UFS RV/0438-K/06

UFSRV/0438-K/0628.2.2008

Grundlagenbescheid - Verjährung im abgeleiteten Einkommensteuerverfahren?

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/13/0074 eingebracht. Mit Erk. v. 30.5.2012 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A. B., .... X., X-Straße, vertreten durch Kohlberger Steuerberatungs GmbH & CoKG, 3390 Melk, Abt-Karl-Straße 33, vom 17. Mai 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs, vertreten durch Walter Spreitz, vom 18. April 2006 betreffend Einkommensteuer 1996 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) war in den Jahren ab 1988 bis 1996 ua. an der atypischStille (in weiterer Folge "atypisch Stille") beteiligt.

Bezüglich des Jahres 1996 gab es bei der atypisch Stillen folgende Vorgänge:

10. September 1997

Feststellungserklärung für 1996 beim Finanzamt eingelangt

12. November 1997

Aufforderung des Finanzamtes, eine ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung einzureichen

8. Juni 1998

nach Fristverlängerungen berichtigte Feststellungserklärung für 1996 beim Finanzamt eingelangt

18. Oktober 2001

Berichtigte Feststellungserklärung für 1996 samt Begleitschreiben beim Finanzamt eingelangt, als steuerlicher Vertreter "T-WT-GmbH (in weiterer Folge T-WT-GmbH)" ausgewiesen

30. November 2004

An die atypisch Stille adressierter "Endgültiger Bescheid für die Jahre 1988 bis 1995, gilt als Mitteilung für die jeweiligen ua. Beteiligten", in dem das Finanzamt ausgesprochen hat, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die atypisch Stille für die Jahre 1988 bis 1995 zu unterbleiben habe.

Die Einkünfte für 1988 bis 1995 wurden mit S 0,00 festgesetzt.

Lt. FA der atypisch Stillen:

Dieser "Endgültige Bescheid" wurde an die T-WTGmbH am 10. Dez. 2004 zugestellt, Zustellnachweis vorhanden. Dieser "Endgültige Bescheid" war ein Nichtbescheid.

30. November 2004

An den Bw. adressierter "Endgültiger Bescheid, gilt als Mitteilung für den jeweils ua. Beteiligten" - darunter auch der Bw. -, mit dem ausgesprochen wurde, dass für die atypisch Stille eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für 1988 bis 1995 zu unterbleiben habe.

30. November 2004

An die atypisch Stille adressierter "Endgültiger Bescheid für das Jahr 1996, gilt als Mitteilung für den jeweiligen ua. Beteiligten (Anm.: unter den Beteiligten auch der Bw.)", in dem das Finanzamt ausgesprochen hat, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die atypisch Stille für 1996 zu unterbleiben habe.

Die Einkünfte für 1996 wurden mit S 0,00 festgesetzt.

Der Bescheid wies im Briefkopfals "Zustellbevollmächtigten"die "Hausverwaltung, zH C., Y-Staße, ..." aus.

Der Rückschein trägt als Adressaten die atypisch Stille zH T-WT-GmbH.Die Zustellung erfolgte am 10. Dezember 2004 an die T-WT-GmbH, Rückschein vorhanden.

Lt. FA der atypisch Stillen: Eine Zustellung an den Bw. dieses "Endgültigen Bescheides" betreffend 1996 erfolgte nicht.

"Endgültiger Bescheid für 1996" vom 30. November 2004 ist ein Nichtbescheid, enthält keine "Zustellfiktion" gemäß § 101 Abs. 3 BAO, der Bw. hat gegen diesen "Nichtbescheid" nicht berufen.

24. Dezember 2004

Berufung der "A-Bank" (in weiterer Folge A-Bank), eingebracht von der D-GmbH (in weiterer Folge "D-GmbH") gegen den Bescheid vom 30. Nov. 2004 betreffend die Nichtfeststellung von Einkünften für 1988 bis 1996, mit der Begründung, dass ein Nichtbescheid vorliegt, weil ua. Beteiligte unrichtig bezeichnet seien, und Zustellbevollmächtigte in Abgabensachen niemals die Hausgemeinschaft sein könne, an die der "Bescheid" ergangen sei, sowie weil keine Zustellfiktion enthalten sei. In der Sache wurde die Liebhaberei bekämpft.

