Nachdem die Berufungswerberin nicht unter Beweis stellen konnte, dass ihre Tochter tatsächlich bei ihr haushaltszugehörig ist, wurde ihr selbst die Familienbeihilfe nicht gewährt. Die Tochter führt einen eigenen Haushalt in ihrer eigenen Wohnung und ist daher selbst familienbeihilfenbeziehend.
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0214 eingebracht. Mit Erk. v. 28.10.2009 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom 20. März 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes d vom 7. März 2007 betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab 1. Jänner 2007 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 7. März 2007 wurde der Antrag der Berufungswerberin (Bw) auf Familienbeihilfe für ihre Tochter ab Jänner 2007 mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind hätten, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hätte dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Die Tochter der Bw sei nicht bei der Bw haushaltszugehörig und es liege keine überwiegende Kostentragung vor.
Gegen obgenannten Bescheid berief die Bw rechtzeitig mit ihrer Eingabe vom 20. März 2007 und führte hiezu aus, dass ihre Tochter - ungeachtet einer Wohnmöglichkeit an ihrem Arbeitsort - nach wie vor zu ihrem Haushalt gehöre. Ihre Tochter sei seit ihrer Geburt geistig behindert und bedürfe ungeachtet ihrer 42 Jahre lebenslang der Betreuung und Assistenz. Ihre Defizite seien auch im lebenspraktischen Bereich dermaßen gravierend, dass sie nicht in einer Weise selbständig wohnen und leben kann, wie dies ein gesunder Mensch ihres Alters tun könnte. Dass die Tochter dennoch nicht in ihrem Haushalt, sondern im Altersheim f gemeldet ist, habe folgenden Hintergrund:
Im Zuge der Überschwemmungskatastrophe habe die Tochter sofort ausziehen müssen, denn ihr Zimmer habe unter Wasser gestanden, weil es sich im Erdgeschoss des Hauses befand. Ihr Arbeitgeber - das Sozialzentrum f - habe die Notlage erkannt und sofort gehandelt, indem er der Tochter im Altersheim eine Wohnmöglichkeit anbot. Die Bw selber hätte nicht gleichzeitig mit ihrer Tochter aus dem durchnässten, von Schimmel befallenen Haus ausziehen können, wohin auch. Zuerst habe sie noch viele Dinge organisieren und regeln und vor allem auch eine neue Wohnung suchen müssen. Deshalb sei sie sehr froh, dass ihre Tochter schon eine Bleibe hatte. Sie habe während dieser schweren Zeit andere Sorgen gehabt, als die polizeiliche Anmeldung ihrer Tochter bei ihrer neuen Wohnadresse zu veranlassen. Fakt sei aber, dass ihre Tochter täglich nach der Arbeit bei ihr ist, weil sie ja nach wie vor vieles für sie tun muss, weiterhin für sie sorge, wie sie das auch vor der Hochwasserkatastrophe getan habe. Außerdem würde ihre Tochter mindestens viermal wöchentlich in ihrer Wohnung nächtigen. Deshalb meine sie, dass die Tochter auch bei ihr haushaltszugehörig ist.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 27. September 2007 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und wie folgt ausgeführt:
"Das Finanzamt hat den von Ihnen am 23. Jänner 2007 eingebrachten Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe für Ihre behinderte Tochter Frau i u mit der Begründung abgewiesen, dass gemäß § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe habe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend trägt, habe (nur) dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person anspruchsberechtigt ist. Die Tochter u sei bei Ihnen nicht haushaltszugehörig und es liege auch keine überwiegende Kostentragung vor. Dagegen haben Sie Berufung mit der Begründung eingelegt, dass die Tochter ungeachtet einer Wohnmöglichkeit an ihrem Arbeitsort nach wie vor Ihrem Haushalt angehöre. Dies deshalb, weil u seit ihrer Geburt geistig behindert sei und ungeachtet ihrer 42 Jahre lebenslang der Betreuung und Assistenz bedürfe. Ihre Defizite seien auch im lebenspraktischen Bereich dermaßen gravierend, dass sie nicht in einer Weise selbständig wohnen und leben könne, wie ein gesunder Mensch ihres Alters. Die polizeiliche Anmeldung an ihrer neuen Wohnadresse sei aus einem Versehen nicht vorgenommen worden. Außerdem übernachte die Tochter mindestens viermal die Woche bei Ihnen in Ihrer Wohnung.
