UFS RV/3669-W/07

UFSRV/3669-W/0729.12.2008

Gebäudeabschreibung und Restnutzungsdauer

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0027 eingebracht. Mit Beschluss vom 30.1.2013 zurückgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Bevollmächit., vom 30. Oktober 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom 25. November 2007 betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (Bw.) handelt es sich um eine Miteigentumsgemeinschaft betreffend die Liegenschaft Adr.Bw.. Mit Kaufvertrag vom 29.6.2007 erwarben Miteigent.Xu.Y je 3/8tel Anteile und machten im Rahmen der Veranlagung für die Jahre 2006 und 2007 eine Absetzung für Abnutzung (Afa) iHv. jeweils €°10.723,77 geltend. Die Anschaffungskosten der Liegenschaft betrugen insgesamt € 368.362,50.

Strittig ist die Abschreibungshöhe auf Basis der Restnutzungsdauer des Gebäudes. Zum Nachweis der Abschreibungshöhe und Rechtsnutzungsdauer wurde ein Sachverständigengutachten vom gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr.S., erstellt zum Erwerbsstichtag 30.6.2006, vorgelegt. Das Gutachten ermittelt den Grundwert im Ausmaß von 27,22% und den Gebäudewert von 72,78%. Die Restnutzungsdauer des Gebäudes wird mit 25 Jahren angegeben.

In Hinblick auf den ermittelten Gebäude(wert)anteil von 72,78% ergäbe sich daher ein Gebäudewert von €°268.094,23 als Bemessungsgrundlage für die Absetzung der Abnutzung und unter Berücksichtigung der im Gutachten angegebenen Restnutzungsdauer von 25 Jahren ein jährlicher Abschreibungsbetrag iHv. € 10.723,77.

Das Gutachten sei umfangreich, schlüssig und nachvollziehbar. Es würde ausführlich auf den zum Bewertungsstichtag erheblichen, rückgestauten Erhaltungsaufwand und auf die bereits rund 130jährige Bestanddauer und Baujahr 1877 hingewiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit e EStG beträgt die Afa bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, ohne Nachweis der Nutzungsdauer 1,5% der Bemessungsgrundlage. Wurde ein Gebäude vor 1915 errichtet, kann ein Afa-Satz von 2% angesetzt werden. Die Beweislast für eine kürzere Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen. Der Nachweis ist regelmäßig durch ein Gutachten eines Sachverständigen zu erbringen.

Für den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer schreibt das Gesetz kein Beweismittel vor, idR wird dieser Beweis jedoch durch ein Gutachten eines Sachverständigen über den technischen Bauzustand erbracht. Ein vom Steuerpflichtigen vorgelegtes Gutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Finanzverwaltung.

Maßgeblich für eine höhere Afa ist idR die technische und nicht die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Gründe für eine kürzere Gebäudenutzung können z.B. ein schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführungen oder besondere statische Probleme darstellen. Für die Ermittlung der Restnutzungsdauer ist vornehmlich der Bauzustand im Zeitpunkt des Erwerbes maßgeblich. Unterlassener oder künftig notwendiger Instandsetzungsaufwand begründet allerdings keinen erhöhten Afa-Satz. Finden sich in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführung oder zu allfälligen bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, ist es zur Nachweisführung für einen niedrigeren Afa-Satz nicht geeignet. Die kürzere Lebensdauer verschiedener Gebäudeteile (Türen, Installationen, Verputz, Anstrich, Malerei, sanitäre Anlagen) begründet keine kürzere Nutzungsdauer als die sich aus den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebende einheitliche technische Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes. Soll also tatsächlich von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, ist ein genaues Eingehen des Gutachtens auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere dessen tragende Teile, unumgänglich. Setzungsrisse oder starke Mauerdurchfeuchtungen können dabei die Nutzungsdauer verkürzende Faktoren darstellen, wobei noch zu berücksichtigen ist, ob die Schäden mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar sind (Baldauf/Kandutz-Kristen/Laudacher/Lenneis/Marschner, EStG, Komm. 1.Auflg., Tz 28 und 29 zu § 8).