30. Dezember 2004

Berufung des Bw. gegen die Nichtfeststellungsbescheide für 1988 bis 1995, wegen Vorliegen von Nichtbescheiden bzw. Liebhaberei.

11. März 2005

Ergänzung der D-GmbH zur Berufung vom 24. Dezember 2004 betreffend "Gewinnfeststellung 1988 bis 1996"

19. Dezember 2005

Zurückweisungsbescheid der Berufung betreffend die Jahre 1988 bis 1995

19. Dezember 2005

Bescheid betreffend die Nichtfeststellung von Einkünften der atypisch stillen Gesellschaft für die Jahre 1988 bis 1995

24. Dezember 2005

Berufung gegen den Bescheid vom 19. Dezember 2005

3. März 2006

An die atypisch stille Gesellschaft gerichtete Berufungsvorentscheidungen für 1988 bis 1995, in denen die Verluste der einzelnen Jahre einheitlich und gesondert festgestellt bzw. gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig erklärt wurden.

3. März 2006

An die atypisch Stille adressierter Gewinnfeststellungsbescheidfür 1996, "Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO zu Bescheid vom 30. 11. 2004", unter Hinweis auf die Feststellungen der Berufungsvorentscheidung betreffend die Jahre 1988 bis 1995, in der die Verluste anerkannt wurden.

Für 1996 wurde für die Gesellschaft ein Abschichtungsgewinn iHv S 26,649.463,00 festgestellt, der auf den Bw. entfallende Anteil hat S 552.347,00 betragen.

1. September 2006

Gegenstandsloserklärung der von der D-GmbH für die A-Bank eingebrachten Berufung vom 24. Dezember 2004, weil "an Stelle des Gewinnfeststellungsbescheides vom 30. November 2004 für das Jahr 1996 ein Wiederaufnahmebescheid gemäß § 303 Abs. 4 BAO vom 3. März 2006 ergangen ist."

5. September 2006

Zurücknahme der Berufung vom 24. Dezember 2004 durch die D-GmbH für die A-Bank.

In der Berufung vom 24. Dezember 2004 begehrte die D-GmbH primär die Zurückweisung der Berufung, im Wesentlichen mit der Begründung, dass ein Nichtbescheid vorgelegen sei und auch die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO gefehlt hätte. Pauschal machte sie weiters die inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend, da die Liebhaberei völlig unzutreffend sei.

Im ergänzenden Schreiben vom 11. März 2005 betreffend "Gewinnfeststellung 1988 bis 1996" beantragte die D-GmbH unter Hinweis auf ein Parallelverfahren "eine Erledigung der Berufung iSd ursprünglichen Steuererklärung(en) anzustreben."

Im Einkommensteuerverfahren des Bw. kam es zu folgenden Abläufen:

14. April 1998

Einkommensteuererklärung für 1996 beim Finanzamt eingelangt,

darin war bezüglich der Beteiligung ("lt. Beilage") unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb "amtlicher Ansatz" festgehalten

29. April 1998

Einkommensteuerbescheid für 1996 erlassen, in diesem keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb enthalten

12. Juli 1999

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid für 1996, darin geänderte Einkünfte aus selbständiger Arbeit veranlagt, nach wie vor keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb veranlagt

18. April 2006

Gemäß § 295 Abs. 1 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid 1996, in dem nach Ergehen des Gewinnfeststellungsbescheides für 1996 vom 3. März 2006 die Einkünfte aus der Beteiligung des Bw. an der atypisch Stillen unter den Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv S 552.347,00 und der verrechenbare Verlust aus den Vorjahren iHv S 20.052,00 veranlagt wurden.

17. Mai 2006

Berufung gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 1996

13. September 2006

Abweisende Berufungsvorentscheidung betreffend Einkommensteuer 1996

5. Oktober 2006

Vorlageantrag betreffend Einkommensteuer 1996

In der gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 1996 vom 18. April 2006 erhobenen Berufung machte der Bw. bezüglich der Festsetzung der Einkommensteuer für 1996 die Einrede der Verjährung geltend.

