Familienbeihilfe für Kind der Lebensgefährtin.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0314 eingebracht. Mit Erk. v. 4.3.2009 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom 23. April 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom 23. März 2007 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder xx, für die Zeit von Dezember 2004 bis Mai 2005 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom 23.3.2007 den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe des Berufungswerbers für die Kinder seiner nunmehrigen Ehegattin, deren leiblicher Vater er nicht ist, für die Zeit von Dezember 2004 bis Mai 2005 unter Hinweis auf die §§ 2 Abs. 2 und 2 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 abgewiesen. Die Kinder hätten sich in diesem Zeitraum in seinem Haushalt befunden. Da diese bis zur Verehelichung nicht als Stiefkinder zu betrachten seien und sich der Begriff des "Pflegekindes" im FLAG 1967 nicht nach dem Kinderbetreuungsgesetz sondern nach dem ABGB ableiten würde, bestehe in dieser Zeit kein Anspruch auf die Familienbeihilfe.
Die dagegen eingebrachte Berufung vom 23.4.2007 wird damit begründet, dass sich die Kinder im Zeitraum 1.11.2004 bis 31.5.2005 im Haushalt des Berufungswerbers im Sinne des § 2 FLAG, insbesondere § 2 Abs. 2, 3d und 5 dieses Gesetzes befunden hätten. Es habe sich um Pflegekinder gehandelt. Die minderjährigen Kinder seien in diesem Zeitraum völlig im Haushalt des Berufungswerbers und in seinen Lebensablauf eingegliedert gewesen. Er habe schon zumindest ab dem 31.10.2004, der Gründung des gemeinsamen Haushaltes mit der Kindesmutter, die Absicht gehabt, eine emotionale Bindung zu den beiden Kindern aufzubauen. Der Berufungswerber habe die beiden Kinder wie eigene Kinder behandelt. Er habe durch die Aufnahme in seinen Haushalt die Pflege und Erziehung der Kinder als Pflegeelternteil besorgt. Zwischen den beiden Kindern und ihm habe eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern sehr nahe kommende Beziehung bestanden und habe eine solche auch hergestellt werden sollen. Die Kindesmutter und der Berufungswerber hätten zwischenzeitlich auch geheiratet. Die Kindesmutter habe den Berufungswerber zur Ausübung der pflegeelterlichen Rechte ermächtigt. Ihm sei die Pflege der beiden Kinder tatsächlich übertragen worden und er habe diese Aufgaben in überwiegendem Ausmaß auch selbst erfüllt. Der Lebensmittelschwerpunkt der beiden Kinder sei - und dies nicht bloß vorübergehend - eindeutig zu ihm in seinen Haushalt verlagert worden. Die beiden Kinder seien vom Berufungswerber im betreffenden Zeitraum gepflegt und erzogen worden.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 lautet: Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person
a) deren Nachkommen
b) deren Wahlkinder und deren Nachkommen,
c) deren Stiefkinder,
"d) deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).
Im gegebenen Fall handelt es sich bei den beiden minderjährigen Kindern weder um Nachkommen des Berufungswerbers noch um seine Wahlkinder und deren Nachkommen. Mangels aufrechter Ehe in diesem Zeitraum kann aber ebenso nicht von anspruchsvermittelnden Stiefkindern ausgegangen werden.
Pflegeeltern sind Personen im Sinne des § 186 ABGB. Gemäß § 186 ABGB sind Pflegeeltern Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom 14. September 1993, 93/15/0120, und vom 20. April 1995, 95/13/0071, ausgesprochen hat, sind nur solche Personen Pflegekinder iSd § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967, bei denen die Pflegeeltern ihre Rechte auf Grund einer Ermächtigung durch die unmittelbar Erziehungsberechtigten oder durch den Jugendwohlfahrtsträger ausüben oder aber bei denen das Gericht den Pflegeeltern auf ihren Antrag die Obsorge über das Kind ganz oder teilweise übertragen hat. Innerhalb dieses Rahmens ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein Pflegeverhältnis iSd § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967 nur dann anzunehmen, wenn den Pflegeeltern (Pflegepersonen) tatsächlich die Pflege der Kinder übertragen ist und sie diese Aufgabe in überwiegendem Ausmaß selber erfüllen. Auch das Pflegekindschaftsverhältnis iSd ABGB weist als Wesensmerkmal die eindeutige Lebensschwerpunktverlagerung des Kindes zu den Pflegeeltern auf, wobei sich diese Verlagerung im Wechsel des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern auf nicht bloß vorübergehende Dauer ausdrückt.
Das Oberlandesgericht Wien hat am 30.8.2005, GZ 7 Rs 101/05 g, Folgendes ausgesprochen: "Das in § 186 ABGB erwähnte "Nahekommen" ist weniger als die in § 180a Abs. 1 für die Adoptivbewilligung vorausgesetzte, dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern "entsprechende" Beziehung. Bei der Beurteilung wird kein einzelfallbezogener, sondern ein allgemeiner Maßstab angelegt. Demnach ist für die Annahme einer Pflegeelternschaft erstens eine tatsächliche Betreuung durch die Pflegeeltern (den Pflegeelternteil) mittels weitgehender Eingliederung in Haushalt und Lebensablauf der Pflegeeltern gefordert. Zweitens muss der Pflegeelternteil zumindest beabsichtigen, eine emotionale Bindung des Kindes (vergleichbar zu den leiblichen Eltern) aufzubauen (RV 296 BblNr 21.GP, 103). Die Pflegeelternschaft ist in diesem Fall kraft Gesetzes (ohne Notwendigkeit eines rechtsgeschäftlichen oder gerichtlichen Begründungsaktes) bei Vorliegen beider genannter Begriffskomponenten gegeben (Haberl in Schwimann, RZ 3 zu § 186; RV 296 BlgNr 21.GP , 102; EFSlg. 104.479)".
Der Berufungswerber erfüllt beide genannten Begriffskomponenten. Er hat das Kind betreut, auch eine emotionale Bindung war gegeben, zumal auch im Juni 2005 die Verehelichung mit der Kindesmutter erfolgte. Dass die Pflegeelterneigenschaft auch einer Einzelperson zuteil werden kann, ist aus § 186a nF zu schließen, weil darin ausdrücklich auf einen Pflegeelternteil Bezug genommen wird. Bei den beiden minderjährigen Kindern kann im Berufungszeitraum von Pflegekindern des Berufungswerbers ausgegangen werden, weshalb der Anspruch auf die Familienbeihilfe somit gegeben war.
Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
Linz, am 9. Oktober 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 3 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | Familienbeihilfe, Lebensgefährte, Pflegekind |