Grenze, ab der von einem spezifischen "Markt- oder Verkehrshindernis" (in Form der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit) ausgegangen wird, mit äußerster Vorsicht vorzunehmen sein. Andernfalls würde praktisch jede Steuer, Abgabe oder Gebühr (oder Umlage) automatisch die Niederlassungsfreiheit behindern und bedürfte dann entsprechender Rechtfertigungsgründe, um überhaupt innerstaatlich anwendbar zu sein. Damit wäre die Souveränität der Mitgliedstaaten in diesem (nicht harmonisierten Bereich) weitgehend beseitigt. Daher unterliegen bestimmte Vorschriften (insbesondere im Steuer- und Sozialbereich; s dazu Eilmannsberger/Herzig/Jaeger/Thyri, Materielles Europarecht, 2. Auflage, Seite 114 zu "neutralen Behinderungen") nicht dem Maßstab der Niederlassungsfreiheit, wenn nur rechtliche Rahmenbedingungen (zB arbeitsrechtliche, gewerberechtliche oder umweltrechtliche Vorschriften) der Ausübung der Tätigkeit geschaffen werden. Ebenso wie in EuGH 17.6.1997, Rs C-70/95 , "Sodemare" die Regelung auf Erstattung von Kosten von Leistungen der Sozialhilfe als Teil des Systems der Sozialhilfe eingestuft wurde (Rz 28), das bestimmte Schutzleistungen sichern soll, ist die KU II Teil eines umfassenderen Systems der Interessenvertretung, das als solches die Niederlassungsfreiheit nicht beschränken und dem sich daher einzelne Kammermitglieder durch Nichtabfuhr der Umlage nicht entziehen können. Derartige nach Gemeinschaftsrecht gerechtfertigte Ziele - zu denen auch die Einrichtung von wirtschaftlich sinnvoll agierenden Interessenvertretungen gehören - bleiben Ausdruck bestimmter nationaler Entscheidungen, die den Mitgliedstaaten vorbehalten sind (s auch EuGH 20.6.1996, Rs C-418/93 , "Semeraro casa Uno" zur Regelung von Ladenöffnungszeiten; ebenso EuGH 12.2.1987, Rs 221/85 , "Kommission/Belgien zur Beschränkung des Betreibens von Laboratorien der klinischen Biologie auf juristische Personen, deren Mitglieder, Gesellschafter oder Geschäftsführer nach dem Gesetz Ärzte oder Apotheker sein müssen).