Aus den Akten von Ihnen bzw Ihrer Tochter ergibt sich folgender Sachverhalt:
Am 18. Oktober 2005 hat Ihre Tochter einen eigenen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe (unterschrieben von Ihnen als Mutter und Sachwalterin) gestellt und als Begründung eine (amts)ärztliche Bestätigung vom 27. November 1996 vorgelegt, aus der die Diagnose und die Behinderung mit deutlich über 50 % hervorgeht. Unter den Bemerkungen wurde festgehalten, dass nur ein geschützter Arbeitsplatz möglich sei und die Tochter seit 1990 Hilfstätigkeiten in einer Metzgerei ausübe. Weiters wurde diesem Selbstantrag des Kindes eine Aufstellung über die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten in einer eigenen Wohnung beigelegt (unterschrieben von Ihnen als Mutter und Sachwalterin), aus der hervorgeht, dass der leibliche Vater seiner Tochter keine Unterstützung gewähre, aber Sie durchschnittlich monatlich € 168,00 Ihrer Tochter übergeben würden. Zusätzlich war diesem Antrag noch ein Schreiben des leiblichen Vaters von u vom 10. 5. 2007 beigefügt, in dem er dazu Stellung nimmt, warum er seiner Tochter keine Unterstützung mehr gewährt bzw. zur von der Mutter angesprochenen intensiven und aufwendigen Pflege der Tochter folgendes angibt:
"u geht schon viele Jahre einer geregelten Arbeit nach und das mit dem Fahrrad oder auch schon Mofa, sie kann alleine einen Zug besteigen oder Bus und mit Gleichgesinnten einen Ausflug machen. Sie war letztes Jahr drei Monate ganz alleine im Hause (ihre Mutter war auf Urlaub) sie kann den Haushalt bewältigen, kleine Gerichte kochen, die Waschmaschine betätigen usw. In dieser Zeit war ich für sie da, wenn sie mich brauchte. u ist ein sehr liebes, braves und auch intelligentes Mädchen. Nun frage ich mich, was für eine intensive Pflege dieses Mädchen braucht. Sie hilft ja ihrer Mutter im Haushalt."
Anlässlich der Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe (Schreiben des Finanzamtes vom 30. 11. 2007) wurde bekannt gegeben, dass die Kindesmutter den Unterhalt von u im Wesentlichen bestreite (unterschreiben von Mutter und Tochter).
Im Antrag der Mutter vom 22. 1. 2007 (eingelangt) wegen überwiegender Kostentragung auf Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe für u wurde die Bestellung der Mutter vom 6. 4. 1996 zur Sachwalterin für ihre Tochter beigelegt, lt. deren die Tochter über einen Geldbetrag bis zur Höhe von ATS 200,00 frei verfügen kann. Mittels Fax vom 6. 3. 2007 wurde eine detaillierte Einnahmen-Ausgabenzusammenstellung (Durchschnitt/Monat) von der Mutter und Sachwalterin nachgereicht. Aus dieser Zusammenstellung sind neben Einnahmen wie der Nettolohn, Pflegegeld, Wohnbeihilfe und Unterhalt des Vaters noch folgende Ausgaben verzeichnet: Miete, Rückzahlung BAWAG-Kredit, Strom Abschlagzahlung, Bausparen, Telefon, Fahrtkosten Bus und Bahn, ÖBB Vorteilscard, Zeitungsabo, Arzt- und Zahnarztkosten, Unfallversicherung, Haushaltsversicherung, Kfz-Haftpflichtversicherung, Vignette, Benzin, Lebensunterhalt wie Essen und Kleidung sowie im Feber 2007 Kfz-Service und Reparatur sowie eine Unfall- und Reiseversicherung. Außerdem habe die Mutter ihrer Tochter einen Pauschalbetrag in Höhe von € 10.000,00 für die Ausstattung Einrichtung und Umzug in die neue erste eigene Wohnung übergeben. Der persönliche Beitrag der Mutter und Sachwalterin bestehe aus einer durchschnittlich zweitägigen Betreuung pro Woche gegen seelische und körperliche Verwahrlosung mit der Erledigung aller lebensnotwendigen Bedürfnisse und Geschäfte. Da in dieser Zusammenstellung Kosten für ein Kraftfahrzeug enthalten sind, hat das Finanzamt in dieser Richtung Ermittlungen angestellt und dabei davon Kenntnis erlangt, dass für die Tochter bis zum 13. 5. 2005 ein Motorfahrrad zugelassen gewesen ist, ab dem 17. 11. 2002 ist ein PKW auf den Namen von u zugelassen (u besitzt keinen Führerschein für einen PKW?). Im Zuge eines Lokalaugenscheines im Sozialzentrum f (u ist dort als Küchenhilfe beschäftigt und hat dort eine Mietwohnung) wurde ausgewiesenen Bediensteten des Finanzamtes in Begleitung der Heimleitung von u der Zutritt zur Wohnung verweigert. Diese Bediensteten haben sodann von der Heimleitung den Mietvertrag vom 12. 9. 2005 in Kopie erhalten, aus dem hervorgeht, dass der Mietgegenstand eine 2-Zimmerwohnung bestehend aus 1 Zimmer, Küche, Bad, Flur und Abstellraum im Ausmaß von 40 m² Wohnfläche ist, wobei ausdrücklich festgehalten wird, dass die Kücheneinrichtung (Block) von der Vermieterin gestellt wird. Zur Mietdauer wird festgehalten, dass diese so lange dauert, als die Tochter beim Sozialzentrum beschäftigt ist.
