UFS RV/1066-W/07

UFSRV/1066-W/0711.9.2008

Zufluss von auf dem Verrechnungskonto gutgeschriebenen Bezügen eines wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A-GmbH., B, vertreten durch CAUSA Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Steuerberatungsgesellschaft, 1090 Wien, Türkenstraße 25/8, vom 18. Jänner 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom 5. Jänner 2005 betreffend Abweisung eines Antrages auf Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) gemäß § 201 BAO für Jänner 2002 bis Dezember 2003 entschieden:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Monate Jänner bis Juli 2003 betrifft, gemäß § 289 Abs. 2 BAO ersatzlos aufgehoben.

Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt betreffend die Zeiträume Jänner bis Dezember 2002 und August 2003 bis Dezember 2002 unverändert.

Entscheidungsgründe

Die berufungswerbende Gesellschaft (Bw.) beantragte mit Schreiben vom 23. August 2004 eine Gutschrift von bereits entrichteten Beträgen in Höhe von 2.943,00 € an DB 2002, 307,39 € an DZ 2002, 1.569,60 € an DB 2003 und 153,47 € an DZ 2003 mit der Begründung anlässlich des Jahresabschlusses für die Jahre 2002 und 2003 seien die über die Lohnverrechnung verbuchten Gehälter des Gesellschafter-Geschäftsführers, die von diesem nicht entnommen worden seien, in Höhe von 65.400,00 € im Jahr 2002 und von 52.320,00 € im Jahr 2003 storniert worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Jänner 2005 wurde der Antrag mit dem Hinweis, dass auf dem Verrechnungskonto gutgeschriebene Geschäftsführerbezüge als zugeflossen gälten und die Überlassung dieser Bezüge durch nachträgliches Storno der Lohnbuchungen als Einkommensverwendung zu qualifizieren sei, abgewiesen.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung brachte die Bw. vor, sie sei aus Gründen der Liquidität keinesfalls in der Lage gewesen, die verbuchten Geschäftsführerbezüge auch auszubezahlen.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Februar 2007 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde dargelegt, dass nach Meinung des Finanzamtes von einer Zahlungsunfähigkeit der Bw. nicht ausgegangen werden könne, da zwar für die Jahre 2001 und 2002 Bilanzverluste ausgewiesen würden, eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes jedoch nicht vorliege, da der Alleingesellschafter für einen Teilbetrag der Verbindlichkeiten eine Rangrücktrittserklärung abgegeben habe. Der Jahresabschluss 2003 weise keine buchmäßige Überschuldung aus. Der erst im Rahmen der Bilanzierung erfolgte Verzicht auf Auszahlung sei nur so zu erklären, dass der Alleingesellschafter und Geschäftsführer aus Gründen der Personalunion auf die Auszahlung verzichtet habe, ein fremder Geschäftsführer hätte auf seiner Forderung bestanden und diese auch gerichtlich durchgesetzt.

In dem dagegen fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wird den Ausführungen des Finanzamtes entgegengehalten, dass erst durch die Rangrücktrittserklärung des geschäftsführenden Gesellschafters eine Insolvenz habe verhindert werden können. Im übrigen hätte ein fremder Geschäftsführer seine Ansprüche zumindest teilweise durch den Insolvenzausfallfonds ersetzt erhalten.

Im Rahmen des vom Unabhängigen Finanzsenat durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurde die Bw. mit Schreiben vom 11.4. 2008 nochmals aufgefordert, die behauptete Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft anhand der näher angeführten Kriterien darzulegen, ihr Vorbringen durch geeignete Unterlagen zu belegen und insbesondere jene Umstände darzulegen und nachzuweisen, aus denen sich eine Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft ergebe. Die Bw. wurde auch darauf hingewiesen, dass den bislang vorgelegten Bilanzen eine tatsächliche Überschuldung der Gesellschaft und eine daraus resultierende Kreditunwürdigkeit nicht entnommen werden könne.