Im vorliegenden Fall befindet sich das Gebäude lt. Gutachten

"in durchschnittlichem, dem Alter entsprechenden Bauzustand und insgesamt mäßig guten bis schlechten Erhaltungszustand. Laufend erforderliche Instandhaltungsarbeiten wurden offensichtlich nicht in erforderlichem Umfang vorgenommen. Es bestehe rückgestauter Instandhaltungsaufwand.

Die Fassaden sind verschmutzt, im Bereich der Einfahrt der Wandverputz schadhaft. Im Erdgeschoss großflächige Schäden infolge aufsteigender Grundfeuchte erkennbar.

Die Metalltore der Garagen sind teilweise durch Rost geschädigt, die Holz- und Metallteile bedürfen über weite Teile dringend der Erneuerung des Schutzanstriches.

Die Dacheindeckungen sind weitgehend verbraucht, die Abläufe zum Teil undicht, der keramische Bodenbelag des Stiegenhauses ist bereichsweise schadhaft.

Anlässlich der Befundaufnahme sind keine wesentlichen Mängel der Gebäudesubstanz erkennbar, etwaige verborgene Baumängel wurden nicht geprüft.

Über die Versorgungsleitungen (Strom-, Gas- und Wassersteigleitungen) und Ablaufleitungen liegen keine Befunde vor, diese werden als uneingeschränkt funktionstüchtig angenommen.

Lt. Ausführungen des Gutachtens bezüglich Restnutzungsdauer führen "nicht behebbare Baumängel sowie Schäden, die nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten behandelt werden können zu einer Verkürzung der Lebensdauer. Zu einer Verlängerung führt die Verbesserung von tragenden Bauteilen. Bei Gebäuden in Massivbauweise ist lt. Gutachten eine Nutzungsdauer bis zu 150 Jahre möglich."

Das ggstdl. Gebäude wäre lt. Gutachten "in massiver Bauweise auf Streifenfundamenten errichtet worden, über die aktuelle Tragfähigkeit der Fundamente gäbe es jedoch keine Prüfbefunde. Die Außenwände und der nicht isolierte Dachboden seien augenscheinlich durch Wassereinwirkung geschädigt, die Kaminköpfe versottet, die Schadensbilder würden auf eine fortgeschrittene Ermüdung der Baumaterialien und auf einen Rückstau von erforderlichen Instandhaltungsarbeiten hinweisen. Der Gebäudezustand sei somit insgesamt mäßig bis schlecht zu klassifizieren."

Das Gutachten geht somit zwar insgesamt auf den äußeren Gesamtzustand des Gebäudes ein, jedoch liegen keine Prüfbefunde über die Tragfähigkeit der Fundamente vor. Soll jedoch von der gesetzlichen vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, ist das genaue Eingehen auf dessen tragenden Teile unumgänglich. Setzungsrisse oder starke Mauerdurchfeuchtungen können zwar verkürzende Fakturen bzgl. der Nutzungsdauer darstellen, es ist jedoch zu berücksichtigen, ob die Schäden mit wirtschaftlich vertretbaren Maßnahmen behebbar sind. Darauf wird im Gutachten nicht eingegangen bzw. lediglich der erhebliche Rückstau an Instandhaltungsarbeiten genannt.

Mangels Feststellungen über die Tragfähigkeit des Gebäudes und auf Grund des Befundes betreffend Massivbauweise, wonach lt. ständiger Rechtsprechung und Literatur eine Nutzungsdauer von bis zu 200 Jahren und mehr möglich sind, konnte das Gutachten die gesetzliche Vermutung der Restnutzungsdauer somit nicht entkräften. Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 29. Dezember 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Abschreibung, Restnutzungsdauer, Gebäude, Gutachten

Stichworte