In der abweislichen Berufungsvorentscheidung vom 13. September 2006 kam das Finanzamt diesem Begehren nicht nach. Der gemäß § 295 Abs. 1 BAO berichtigte Bescheid sei aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen vom 3. März 2006 zur atypisch Stillen von Amts wegen erlassen worden. Im Feststellungsverfahren sei für 1996 eine Berufung eingebracht worden, die Berufung noch offen und daher keine Verjährung eingetreten.

Laut Bw. im Vorlageantrag vom 5.  Oktober 2006 sei auf der Ebene der atypisch Stillen die Gewinnfeststellung über Jahre hindurch brach gelegen. Das für die atypisch Stille zuständige Finanzamt habe sich in der als "Endgültiger Bescheid für die Jahre 1988 bis 1995" bezeichneten Erledigung vom 30. November 2004 darauf beschränkt, für diesen Zeitraum Liebhaberei festzustellen und die bis dahin gewährten Verluste abzuerkennen. Aus diesem Grund habe dann keine Notwendigkeit mehr bestanden, für 1996 einen Abschichtungsgewinn festzustellen. Auf der Ebene der Gesellschaft habe es für 1996 keine Amtshandlungen iSe Verlängerungshandlung gegeben.

Die Berufung gegen den Gewinnfeststellungsbescheid (Anm.: Nichtfeststellungsbescheid) 1996 habe es nie gegeben. Sie sei vor wenigen Tagen - über ausdrücklichen Wunsch des Finanzamtes - zurückgezogen worden. Zu dieser Berufung sei es gekommen, weil sie beim Sammelbescheid vom 30. November 2004 über die Jahre 1988 bis 1995 davon ausgegangen seien, dass ein eigener Bescheid für 1996 nachfolgen werde. Dieser sei aus den besagten Gründen nie erlassen worden, weshalb sich diese Berufung im Nachhinein als unzulässig herausgestellt habe.

Dem Bw. wurden obige Verfahrensabläufe zur Kenntnis gebracht. In der Stellungnahme vom 15. November 2007 verwies er auf die Ausführungen des Vertreters der D-GmbH in dessen Schreiben vom 29. Oktober 2007. Dieser teilte mit, dass die D-GmbH die Berufung vom 24. Dezember betreffend die Feststellung von Einkünften für 1996 am 3. März 2004 (Anm: richtig 5. September 2006) zurückgezogen habe, weil es diesen Feststellungsbescheid nicht gegeben habe. Damit sei das Erledigungsjahr 2004 für das Veranlagungsjahr 1996 unmaßgeblich. 2002 bis 2004 seien keine Verlängerungshandlungen auf Ebene der atypisch Stillen geschehen. Wenn sich im Einkommensteuerverfahren in diesem Zeitraum nichts getan habe, sei relative Festsetzungsverjährung eingetreten.

Ein wirksamer Feststellungsbescheid 1996 sei nie ergangen. Dies würde die erklärungsgemäße Anerkennung der Verluste und ihre Aufteilung voraussetzen. Durch die "unglückliche Erledigung" des Nichtbescheides vom 30. April 2004 (Anm.: richtig 30. November 2004) sei für diesen Zeitraum aber Liebhaberei festgestellt worden. Damit erübrige sich jeder Gedanke an einen Abschichtungsgewinn 1996, sodass für dieses Jahr auch kein Feststellungsbescheid mehr ergangen sei.

In einer weiteren Stellungnahme vom 15. Jänner 2008 legte der Bw. wiederum ein Schreiben vom 14. Jänner 2008 des Vertreters der D-GmbH vor. Dieser führte darinaus, dass der Feststellungsbescheid vom 3. März 2006 mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit wirksam sei. Dieser Bescheid stamme "aus seiner Feder" und seien selbst die Bescheidformulare noch im Vorfeld mit ihm abgestimmt worden. Daher wäre es nicht fair, die Unwirksamkeit ins Spiel zu bringen.

