UFS FSRV/0196-W/07

UFSFSRV/0196-W/074.1.2008

Vorsätzliche Abgabenhehlerei durch Übernahme von Zigaretten zollunredlicher Herkunft

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/16/0017 eingebracht. Mit Beschluss vom 08.05.2008 zurückgewiesen

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 5, Hofrat Dr. MMag. Roland Schönauer, in der Finanzstrafsache gegen Bf., selbständig, geb. xxx in yyy, whft. zzz, vertreten durch Dr. L., Rechtsanwalt, xx, über die Beschwerde des Beschuldigten vom 13. November 2007 gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom 12. Oktober 2007, Zl. 230000/95.168/15/2007-AFB/Pö, SN. 226/2007/00062-001, betreffend die Einleitung des Strafverfahrens nach § 83 Abs.1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) gemäß § 161 Abs.1 FinStrG

zu Recht erkannt:

I. Der Spruch des bekämpften Bescheides wird dahin abgeändert, dass in der Aufzählung der Zigaretten 2 Zeilen wie folgt korrigiert werden:

"14.500 Stück Zigaretten der Marke MEMPHIS Classic" lautet nunmehr:

"17.000 Stück Zigaretten der Marke MEMPHIS Classic"

"14.500 Stück Zigaretten der Marke MEMPHIS Blue Light" lautet nunmehr:

"9.200 Stück Zigaretten der Marke MEMPHIS Blue Light"

und

als zusätzliche Zeile angefügt wird:

"2.800 Stück Zigaretten der Marke MEMPHIS Light"

II. Im Übrigen bleibt der Bescheid unverändert und wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 12. Oktober 2007 hat das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen Bf. (Beschwerdeführer, im Folgenden: Bf.) ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass er im Zeitraum Februar 2007 bis 26.9.2007 vorsätzlich eingangsabgabenpflichtige Waren, nämlich 400 Stück Zigaretten der Marke Benson & Hedges Gold 20 S, 4.000 Stück Zigaretten der Marke Marlboro-Rot, 14.980 Stück Zigaretten der Marke Marlboro-Filter, 9.800 Stück Zigaretten der Marke Milde Sorte, 14.320 Stück Zigaretten der Marke Memphis Air Blue, 14.500 Stück Zigaretten der Marke Memphis Blue Light, 14.500 Stück Zigaretten der Marke Memphis Blue, 14.500 Stück Zigaretten der Marke Memphis Classic, 5.200 Stück Zigaretten der Marke Pall Mall Lights 8, 5.000 Stück Zigaretten der Marke Sovereign Classic Light und 2.800 Stück Zigaretten der Marke Sovereign Classic, somit insgesamt 100.000 Stück = 500 Stangen, hinsichtlich welcher zuvor von unbekannten Personen das Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs.1 lit.a FinStrG begangen wurde, im Zollgebiet der Europäischen Union in X an sich gebracht und dadurch das Finanzvergehen der vorsätzlichen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs.1 lit.a FinStrG begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten vom 13. November 2007, in welcher vorgebracht wurde, dass die Anzahl der eingangsabgabenpflichtigen Zigaretten zu hoch angenommen sei. Der Bf. habe über die bei ihm vorgefundenen eingangsabgabenpflichtigen Waren hinaus keine weiteren bezogen. Er stand bei der Aufnahme der Niederschrift und der Befragung unter sehr starkem Druck und hat deshalb Aussagen getätigt bzw. bestätig, die nicht dem tatsächlichen Sachverhalt entsprechen. So habe der Bf. unrichtigerweise angegeben, die Waren von Herrn B. angekauft zu haben und ebenfalls tatsachenwidrig angegeben, er habe 85 Stangen Zigaretten bereits verkauft, womit sich Zigarettenmengen ergeben, die er tatsächlich niemals bezogen hat. Er habe überhaupt noch keine angekauften Zigaretten an dritte Personen verkauft. Ihm sei unklar, wie er unter dem Druck der Hausdurchsuchung und Beschlagnahme derart unrichtige Angaben machen konnte. Es stimme weder der Ankauf von B. noch der Besitz von Zigaretten über die sichergestellte Menge hinaus. Außer dieser sichergestellten Menge besaß er nie eingangsabgabenpflichtige Waren. Daher wäre gemäß dem durchgeführten Beweisverfahren bei der Marke "Memphis Air Blue" statt von 14.320 Stück nur von richtigerweise 7.600 Stück auszugehen, ebenso wäre bei der Sorte "Memphis Blue Light" von 14.500 Stück auf die tatsächlich angekaufte Menge 2.800 Stück und bei der Sorte "Memphis Blue" von 14.500 Stück auf 10.600 Stück zu reduzieren, bei den übrigen Sorten stimme die jeweilige angelastete Menge. Somit ergäbe sich statt der o.a. Gesamtmenge eine auf 77.680 Stück = 388,40 Stangen reduzierte Menge.