Zum konkreten Fall der Kammerumlage II ist auch anzuführen, dass die Einhebung von Umlagen zur Finanzierung von Berufs- und Wirtschaftsverbänden seit Jahrzehnten vom Grunde her unbestritten ist und eine nachhaltig erfolgreiche Betätigung der Kammern im Steuer- und Wirtschaftsbereich nur mit qualifiziertem Personal und entsprechender Infrastruktur bewältigt werden kann, wobei diese Ressourcen wiederum nur mit Beiträgen der Mitglieder finanzierbar sind. Wenn die Bw. dazu im Schreiben vom 12. Dezember 2008 darlegt, der Kammerbeitrag stehe im Vergleich zu den angebotenen Leistungen in einem Missverhältnis und nehme keine Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit der Abgabepflichtigen, so hat sie für diese (in der Berufung nicht näher ausgeführte) Behauptung nicht nur keinerlei Nachweis vorgebracht, es ist ihr - abgesehen von der Frage, ob eine Umlage die nicht zum System der Abgaben nach der Finanzverfassung zählt, überhaupt leistungsäquivalent sein muss - auch in der Sache zu widersprechen: Einerseits ist auf die betragsmäßigen Größenordnungen bei der Bw. selbst im gegenständlichen Fall zu verweisen: Die jährliche Kammerumlage II der Bw. (auf zwölf Monate hochgerechnet vom bekanntgegebenen Monatsumsatz) beträgt 0,53% ihres derzeitigen Gewinnes. Eine außergewöhnliche Diskrepanz ist bei dem bezeichneten Zahlenverhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Umlage a priori nicht erkennbar, vielmehr bewegt sich diese in ihrer Höhe (bezogen auf den von Beiser in SWK 9/2008, T 51 zitierten Solidaritätsgrundsatz) durchaus im Rahmen der Leistungsstärke der Bw. Andererseits ist es für den Unabhängigen Finanzsenat auch evident, dass (insbesondere in den der Berufung vorangehenden Jahren) Unternehmen gerade im Bereich der (Schwer)Industrie - also in der Sparte, zu der auch die Bw. zu rechnen ist - von der Einflussnahme der Kammern auf die (Steuer)Gesetzgebung (bezogen auf den unternehmerischen Mittelstand) überproportional profitiert haben. Zu verweisen sei hier beispielsweise auf die Vorteile aus der Gruppenbesteuerung (mit einer prognostizierten Entlastungswirkung im Wirtschaftsraum Österreich von 1,1 Milliarden Euro, die im übrigen auch von der Bw. in Anspruch genommen wird) oder auf den im Körperschaftsteuerbereich deutlich gesunkenen Steuersatz und andere Steuererleichterungen. Die Auswirkungen der Tätigkeit der Wirtschaftskammern ist zwar - wie derartigen Leistungen immanent - nicht exakt zahlenmäßig bezifferbar. Es steht aber außer Frage, dass die Bw. beträchtliche - und den Umlagebetrag bei weitem übersteigende - Vorteile im steuerlichen Bereich deshalb lukrieren kann, weil (unter anderem auch) die Wirtschaftskammer in den vergangenen Jahren dem Gesetzgeber die Notwendigkeit steuerlicher Anreize für Großbetriebe erfolgreich kommunizieren konnte. Industriebetriebe profitieren aber auch überproportional von den Außenhandelsstellen der Kammern, während Klein- und Mittelbetriebe deren Leistungen nicht in Anspruch nehmen. Die Bw. partizipiert permanent von der täglichen Basisarbeit der Kammern, sei es im Steuergesetzgebungsbereich, im Bereich der sonstigen Interessenvertretung (zB soweit es um Regelungen für Arbeitnehmer geht, welche die Bw. besonders betreffen) oder im Beratungsbereich, auch wenn sie nicht alle von der Kammer angebotenen Leistungen tatsächlich in Anspruch nimmt.

Die Aussage, wonach ein Missverhältnis zwischen Leistung und Umlage besteht, ist daher in der von der Bw. getätigten Form nicht nachvollziehbar, da hier auch indirekt den Betrieben zugute kommende Leistungen der gesetzlichen Interessenvertretung miteinzubeziehen sind und diesfalls wohl eher eine "Diskrepanz" zugunsten der Bw. besteht.

4. Verstoß gegen Art. 87 EG (vormals Art 92 EGV):

(a) Die Bw. wendet einen Verstoß der Regelung des § 122 Abs 7 und 8 WKG gegen Art. 87 EG ein. Die nationale Behörde müsse aufgrund der unmittelbaren Wirkung von Art. 88 Abs 3 Satz 3 EG tätig werden. § 122 Abs 7 und 8 WKG verstoße zweifach gegen das Beihilfeverbot. Die Mitglieder der Wirtschaftskammer finanzierten grenzüberschreitende Tätigkeiten der Wirtschaftskammer (zB das Wifi), wobei ein Wettbewerb zu anderen Anbietern bestünde und der Markt beeinträchtigt sei. Zudem würden Unternehmen mit hohem Personalaufwand unverhältnismäßig stark belastet und Betriebe mit geringem Personaleinsatz entsprechend ungerechtfertigt begünstigt, was auch den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtige.

(b) Neben den vier Grundfreiheiten unterstützen auch das Wettbewerbsrecht und das Beihilfenrecht die Ziele der Gemeinschaft betreffend die Errichtung eines gemeinsamen Binnenmarktes. Staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung genügt. Das Beihilfenrecht gilt für Unternehmen, das sind alle eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheiten unabhängig von der Rechtsform und der Art der Finanzierung.

Der Begriff der Beihilfe ist weit auszulegen und bezieht sich auf alle dem Staat zurechenbaren Begünstigungen. Dazu gehören auch Maßnahmen, die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat (Rock, EU-Beihilfenrecht und EU-Dienstleistungsrichtlinie, Fachtagung Stuttgart 16.3.2007 mit Verweis auf EuGH Rs C-387/92 , "Banco Exterior" und EuGH 23.2.1961, Rs 30/59 , Slg 1961). Der Beihilfenbegriff beinhaltet daher nicht nur direkte finanzielle Unterstützungen, sondern auch steuerrechtliche Regelungen, Bürgschaften, die Beteiligung an der Leistungserbringung oder die Vergabe öffentlicher Aufträge.