Der Kern liege tiefer. Bei der atypisch Stillen sei ein wirksamer Feststellungsbescheid bis 2006 nicht ergangen. Die bis dahin ergangenen Erledigungen hätten definitiv keine Bescheidqualität erlangt. Sie hätten überdies nur die Verluste 1988 bis 1995 aberkannt. Damit hätte sich die Aufgabegewinnbesteuerung für 1996 nicht gestellt. Es gehe daher nur um die Frage, ob bis 31. Dezember 2005 relative Festsetzungsverjährung eingetreten sei, wenn ja, käme der Feststellungsbescheid vom 3. März 2006 zu spät.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob im gegenständlichen Fall die "neuen Verjährungsbestimmungen" anzuwenden sind und im Zeitpunkt des angefochtenen Einkommensteuerbescheides bereits Verjährung eingetreten war, oder aber, ob § 209a Abs. 2 BAO iVm § 323 Abs. 18 vierter Satz BAO zum Tragen kommen und der Bescheid noch innerhalb der offenen Verjährungsfrist erlassen wurde.

Feststellungsbescheide können nicht verjähren. Vielmehr unterliegt gemäß § 207 Abs. 1 BAO das Recht, eine Abgabe festzusetzen, der Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO (erster Satz) bei der Einkommensteuer fünf Jahre und beginnt entsprechend § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Die Bemessungsverjährung betrifft das Recht zur Festsetzung von Abgaben. Sie betrifft nicht nur das Recht auf erstmalige Festsetzung, sondern erfasst auch Abänderungen von Bescheiden.

Die Verjährungsfrist wird gemäß § 209 Abs. 1 BAO durch nach außen hin erkennbare, von der Abgabenbehörde unternommene Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen verlängert.

Mit BGBl. I Nr. 57/2004 (Steuerreformgesetz 2005) bzw. BGBl. I Nr. 180/2004 (Abgabenänderungsgesetz 2004) wurden die Verjährungsfristen verkürzt, die neuen Bestimmungen waren grundsätzlich ab 1. Jänner 2005 bzw. 1. Jänner 2006 anzuwenden. Die einzelnen Fassungen § 209 Abs. 1 BAO zweiter Satz hatten bzw. haben folgenden Wortlaut:

idF vor BGBl. I Nr. 57/2004

"Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."

idF BGBl. I Nr. 57/2004

"Werden innerhalb der Verjährungsfrist eine oder mehrere nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder ... von der Abgabenbehörde unternommen, verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Wird eine solche Amtshandlung in einem Verlängerungsjahr unternommen, so endet die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des folgenden Jahres."

nach § 323 Abs. 16 BAO

wäre grundsätzlich ab 1. Jänner 2005 anzuwenden, weil keine Betriebsprüfung stattgefunden hat.

idF BGBl. I Nr. 180/2004

"Werden innerhalb der Verjährungsfrist eine oder mehrere nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder ... von der Abgabenbehörde unternommen, verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist."

nach § 323 Abs. 18 BAO 1. Satz

wäre grundsätzlich ab 1. Jänner 2005 anzuwenden, weil keine Betriebsprüfung stattgefunden hat.

Feststellungsbescheide verlängern die Verjährungsfrist für jene Abgabenansprüche, die von den Feststellungsbescheiden abgeleitet sind. Grundlagenbescheide sind für die Verjährung der Einkommensteuer auch dann bedeutsam, wenn sie nicht vom für die Abgabenerhebung örtlich zuständigen Finanzamt erlassen wurden. Dies gilt auch für auf Erlassung solcher Feststellungsbescheide gerichtete Amtshandlungen, wie zB Außenprüfungen (vgl. Ritz3, BAO, Tz. 9 und 12 zu § 209 BAO).

Im § 209a Abs. 1 und 2 BAO heißt es:

Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht gemäß § 209a Abs. 1 BAO der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.

Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht gemäß § 209a Abs. 2 BAO der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde.

Weiters bestimmen

§ 323 Abs. 18 dritter Satz BAO

"§ 209 Abs. 1 zweiter Satz idF BGBl. I Nr. 180/2004 gilt sinngemäß für im Jahr 2004 unternommene Amtshandlungen iSd § 209 Abs. 1 idF vor BGBl. I Nr. 57/2004."