In der Beschwerdeschrift wurden daher die Anträge gestellt, das Finanzstrafverfahren nur auf diese eingeschränkte Menge einzuleiten und in eventu das Untersuchungsverfahren wiederzueröffnen und den Bf. ergänzend einzuvernehmen. Weiters wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bis zum rechtskräftigen Abschluss des parallel laufenden Abgabenverfahrens gestellt, in dem ebenfalls ein Rechtsmittel eingebracht worden sei.

 

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Dem Finanzstrafverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 23.5.2007 erging eine anonyme Anzeige an das Zollamt St. Pölten Krems Wr. Neustadt, dass in einer Halle an der Adresse N., yy seit ca. 2 Monaten geschmuggelte Zigaretten zu einem Stangenpreis von 18,- € verkauft werden, wobei ein Herr Bf anwesend sei, von dem auch eine Wohnadresse genannt wurde.

Am 26.9.2007 führten Beamte des Zollamtes Erhebungen durch und es konnten an den beiden Adressen im Zuge freiwillig gestatteter Nachschauen an der Betriebsadresse 8.600 Stück und an der Wohnadresse 74.380 Stück Zigaretten, somit insgesamt 82.980 Stück = 414,9 Stangen verschiedener Sorten vorgefunden werden. Sie wurden wegen des Verdachts der Abgabenhehlerei gemäß § 37 Abs.2 FinStrG nach § 89 FinStrG bei Gefahr im Verzug unter Ausstellung jeweils einer Quittung beschlagnahmt.

Bei der anschließend durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme des Bf. wurde ihm vorgehalten, schon bei der ersten Befragung zugegeben zu haben, dass er diese Zigaretten nicht selbst ins Verbrauchsteuergebiet gebracht, sondern von verschiedenen Personen angekauft habe. Er wurde aufgefordert, die näheren Umstände dieser Zigarettenankäufe zu schildern. Der Bf. gab zunächst einen Überblick über seinen Werdegang seit seinem Eintreffen in Österreich 1990 und dass er nun dabei sei, an der Adresse yy eine eigene Firma aufzubauen. Er kenne seit längerer Zeit einen rumänischen Landsmann namens B, der ihm billige ins Land gebrachte Zigaretten angeboten habe. Er habe daraufhin Ende Februar 2007 erstmals 100 Stangen Zigaretten der Sorte Memphis angekauft und im Bekannten- und Verwandtenkreis zu verkaufen versucht, es war aber nicht möglich, solche Mengen abzusetzen. Er habe dann ca. anfangs März 2007 abermals 200 Stangen Zigaretten der Marken Memphis übernommen und bei der dritten und letzten Lieferung im Juni nochmals insgesamt 200 Stangen der Sorten Memphis sowie anderer Sorten. Somit habe er insgesamt 500 Stangen verschiedener Sorten gekauft. Er habe die Zigaretten um 16.50 € pro Stange angekauft und um 18,- € weiterverkauft. Da er für solche Verkäufe nicht besonders initiativ sei, habe er erst 85 Stangen verkauft und somit noch die große Menge übrig. Ihm sei durchaus bewusst gewesen, dass dies ein illegales Handeln sei. Entgegen seinen ursprünglichen mündlichen Andeutungen auf andere Zigarettenlieferanten sei B der einzige Anbieter gewesen, einen dem Ermittlungsbeamten genannten Namen wolle er nicht wiederholen, da er Repressalien befürchte. Von B. nannte er den Wohnort W. und seine Handynummer und machte Angaben über das Fahrzeug, mit dem er die Zigaretten angeliefert hatte sowie über den Bezahlungsmodus. Er habe sich die überbrachten Zigaretten nicht genau angesehen, sie trugen Aufschriften teils in deutscher und teils in englischer Sprache. Er wolle trotz Belehrung über finanzielle Nachteile im Finanzverfahren keine Personen, an die er Zigaretten weitergegeben habe, namentlich nennen. Vor dem März 2007 habe er niemals mit Zigaretten gehandelt. Weil er beim Firmenaufbau finanziell in Schwierigkeiten geriet, hatte er sich zum Zigarettenhandel entschlossen, um Überleben zu können.