In Art. 87 Abs 2 EG sind Ausnahmetatbestände angeführt, die eine Beihilfe rechtfertigen, in Art. 87 Abs 3 EG sind Ermessensausnahmen enthalten, bei denen die Kommission entscheidet, ob die Beihilfen mit europäischem Recht vereinbar sind. Ausnahmen zum Notifizierungsverfahren werden in mehreren Gruppenfreistellungsverordnungen getroffen.

(c) (1) Art. 87 EG richtet sich grundsätzlich an die Mitgliedstaaten und ist nicht unmittelbar anwendbar. Rechte Einzelner werden nicht begründet. Aus Art. 88 Abs 3 EG ergibt sich jedoch eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Kommission vorab über geplante (Neu)Beihilfen zu informieren. Diese überprüft, welche Beihilfen zulässig und welche Maßnahmen zu treffen sind.

Aufgrund des Durchführungsverbotes, das nach Art. 88 Abs 3 Satz 3 EG die Notifikationsverpflichtung für Neubeihilfen absichert, hat der EuGH in diesen Fällen unmittelbare Anwendbarkeit zugebilligt. Die nationalen Behörden und Gerichte haben - mit Vorlagemöglichkeit nach Art. 234 EG - eine mittelbare Auslegungskompetenz zu Art. 87 Abs 1 EG (Sutter, Das EG-Beihilfenverbot und sein Durchführungsverbot in Steuersachen, S 31). Die zuerkannte unmittelbare Wirkung betrifft jede Beihilfemaßnahme, die durchgeführt wurde, ohne dass sie angemeldet worden ist. Es ist Sache des nationalen Gerichtes, die Rechte des Einzelnen gegen eine mögliche Verletzung des Verbots der Durchführung der Beihilfen durch die staatlichen Stellen zu schützen und entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der fraglichen Beihilfemaßnahmen zu ziehen.

(2) Zum Begriff der staatlichen Beihilfe zählt auch die Erhebung einer Abgabe zu einer Beihilfemaßnahme selbst (EuGH 27.11.2003, Rs C-34/01 , "Enirisorse"). Der EuGH hat in der der Rspr "Enirisorse" folgenden Judikatur die eingeschlagene Linie wiederum eingeschränkt und setzt für die Prüfung nach Art. 87 nunmehr eine Abgabe voraus, die speziell und ausschließlich für die Finanzierung der Beihilfemaßnahme erhoben wird (EuGH 21.10.2003, Rs C-261/01 , "van Calster ua") bzw muss ein zwingender Verwendungszusammenhang zwischen Abgabe und Beihilfe gegeben sein (EuGH 13.1.2005, Rs C-174/02 , "Streekgewest Westelijk Noord-Brabant"; zur Kritik Sutter, aaO, S 252 ff; s auch zur Frage der Verwendung des Ertrages eines gesetzlich vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Beitrages, also von Mitteln aus einer parafiskalischen Abgabe, VwGH 20.3.2003, 2000/17/0084, Pkt 3.3.2 zu Agrarmarketingbeiträgen).

(3) Für bestehende Beihilfen (oder "Altbeihilfen") liegt das Kontrollverfahren ausschließlich in der Hand der Kommission ("Beurteilungsprärogative der Kommission", Sutter, aaO, S. 158, 170), in Form einer fortlaufenden Überprüfung.

(4) Dagegen besteht das Verfahrensregime für Neubeihilfen in einer verpflichtenden Notifikation der Mitgliedstaaten, wobei nationale Gerichte und Behörden unmittelbar aufgerufen sind, über die Einhaltung des Durchführungsverbotes zu wachen. Verstöße gegen das Durchführungsverbot können von Amts wegen (oder auf Anregung von Konkurrenten) aufgegriffen werden, da die nichtbegünstigten Mitbewerber ein ureigenes Interesse an der Verhinderung unzulässiger Subventionierungen haben. Dabei sind die Rollen der nationalen Gerichte und der Kommission in der Auslegung des Beihilfentatbestandes gleichwertig (Sutter, aaO, S. 170).