Da den Bediensteten der Zutritt verweigert worden ist, mussten diese die Heimleiterin über ihre Kenntnisse und Beobachtungen befragen. Dabei ist herausgekommen, dass die Tochter, je nach Einteilung zwei- bis dreimal pro Woche je 8 Stunden Dienst zu verrichten hat. u habe ein eigenes Postfach und hole regelmäßig, außer in Urlaubszeiten, ihre Post incl. ihres Zeitungsabos ab. Über Befragen erklärte die Heimleiterin auch, dass u nach ihrem Wissen kein Auto besitze, zumindest kenne sie keines und früher wäre sie mit einem Mofa gefahren. u habe in ihrer Wohnung eine Waschmaschine, einen Wäschetrockner und einen Kühlschrank. Sie könne im Sozialzentrum zu Mittag essen, wenn sie wolle und dies geschehe bei ca. 10 Arbeitstagen pro Monat ca. 20 bis 24 Mal/Monat. Sie sei sehr selbständig und könne insbesondere selbständig einkaufen. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache einer mündlich beauftragten steuerlichen Vertretung (Bedienstete der Arbeiterkammer) wurde eine Honorarnote eines Wahlarztes vorgelegt, aus der die Diagnose und seine Leistungen hervorgehen und noch einmal betont, dass es nach der Rechtsprechung für die Annahme der Haushaltszugehörigkeit genüge, wenn das Kind zumindest viermal die Woche bei den Eltern übernachte. Laut Bestätigung der Marktgemeinde f vom 20. 9. 2005 ist u seit dem 20. 9. 2005 mit Hauptwohnsitz in ihrer Mietwohnung gemeldet.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde der Anspruch auf Gewährung von Familienbeihilfe von der Berufungswerberin von der überwiegenden Kostentragung auf die Haushaltszugehörigkeit geändert (für die Arbeitnehmerveranlagung ist es wegen des Alleinerzieherabsetzbetrages wichtig, ob der Anspruch auf die Familienbeihilfe beim Kind oder bei der Mutter besteht).
Nach § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 1 FLAG 1967 die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 2 Abs 5 leg.cit. gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.
Gemäß § 167 Abs 2 Bundesabgabenordnung (BA0) hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Das Beweisverfahren wird vor allem ua beherrscht vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BA0-Kommentar, Tz 2 zu § 166, Tz 6 und 8 zu § 167 mwN).
Unter Haushalt ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, wobei es für die Frage der Haushaltszugehörigkeit eines Kindes unerheblich ist, wer den Haushalt führt, dem das Kind angehört.
Eine einheitliche Wirtschaftsführung setzt in Bezug auf die vorübergehend außerhalb der Wohngemeinschaft lebenden Kinder voraus, dass diese Kinder im Rahmen der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und damit noch der elterlichen Obsorge teilhaftig werden (VwGH vom 19. 10. 1960, 1509/58).
Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung, nicht dagegen das Erziehungsrecht. Allein die Tatsache, dass jemand ein Kind hat, ist für einen Anspruch auf Familienbeihilfe für dieses Kind nicht hinreichend. Einen Anspruch auf Familienbeihilfe räumt das Gesetz primär demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Voraussetzung für die Haushaltszugehörigkeit eines Kindes ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft. Unmaßgebend ist hiebei, wer die Mittel für die Führung des Haushaltes zur Verfügung stellt und wer den Haushalt führt. Die Mittel zur Führung des Haushaltes können auch von Personen, die dem Haushalt nicht angehören, oder von dem Kind selbst stammen. Wohl aber kommt es darauf an, dass über diese Mittel im Rahmen einer einheitlichen Wirtschaftsführung verfügt wird. Die Bedürfnisse des Kindes müssen daher in dieser einheitlichen Wirtschaftsführung entsprechend Berücksichtigung finden. Eine Wohngemeinschaft allein - bei getrennter Wirtschaftsführung - würde daher noch keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zur Folge haben.
Auch Kinder, die sich vorübergehend außerhalb der elterlichen Wohngemeinschaft aufhalten, gehören nur dann noch zum Haushalt der Eltern, wenn eine einheitliche Wirtschaftsführung vorhanden ist, d.h. wenn die Eltern bei ihrer Wirtschaftsführung auch noch die Kinder entsprechend einschließen (siehe dazu UFS vom 30. 1. 2007, RV/0952-L/06 und UFS vom 1. 6. 2006, RV/0166-F/05).
Aufgrund dieser Rechtsprechung ist im konkreten Fall davon auszugehen, dass die Tochter in ihrer Mietwohnung bei ihrem Arbeitsplatz einen eigenen Haushalt führt, da die Mittel für diese Haushaltsführung durch die Tochter ausschließlich von der Tochter stammen (ausgenommen Alimente vom Vater) und der persönliche Beitrag der Mutter und Sachwalterin (ausgenommen Pauschalbetrag für die Einrichtung der ersten eigenen Wohnung) in der wöchentlich durchschnittlich zweitägigen Betreuung gegen seelische und körperliche Verwahrlosung mit Erledigung aller ihrer lebensnotwendigen Bedürfnisse und Geschäfte besteht.
Die im Zuge der Berufung erstmalige Darstellung einer zumindest viermal wöchentlich stattfindenden Übernachtung der Tochter bei der Mutter (teilweise widersprüchlich zu früheren Angaben) ist im konkreten Fall nach der Rechtsprechung nicht mehr relevant, da von einer einheitlichen Wirtschaftsführung für Kinder, die sich außerhalb der elterlichen Wohnung aufhalten (hier eigene Mietwohnung) nur dann gesprochen werden kann, wenn das Kind im Rahmen der dem elterlichen Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und der elterlichen Obsorge teilhaftig wird.