Noch am selben Tag wurden beim nunmehr ausgeforschten B Erhebungen durchgeführt. Dieser zeigte sich schon bei der ersten Konfrontierung mit dem Verdacht erstaunt über diese Anschuldigungen, er habe an (Bf.) keine Zigaretten verkauft bzw. überhaupt nie einen Zigarettenhandel betrieben. Bei einer freiwillig gestatteten Nachschau in seinen Wohn- und zum Hauswesen gehörenden Wirtschaftsräumen sowie den PKW's wurden keine Zigaretten ausländischer Herkunft vorgefunden.

In der am 1.10.2007 mit B. aufgenommenen Niederschrift wurde dieser wiederum damit konfrontiert, dass bei (Bf.) am 26.9.2007 insgesamt 82.980 Stück Zigaretten drittländischer Herkunft vorgefunden worden waren, von denen er angab, sie seien ihm von B. in einem S. zu einem Stangenpreis 16,50 € geliefert worden, weiters sei auch die Telefonnummer des B. bei (Bf.) vorgefunden worden. B. blieb dabei, dass dies unrichtig sei. Er habe seinen Landsmann (Bf.) bei McDonald kennen gelernt und die beiden Familien verstünden sich gut miteinander. Warum ihn (Bf.) grundlos beschuldige, könne er sich nicht erklären, vielleicht handelte er aus Angst so. Er, B., wäre auch zu einer Gegenüberstellung mit (Bf.) bereit, auch seine Arbeitsvorgesetzte könne bestätigen, dass er keinen Zigarettenhandel betreibe.

Am 8.10.2007 erschien der Bf. beim Zollamt mit dem Hinweis, seine Aussagen vom 26.9.2007 korrigieren zu wollen. Er habe die sichergestellten Zigaretten nicht von B., sondern auf dem Parkplatz in X. von einem rumänischen Busfahrer übernommen. Der Busfahrer habe ihn auf dem Handy in seiner Muttersprache telefonieren gehört und daraufhin angesprochen, ob er Zigaretten haben möchte. Er habe dann Zigaretten zum Stangenpreis 16,50 € eingekauft, den nötigen Bargeldbetrag von 6.500,- oder 6.600,- € habe er von zu Hause geholt. Auch auf den Vorhalt, dass dies bei seinen behaupteten finanziellen Schwierigkeiten unglaubwürdig sei und er vermutlich nur B. entlasten wolle, weil er von ihm bedroht worden sei, oder aber den schon früher erwähnten und im Verdacht des Zigarettenhandels stehenden Y. schützen wolle, blieb der Bf. bei diesen Aussagen. Er war in der Situation am 26.9. sehr beängstigt und habe mit der Anschuldigung des B. einen großen Fehler gemacht. Er habe seither gewusst, dass er unrichtig ausgesagt habe und sich nunmehr entschlossen, das noch vor der Gegenüberstellung mit B. zurückzunehmen.

