Beiträge an eine ausländische Pensionsversicherungsanstalt als "Topfsonderausgaben" im Sinne des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Dr. Franz DEUTSCH, Steuerberater & Wirtschaftsprüfer, 1080 Wien, Pfeilg. 16/26, vom 15. April 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 4/5/10 vom 2. März 2004 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 1998 und 1999, entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob Beiträge an eine ausländische Pensionsversicherungsanstalt in Österreich in voller Höhe als Sonderausgaben und nicht nur als "Topfsonderausgaben" im Sinne des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.
Die Bw. stellte einen Antrag auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 1998 und 1999 zwecks Berücksichtigung der erklärten Sonderausgaben und Werbungskosten.
Als Sonderausgaben wurden für eine freiwillige Weiterversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung Beträge i.H.v. 17.981,46 S (1998) und 63.680,26 S (1999) begehrt.
Das Finanzamt gab dem Antrag nach voller Berücksichtigung der o.a. Sonderausgaben nur teilweise statt, da Beträge an eine ausländische Pensionsversicherungsanstalt nur als "Topfsonderausgaben" mit der entsprechenden Höchstbemessung zu berücksichtigen seien.
Die Bw. erhob gegen die o.a. Bescheide Berufung und begründete diese im Wesentlichen folgendermaßen:
- Da eine künftige Pensionszahlung der A immer sofort in Österreich als wiederkehrender Bezug steuerpflichtig sei, sei es sachgerecht, die freiwilligen Pensionsbeiträge (Weiterversicherung) an die A2 in unbegrenzter Höhe zum Sonderausgabenabzug zuzulassen.
- Die Bw. beantrage daher die Berücksichtigung der erklärten Sonderausgaben in voller Höhe.
Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung vom 3. August 2004 als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:
- Ausländische Sozialversicherungen seien einer inländischen Sozialversicherung insoweit gleichgestellt, als die entsprechenden Beiträge zu einer höheren Versicherungsleistung der inländischen gesetzlichen Sozialversicherung führen.
- Die freiwilligen Beiträge an die A2 würden keine höheren inländischen Versicherungsleistungen bewirken.
- Eine Abschreibung der Versicherungsprämien sei daher nur im Rahmen der "Topfsonderausgaben" möglich.
Die Bw. stellte gegen die o.a. Bescheide einen Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und ersuchte um neuerliche Würdigung der Rechtslage.
In seiner Stellungnahme zum Vorhalt der Abgabenbehörde erster Instanz führt der steuerliche Vertreter der Bw. ergänzend aus:
- Der Abgabenbehörde werden Informationen zum Versorgungswerk der Bayerischen Ärzteversorgung übermittelt, wo insbesondere unter Punkt IV "Leistungen der Bayerischen Ärzteversorgung" die allgemein zu erwartenden Leistungen zu ersehen seien. Unter Punkt V "Sonstige Hinweise" sei die Möglichkeit der freiwilligen Verlängerung der Mitgliedschaft erläutert.
- Weiters lege die Bw. den Jahreskontoauszug für das Jahr 2005 vor, wo insbesondere auf Seite 4 der Stand ihrer Ruhegeldanwartschaft am 1. Jänner 2006 i.H.v. 2.198 € jährlich zu ersehen sei.
Über die Berufung wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Bw. war vor ihrer Übersiedlung nach Österreich in Deutschland als Tierärztin tätig und im Rahmen ihrer Altersvorsorge bei der A für Ärzte pflichtversichert.
Seit ihrer Übersiedlung nach Österreich ist sie als Fachärztin für Tierhaltung an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien tätig und leistet Sozialversicherungsbeiträge an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt. Neben diesen Beiträgen an die österreichische Pensionsversicherungsanstalt leistete sie in den Streitjahren auch freiwillig Prämien i.H.v. 17.981 S (1998) und 63.680 S (1999) für die freiwillige Weiterversicherung in der A (siehe Merkblatt zum Versorgungswerk), deren unbegrenzten Abzug sie als Sonderausgaben gem. § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 in ihrer Einkommensteuererklärung begehrte.
Der festgestellte Sachverhalt ist den von der Bw. vorgelegten Unterlagen zu entnehmen.
Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:
§ 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 normiert u.a.:
Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind: Beiträge und Versicherungsprämien zu einer freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, ausgenommen Beiträge für die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung, soweit dafür eine Prämie nach § 108 a EStG 1988 in Anspruch genommen wird, sowie ausgenommen Beiträge zu einer Pensionszusatzversicherung (§ 108 b EStG 1988).
Gem. § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 besteht für Ausgaben im Sinne des § 18 Abs. 1 Z 2, 3 und 4 (das sind Versicherungsbeiträge, Ausgaben zur Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung und Ausgaben für Genussscheine und junge Aktien einschließlich der Wohnbauaktien etc.) ein einheitlicher Höchstbetrag von 2.920 € Die freiwillige Höherversicherung in der gesetzlichen Pensionsversicherung ist ebenfalls vom Höchstbetrag miterfasst. Nur Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten (z.B. Schulzeiten) in der gesetzlichen Pensionsversicherung sind ausgenommen (§ 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988). Diese sind unbegrenzt abzugsfähig (vgl. Doralt EStG-Kommentar, Band II, Rz. 260 zu § 18).