Eine einheitliche Wirtschaftsführung, die für die Annahme der Haushaltszugehörigkeit der Tochter zu Ihrem Haushalt, die über eine eingerichtete eigene Mietwohnung verfügt, ist aufgrund der Einnahmen-Ausgabenzusammenstellung samt Erläuterungen und den sonstigen Ermittlungen des Finanzamtes nicht gegeben."
Mit Eingabe vom 25. Oktober 2007 stellte die Bw den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte hiezu ua aus, dass sie die Auffassung des Finanzamtes nicht teile. Die Frage, ob ihre Tochter aufgrund ihrer geistigen Behinderung ein weitgehend "normales" und selbständiges Erwachsenenleben führen kann, lasse sich ihres Erachtens nicht mit jenen Feststellungen beantworten, die die Finanzverwaltung im Zuge der Sachverhaltserhebungen getroffen hat. Fehlt nämlich das Verständnis für die Besonderheit der Lebensgestaltung von Menschen mit geistiger Behinderung, könnten an sich objektive Fakten zu falschen Urteilen führen, weil der angelegte Maßstab nicht stimmt. Für behinderte Menschen sei ein selbständiges Leben und Wohnen nicht in einer Weise möglich, wie es bei gesunden Menschen möglich ist. Menschen mit geistiger Behinderung müssten kleine Schritte in die Selbständigkeit immer wieder üben und neu lernen, tagein, tagaus - ein Leben lang. Darum gebe es in der Behindertenarbeit auch therapeutische Konzepte wie teilbetreutes Wohnen.
Die Tatsache, dass ihre Tochter im Sozialzentrum ein eigenes Zimmer bewohnt, bedeute noch lange nicht, dass die Haushaltszugehörigkeit zu ihr aufgehoben ist. Im Gegenteil, wer mit der Lebensweise von geistig behinderten Menschen vertraut ist, wisse auch, dass Unterstützung und Begleitung lebenslänglich notwendig sind. Was bedeute: Jemand müsse einfach da sein für den anderen Menschen. Dieses Dasein sei durchaus auch örtlich zu verstehen, im Sinne von "u könne darauf vertrauen, dass sie immer bei ihr - ihrer Mutter wohnen und leben kann - wenn sie das braucht". Und genau diese Unterstützung, verbunden mit der Gewissheit, geborgen und sicher leben zu können, erhalte ihre Tochter von ihr. Hätte sie die nicht, wäre sie nicht in der Lage, auch nur kleinste Schritte in Richtung Selbständigkeit zu tun. Immer dann, wenn die Tochter ihr fragiles Erwachsenenleben nicht mehr schafft, wenn Krisen sie aus der Bahn werfen, sei sie für sie da. Diese Krisen könne man nicht durch die Brille von sogenannten normalen Erwachsenen betrachten. Sie seien ein untrennbarer Bestandteil von us Behinderung und würden das symbiotische Zusammenleben von Mutter und Tochter bedingen, auch wenn sie beide an verschiedenen Adressen polizeilich gemeldet sind. Nicht jede Behinderung sei von Außenstehenden sofort freien Auges erkennbar. Und möglicherweise hätten auch die Sachbearbeiter des Finanzamtes us Behinderung nicht erkennen können. Darum möchte sie hier ein kleines Beispiel zur Veranschaulichung bringen: u sei psychisch nicht in der Lage, ganz alleine - was für erwachsene Menschen völlig normal ist - Kleidung einzukaufen. Sie könnte den Stress nicht aushalten, da sie zusätzlich zu ihrer geistigen Behinderung auch noch schwere Asthmatikerin ist. Ohne ihre Begleitung und Unterstützung wäre so etwas Banales wie Kleidung einkaufen nicht möglich.
Im Zuge der Entscheidungsfindung habe das Finanzamt ihrer Auffassung nach wesentliche Sachverhalte lückenhaft, zum Teil aus dem Zusammenhang gerissen und manche sogar komplett unrichtig dargestelt. Weiters seien gewisse Feststellungen der Behörde - und die Motive ihrer Erörterung - für sie nicht nachvollziehbar. Vermutungen und verzerrte Darstellungen von angeblichen Tatsachen hätten in der Folge zu einem Ergebnis geführt, das so nicht stimmt. Ihres Erachtens weise das Beweisverfahren Verfahrensmängel auf. Insbesondere die Bestimmung des § 167 Abs 2 BA0, wonach die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen habe, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, sei nicht im Sinne des Gesetzes angewendet worden.
Im Folgenden erlaube sie sich, einige der angesprochenen Ungereimtheiten dem UFS beispielhaft aufzuzeigen.
Zu Seite 2 der Berufungsvorentscheidung
2. Absatz
Wortfolge "...leiblichen Vaters von u, vom 10. 5. 2007 beigefügt, ..." Zum einen sei das Datum eindeutig falsch. Diese Aussage von us Vater sei vor etlichen Jahren gemacht worden, um die Leistung eines angemessenen Unterhalts für die behinderte Tochter abzuwenden. Sie habe damals us Unterhalt bei Gericht einklagen und erkämpfen müssen. Unter diesem Blickwinkel betrachtet komme der Stellungnahme des Kindesvaters - zur Frage, ob die erwachsene, aber geistig behinderte Tochter "ein selbständiges Leben führen kann" eine ganz andere Bedeutung zu. Die Abgabenbehörde habe diese Aussage ungeprüft in die Beweiswürdigung aufgenommen, ohne den Kontext zu beachten.