Des weiteren wurde die ab 2003 geltende Rechtslage erläutert, wonach ein Antragsrecht auf Festsetzung von DB und DZ lediglich unter den in § 201 Abs. 2 und 3 BAO festgelegten Voraussetzungen besteht. Der Bw. wurde unter Hinweis auf die diesbezüglich geltenden Antragsfristen, deren Nichteinhaltung zur Zurückweisung des Antrages führen müsse, vorgehalten, dass die in § 202 Abs. 2 Zif. 2 BAO vorgesehene Antragsfrist von einem Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages hinsichtlich der Monate Jänner bis Juli 2003 bereits überschritten und daher der Antrag insoweit nicht rechtzeitig gestellt worden sei.

Dem Ersuchen um Stellungnahme kam die Bw. trotz gewährter Fristverlängerung nicht nach.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:

Der Geschäftsführer der Bw. ist zu 100% an deren Stammkapital unmittelbar beteiligt und vertritt diese seit 18.12.1980 selbständig. Für seine Tätigkeit wurde seinem Verrechnungskonto in den Jahren 2002 und 2003 jeweils zum Monatsletzten ein Gehalt gutgeschrieben, wobei dieses für die Monate Jänner bis Juni 2002 jeweils 6.540,00 € und für die Monate Juli 2002 bis Dezember 2003 4.360,00 € betrug.

Im Rahmen der Bilanzerstellung erfolgte für das Jahr 2002 eine Stornobuchung über 65.400,00 € und für das Jahr 2003 von 34.880,00 €, wodurch für das Jahr 2002 kein Geschäftsführerbezug und für das Jahr 2003 lediglich einer in Höhe von 17.440,00 € als Betriebsausgabe in Abzug gebracht wurde. Die Bilanz zum 31.12.2002 weist eine buchmäßige Überschuldung in Höhe von 9.448,92 €, jene zum 31.12.2003 ein positives Eigenkapital von 16.723,75 € auf. Eine reale Überschuldung des Betriebes im Sinne des Insolvenzrechts liegt im Jahr 2002 laut den Ausführungen im Anhang zum Jahresabschluss nicht vor. Aus den vorgelegten Unterlagen kann nicht auf eine Zahlungsunfähigkeit der Bw. in den Jahren 2002 und 2003 geschlossen werden, ein Nachweis dafür wurde nicht erbracht.

Die von der Bw. monatlich bekannt gegebenen selbstberechneten Bemessungsgrundlagen für DB und DZ beinhalten auch die monatlich dem Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers gutgeschriebenen Bezüge. Im Jahr 2003 wurden die von der Bw. bekannt gegebenen selbstberechneten Abgaben an nachfolgend angeführten Tagen am Finanzamtskonto verbucht:

Monat

Buchungstag

Jänner

24.02.2003

Februar

25.03.2003

März

19.05.2003

April

23.06.2003

Mai

17.07.2003

Juni

21.08.2003

Juli

18.08.2003

August

23.09.2003

September

17.10.2003

Oktober

17.11.2003

November

08.01.2004

Dezember

20.01.2004

Der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung von DB und DZ für 2002 und 2003 ist datiert mit 23. August 2003 und wurde am 24. August 2003 der Post übergeben.

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der Abgabenbehörde zweiter Instanz eingeholten Firmenbuchauszug der Bw., den von der Bw. vorgelegten Geschäftsführer- Verrechnungskonten und den Bilanzen für 2002 und 2003, den vom Finanzamt dokumentierten Buchungstagen, der Datumsangabe auf dem Antragsschreiben und dem Poststempel auf dem Kuvert sowie der vom Finanzamt anlässlich einer die Jahre 2001 bis 2003 umfassenden Lohnsteuerprüfung getroffenen Feststellung über das Fehlen von aufzugreifenden Berechnungsdifferenzen. Er ist in folgender Weise rechtlich zu würdigen:

Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 geltenden Fassung BGBl. Nr. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.

Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. Nr. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.

