Betriebsnotwendigkeit einer Einlage
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0218 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 27.1.2011 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0254-L/11 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., AdresseBw., vertreten durch WTH, vom 29. März 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen Wels, vertreten durch Amtspartei, vom 13. März 2006 betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2004 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb betragen 191.782,64 €, wobei 81.505,75 € auf H.K. und 110.276,89 € auf B.S. entfallen. Betreffend H.K. sind Einkünfte in Höhe von 45.000,00 € iSd § 11a EStG 1988 iVm § 37 Abs. 1 EStG 1988 begünstigt zu besteuern.
Entscheidungsgründe
Mit Schreiben vom 10. Jänner 2005 wurde durch die Bw. wie folgt mitgeteilt: Es würden folgende gesellschaftsrechtlichen Änderungen bekannt gegeben werden: Mit Schenkungsvertrag vom 31. Dezember 2004 hätte die bisherige Kommanditistin B.S. einen Kommanditanteilsteil an der Bw., der einer Beteiligung an Gewinn, Verlust und Vermögen in Höhe von 35% der Gesellschaft entspreche, jedoch ohne Übertragung der nominellen Kommanditeinlage mit Stichtag 31. Dezember 2004 an den weiteren Gesellschafter H.K. übergeben, sodass nunmehr mit einer Beteiligung am Gewinn, Verlust und Vermögen in Höhe von 80% an der Gesellschaft beteiligt sei. Die bisherige nominelle Kommanditeinlage von B.S. in Höhe von 100.000,00 S bleibe unverändert.
Als Einkünfte aus Personengemeinschaften wurden im Hinblick auf die Bw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 191.782,64 € erklärt. Auf H.K. würden 45%, somit 81.505,75 €, auf B.S. 55% und somit 110.276,89 € entfallen. Abweichend vom Beteiligungsverhältnis würden Einkünfte in Höhe von 45.000,00 € betreffend H.K. gemäß § 37 EStG 1988 mit dem Hälftesteuersatz zu versteuern sein.
Mit Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO vom 13. März 2006 wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 191.782,64 € festgesetzt. Davon würden 81.505,75 € auf H.K. und 110.276,89 € auf B.S. entfallen. Begründet wurde wie folgt: Der begünstigte Steuersatz für nicht entnommene Gewinne könne nicht gewährt werden, da kein Anstieg des Eigenkapitals gegeben sei. Die Einlage laut Schenkungsvertrag könne nicht als betriebsnotwendige Einlage gesehen werden, da nur eine Umbuchung von Verrechnungskonto zu Verrechnungskonto vorliegen würde.
Mit Schreiben vom 29. März 2006 wurde gegen obigen Bescheid Berufung eingereicht wie folgt: Der Berufungswerber würde sich in der Nichtgewährung des begünstigten Steuersatzes für nicht entnommene Gewinne beschwert sehen, die Anerkennung der Steuerbegünstigung für den Gesellschafter H.K. beantragen und wie folgt begründen: Mit Schenkungsvertrag vom 31. Dezember 2004 sei von der Gesellschafterin B.S. ein Anteil ihrer Beteiligung an der Bw. unentgeltlich an den unbeschränkt haftenden Gesellschafter H.K. übertragen worden. Im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses 2004 sei dieser Vorgang bilanziell als Entnahme am Verrechnungskonto von B.S. und als Einlage am Verrechnungskonto von H.K. dargestellt worden. Bei B.S. wäre es dadurch zu einem Kapitalabfall gekommen und die Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne hätte nicht geltend gemacht werden können. Bei H.K. würde diese Umbuchung jedoch eine betriebsnotwendige Einlage bewirken und somit einen Kapitalanstieg. Laut den Einkommensteuerrichtlinien 2000 vom 1. Oktober 2004 werde im § 11a EStG 1988 unter der RZ 3860n darüber abgesprochen, dass in den Fällen eines unentgeltlichen Erwerbes die Verhältnisse des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger überbunden werden würden. Auf den gegenständlichen Sachverhalt angewendet würde dies bedeuten, dass die bei B.S. verloren gegangene Steuerbegünstigung durch die Entnahme (Schenkung) eines Anteiles ihrer Beteiligung am Unternehmen beim Rechtsnachfolger als betriebsnotwendige Einlage zu werten sei und die Steuerbegünstigung zu gewähren sei.