(5) a. Nationale Gerichte müssen also nur für Neubeihilfen (nicht aber für Altbeihilfen) den Rechtsschutz garantieren. Vom Durchführungsverbot erfasst sind auch umgestaltete Altbeihilfen, wobei der Begriff der Umgestaltung nicht überspannt werden darf (näheres siehe Sutter, aaO, S. 173 ff).

Es ist daher zu klären, wann eine Regelung als "Altbeihilfe" anzusehen ist.

b. In der Beihilfeverfahrensordnung (BVVO) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. 93 des EG-Vertrages ist dazu in Kapitel I folgendes geregelt:

Artikel 1:

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

- "Beihilfen" alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Art 92 Abs 1 des Vertrages erfüllen;

- "bestehende Beihilfen" unbeschadet der Art. 144 und 172 der Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens alle Beihilfen, die vor Inkrafttreten des Vertrages in dem entsprechenden Mitgliedsstaat bestanden, also "Beihilferegelungen" und "Einzelbeihilfen", die vor Inkrafttreten des Vertrags eingeführt worden sind und auch nach dessen Inkrafttreten noch anwendbar sind; genehmigte Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die von der Kommission oder vom Rat genehmigt wurden; Beihilfen, die gemäß Art 4 Abs 6 dieser Verordnung oder vor Erlass dieser Verordnung, aber gemäß diesem Verfahren als genehmigt gelten; Beihilfen, die gemäß Art. 15 als bereits bestehende Beihilfen gelten; Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfe waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.

- "Beihilferegelung" eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, bzw eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können;

- "Einzelbeihilfen" Beihilfen, die nicht aufgrund einer Beihilferegelung gewährt werden und einzelne anmeldungspflichtige Zuwendungen aufgrund einer Beihilferegelung.

Artikel 2 Abs 1 (Anmeldung einer Beihilfe):

Soweit die Verordnungen nach Art. 94 des Vertrages oder nach anderen einschlägigen Vertragsvorschriften nichts anderes vorsehen, teilen die Mitgliedstaaten der Kommission ihre Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen rechtzeitig mit. Die Kommission unterrichtet den betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich vom Eingang einer Anmeldung.

Artikel 3 (Durchführungsverbot):

Anmeldungspflichtige Beihilfen nach Art. 2 Abs 1 dürfen nicht eingeführt werden, bevor die Kommission eine diesbezügliche Genehmigungsentscheidung erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt.

c. Miteinzubeziehen in die Beurteilung sind aber nicht nur Art. 88 Abs 3 EG und die VO 659/1999 , sondern auch die Beitrittsakte und hier insbesondere die Art 144 und 172 BtrA, die in der VO ausdrücklich erwähnt werden und das Durchführungsverbot durch "Verengung" des Altbeihilfenbegriffes ausdehnen (Sutter, aaO, S. 177). Zu beachten sind auch die Einschränkungen des Durchführungsverbotes durch Erweiterungen des Altbeihilfenbegriffes, insbesondere durch die Regelung in der VO Art. 1 lit. b sublit. v (zum Nachweis, dass im Zeitpunkt der Einführung keine Beihilfe vorgelegen ist).

Als "Beitrittsakte" bezeichnet werden die Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Norwegen, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und die Anpassung der die Europäische Union begründenden Verträge vom 13.1.1995, BGBl 45/1995. Diese regeln Besonderheiten des Beitritts für die genannten Mitgliedstaaten. Aus Art. 172 BtrA ergibt sich, dass für Österreich der Stichtag für die Trennlinie zwischen Alt- und Neubeihilfen der 1. Januar 1994 ist (Beitritt zum EWR) und nicht (wie bei den anderen Mitgliedstaaten) der Beitritt zur EU (1. Januar 1995). Nach Art 144 BtrA gelten von den in den neuen Mitgliedstaaten vor dem Beitritt angewandten Beihilfen nur diejenigen als bestehende Beihilfen, die der Kommission bis zum 30. April 1995 notifiziert wurden (lex spezialis zu Art 88 EG). Entgegen anfänglicher Annahmen im Schrifttum hat diese Regelung aber nur eine begrenzte Auswirkung, weil sie gemäß Art. 137 Abs 1 BtrA (Kapitel Landwirtschaft von Art 137 bis Art 144 BtrA) nur landwirtschaftliche Erzeugnisse betrifft (Sutter, aaO, S. 178).