Der anschließend vernommene B. erklärte, er halte seine Aussagen vom 26.9. aufrecht. Er habe zwar inzwischen mit (Bf.) gesprochen und ihn aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, nämlich dass er, B., mit Zigarettengeschäften nichts zu tun habe. B. stellte in Abrede, auf (Bf.) Druck ausgeübt zu haben, damit dieser seine Aussage abändere.

In finanzstrafrechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:

Gemäß § 37 Abs.1 lit.a FinStrG macht sich der Abgabenhehlerei schuldig, wer vorsätzlich eine Sache oder Erzeugnisse aus einer Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung, eine Verkürzung von Verbrauchsteuern oder von Eingangs- oder Ausgangsabgaben begangen wurde, kauft, zum Pfand nimmt oder sonst an sich bringt, verheimlicht oder verhandelt.

Gemäß § 8 Abs.1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 82 Abs.1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr gemäß § 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz nach der Anordnung des § 82 Abs. 3 FinStrG das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 83 Abs.1 FinStrG ist die Einleitung des Finanzstrafverfahrens aktenkundig zu machen.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung in der Einleitungsverfügung das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, welches als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen umschrieben werden muss (vgl. z.B. VwGH vom 21.3.2002, Zl. 2002/16/0060). Weiters reicht es für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens aus, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt. Der Gegenstand eines Einleitungsbescheides besteht nicht in der Feststellung der Tat, sondern in der Feststellung solcher Lebenssachverhalte, die den Verdacht begründen, der Verdächtige könnte ein Finanzvergehen begangen haben (VwGH 29.11.2000, Zl. 2000/13/0196). Der Verdacht muss sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken.

Ein Verdacht kann immer nur aufgrund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Fakten - wie weit sie auch vom (vermuteten) eigentlichen Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Es ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens nicht aus.

Die Finanzstrafbehörde I. Instanz erachtete den im Einleitungsbescheid formulierten Tatverdacht aufgrund der anonymen Anzeige vom 23.5.2007, der Aussagen des Bf. vom 26.9. und 8.10.2007 und der sonstigen amtlichen Ermittlungsergebnisse als hinreichend begründet.

Auch für den Unabhängigen Finanzsenat als Finanzstrafbehörde II. Instanz besteht eine ausreichende Verdachtslage, um ein Finanzstrafverfahren auf die im Bescheid genannte - mit den spruchgemäßen Detailkorrekturen (siehe unten) versehene - Gesamtmenge einzuleiten.