Auch im letzten Absatz der Seite 2 seien wiederum Datumsangaben unrichtig niedergeschrieben. Wortfolge: "...(Schreiben des Finanzamtes vom 30. 11. 2007) wurde ..." Dieses Datum liege in der Zukunft. Es wäre heute der 25. 10. 2007. Weiters sei unrichtig, dass sie am 6. 4. 1996 zur Sachwalterin ihrer Tochter bestellt worden ist. Das sei bereits etliche Jahre früher gewesen, und zwar im Jahr 1994.
Zu Seite 3 der Berufungsvorentscheidung:
1. Absatz:
Sie könne sich nicht erklären, weshalb die Behörde im Berufungsverfahren erörtert, dass ein PKW auf us Namen zugelassen ist. Vermute das Finanzamt denn, dass die Tochter mit ihrer schweren geistigen Behinderung einen Führerschein hat? Das fände sie schon absurd. Fakt sei, dass genannter PKW aus versicherungstechnischen Gründen kurzfristig auf us Namen angemeldet war, was eine Erleichterung bei der motorbezogenen Versicherungssteuer bringt und im übrigen ein ganz normaler Vorgang ist. Es wäre ein Leichtes gewesen, von ihr darüber Auskunft zu erhalten. Warum sie nicht gefragt worden sei, stattdessen aber Verdächtigungen in das Berufungsverfahren aufgenommen worden seien, erhöht ihr Unverständnis für die Vorgangsweise des Finanzamtes.
2. Absatz:
Zum Lokalaugenschein im Sozialzentrum: Die hier getroffenen Feststellungen hätten sie nicht nur verwundert, sondern empört. Die Tochter sei von zwei Finanzbediensteten angehalten worden, als sie gerade auf dem Weg zum Arzt war. Sie hätte einen ärztlichen Untersuchungstermin gehabt, den sie einhalten musste. Der Überraschungsbesuch von zwei Finanzbeamten habe die Tochter verständlicherweise verunsichert und erschreckt. Außerdem habe sie ja weg müssen. In diesem Zusammenhang davon zu sprechen, sie hätte den Erhebungsbeamten den Zutritt zu ihrem 1-Zimmerappartment verweigert, halte sie für eine schlimme Entgleisung. Was ihr bis heute nicht klar sei: Was hätten die Beamten denn mit ihrer Aktion herausfinden wollen? Hätten sie mit ihrem überfallsartigen Besuch etwa zu beweisen versuchen wollen, wie selbständig ihre Tochter in Wahrheit ist? Seien deshalb die Aussagen von k - die übrigens nicht Heimleiterin, sondern Bürokraft ist - in der Berufungsvorenscheidung festgehalten worden? Sie müsse gestehen, für diese Art der Beweiswürdigung fehlt ihr jegliches Verständnis.
Der UFS werde höflich ersucht, sie im Zuge der Rechtsmittelbearbeitung persönlich anzuhören, um den Sachverhalt in seiner ganzen Dimension aus ihrer Wahrnehmung und Sichtweise erläutern zu dürfen.
Im Vorlagebericht des Finanzamtes - beim Unabhängigen Finanzsenat am 8. November 2007 eingelangt - wurde ua noch folgendes ergänzt:
Die Tippfehler bei den Datumsdaten (falsche Jahreszahl) würden bedauert werden. Nachdem die Bestätigung des Vaters von u vom 10. Mai 2005 im Zuge von deren Selbstantrag auf Gewährung von Familienbeihilfe - unterschrieben von der Mutter und Sachwalterin - dem Finanzamt vorgelegt worden ist, habe es unbedenklich - so wie bei den anderen vorgelegten Unterlagen - davon ausgehen können, dass diese Angaben der Wirklichkeit entsprechen. Es werde außerdem bemerkt, dass die mündlich beauftragte Helferin der Arbeiterkammer anlässlich eines Telefonates mit dem Sachbearbeiter im August dieses Jahres diesen ausdrücklich und eindringlich gebeten hat, die Mutter und Sachwalterin wegen deren nervlichen Zustandes nicht persönlich im Zuge eines Lokalaugenscheines zu befragen. Deshalb hätten zwei ausgewiesene Bedienstete des Finanzamtes in Begleitung der Heimleitung bei der Tochter einen Lokalaugenschein durchgeführt, um die aktenkundigen Widersprüche aufzuklären bzw. sich ein objektives Bild vom Sachverhalt zu machen. Die Kosten eines Kraftfahrzeuges seien von der Mutter und Sachwalterin in deren Aufstellung über die Lebenshaltungskosten von u im Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe aufgrund der überwiegenden Kostentragung durch die Mutter, angegeben worden. Das Finanzamt sei der Ansicht, dass im konkreten Fall aufgrund der ursprünglichen Angaben des Kindes und der Kindesmutter, des Kindesvaters und der Heimleiterin des Sozialzentrums (diese hat den Bediensteten die Auskünfte erteilt) im Sinne der Rechtsprechung keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes zur Mutter gegeben ist. Die Hilfestellungen der Mutter für die behinderte Tochter würden sich nach Ansicht des Finanzamtes im Rahmen der übertragenen Sachwalterschaft bewegen und würden keine Haushaltszugehörigkeit der Tochter iSd Gesetzes bedingen.