Nach Aktenlage wurde im Jahr 2005 keine mit der strittigen Einlage korrespondierende Entnahme vorgenommen.
Am 21. Juni 2006 wurde obige Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Am 2. Oktober 2007 wurde folgender Ergänzungsvorhalt an die Bw. abgefertigt: "1. Der Schenkungsvertrag vom 31. Dezember 2004 wäre einzureichen.
2. Der ermäßigte Steuersatz wurde für den Betrag von 45.000,00 € beantragt. Sie werden nun ersucht, die Berechnung des Eigenkapitalanstieges nachzureichen.
3. Die Betriebsnotwendigkeit eventueller Einlagen ist glaubhaft zu machen.
4. Wie wurde der Schenkungsvertrag verbucht?
5. Die Entwicklung des Eigenkapitals im Jahr 2003 wäre darzustellen. Ist ein Eigenkapitalanstieg oder ein Eigenkapitalabfall (ein solcher wäre iSd § 11a Abs. 7 EStG 1988 im Berufungsfall zu berücksichtigen) erfolgt?
6. Die zitierte RZ 3860n der EStR 2000 bezieht sich auf die Verhältnisse betreffend Nachversteuerung, die anteilig übernommen werden. Nach Ansicht des Senates ist für den gegenständlichen Fall primär wesentlich, ob überhaupt ein Eigenkapitalanstieg vorliegt. Nehmen Sie dazu Stellung."
Mit Schreiben vom 18. Oktober 2007 wurde wie folgt geantwortet: Zu 3. Die Einlagen 2004 würden sich wie folgt zusammensetzen:
Sozialversicherungsbeiträge GSVG | 13.600,60 € |
Schenkung | 114.545,45 € |
Gesamteinlage | 128.146,05 € |
Siehe auch die Ausführungen zu 6.. Der Betrag von 114.545,45 € wäre über die Jahre Eigenkapital der Kommanditistin B.S. gewesen und sei auch in Zukunft als Eigenkapital der Gesellschaft erforderlich, wodurch ein Betrag als betriebsnotwendiges Eigenkapital wiederum vom Komplementär H.K. gewidmet worden wäre. Zu 4. Umbuchung von Verrechnung B.S. an variables Kapital H.K. 114.545,45 € (Berechnung zu diesem Betrag liege bei). Zu 5. siehe 2. Zu 6. Auf Grund des Schenkungsvertrages hätte die Kommanditistin dem Komplementär 35% des Gesamtunternehmens geschenkt. Bei der Kommanditistin hätte die Übertragung eines Eigenkapitalanteiles zu einem Eigenkapitalabfall geführt, im Gegenzug jedoch werde auf das variable Kapitalkonto des Komplementärs eine Einlage in Höhe von 114.545,45 € verbucht. Diese Einlage diene jedenfalls nachhaltig zur Stärkung des betrieblichen Eigenkapitals und sei daher als betriebsnotwendige Einlage, welche betrieblichen Zwecken gewidmet sei, zu sehen. Beigelegt wurde der Schenkungsvertrag vom 31. Dezember 2004.
Des Weiteren folgende Berechnungsblätter: Nicht entnommene Gewinne (H.K.)
EK-Abfall | ||
Berechnung des EK-Anstieges | 2003 | 2004 |
Gewinn | 81.505,75 | |
- Schädliche Entnahmen | -101.458,62 | |
+ Betriebsnotwendige Einlagen | 129.531,45 | |
- Eigenkapitalabfall 2003 | 0,00 | 0,00 |
Maximal 100.000,00 € | 109.578,58 | |
Höchstens begünstigungsfähig | 45.000,00 | |
Begünstigt besteuerter Teil | 0,00 |
Wenn der Eigenkapitalanstieg höher als der Gewinn sei, könne höchstens der Gewinn begünstigungsfähig sein. Nächste Obergrenze für Halbsteuersatz seien Gesamtbetrag der Einkünfte abzüglich Verlustvortrag.