Die gesetzlich Grundlage für die Erhebung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag findet sich in § 122 Abs. 7 und 8 des Wirtschaftskammergesetzes (WKG).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführt, sind § 41 Abs. 2 und 3 FLAG dahingehend auszulegen, dass der Verweis auf § 22 Zif. 2 EStG 1988 lediglich Teilstrich 2 der letztgenannten gesetzlichen Bestimmung erfasst.

Unter Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit gemäß § 22 Zif. 2 EStG 1988 fallen (neben anderen taxativ aufgezählten Einkünften) gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 leg.cit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25% beträgt. Die Beteiligung durch Vermittlung eines Treuhänders oder einer Gesellschaft steht einer unmittelbaren Beteiligung gleich. Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit sind auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit einer Person gewährt werden, die in einem Zeitraum von zehn Jahren vor Beendigung ihrer Tätigkeit durch mehr als die Hälfte des Zeitraumes ihrer Tätigkeit wesentlich beteiligt war.

Die Bestimmung des § 47 Abs. 2 EStG 1988, auf welche die Vorschrift des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 leg. cit. zur Umschreibung der Merkmale eines Dienstverhältnisses verweist, normiert in ihrem ersten Satz, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Der zweite Satz des § 47 Abs. 2 EStG 1988 umschreibt die Tatbestandsvoraussetzung des ersten Satzes dahin, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft dann schuldet, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.

In Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. November 2004, 2003/13/0018, durch einen verstärkten Senat ausgesprochen, dass bei der Frage, ob Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erzielt werden, entscheidende Bedeutung dem Umstand zukommt, ob der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit im betrieblichen Organismus des Unternehmens der Gesellschaft eingegliedert ist. Weiteren Elementen, wie etwa dem Fehlen eines Unternehmerrisikos oder einer als "laufend" zu erkennenden Lohnzahlung, kann nur in solchen Fällen Bedeutung zukommen, in denen eine Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Gesellschafters in den Organismus des Betriebes nicht klar zu erkennen wäre. Von einer solchen fehlenden Eingliederung sei aber nach dem in ständiger Judikatur entwickelten Verständnis zu diesem Tatbestandsmerkmal in aller Regel nicht auszugehen (vgl. etwa auch VwGH 23.11.2004, 2004/15/0068 und 22.12.2004, 2002/15/0140).

Die nach dieser Rechtsprechung entscheidende Eingliederung des zu 100% an der Bw. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft wird im vorliegenden Fall nicht in Abrede gestellt. Strittig ist ausschließlich, ob die dem Verrechnungskonto des Geschäftsführers gutgeschriebenen Beträge diesem zugeflossen sind.

Ein Betrag ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Gesichtspunkt des § 19 Abs. 1 EStG 1988 als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über ihn tatsächlich und rechtlich verfügen kann. Wie der Verwaltungsgerichtshof auch schon wiederholt ausgesprochen hat, ist für den Fall, dass der Abgabepflichtige gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter jener Kapitalgesellschaft ist, die sein Schuldner ist, der Zufluss grundsätzlich mit dem Zeitpunkt anzunehmen, zu dem die Forderung fällig ist, sofern die Kapitalgesellschaft nicht zahlungsunfähig ist, wobei es für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit auch von Bedeutung ist, ob der Kapitalgesellschaft, sollte sie nicht über genügend bare Mittel verfügen oder nicht in der Lage sein, sich durch Vermögensumschichtungen Barmittel zu beschaffen, die Kreditwürdigkeit zur Aufnahme von Fremdmitteln zukommt (vgl. VwGH 25.6.2007, 2007/14/0002 und die dort angeführte Judikatur).

Diese Sicht gebietet der beherrschende Einfluss des Mehrheitsgesellschafters der GmbH, weil die Gesellschafterversammlung dem Geschäftsführer gegenüber weisungsbefugt ist; andernfalls hätte es der Mehrheitsgesellschafter, der auch Gläubiger der Gesellschaft ist, in der Hand, den Gewinn der Gesellschaft zu kürzen, ohne die entsprechenden Beträge selbst versteuern zu müssen (vgl. VwGH 29.7.1997, 95/14/0014, und die dort angeführten Literaturhinweise).