Laut Telefonat mit der Bw vom 28. März 2008 wurde folgendes vorgebracht:
Die Bw werde weiterhin für ihr Tochter sorgen. Sie würde trotz der Dienstwohnung bei ihr wohnen. Die Tochter arbeite seit ein paar Jahren Teilzeit. Sie habe für ihre Tochter in ihrer neuen Wohnung ein Zimmer. In der Freizeit sei die Tochter im Zimmer der Wohnung der Kindesmutter (Bw). Vorher hätten sie in einem Haus mit zwei Wohnungen gewohnt. Dann kam die Überschwemmung und deswegen seien sie seither getrennt. Die Herren vom Finanzamt hätten ihre Tochter sozusagen überfallen. Sie hätten sich auch nicht ausgewiesen. Die Tochter hätte einen Arzttermin gehabt und daher die Wohnung nicht aufmachen können. Wieso solle sie als Kindesmutter nicht die Familienbeihilfe erhalten? Sie verweise noch einmal darauf, dass die Gewährung der Familienbeihilfe wegen der Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages so wichtig ist.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 2 Abs 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 1 FLAG 1967 die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Tochter der Bw ab Jänner 2007 dem Haushalt der Bw zugehörig war.
Gemäß Abs 5 FLAG 1967 gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.
Unter Haushalt ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft zu verstehen, wobei es für die Frage der Haushaltszugehörigkeit eines Kindes unerheblich ist, wer den Haushalt führt, dem das Kind angehört.
Eine einheitliche Wirtschaftsführung setzt in Bezug auf die vorübergehend außerhalb der Wohngemeinschaft lebenden Kinder voraus, dass diese Kinder im Rahmen der dem Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel entsprechend bedacht und damit noch der elterlichen Obsorge teilhaftig werden (VwGH vom 19. 10. 1960, 1509/58).
Für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ist ausschließlich die Tatsache der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Bedeutung, nicht dagegen das Erziehungsrecht.
§ 167 Abs 2 Bundesabgabenordnung (BAO) hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Das Beweisverfahren wird vor allem ua beherrscht vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167).
Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet, dass alle Beweismittel grundsätzlich gleichwertig sind und es keine Beweisregeln (keine gesetzliche Rangordnung, keine formalen Regeln) gibt. Ausschlaggebend ist der innere Wahrheitsgehalt der Ergebnisse der Beweisaufnahmen.
Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO-Kommentar, Tz 2 zu § 166, Tz 6 und 8 zu § 167 mwN).
Fakt ist, dass die Bw als Sachwalterin ihrer Tochter einen Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe (datiert mit 12. Oktober 2005) ab September 2005 für die Tochter selbst wegen Umzug/Übersiedlung (neuer Wohnsitz: WS 1) stellte. Als Beilagen wurden ein Meldezettel vom 20. September 2005 (f), ein Lohnzettel v. 9/05, zwei ärztliche Bestätigungen v. 1996 u. 22. 7. 05 (Dr. e), ein Behindertenausweis, eine Ablehnung v. Unterhaltszahlungen des Vaters angeführt. Mit gleichem Datum stellte die Bw in Vertretung für ihre Tochter einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung, ebenfalls mit obgenannter Wohnsitzadresse. Am Beilagenblatt zum Selbstantrag, der von der Tochter selbst unterschrieben wurde, wurde die Höhe der monatlichen Lebenshaltungskosten (im Durchschnitt) angeführt sowie auch die Finanzierung dieser Kosten dargestellt. Es ist aus dieser Aufstellung ersichtlich, dass sich die Tochter der Bw die monatlichen Lebenshaltungskosten überwiegend selbst finanziert. Von der Mutter erhalte sie monatlich € 168,00. Am Formular zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe - beim Finanzamt Feldkirch mit der Post am 13. Dezember 2006 eingelangt - gab die Bw nunmehr an, dass ab dato (12. Dezember 2006) keine überwiegende Kostentragung von u mehr vorliege. Der Unterhalt werde im wesentlichen von der Kindesmutter bestritten. Es werde daher höflich gebeten, die Anspruchsberechtigte Person zu ändern. Mit Eingabe vom 22. Jänner 2007 wurden dementsprechende Anträge auf Zuerkennung der Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages hiezu gestellt, indem die antragstellende Person nunmehr die Bw war. Als Wohnsitz der Tochter gab die Bw wiederum die Wohnadresse im Sozialzentrum f an. Diesen Anträgen war ua eine Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben für das Kalenderjahr 2007 beigefügt. Insgesamt wurden Einnahmen und Ausgaben in Höhe von € 1.154,02 angegeben. Bei den Ausgaben wurden ua für die Kfz-Haftpflicht-Versicherung € 88,31 mtl., für die Vignette € 6,08 mtl. und für Tanken € 100,00 mtl. angeführt. Die Bw führte außerdem aus, dass sie für die Ausstattung, Einrichtung und den Umzug in die neue erste eigene Wohnung einen Pauschalbetrag von € 10.000,00 verausgabt habe. Als persönlichen Beitrag als Mutter und Sachwalterin führte sie eine wöchentlich durchschnittliche Betreuung von zwei Tagen gegen seelische und körperliche Verwahrlosung mit Erledigung aller lebensnotwendigen Bedürfnisse und Geschäfte ihrer Tochter an.