Unbegrenzt abzugsfähig sind somit Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung.
Unter gesetzlicher Pensionsversicherung ist eine inländische gesetzliche Versicherung zu verstehen; Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung bei einer ausländischen Pensionsversicherungsanstalt sind daher nicht in unbegrenzter Höhe abzugsfähig (vgl. VwGH vom 20.2.1992, 90/13/0154). Sie berechtigen die Bw. zwar zum Sonderausgabenabzug gem. § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, jedoch unter der Einschränkung des Abs. 3 leg.cit., was die Einreihung unter die "Topfsonderausgaben" und damit verbundener Anwendung des Sonderausgabenviertels und - bei Überschreitung bestimmter Einkunftsbeträge - eine Einschleifung bedeutet.
Die volle Abzugsfähigkeit der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung in einer inländischen gesetzlichen Pensionsversicherung einschließlich des Nachkaufes von Versicherungszeiten ist deshalb sachlich gerechtfertigt, da hierdurch lediglich die Anwartschaft auf einen Versicherungsschutz erhalten bleiben soll und eine Aufteilung der später einheitlich zu berechnenden Pensionsleistung in der inländischen gesetzlichen Pensionsversicherung kaum möglich ist. Der unbegrenzte Abzug der Beiträge zur Weiterversicherung korrespondiert mit der - im Gegensatz zur Höherversicherung - vollen Steuerpflicht der späteren Pensionsbezüge (§ 25 Abs. 1 Z 3 lit. a).
Demgegenüber können Altersrenten aus einer ausländischen Sozialversicherung wiederkehrende Bezüge im Sinne des § 29 Z 1 EStG 1988 oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit darstellen. Gem. § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 23.10.1997, 96/15/0234) mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist die Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 so auszulegen, dass darunter nur Pensionen aus einer ausländischen Sozialversicherung fallen, welche auf gem. § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 als Werbungskosten absetzbare Pflichtbeiträge zurückzuführen sind. Pensionseinkünfte auf Grund freiwillig entrichteter Beiträge zu einer ausländischen Sozialversicherung werden vom Tatbestand des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 hingegen nicht erfasst (vgl. Hofstätter/Reichel, Tz. 9 zu § 25 EStG 1988).
Pensionseinkünfte auf Grund freiwillig entrichteter Beiträge zu einer ausländischen Sozialversicherung unterliegen somit als wiederkehrende Bezüge dem Regelungsregime des § 29 EStG 1988.
Bei auf freiwillige Beiträge zurückzuführenden Pensionen stellt die Besteuerung nach § 29 Z 1 EStG 1988 sicher, dass ein Steuerpflichtiger im Rahmen des Pensionsbezuges nicht den Rückfluss jener Beträge als Einkommen zu versteuern hat, die er ohne Möglichkeit auf entsprechende einkommensmindernde Berücksichtigung in die Pensionsversicherung eingezahlt hat (vgl. VwGH-Erkenntnis vom 28.4.2004, 2002/14/0097 und vom 13.12.2007, 2003/14/0031).
Hinsichtlich des österreichischen Progressionsvorbehaltes bezüglich der von der Bw. durch die freiwillige Weiterversicherung bei der A zu erwartenden Pensionseinkünften geht die Abgabenbehörde zweiter Instanz daher davon aus, dass dieser nur die über den kapitalisierten Wert hinausgehenden Beträge umfasst und somit nicht von einer vollen Steuerpflicht der späteren Pensionsbezüge auszugehen ist.
Im gegenständlichen Fall hat die Bw. von der Möglichkeit einer freiwilligen Weiterversicherung bei der A gem. Punkt V Unterpunkt 1 des "Merkblattes zum Versorgungswerk" Gebrauch gemacht und sich solcherart eine Rechtsgrundlage für den Bezug wiederkehrender Leistungen geschaffen. Derartige künftige Bezüge sind aber - wie oben dargelegt - erst nach Überschreiten des Rentenkapitalwertes (§ 16 Abs. 2 BewG) als sonstige Einkünfte steuerpflichtig.
Dementsprechend können die gem. § 18 EStG 1988 an die A2 in den Jahren 1998 und 1999 freiwillig geleisteten Beträge auch nicht unbeschränkt als Sonderausgaben in Abzug gebracht werden. Die erklärten Versicherungsprämien waren daher zu Recht vom Finanzamt dem einheitlichen Höchstbetrag gem. § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 zu unterziehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 8. Februar 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | ausländische Pensionsversicherungsanstalt, Sonderausgaben, Topfsonderausgaben |
Verweise: | VwGH 20.02.1992, 90/13/0154 |