d. Der VfGH hat bereits in der E vom 12.4.1997, G 400/96, G 44/97, zum Bereich der Kommunalsteuerbefreiung der ÖBB den Weg insoweit vorgezeichnet, als er die Steuerbefreiung als "Altbeihilfe" qualifizierte, weil das Gesetz schon 1993 und damit vor dem Geltungsbeginn des EWR am 1. Januar 1994 in Geltung gesetzt wurde und vor dem Beitritt Österreichs (1. Januar 1995) in Kraft getreten ist. Damit sind alle vor dem Stichtag 1. Januar 1994 bereits in Geltung stehenden gesetzlichen Maßnahmen zu den Altbeihilfen zu rechnen (so auch Sutter, AnwBl 2005/7990 zur Regelung des § 3 Abs 1 Z 10 EStG 1988: Die Norm ist von UFS und VwGH weiter anzuwenden, Altbeihilfen können nur von der Kommission nach Abwicklung eines Prüfungsverfahrens pro futuro untersagt werden).

e. Der Beitritt Österreichs zum EWR erfolgte mit 1. Januar 1994 und zur EU mit 1. Januar 1995. Es ist daher ein Vergleich zwischen der Regelung des HKG im Beitrittszeitpunkt zum EWR und der Normierung des Sachverhaltes im Berufungszeitpunkt 2008 anzustellen.

HKG im Beitrittszeitpunkt zum EWR (Codex Stand 1.5.1993)

WKG im Berufungszeitpunkt

§ 57 Abs 4:

Die Landeskammer kann zur Bedeckung ihrer Ausgaben festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 3 Abs 2 anfallenden Arbeitslöhnen zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967, BGBl Nr. 376, in der jeweils geltenden Fassung gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist von der Landeskammer festzusetzen; er darf im Jahr 1984 0,16 vH der Beitragsgrundlage, im Jahr 1985 0,24 vH der Beitragsgrundlage und ab dem Jahr 1986 0,32 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen. Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechtes, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 3 Abs 2 besitzt. Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 FLAG 1967, BGBl Nr. 376, in der jeweils geltenden Fassung, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlage sinngemäß bestritten wird, hat die Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 57 g Abs 2. § 57 g Abs 2 und Abs 3 sind entprechend anzuwenden.

§ 122 Abs. 7:

Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhnen zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 FLAG 1967, BGBl Nr. 376/67, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen.

Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 2 besitzt.

Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 FLAG 1967, BGBl Nr. 376/67, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung. Über Rechtsmittel, mit denen die Umlage sinngemäß bestritten wird, hat der Präsident der Landeskammer zu entscheiden. Solche Rechtsmittel gelten als Berufungen nach § 128 Abs 3; § 128 Abs 3 und 5 sind sinngemäß anzuwenden.

 

Ein im Verhältnis zur Summe der Arbeitslöhne der Arbeitnehmer der Mitglieder der einzelnen Landeskammern ungleichgewichtiges Aufkommen aus der weiteren Umlage ist zwischen den Landeskammern auszugleichen (Finanzausgleich).

§ 57 Abs 5:

Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 4 festlegen. Abs. 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage im Jahr 1984 0,04 vH der dort angeführten Beitragsgrundlage, im Jahr 1985 0,06 vH dieser Beitragsgrundlage und ab dem Jahr 1986 0,08 vH dieser Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.

§ 122 Abs 8:

Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 7 festlegen. Abs. 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15% der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.

(6) Im bezeichneten Beitrittszeitpunkt waren die Regelungen des § 57 HKG bereits seit längerer Zeit in Kraft und galten (selbst in den verwendeten Sätzen) weiterhin und über den EU-Beitritt hinaus. § 57 HKG wurde praktisch unverändert in § 122 WKG übernommen. Der Unabhängige Finanzsenat geht daher grundsätzlich davon aus, dass im Bereich der Kammerumlage - soweit überhaupt ein beihilfenrechtliches Problem gegeben ist - nur eine Altbeihilfe vorliegen könnte. Die Bw. kann sich daher vor dem UFS nicht auf Art. 87 und 88 EG berufen.

