Zurechnung Kapitalertragsteuer aus einer verdeckten Ausschüttung an den Machthaber einer Limited
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der CPM und des PL, vertreten durch FM, vom 5. August 2004 gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes Linz vom 13. Juli 2004 betreffend Kapitalertragsteuer 2000 bis 2002 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Kapitalertragsteuer für 2000 bis 2002 wird jeweils mit 0,00 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1. Mit Berufungsentscheidung vom 27. Oktober 2005, RV/0500-L/05 setzte die Berufungsbehörde bei der Bw. (einer Limited) aufgrund einer (unbestrittenen) verdeckten Ausschüttung eine Kapitalertragsteuer iHv. 6.661,01 € für 2000, 19.377,48 € für 2001 und 9.999,00 € für 2002 fest. Ausgangspunkt für diese Festsetzung war die Annahme der Finanzbehörde anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung, dass P.L. in seiner Funktion als director der Limited bzw aufgrund seiner Gestaltungsmöglichkeiten als Geschäftsführer auch wirtschaftlicher Machthaber (Gesellschafter) gewesen sei. Diese Annahme erhärtete sich dadurch, dass das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung im Verfahren betreffend die Körperschaftsteuer nicht bestritten wurde.
2. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2005 erhob P.L. als Beitretender zur Berufung der CPM Beschwerde beim VwGH und führte (erstmals im gesamten Verfahren) an, die Annahme eines wirtschaftlichen Machthabers - nämlich des P.L. - sei ohne ausreichende Sachverhaltsfeststellung getroffen worden.
3. Mit Erkenntnis vom 20. September 2006, 2005/14/0124, hob der VwGH die bezeichnete Berufungsentscheidung vom 27. Oktober 2005 auf.
Es liege eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Die Betriebsprüfung ziehe zwar aus der Stellung eines "directors" den Schluss, dass P.L. auch wirtschaftlicher Machthaber der Limited sei, dies genüge aber nicht. Der BP-Bericht enthalte keine darüber hinausgehenden Aussagen über die Gesellschafterstellung des Bf. Auch im weiteren Verfahren habe man es unterlassen, eine Feststellung darüber zu treffen, ob der Bf. Gesellschafter der Limited gewesen sei. Es fehle daher an der erforderlichen Grundlage für die rechtliche Beurteilung, ob die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen für die Kapitalertragsteuerhaftung nach § 93 Abs 2 Z 1 EStG zur Gänze gegeben seien.
4. Aufgrund der aufhebenden Entscheidung des VwGH vom 20. September 2006, wurde die Berufung vom 6. Dezember 2005 neuerlich beim UFS anhängig (fortgesetztes Verfahren).
5. Am 10. Oktober 2006 wurde das zuständige Finanzamt ersucht, die für die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer nach der Entscheidung des VwGH notwendige Feststellung der Gesellschaftereigenschaft des P.L. nachzuholen.
6. Am 18. Januar 2007 übermittelte das Finanzamt folgende Stellungnahme zur Gesellschaftereigenschaft: Zunächst werde festgehalten, dass P.L. bei den Außenprüfungen seine Gesellschafterstellung nie in Frage gestellt habe. Vielmehr habe er die Feststellungen der BP akzeptiert. Zudem seien die "vorgeschobenen" Machthaber RG und CG zur Gesellschaft in keinerlei Beziehung gestanden. Sie seien daher auch nicht wirtschaftliche Eigentümer der Anteile gewesen. Man habe auch keine Unterlagen vorgelegt, dass RG und CG in irgendeiner Form über Erfolg oder Mißerfolg der geschäftlichen Aktivitäten der Gesellschaft informiert worden seien. Auch Protokolle über die jährlich stattfindenden Versammlungen der Gesellschafter seien nicht vorgelegt worden.
Die Finanzverwaltung sei daher weiterhin überzeugt, dass P.L. Gesellschafter der besagten Limited sei.
7. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 wurde der Berufungswerber über die Feststellungen der BP informiert und eingeladen, bis zum 9. November 2007 Unterlagen bezüglich der tatsächlichen Gesellschafter der besagten Limited vorzulegen. Hingewiesen wurde dabei auf die zahlreichen Ermittlungsschritte der BP
- Schreiben vom 7. November 2006 mit der Aufforderung zur Frage der Gesellschafter der Limited Stellung zu nehmen, die Frist wurde von Steuerberaterseite auf 30. November 2006 verschoben,
- mit Schreiben der BP an den Bw. vom 15. Dezember 2006 wurde P.L. erneut zur Stellungnahme aufgefordert (Frist 22. Januar 2007).
- Die Frist vom 22. Januar 2007 wurde nicht eingehalten und am 30. Januar 2007 telefonisch und per Mail auf 19. Februar 2007 verlängert.
- Bis zur Information der Berufungsbehörde durch die BP per Mail vom 23. Februar 2007 wurden von P.L. keine Unterlagen vorgelegt.
8. Am 12. November 2007 wurde mit dem Bw., seinem Steuerberater und den Vertretern des Finanzamtes eine Erörterung durchgeführt. Dabei wurde folgende Niederschrift aufgenommen:
Nach kurzer Darstellung des Sachverhalts und des Berufungsbegehrens durch den Referenten wird die Sach- und Rechtslage zu folgenden Themen erörtert:
Der Steuerberater legt ein Anteilsübertragungsformular (stock transfer form) vom 10. August 2001 betr. CPM über vier Anteile a 1 Pfund von RG und CG an die CPM vor. Das Formular soll sich bei den beschlagnahmten Unterlagen befunden haben.
Frage SB an L.P.: Wer sind die Gesellschafter der Fa. CPM? Sind ihnen diese bekannt? Sind sie selbst Gesellschafter dieser Firma?
L.P.: Ich selbst bin nicht Gesellschafter der Firma. Wer Gesellschafter ist, kann ich mit heutigem Tag nicht 100%ig sagen. Ich habe am Wochenende dieses Formular gefunden, bisher war die PC Ltd als Gesellschafter geführt.
Frage SB: Sie haben jahrelang für diese Firma gearbeitet, da müssten sie doch über die Gesellschafterverhältnisse Bescheid gewusst haben?
L.P.: Ich bin über Zeitungsannoncen zur Fa. EC Ltd gekommen und habe über sie die PC Ltd gegründet, weil ich eine Firma brauchte, mit der ich operativ tätig sein konnte. So kam ich zu den englischen Ltd´s. Mit österreichischen Steuerberatern und Anwälten arbeitete ich eine Konzeption für Ltd´s aus. Anwälte sahen hier kein Problem. Die Frage nach der Anteilsinhaberschaft war nicht wichtig. Entscheidend war das Segment der operativen Tätigkeit.
SB: Wer hat die Fa. CPM Ltd gegründet? RG und CG oder standen diese in ihrem Auftrag?
L.P.: Ich benötigte eine Firma zur Firmengründung, wo ich director bin.
SB: Sie haben diese beiden - RG und CG - beauftragt, die CPM zu gründen. Da müssten sie ja auch gewusst haben, wer die Gesellschafter sind.
L.P.: Ich wollte nur eine Firma und kümmerte mich nicht darum, wer Gesellschafter ist.
SB: Die Firma CPM II (an diese wurden die Anteile verkauft) ist von der CPM zu unterscheiden?
Steuerberater: Ja, das sind unterschiedliche Firmen.
SB: Haben sie mit der CPM II zu tun?
L.P.: Ich habe mit der Firma nichts zu tun, gegründet wurde sie von RG und CG.
SB: Kann man zusammenfassend folgendes sagen? Herr LP ist nicht Gesellschafter der CPM und hat die Anteile niemals übertragen erhalten.
L.P.: Das ist so richtig.
SB: Ersucht wird um Vorlage der beim Steuerberater vorhandenen Aufstellung über die diversen Limiteds.
Stb: Diese wird nach Ausbesserung vorgelegt.
SB: Was hat die BP dazu festgestellt?
