Kein Anspruch auf Ausgleichszahlung, wenn nach österreichischem Recht kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0243 (früher 2008/13/0190) eingebracht. Mit Erk. v. 24.2.2010 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7100803/2010 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf betreffend Differenzzahlung nach Art 76 EWG-VO 1408/71 für den Zeitraum 2004 bis 2005 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) war von 1988 bis 2002 verheiratet. Dieser Ehe entstammen 4 Kinder, die bei der Kindesmutter in Ungarn leben. Der Bw stellte einen Antrag auf Ausgleichszahlung zur Familienbeihilfe in Ungarn.
Mit Bescheid vom 13.6.2006 wurde der Antrag auf Ausgleichszahlung abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Exgattin mit den Kindern in einem anderen Mitgliedstaat lebe und dort eigene Einkünfte beziehe, weshalb dieser Staat vorrangig zur Zahlung von Familienbeihilfe verpflichtet sei. In Österreich stehe eine Differenzzahlung nicht zu.
In der frist- und formgerechten Berufung wendet der Bw ein, die Exgattin sei immer noch seine Lebensgefährtin und er lebe mit ihr und den Kindern im gemeinsamen Haushalt in Ungarn. die Einkünfte der Exgattin betragen monatlich 210,00 € und ca. 240,00 € Familiebeihilfe. Familienerhalter sei der Bw. Der Bw arbeite in Österreich und zahle Miete, Steuern und Strafe wegen Falschparkens usw. wie alle Anderen. Er lebe nach den gleichen Gesetzen wie österreichische Staatsbürger.
Nach der Information des Bw ergebe sich auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für EU-Bürger eine Gleichstellung zu österreichischen Staatsbürgern auf Grund internationaler Regelungen. Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger könne nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem er beschäftigt sei, die Familienleistungen auch für Kinder, die sich ständig in einem anderen EU-Staat aufhielten, beantragen.
Kollegen, Bekannte und hunderte Andere, die alle EU-Bürger seien, hätten das Recht auf Gewährung einer Differenzzahlung. Wie könne das sein?
Die abweisende Berufungsvorentscheidung (BVE) wird vom Finanzamt wie folgt begründet:
"Gem. § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gem. § 5 Abs. 3 FLAG besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gem. Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern in Verbindung mit der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegt, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet diese Staates wohnten.
Gem. Artikel 114 der DVO 574/72 hat der geschiedene Elternteil, der im anderen Mitgliedstaat mit den Familienangehörigen (Kindern) wohnt, vorrangig Anspruch auf die Familienleistungen.
Nach nationalem Recht hat der geschiedene Elternteil, zu dessen Haushalt die Kinder nicht gehören, keinen Anspruch auf Familiebeihilfe, daher kann auch durch die Ausübung der Freizügigkeit kein Anspruch auf die Familienbeihilfe in Österreich erworben werden.
Da die Ehe im Jahr 2002 geschieden wurde, war spruchgemäß zu entscheiden."
Im Vorlageantrag bringt der Bw noch vor, trotz der Scheidung von der Kindesmutter trage er überwiegend, wenn nicht zur Gänze, die Unterhaltskosten der in Ungarn lebenden Kinder.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 2 Abs. 2 FLAG haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gem. § 5 Abs. 3 FLAG besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
§ 4 Abs. 1 FLAG normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben.
In § 4 Abs FLAG ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gem. Abs. 1 und § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf Familiebeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe , die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.
§ 4 Abs. 6 normiert, dass die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt. Diese Gesetzesdiktion bedeutet, dass sämtliche übrige Bestimmungen des FLAG auf das Verfahren betreffend die Gewährung einer Ausgleichszahlung anzuwenden ist.
Gem. Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern in Verbindung mit der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates unterliegt, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.
Der Bw selbst gibt an, dass die Familiebeihilfe in Ungarn der geschiedenen Gattin und nicht ihm zusteht, da die Kinder dem Haushalt der geschiedenen Gattin angehören. Da der Bw somit nach österreichischen Recht keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat, kann er auch keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben. Ein nach österreichischem Recht nicht bestehender Anspruch kann auch durch die Anwendung der Freizügigkeit nicht geschaffen werden.
Selbst wenn die Berufungsausführungen, anderen dem Bw bekannten Personen werde eine Ausgleichszahlung gewährt, zutreffend sind, vermögen diese Ausführungen der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Abgesehen davon, dass diese Angaben nicht überprüfbar sind, kann ein unrechtmäßiger Bezug nicht deshalb gewährt, weil andere Personen eine Ausgleichszahlung zu Unrecht beziehen.
Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 4. August 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | Familienbeihilfe, Ausgleichszahlung, Haushaltszugehörigkeit |