Zur objektiven Tatseite ist schon durch die Auffindung von rund 415 Stangen Zigaretten eine ausreichende Grundlage gegeben. Durch vorhandene bzw. fehlende Aufschriften auf den Zigarettenpackungen konnte die Zollbehörde ersehen, dass es sich um drittländische Zigaretten handelt, für die eine abgabenredliche Behandlung nicht behauptet wurde und schon aufgrund des niedrigen Preises (16,50 € gegen je nach Sorte 32,50 bis 39 € inländischer Stangenpreis) auszuschließen ist. Das Zollamt hat als Gesamtmenge nicht nur die beschlagnahmten rund 415 Stangen Zigaretten, sondern zusätzlich die gemäß dem Geständnis des Bf. schon weitergegebenen 85 Stangen Zigaretten angelastet. Die in der Beschwerde behauptete geringere Menge erscheint nicht glaubwürdig. Zum einen ist zu vermerken, dass die Einschränkung auf 77.680 Stück = 388,4 Stangen schon aus dem Grund unrichtig sein muss, weil sie unterhalb der vorgefundenen Menge von 414,9 Stangen läge. Der UFS ist aber auch mit dem Argument nicht zu überzeugen, dass der Bf. bei der Vernehmung am 26.9.2007 aus Nervosität Verkäufe zugegeben habe, die nie stattgefunden hätten. Zwar hat der Bf. in dieser Niederschrift an einer Stelle gesagt, dass er einen schon außerhalb des Protokolls genannten Namen aus Angst um seine Familie nicht wiederholen wolle, die Niederschrift erweckt aber insgesamt keineswegs den Eindruck, dass hier fehlerhafte oder missverstandene Fakten festgehalten wurden. Der Bf. macht nämlich zu seinem Lebenslauf und den Zigarettentransaktionen sehr konkrete, auch mit Zeitangaben und Zahlenwerten untermauerte und zum Teil selbst belastende Angaben, die in solcher Form und gemäß der Erfahrung, dass die zunächst gemachten Erstaussagen eher der Wahrheit entsprechen als spätere und nach reiflicher Überlegung getätigte Aussagen, durchaus solide erscheinen und keineswegs als reine Erfindung anzusehen sind. Dass der einer Straftat Beschuldigte auch unwahre Aussagen machen darf, wenn er dies für seine Verteidigung als zweckmäßig erachtet und schließlich abweichende oder widerrufende Aussagen macht, tut dem grundsätzlich keinen Abbruch. Im Übrigen hat der Bf. bei seiner 2. Vernehmung am 8.10.2007 die Aussage, schon 85 Stangen verkauft zu haben, nicht widerrufen. Es wäre auch völlig unschlüssig, dass der Bf. eine solch beträchtliche Zigarettenmenge über Monate hinweg ansammelt, ohne Verkäufe zu tätigen. Denn dass eine solche Zigarettenmenge nur für den Eigenverbrauch gedacht wäre, ist nicht nur aufgrund der Sortenvielfalt und ihres beträchtlichen, in die hunderte Stangen gehenden Umfangs unglaubwürdig, sondern auch im Widerspruch zur anonymen Anzeige vom 23.5.2007, die sich durch den Zigarettenaufgriff als schlüssig erwiesen hat.

Zur subjektiven Tatseite muss es als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass in Österreich der Handel mit Tabakerzeugnissen nur einem eingeschränkten Personenkreis, im Wesentlichen Großhändlern und Tabaktrafikanten, erlaubt ist. Ebenso ist als allgemein bekannt die Tatsache anzusehen, dass sich bei den infolge der Steuerbelastung relativ teuren regulären Tabakwaren ein reger Handel mit Tabakwaren illegaler Herkunft, insbesondere aus den bei Tabakwaren ein niedriges Preisniveau aufweisenden Oststaaten entwickelt hat und dass nicht nur der Schmuggel oder die Weitergabe, sondern schon die bloße Annahme solcher Waren ( § 37 FinStrG: "an sich bringen") rechtswidrig ist. Bei den gegenständlichen Zigaretten musste schon aufgrund des im Vergleich zu regulären Zigaretten niedrigen Preises Skepsis in Hinblick auf ihre Herkunft angebracht sein. Es sei vermerkt, dass dem Abgabenhehler die näheren Umstände der Vortat, insbesondere die Person des Vortäters, nicht notwendig bekannt sein muss, es genügt, wenn äußere Umstände die Vortat objektiv ersichtlich machen, z.B. auffallend niedriger Preis (Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz, Bd.1, 3. Aufl., Kommentar zu § 37, Rz.10).