Schenkung eines Kommanditanteiles, der Beteiligung an Gewinn...in der Höhe von 35% laut Schenkungsvertrag Dezember 2004 Konto 9015, Verrechnungskonto B.S. | |
Stand nach Gewinnverteilung | 491.932,62 € |
UB auf Konto 3650 Verbindlichkeit an B.S. - nicht Schenkungsgegenstand sei der 180.000,00 € übersteigende Betrag | -311.932,62 € |
Stand vor Schenkung | 180.000,00 € |
Davon Schenkung an H.K. 35% von 55% (180.000,00 ) | -114.545,45 € |
Stand Konto 9015 (B.S.) nach Schenkung | 65.454,55 € |
Im Kalenderjahr 2003 würde der Kapitalzuwachs 12.242,61 €, im Jahr 2004 109.578,58 € betragen.
Vergleichszeitraum 1-12/04 | |||
Entnahmen | Einlagen | Berechnung | |
Steuerlicher Gewinn laut GuV | 81.505,75 € | ||
Verr.konto | -101.416,14 € | 128.146,05 € | |
ZWS | -101.416,14 € | 128.146,05 € | 26.729,91 € |
WP-Zinsen, Dividenden | 3.078,67 € | ||
Strafen, Spenden | -94,40 € | ||
ZWS | -94,40 € | 3.078,67 € | |
Davon 45% f. H.K. | -42,48 € | 1.385,40 € | 1.342,92 € |
Kapitalzuwachs | 109.578,58 € |
Mit Schreiben vom 15. November 2007 wurden die obigen Ermittlungsergebnisse der Amtspartei zugesandt. Eine Stellungnahme ist nicht erfolgt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 11a Abs. 1 EStG 1988 "können natürliche Personen, die den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, bis zu dem in einem Wirtschaftsjahr eingetretenen Anstieg des Eigenkapitals, höchstens jedoch 100.000,00 €, mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 Abs.1 versteuern. Der Anstieg des Eigenkapitals ergibt sich aus jenem Betrag, um den der Gewinn ausgenommen Übergangsgewinne und Veräußerungsgewinne, die Entnahmen (§ 4 Abs. 1 EStG 1988) übersteigt. Einlagen (§ 4 Abs. 1 EStG 1988) sind nur soweit zu berücksichtigen, als sie betriebsnotwendig sind." Nach § 11a Abs. 2 EStG 1988 "können bei Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind und die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermitteln, nur die Gesellschafter die begünstigte Besteuerung iSd Abs. 1 in Anspruch nehmen. Der Betrag von 100.000,00 € ist bei den Mitunternehmern mit einem der Gewinnbeteiligung entsprechenden Teilbetrag anzusetzen."
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die obige Begünstigung angewendet werden kann, da aufgrund der unentgeltlichen Übertragung von Anteilen an der KG durch B.S. eine Entnahme vorgenommen worden ist. Der entnommene Betrag wurde daraufhin wiederum eingelegt. Die Amtspartei hat diese Einlage als nicht betriebsnotwendig qualifiziert, diese daher bei der Berechnung des Eigenkapitalanstieges nicht berücksichtigt und somit keine begünstigte Besteuerung vorgenommen.
Der § 11a Abs. 1 EStG 1988 verweist im Hinblick auf den Begriff Einlagen auf § 4 Abs. 1 EStG 1988, wonach damit alle Zuführungen von Wirtschaftsgütern aus dem außerbetrieblichen Bereich umfasst sind.