§ 323 Abs. 18 vierter Satz BAO

"§ 209a Abs. 1 und 2 gilt für den Fall der Verkürzung von Verjährungsfristen durch die Neufassungen des § 207 Abs. 2 zweiter Satz durch BGBl. I Nr. 57/2004, des § 209 Abs. 1 durch BGBl. I Nr. 180/2004, des § 209 Abs. 3 durch BGBl. I Nr. 57/2004 sowie des § 304 durch BGBl I Nr. 57/2004 sinngemäß."

Eine Abgabenfestsetzung hängt von der Erledigung einer Berufung (iSd § 209a Abs. 2) beispielsweise ab, wenn die Berufung gegen einen Grundlagenbescheid (zB einen Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO) gerichtet ist. Wird sie vor Eintritt der Verjährung (der "abgeleiteten" Abgabe) eingebracht, so steht der Umstand, dass sie erst nach Verjährungseintritt meritorisch erledigt wird, der Anpassung "abgeleiteter" Abgabenbescheide nicht entgegen (vgl. Ritz3, BAO, Tz. 6 zu § 209a BAO). Dem Bw. ist dem Grunde nach zuzustimmen, dass die Verkürzung der Verjährungsfristen grundsätzlich am 1. Jänner 2005 anzuwenden ist. Nach den neuen Verjährungsbestimmungen wäre durch die Erlassung des Einkommensteuerbescheides am 29. April 1998 die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert worden und hätte mit Ablauf des Jahres 2002 geendet. Hiebei übersieht der Bw. jedoch die für vor dem 1. Jänner 2005 anhängige Berufungsverfahren in § 323 Abs. 18 vierter Satz BAO iVm § 209a BAO getroffenen Vorkehrungen. Diese Übergangsbestimmung dient dem Ziel, dass die Verkürzung der Verjährungsfristen durch BGBl. I Nr. 57/2004 und BGBl. I Nr. 180/2004 keinen Einfluss auf anhängige Berufungsverfahren und auf die meritorische Erledigung von Anträgen zur Geltendmachung von Rechten hat. § 209 a Abs. 1 und 2 gilt grundsätzlich auch für sich zu Ungunsten des Abgabepflichtigen auswirkende Maßnahmen. Berufungen (nach § 256) und Anträge (iSd § 209a Abs. 2 BAO) sind zurücknehmbar (vgl. Ritz3, BAO, Kommentar, Tz. 16 f. zu § 209a BAO).

Der Bw. hat nicht behauptet, dass nach alter Rechtslage die Verjährung betreffend Einkommensteuer 1996 im Zeitpunkt der Einbringung der Berufung der A-Bank am 24. Dezember 2004 eingetreten wäre. Nach alter Rechtslage trat grundsätzlich mit Ablauf des Jahres 2001 die Verjährung betreffend Einkommensteuer 1996 ein. Mit der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 1996 am 29. April 1998 begann entsprechend § 209 Abs. 1 idF vor BGBl. I Nr. 57/2004 die Verjährungsfrist neu zu laufen und endete mit Ablauf des Jahres 2003. Am 12. Juli 1999 erging ein gemäß § 303 Abs. 4 BAO berichtigter Einkommensteuerbescheid für 1996, als Folge von zu ändernden Einkünften aus selbständiger Arbeit; demzufolge begann die Verjährungsfrist wiederum neu zu laufen und hätte nach alter Rechtslage mit Ablauf des Jahres 2004 geendet.