In der Aufzählung der anzulastenden Zigarettenmengen im Einleitungsbescheid liegen folgende Ungenauigkeiten vor und waren somit zu korrigieren:

Laut Beilage zur Beschlagnahmequittung zu den 74.380 Stück Zigaretten an der Wohnadresse befanden sich darunter nicht nur vier, sondern fünf Sorten der Marke "MEMPHIS", nämlich auch noch 2.800 Stück = 14 Stangen der Marke MEMPHIS Light. Diese Menge war in der Aufzählung des Zollamtes in die Menge der Marke MEMPHIS Blue Light integriert, ist aber der Genauigkeit und Übersicht halber spruchgemäß als eigene Zeile anzuführen. Ebenfalls fehlerhaft ist die Mengenangabe 14.500 Stück bei der Marke MEMPHIS Classic, weil aus den Beilagen zu den Beschlagnahmequittungen an der Firmen- und Wohnadresse in Summe schon 7 + 78 = 85 Stangen = 17.000 Stück hervorgehen, sodass 2.500 Stück ebenfalls fehlerhaft in die Menge MEMPHIS Blue Light integriert waren. Daher war zur Richtigstellung spruchgemäß bei der Marke MEMPHIS Classic die Stückzahl von 14.500 auf 17.000 zu erhöhen. Hingegen ist bei der Marke MEMPHIS Blue Light die Stückzahl um 2.800 + 2.500 = 5.300 Stück zu senken und beträgt daher spruchgemäß nunmehr 14.500 - 2.800 - 2.500 = 9.200 Stück. Es sei vermerkt, dass sich durch diese Umschichtung an der Gesamtzahl 500 Stangen, die aus dem Geständnis des Bf. vom 26.9.2007 hervorgeht ( 100 + 200 + 200 ) nichts ändert und nach wie vor als Differenz zwischen der beschlagnahmten Gesamtmenge im Ausmaß von 414,9 Stangen gemäß obigen Ausführungen als Verdacht einer schon verkauften Menge 85,1 Stangen bestehen. Als rechnerische Probe ergibt sich bei der Marke MEMPHIS Air Blue aus 14.320 Stück, die 7.600 beschlagnahmte Stück beinhalten, eine schon verkaufte Menge von 14.320 - 7.600 = 6.720 Stück = 33,6 Stangen; bei der Marke MEMPHIS Blue Light aus 9.200 Stück, die 2.800 beschlagnahmte Stück beinhalten, eine schon verkaufte Menge von 9.200 - 2.800 = 6.400 Stück = 32 Stangen; bei der Marke MEMPHIS Blue aus 14.500 Stück, die 10.600 beschlagnahmte Stück beinhalten, eine schon verkaufte Menge von 14.500 - 10.600 = 3.900 Stück = 19,5 Stangen. Bei den übrigen Marken stimmt die angelastete mit der beschlagnahmten Menge überein. 33,6 + 32 + 19,5 = 85,1 Stangen. Die MEMPHIS - Sorten weisen bei den Zollwerten und Verschleißpreisen untereinander übereinstimmende Werte auf, sodass sich durch die Umschichtung an diesbezüglichen Summen nichts ändert.

Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens durch die Finanzstrafbehörde I. Instanz zu § 37 FinStrG betreffend eine Menge von 500 Stangen Zigaretten erfolgte somit zu Recht. Die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist noch kein Schuldspruch, sondern es bleibt die endgültige Beantwortung der Frage, ob bzw. in welchem Ausmaß der Bf. die ihm zur Last gelegten Finanzvergehen in objektiver und subjektiver Hinsicht tatsächlich begangen hat, dem Ergebnis des gemäß §§ 114 ff. FinStrG durchzuführenden Untersuchungsverfahrens vorbehalten.

Zu dem in der Beschwerdeschrift vom 13.11.2007 enthaltenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gemäß § 152 Abs.2 FinStrG ist zu bemerken, dass dessen Behandlung in der Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde I. Instanz liegt und daher in der vorliegenden Entscheidung darauf nicht einzugehen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 4. Jänner 2008

Zusatzinformationen

Materie:

Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 37 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958

Schlagworte:

Vorsätzliche Abgabenhehlerei

Verweise:

VwGH 29.11.2000, 2000/13/0196
VwGH 21.03.2002, 2002/16/0060

Stichworte