Die Finanzverwaltung sieht eine Einlage etwa dann als betriebsnotwendig an, wenn sie dazu dient - einen konkreten Kapitalbedarf aus Anlass konkret betrieblicher Investitionen oder konkreter betrieblicher Aufwendungen, welche andernfalls mit Fremdmitteln finanziert werden müssten, zu decken, oder - betriebliches Fremdkapital durch Eigenkapital zu ersetzen, weil für die Bedingung der betrieblichen Bankverbindlichkeit keine ausreichenden liquiden Mittel im Betrieb vorhanden sind (vergleiche EStR 2000 Rz 3860e). Weiters wird in den EStR ausgeführt, dass zwar Einlagen, die "lediglich zum Ausgleich von Entnahmen" getätigt werden würden, nicht betriebsnotwendig seien. Es würden aber keine Bedenken bestehen, "eine Entnahme dann unberücksichtigt zu lassen, wenn der Entnahme eine betragsgleiche Einlage gegenübersteht, die innerhalb von höchstens drei Tagen erfolgt. Im vorliegenden Fall wurde der strittige Betrag bei Erstellung des Jahresabschlusses bilanziell als Entnahme am Verrechnungskonto von B.S. und als Einlage am Verrechnungskonto von H.K. dargestellt. Die Vorraussetzung "innerhalb von höchstens drei Tagen" würde nach Ansicht des Senates daher erfüllt gewesen sein. Die Einkommensteuerrichtlinien binden jedoch den Unabhängigen Finanzsenat in keiner Weise, weshalb die gesetzlichen Grundlagen zu prüfen sind.
Der Begriff der betriebsnotwendigen Einlage ist im Gesetz nicht näher definiert und daher nicht eindeutig. Nach Doralt/Heinrich, EStG9, § 11a Tz 28, ist bei Bestimmung des Begriffes zum einen der Normzweck des § 11a EStG 1988, zum anderen die Rechtsprechung des VwGH zur vergleichbaren Problemstellung bei § 11 EStG 1972 zu berücksichtigen. Zu § 11 EStG 1972 hat der VwGH ausgeführt, dass bei der Berechnung der Mehrentnahmen Einlagen und Entnahmen grundsätzlich gegeneinander aufzurechnen sind, auch wenn die Entnahmen noch im selben Wirtschaftsjahr durch Einlagen rückgängig gemacht werden. Dies würde nur dann nicht zutreffen, wenn die Einlage nur für kurze Zeit (um den Bilanzstichtag) dem Betrieb verbleibt, demnach eine eindeutige Umgehung vorliegt (siehe etwa VwGH vom 9.11.1994, 92/13/0305, und vom 26.4.2000, 99/14/0249). Die Gesetzesmaterialien zu § 11a EStG 1988 stellen etwa die Vermutung der Betriebsnotwendigkeit auf, wenn nach einer erfolgten Einlage sechs Monate hindurch keine oder nur unwesentliche Entnahmen getätigt werden.
Der Normzweck des § 11a EStG 1988 ist - vergleiche auch die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 59 BlgNR 22.GP - die nachhaltige Förderung der Eigenkapitalbildung. Folglich kann dem Begriff der betriebsnotwendigen Einlage kein über den Zweck, offensichtliche Umgehungshandlungen zu vermeiden zu wollen hinausgehender Inhalt beigemessen werden (Doralt/Heinrich, EStG9, § 11a Tz 28, Wolf/Hübl, SWK 2004, S 338, UFSF, RV/0202-F/06 vom 13.4.2007 oder UFSS, RV/0769-S/06 vom 16.8.2007). Einlagen, die auf Dauer geeignet sind, die Liquidität des Unternehmens zu sichern, Schutz vor Insolvenz zu geben und als Risikopolster zu dienen, entsprechen daher den gesetzlichen Erfordernissen (Wolf/Hübl, SWK 2004, S 338).
Im vorliegenden Fall ist von betriebsnotwendigen Einlagen auszugehen. Die übergabebedingte Entnahme wurde quasi zeitgleich durch eine Einlage in gleicher Höhe kompensiert. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Entnahme und Einlage ist gegeben. Dafür, dass es sich dabei um eine Umgehungshandlung handelt, liegen keine Anhaltspunkte vor. Auch durch die Amtspartei wurde deren Vorliegen nicht behauptet. Es handelt sich folglich wie oben ausgeführt um eine Einlage, die den Normzweck des § 11a EStG 1988 erfüllt. Die Eigenkapitalbildung wird nachhaltig gefördert.
Der Berufung war aus den angeführten Gründen Folge zu geben.
Linz, am 19. Mai 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 11a Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Einlage, betriebsnotwendig, Umgehung |
Verweise: |