5. Verfassungswidrigkeit:

(a) Die Bw. bringt unter Verweis auf Beiser vor, die Verteilung der Finanzierungslast müsse nach sachlichen Kriterien erfolgen. Das dem Gleichheitsgebot innewohnende Sachlichkeitsprinzip sei aber durch den Verweis auf § 41 FLAG und das Abstellen auf den Produktionsfaktor Arbeit verletzt, weil Unternehmen mit wenigen Dienstnehmern oder nur geringen Löhnen keine oder nur eine geringfügige Kammerumlage zahlen würden.

(b) Zur Frage der Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des WKG ist festzuhalten, dass der UFS gemäß Art. 18 Abs 1 B-VG an bestehende und ordnungsgemäß kundgemachte Gesetze gebunden ist, solange diese nicht vom VfGH aufgehoben werden. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Regelung steht nur dem VfGH im Rahmen des "Gesetzesprüfungsverfahrens" zu. Der UFS ist auch bisher vom Gesetzgeber nicht dazu legitimiert worden, ein Gesetzesprüfungsverfahren von Amts wegen zu beantragen. Es erübrigen sich daher weitergehende Auseinandersetzungen mit den geäußerten verfassungsrechtlichen Argumenten.

(c) Ergänzend ist hinzuzufügen, dass Beiser in dem von der Bw. zitierten Gutachten zwar auf Art. 7 B-VG verwiesen, die Regelung in § 122 WKG aber nicht dezidiert als verfassungswidrig bezeichnet, sondern nur Änderungen der bestehenden Regelungen vorgeschlagen hat. Die stärkere Belastung großer Betriebe wird dabei im Sinne der Solidarität sogar als gerechtfertigt bezeichnet: In der von der Bw. zitierten Literaturstelle (SWK 9/2008, T 51 - Kurzfassung) wird Art. 7 B-VG nämlich nur an einer Stelle erwähnt und zwar in Pkt. 6: "Die Wirtschaftskammern ... verbinden ihre Mitglieder aufgrund der gemeinsamen Verfolgung ... gemeinsamer Interessen .. im Wege eines Interessenausgleiches ... zu einer Solidargemeinschaft. Die Solidarität der Leistungsstarken mit den Leistungsschwachen kann eine stärkere Umlagenbelastung der Leistungsstarken und eine schwächere Umlagenbelastung der Leistungsschwachen sachlich (Art. 7 B.VG) rechtfertigen."

Der VfGH hat in der Entscheidung B 1933/94 vom 7.3.1995 zwar grundsätzlich über die Kammerumlage I abgesprochen, er bezieht aber in seine rechtliche Würdigung auch die Kammerumlage II mit ein und betont, dass die Bf. deren Verfassungskonformität nicht bezweifelt habe und der Gesetzgeber seinen verfassungspolitischen Spielraum nicht überschreite, wenn er neben anderen Kriterien unter anderem auch den Umsatz als Bemessungsgrundlage heranziehe, um die Höhe der von den einzelnen Mitgliedern zu leistenden Beiträge zu bestimmen. Es liege grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, an welche Kriterien er bei der Bemessung der Umlage anknüpfe. Er habe hierbei verschiedene Möglichkeiten. Der Gesetzgeber habe sich .... für ein Mischsystem entschieden. Er habe teilweise - wohl im Hinblick auf die Aufgaben der Wirtschaftskammern im arbeitsrechtlichen und kollektivvertraglichen Bereich - an die Lohnsumme, teilweise an den Umsatz, teilweise an branchenspezifisch bestimmte Anknüpfungspunkte und teilweise in der Art von Gebühren an die konkrete Inanspruchnahme von Kammerleistungen durch die Kammermitglieder angeknüpft. Der Gerichtshof könne nicht finden, dass der Gesetzgeber durch ein derartiges System das dem Gleichheitsgrundsatz innewohnende Sachlichkeitsgebot verletzt habe.

Diesen Ausführungen, in denen auch die Anknüpfung an die Lohnsumme in die rechtliche Würdigung miteinbezogen wurde, kann eine Präferenz für eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende Norm a priori wohl nicht entnommen werden.

Die Berufung war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

Linz, am 07. Juli 2009

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 122 Abs. 7 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Art. 7 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Art. 43 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 321 vom 29.12.2006 S. 1
Art. 87 EGV, EG-Vertrag, ABl. Nr. C 321 vom 29.12.2006 S. 1

Schlagworte:

Kammerumlage II, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag, Niederlassungsfreiheit, Beihilfeverbot, Gleichheitsgrundsatz, Grundfreiheit

Stichworte