Die Bw. behauptet nicht, dass der Verfügungsmacht ihres Geschäftsführers über die gutgeschriebenen Bezüge ein rechtliches Hindernis entgegengestanden wäre. Dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft grundsätzlich auch die tatsächliche Verfügungsmacht über zu seinen Gunsten ausgestellte Gutschriften innehat, ist nicht zu bezweifeln (vgl. u.a. VwGH 13.12.1995, 95/13/0246). Für die von ihr behauptete Zahlungsunfähigkeit blieb die Bw. trotz wiederholter Aufforderung jeglichen Nachweis schuldig. Die ihr eingeräumte Gelegenheit zur nachvollziehbaren Darstellung jener wirtschaftlichen Situation, welche eine Verfügung des Geschäftsführers über die gutgeschriebenen Beträge im konkreten Zeitraum nicht zugelassen hätte, hat die Bw. nicht genutzt. An ihr wäre es jedoch gelegen, den ihrem Rechtsstandpunkt entsprechenden Sachverhalt in einer der behördlichen Feststellung zugänglichen Weise dar- und unter Beweis zu stellen. Der Inhalt der Abgabenerklärungen und der ihnen angeschlossenen Bilanzen konnte die nach Lage des Falles erforderliche Beantwortung der behördlichen Anfrage über die wirtschaftliche Unmöglichkeit einer Verfügung des Geschäftsführers über seine Bezüge schon deswegen nicht ersetzen, weil aus Abgabenerklärungen und entsprechenden Bilanzen entnehmbare Verbindlichkeiten und Verluste eines Unternehmens über seine Liquiditätslage noch keine verlässliche Auskunft geben. Dadurch dass die Bw. zur Klärung des von ihr behaupteten Sachverhaltes nicht beigetragen hat, ist sie ihren gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen. Ohne ein die Liquiditätslage der Bw. im maßgebenden Zeitraum konkret nachvollziehbar darstellendes Sachvorbringen besteht aber kein rechtlicher Grund dafür, am Zufluss der Bezüge an den Geschäftsführer zu zweifeln. Die der Abgabenbehörde in der Bestimmung des § 115 BAO auferlegte Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse findet im Spannungsverhältnis zu den Obliegenheiten des Abgabepflichtigen nach § 119 BAO dort ihre Grenze, wo der Abgabepflichtige die Leistung des ihm zukommenden Beitrags zur Sachverhaltsermittlung verweigert (vgl. VwGH 13.12.1995, 95/13/0246 und die dort zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs).

Es ist daher davon auszugehen, dass es ausschließlich im Entscheidungsbereich des zu 100% am Stammkapital der Bw. beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers lag, ob die gutgeschriebenen Geschäftsführerbezüge auch zur Auszahlung gelangten. Da dieser mit der Gutschrift der Beträge auf seinem Verrechnungskonto darüber nach seinem Gutdünken verfügen konnte, ist zu diesem Zeitpunkt von einem Zufluss der betreffenden Beträge auszugehen, auch wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer eine Ausbezahlung der Bezüge im Interesse der Gesellschaft unterjährig unterließ, im Zuge der Bilanzierung endgültig auf die verbuchten Bezugsforderungen verzichtete und sie (teilweise) ausbuchen ließ. Dementsprechend sind die in den einzelnen Jahren dem Geschäftsführerkonto gutgeschriebenen Beträge auch in die Bemessungsgrundlage für DB und DZ der Jahre 2002 und 2003 einzubeziehen.

Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ist gemäß § 201 BAO in der für das Jahre 2002 geltenden Fassung ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.

Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt nach § 201 Abs 1 BAO stets voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist oder dass der Abgabepflichtige, obwohl er hiezu verpflichtet ist, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt.

Da sich die von der Bw. vorgenommene Selbstberechnung von DB und DZ für die Monate Jänner bis Dezember 2002 unter Einbeziehung der am Verrechnungskonto des Gesellschafter-Geschäftsführers gutgeschriebenen Beträge im Hinblick auf die obigen Ausführungen jedoch als richtig erweist, war kein Abgabenbescheid nach § 201 BAO zu erlassen. Die Abweisung des dahingehenden Antrages erweist sich daher als zutreffend.