Ebenfalls am 22. Jänner 2007 ist beim Finanzamt d die Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für das Kalenderjahr 2006 von der Bw eingelangt, wo sie den Alleinerzieherabsetzbetrag beansprucht.
Aufgrund vorliegender Sachverhaltselemente kommt der Unabhängige Finanzsenat zu folgendem Bild:
Erst nach Einlangen des Bescheides vom 7. März 2007 des Finanzamtes d, wo der Bw vom Finanzamt entgegnet wurde, dass laut vorgelegter Belege, Aufstellungen und sonstiger Beweismittel keine überwiegende Kostentragung - wie von der Bw am 12. Dezember 2006 klar und deutlich angegeben - vorliege, gab die Bw in ihrem Schriftsatz vom 20. März 2007 an, dass ihre Tochter nach wie vor bei ihr haushaltszugehörig sei, da sie wöchentlich viermal bei ihr übernachte. Der Bescheid betreffend Arbeitnehmerveranlagung für 2006, in dem der Bw der Alleinerzieherabsetzbetrag verwehrt wurde, erging mit Datum 15. März 2007. Bis dorthin war es nicht strittig, dass ihre Tochter seit September 2005 nicht mehr bei ihr wohnte, und sie selbst gab an, dass ihre Tochter nunmehr ihre erste eigene Wohnung bewohne, wofür sie einen Pauschalbetrag von € 10.000,00 für die Ausstattung, Einrichtung und den Umzug leistete.
Es ist sicherlich einzusehen und nachvollziehbar, dass ein geistig behinderter Mensch einer Betreuung und Assistenz bedarf. Die Angaben der Bw in ihrer Berufungsschrift vom 20. März 2007 und dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 25. Oktober 2007, ihre Tochter habe im lebenspraktischen Bereich dermaßen gravierende Defizite, dass sie nicht in einer Weise selbständig wohnen und leben könne wie ein gesunder Mensch ihres Alters, steht jedenfalls in krassem Widerspruch zu den Ermittlungsergebnissen beim Lokalaugenschein im Sozialzentrum (siehe hiezu die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 27. September 2007) und den Angaben des Kindesvaters im Schriftsatz vom 10. Mai 2005. Noch dazu ist anzumerken, dass die Tochter laut Angaben des Kindesvaters im Jahr 2004 aufgrund eines Urlaubes der Kindesmutter drei Monate ganz alleine im Hause ua auch den Haushalt bewältigen konnte. Die Bw selbst gibt an, dass sie mit ihrer Tochter nicht gleichzeitig aus dem durchnässten, von Schimmel befallenen Haus ausziehen habe können. Sie habe sich auch um viele andere Dinge kümmern müssen und sei deshalb froh gewesen, dass ihre Tochter eine Bleibe hatte. Diese Aussage lässt aber jedenfalls den Schluss zu, dass die Tochter die Haushaltsführung in ihrer eigenen Wohnung auch aufgrund ihrer dementsprechenden Selbständigkeit bewältigen hat können. Erst nach ergangenem Bescheid und der Nichtzuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages gab die Bw an, dass ihre Tochter täglich nach der Arbeit zu ihr kommen und sie viermal wöchentlich bei ihr nächtigen würde. Diese Aussagen stehen aber auch in krassem Widerspruch zu jenen, die die Bw in der Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung für 2007 (Fax vom 6. März 2007) getätigt hat. Sie hat nämlich eine durchschnittlich zweitägige Betreuung pro Woche gegen seelische und körperliche Verwahrlosung mit Erledigung aller lebensnotwendigen Bedürfnisse und Geschäfte ihrer Tochter angegeben. Dies lässt jedenfalls nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates den Schluss zu, dass sich die geänderten Angaben der Bw erst als Reaktion auf die Nichtgewährung der Familienbeihilfe und des Alleinerzieherabsetzbetrages durch die obgenannten bescheidmäßigen Erledigungen des Finanzamtes ergaben. Die Bw hat auch mit Erklärung vom 12. Dezember 2006 angegeben, sie würde den Unterhalt der Tochter überwiegend bestreiten, was sich als unrichtig bzw unwahr herausstellte und dies von ihr in der Folge auch unbestritten blieb.
Die Angaben des Kindesvaters und auch der Bediensteten des Sozialzentrums f und auch die vorgelegten Aufstellungen und Unterlagen lassen jedenfalls den Schluss zu, dass der Tochter der Bw eine gewisse Eigenständigkeit zuzusprechen ist und sie auch in ihrer Zweizimmerwohnung einen eigenen Haushalt führte.