Durch die Einbringung der Berufung der D-GmbH für die A-Bank am 24. Dezember 2004 kommt aber nun § 209a Abs. 2 BAO zum Tragen. Diese Bestimmung fordert, dass die "Abgabenfestsetzung mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt". "Die Abgabenfestsetzung" ist hier der Bescheid betreffend Einkommensteuer 1996. In der Einkommensteuererklärung für 1996 hatte der Bw. zur Beteiligung nur "amtlicher Ansatz" vermerkt. Die Beteiligung bzw. die Höhe der daraus erfließenden Einkünfte ist unbestrittenermaßen Bestandteil der "Abgabenfestsetzung". Diese Abgabenfestsetzung ist "mittelbar" abhängig von den Feststellungen, die im Bescheid betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung - also dem Grundlagenbescheid der atypisch Stillen - getroffen werden. In der für den gegenständlichen Fall relevanten, am 18. Oktober 2001 eingelangten, wiederholt angeforderten berichtigten Feststellungserklärung der atypisch Stillen war für den Bw. in der Beilage ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn von S 552.347,00 und ein verrechenbarer Wartetastenverlust iHv S 20.052,09 ausgewiesen. Diese Ergebnisse waren aber weder im Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 29. April 1998, noch in dem gemäß § 303 Abs. 4 BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 12. Juli 1999 enthalten, weil der Grundlagenbescheid für die atypisch Stille noch nicht erlassen war.

Dass einem Nichtfeststellungsbescheid, der das Unterbleiben der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften ausspricht, in Bezug auf das Einkommensteuerverfahren kein Grundlagenbescheidcharakter zukäme, hat selbst der Bw. nicht behauptet. Am 30. November 2004 hat nun das für die atypisch Stille zuständige Finanzamt den an die atypisch Stille adressierten "Endgültigen Bescheid für das Jahr 1996, gilt als Mitteilung für die jeweiligen ua. Beteiligten (unter ihnen auch der Bw.)" erlassen und die Nichtfeststellung für die atypisch Stille für 1996 ausgesprochen. Dieser Zustand war in der Einkommensteuererklärung und den beiden für 1996 zuvor erlassenen Einkommensteuerbescheiden bereits "hergestellt", es hätte also keiner weiteren Vorgehensweise seitens des Finanzamtes im Einkommensteuerverfahren bedurft.

Es mag sein, dass für das Finanzamt nach Ergehen des Nicht(feststellungs)bescheides vom 30. November 2004 betreffend 1988 bis 1995 keine Notwendigkeit bestanden habe, einen Abschichtungsgewinn festzustellen. In konsequenter Fortführung der Ansicht der Vorjahre hat aber das Finanzamt auch für 1996 den Nichtfeststellungsbescheid vom 30. November 2004 erlassen.

Zumal verjährungsunterbrechende Amtshandlungen weder gegen den betroffenen Steuerpflichtigen gerichtet, noch ihm zur Kenntnis gelangt sein müssen (vgl. Ritz, BAO3, Kommentar, Tz. 4 zu § 209 BAO), wird man diesen Nichtfeststellungsbescheid für 1996, der der T-WT-GmbH zugestellt wurde, und gegen den auch die D-GmbH für eine andere Beteiligte berufen hat, sehr wohl als "Unterbrechungshandlung" qualifizieren können. Es kann dem somit nicht beigepflichtet werden, dass es für 1996 keine verjährungsverlängernden Amtshandlungen in den Jahren 2002 bis 2004 gegeben hätte.

Die Frage des Vorliegens eines (Nicht)bescheides bzw. von verjährungsverlängernden Amtshandlungen ist aber im gegenständlichen Fall angesichts des § 209a Abs. 2 BAO gar nicht von Relevanz. Die darin geforderte "Berufung" hat eine der Beteiligten, die D-GmbH für die A-Bank, am 24. Dezember 2004 gegen den "Nichtfeststellungsbescheid" für 1996 vom 30. November 2004 eingebracht. Von der Erledigung dieser Berufung, von der man weder am 24. Dezember 2004, noch am 31. Dezember 2004 (dem letzten Tag der "alten Verjährungsbestimmungen") sagen konnte, wie sie ausgehen wird, war hier die Einkommensteuerfestsetzung mittelbar abhängig. Es darf nicht übersehen werden, dass die Berufung der A-Bank auch für 1996 sowohl das Vorliegen eines Nichtbescheides ins Treffen führte, als auch die inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machte, weil das Finanzamt die Liebhaberei völlig unzutreffend festgestellt hätte.