Für 2003 ist von folgender Rechtslage auszugehen:

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO in der derzeit geltenden Fassung nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 der genannten Bestimmung auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Aus § 201 Abs. 1 BAO ergibt sich, dass erstmalige Festsetzungen von Selbstberechnungsabgaben von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabepflichtigen zu erfolgen haben bzw. erfolgen können. Die Festsetzung einer Selbstberechnungsabgabe setzt auch nach der geänderten Rechtslage stets voraus, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist oder dass der Abgabepflichtige, obwohl er hiezu verpflichtet ist, keinen selbstberechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt.

Die Festsetzung kann § 201 Abs. 2 BAO zufolge erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden,

4. wenn sich die Selbstberechnung wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als nicht richtig erweist, oder

5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b BAO oder des § 295a BAO die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

Gemäß § 201 Abs. 3 BAO hat die Festsetzung zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, oder

2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 BAO die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden.

Dem § 201 Abs. 2 und 3 BAO zufolge ist die Festsetzung in einigen Fällen stets antragsgebunden. Die Antragsbefugnis steht dem Abgabepflichtigen im Sinne des § 77 BAO zu.

Fristen zur Antragstellung ergeben sich aus:

§ 201 Abs. 2 Z 1 BAO: ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,

§ 201 Abs. 3 Z 1 BAO: ein Monat ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages; bei Wahrung dieser Frist liegt die Festsetzung der Abgabe nicht im Ermessen der Abgabenbehörde,

§ 201 Abs. 3 Z 2 BAO: drei Monate ab nachweislicher Kenntnis des "Wiederaufnahmsgrundes", sofern der Antrag innerhalb der für Wiederaufnahmen auf Antrag maßgebenden Frist des § 304 BAO eingebracht wird (vgl. Ritz, BAO3, § 201 Tz 25).

Ein nicht fristgerecht eingebrachter Antrag auf Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben ist zurückzuweisen (vgl. Ritz, aaO, Tz. 29).

Die der Bw. vom Gesetz längstens eingeräumte Antragsfrist beträgt - im Hinblick darauf, dass kein Wiederaufnahmsgrund genannte wurde - entsprechend der oben dargestellten Regelung ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages. Die Bw. stellte ihren Antrag mit Postaufgabe am 24. August 2004. Damit wurde dieser Antrag für die für Jänner bis Juli 2003 selbstberechneten Abgabenbeträge verspätet gestellt, weil - wie aus den Buchungstagen auf dem Finanzamtskonto ersehen werden kann - deren Selbstberechnung bereits vor dem 24. August 2003 bekannt gegeben wurde. Aus diesem Grund ist der Antrag auf Festsetzung von DB und DZ für die Monate Jänner bis Juli 2003 als nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen.

Da das Finanzamt mit dem in Berufung gezogenen Bescheid den Antrag auch für diesen Zeitraum abgewiesen hat anstatt diesen zurückzuweisen, war der angefochtene Bescheid insoweit aufzuheben.

Für die Monate August bis Dezember 2003 wurde der Antrag zwar fristgerecht gestellt, entsprechend den obigen Ausführungen erweist sich jedoch die von der Bw. bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig, weshalb keine Festsetzung von DB und DZ zu erfolgen hat. Die Abweisung des Antrages auf Festsetzung erfolgte damit zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 11. September 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer, Gutschrift auf dem Verrechnungskonto, tatsächliche und rechtliche Verfügungsmacht, Antrag auf Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe, Antragsfrist, Zurückweisung eines nicht fristgerecht eingebrachten Antrags

Verweise:

VwGH 29.07.1997, 95/14/0014
VwGH 10.11.2004, 2003/13/0018
VwGH 25.06.2007, 2007/14/0002
Ritz,BAO3, § 201, Tz 25
Ritz,BAO3, § 201, Tz 29

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