Außerdem ist zu bemerken, dass die von den Finanzbeamten angefertigte Niederschrift vom 17. September 2007 mit den bereits besprochenen Angaben von der Leiterin des Sozialzentrums f eigenhändig unterschrieben wurde.
Unter Zugrundelegung einer Gesamtbetrachtung der hier vorliegenden Umstände und der vorherigen Ausführungen ist im Gegenstandsfall nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates davon auszugehen, dass eine gemeinsame Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft von Mutter und Tochter nicht vorliegt. Sämtliche diesbezügliche Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom 27. September 2007 werden daher auch zum Inhalt dieser Entscheidung erhoben.
Entgegen den Äußerungen der Bw in ihrem Vorlageantrag vom 25. Oktober 2007 bewohnt die Tochter nicht nur ein Zimmer, sondern eine Zweizimmerwohnung mit Küche (Küchenblock wurde von der Vermieterin gestellt), Waschmaschine und wohnlicher Ausstattung. Dies geht aus den Ermittlungen der Finanzbeamten beim Lokalaugenschein und auch aus dem vorliegenden Mietvertrag vom 12. September 2005 hervor. Die von der Bw eingeworfenen Argumente betreffend lebenslange Unterstützung und Begleitung ihrer Tochter sowie das von ihr beschriebene Dasein für ihre Tochter (die Tochter könne darauf vertrauen, dass sie immer bei ihr wohnen und leben könne, wenn sie das braucht etc.) und das von ihrer Tochter benötigte Geborgenheitsgefühl können die für die Gewährung der Familienbeihilfe vorgelegten und rechtlich zu würdigenden Beweismittel für die Anerkennung der Zugehörigkeit der Tochter zum Haushalt der Bw jedenfalls nicht außer kraft setzen und waren diese daher ausschlaggebend für die Beurteilung des hier vorliegenden Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Betreffend der von der Bw argumentierten lückenhaften Darstellungen der Sachverhalte durch das Finanzamt ist folgendes zu entgegnen:
Zu Seite 2 der Berufungsvorentscheidung, 2. Absatz: Richtig ist, dass diesbezüglich fälschlicherweise vom Sachbearbeiter anstelle des Kalenderjahres 2005 das Kalenderjahr 2007 geschrieben wurde. Die Aussagen des Kindesvaters im Schriftsatz vom 10. Mai 2005 waren jedenfalls in das Beweisverfahren miteinzubeziehen. Noch dazu hat die Bw selbst diesen Schriftsatz vorgelegt. Die Angaben des Kindesvaters sind übereinstimmend mit jenen der Bediensteten des Sozialzentrums f. Demgegenüber entsprechen die Aussagen der Bw selbst in sämtlichen Eingaben nicht immer der Wahrheit bzw widersprechen sich wie bereits oben mehrmals ausgeführt. Inwieweit daher die Angaben des Kindesvaters nicht der Wahrheit entsprechen würden, wird daher im Lichte der eigenen Wahrheitsempfindung der Bw zu suchen sein.
Das Schreiben des Finanzamtes war nicht vom 30. 11. 2007, sondern vom 30. 11. 2006. Auch diesbezüglich dürfte es sich um einen Tipp- bzw. Schreibfehler gehandelt haben. Es ist außerdem richtigzustellen, dass laut vorgelegter Urkunde die Bw mit Beschluss vom 6. April 1994 zur Sachwalterin bestellt wurde.
Zu Seite 3 der Berufungsvorentscheidung, 1. Absatz:
Das Finanzamt hat - wie vom Finanzamt selbst bereits angegeben - sicherlich deshalb Ermittlungen bezüglich des PKWs, welcher auf u zugelassen war, angestellt, da die Kosten betreffend des PKWs in der Einnahmen-Ausgaben-Aufstellung für 2007 Eingang fanden. Die Aussage der Bw, dass vom Finanzamt diesbezüglich Verdächtigungen in das Berufungsverfahren aufgenommen worden seien, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar.
2. Absatz:
Es ist den diensthabenden Finanzbeamten nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates jedenfalls nicht vorzuwerfen, wenn sie aufgrund des Verfahrensstandes und der im Vorlagebericht des Finanzamtes beschriebenen Bitte der von der Bw beauftragten Helferin der Arbeitskammer einen Lokalaugenschein vornehmen, um aktenkundige Widersprüche aufzuklären und sich ein objektives Bild vom Sachverhalt zu machen. Der Vorwurf der Bw, es handle sich dabei um eine schlimme Entgleisung, wenn festgehalten wird, dass den Erhebungsbeamten der Zutritt zur Wohnung verweigert wurde, kann ebenfalls nicht nachvollzogen bzw bejaht werden.
Anzumerken ist noch, dass trotz der Angaben der Bw in ihren Schriftsätzen betreffend Selbständigkeit der Tochter der Bw, die Tochter offensichtlich selbständig genug war, einen ärztlichen Termin wahrzunehmen und den Weg dorthin selbst zu bewältigen.
Der Berufung war daher kein Erfolg beschieden und es war demzufolge aufgrund vorstehender Ausführungen wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Feldkirch, am 23. April 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte: | Familienbeihilfe, Haushaltszugehörigkeit, Beweismittel |