Dass es die Berufung gegen den Gewinnfeststellungsbescheid (Anm.: Nichtfeststellungsbescheid) 1996 nie gegeben habe, entspricht nicht den Tatsachen. Denn eine Berufung kann auch vor Erlassung eines Bescheides eingebracht werden und ist für einen solchen Fall die Anwendung des § 209a Abs. 2 BAO vom Gesetzeswortlaut her keineswegs ausgeschlossen. Da die Berufung laut § 209a Abs. 2 BAO keine "zulässige" sein muss, vermag die Zurücknahme der Berufung im September 2006 an der in der Gesetzessstelle angeführten Wirkung nichts zu ändern. Sollte im § 209a Abs. 2 BAO nur eine "zulässige" gemeint sein, wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, für eine entsprechend klare Formulierung zu sorgen. Folglich kann die "Erledigung der Berufung" im § 209a Abs. 2 BAO sowohl eine meritorische, als auch eine bloß formelle sein. Denn der Begriff der "Erledigung" wird im Gesetz nicht bloß in meritorischem Sinn verwendet, so heißt es zB im § 289 Abs. 1 ("die Berufung durch Aufhebung erledigen"), oder in Ritz3, BAO, Kommentar, Tz. 1 zu § 273 BAO, "Über Berufungen sind Sachentscheidungen, somit Berufungsvorentscheidungen oder Berufungsentscheidungen, nur zu erlassen, wenn die Berufungen nicht formell zu erledigen sind." Daher steht der Anwendung des § 209a Abs. 2 BAO eine unzulässige Berufung nicht entgegen. Es darf noch angemerkt werden, dass die D-GmbH überhaupt keine Berufung hätte einbringen müssen, wenn sie tatsächlich vom Vorliegen eines "Nichtbescheides" völlig überzeugt gewesen wäre. Mit der Berufung war ihr aber die Möglichkeit eröffnet, in jeden Fall den Weg gegen die Liebhabereiqualifikation beschreiten zu können.

Die Zurückziehung der Berufung erfolgte letztendlich deshalb, weil das vom Bw. und den anderen Beteiligten der atypisch Stillen gewollte Ergebnis durch den Feststellungsbescheid vom 3. März 2006 herbeigeführt wurde. Zumal sich der Bw. auf ein Schreiben des steuerlichen Vertreters der A-Bank bezog, in der letzterer die Wirksamkeit des Feststellungsbescheides vom 3. März 2006 bestätigte, weil er "aus seiner Feder" stamme und er selbst die Bescheidformulare im Vorfeld mit dem Finanzamt abgestimmt habe, darf aus der Sicht des Berufungsbegehrens von der "Erledigung" der Berufung vom 24. Dezember 2004 ausgegangen werden. Ausdrücklich festzuhalten ist nämlich, dass im gegenständlichen Fall die atypisch Stille die Verluste der Jahre 1988 bis 1995 anerkannt haben wollte, was ihr letztendlich mit den endgültigen Feststellungsbescheiden für 1988 bis 1995 vom 3. März 2006 gelang. Dies war jedoch nur in Verbindung mit der Veranlagung des Abschichtungsgewinnes des Jahres 1996 laut Feststellungsbescheid für 1996 vom 3. März 2006 möglich. Letzteren möchte der Bw. nun aus dem Rechtsbestand bekommen, um so nur die Verluste der Vorjahre - rd. S 617.000,00 - konsumieren zu können.

Nach all dem Gesagten ist davon auszugehen, dass durch die Berufung der D-GmbH am 24. Dezember 2004 § 209a Abs. 2 BAO zum Tragen kam, aufgrund des § 323 Abs. 18 vierter Satz der Fall ab 2005 nicht nach den neuen Verjährungsbestimmungen zu beurteilen war und die Wirkung des "alten" § 209a Abs. 2 BAO andauerte. Es stand also dem Einkommensteuerbescheid 1996 vom 18. April 2006 als einer von der Erledigung der Berufung im Feststellungsverfahren abhängigen Abgabenfestsetzung die Verjährung nicht entgegen.

Diesen Ausführungen Rechnung tragen war die Berufung des Bw. als unbegründet abzuweisen.

Klagenfurt, am 28. Februar 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 323 Abs. 18 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Verjährung, Einkommensteuer, Grundlagenbescheid, einheitliche und gesonderte Feststellung, abgeleiteter Bescheid

Stichworte