BP: Wir stellten fest, dass die Anteile am selben Tag von der CPM an die CPM D und weiter an die CPM S übertragen wurden. Deren Anteile hielten auch RG und CG. Daher haben wir angenommen, dass die Anteile treuhändig für Herrn L.P. gehalten wurden und L.P. der shareholder ist.
Stb: Das ist insofern unrichtig, als es hier um Anteile anderer Firmen geht.
Die verschiedenen Abtretungsformulare werden nebeneinandergelegt. Es handelt sich um diverse Limiteds und verschiedene Anteile. Die Formulare werden für alle kopiert.
L.P.: Wenn die BP behauptet die Firmen sind nicht operativ tätig geworden, so stimmt das nicht.
SB: Was haben sie mit all den anderen Firmen zu tun? Welche Funktionen haben sie in der CPM S und in der CPM D?
L.P.: In der CPM D war ich director (GF), zeitweise mit jemand anderem. In der CPM S war ich auch director, darum habe ich die Firmengründungen auch machen können.
Finanzamtsvertreterin: Irgendjemand muss es ja geben, der hinter den Firmen steht und Interesse daran hat. Warum haben sie sich Einkünfte zurechnen lassen und das nicht bekämpft, wenn sie kein Gesellschafter sind?
StB: Weil nichts steuerlich herausgekommen ist.
L.P.: Ich habe nur von Anfang an gesagt, das was an Zahlen da ist, stimmt nicht.
BP: Was wäre bei einem hohen Gewinn passiert, wer hätte darüber befunden, wer die Gewinne erhalten?
L.P.: Da hätte ich so hohe Geschäftsführerbezüge bezogen, dass nichts übrig geblieben wäre.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Strittig ist die Festsetzung der Kapitalertragsteuer für die von der BP festgestellte verdeckte Ausschüttung der CPM in den Jahren 2000 bis 2002. Seitens der Finanzverwaltung wurde die KESt dem Geschäftsführer P.L. zugerechnet.
2. Dass die Vorschreibung einer Kapitalertragsteuer aus verdeckten Ausschüttungen auch bei einer Limited möglich ist, wurde vom VwGH in seiner Entscheidung vom 20. September 2006, 2005/14/0124 bestätigt. Der VwGH hält die von Doralt/Kirchmayr, EStG, § 27 Rz 24 formulierte Auffassung für zutreffend, wonach zu den Gewinnanteilen aus Aktien oder Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch Gewinnanteile an ausländischen Kapitalgesellschaften gehören, die einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar sind. Die besagte Limited ist als Typus der nach ausländischem Recht gegründeten Kapitalgesellschaft mit Hauptverwaltung in Österreich im gegebenen Zusammenhang als (mit einer inländischen Gesellschaft) vergleichbar anzusehen. Dass der Gesetzgeber eine solche Gesellschaft nicht der Kapitalertragsteuerpflicht unterwerfen wollte, ist weder aus der historischen Entwicklung der Bestimmung, noch aus deren Zweck ableitbar. Da diese Vergleichbarkeit gegeben ist, spricht nichts dagegen, von "Gewinnanteilen (Dividenden), Zinsen und sonstigen Bezügen aus Aktien" iSd § 93 Abs 2 Z 1 EStG 1988 auszugehen (vgl. Dommes/Eckert/Lembeck/Metzler, SWI 2005, 537).
3. Damit bleibt die Frage zu klären, welcher Person die verdeckte Ausschüttung zuzurechnen ist. Grundsätzlich setzen verdeckte Ausschüttungen eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter der Körperschaft voraus (KStR Rz 773). Die Zuwendung an den Anteilsinhaber kann auch darin liegen, dass eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person begünstigt wird, dabei sind sachverhaltsmäßige Feststellungen über das Naheverhältnis anzustellen (KStR Rz 776). Nach den KStR kommt als Empfänger einer Vorteilszuwendung auch eine Person in Frage, die auf die Körperschaft einen mittelbaren, aber entscheidenden Einfluß nehmen kann. Dies soll auch auf den nichtbeteiligten Machthaber einer Körperschaft zutreffen, der als Entscheidungsträger alle wesentlichen Belange besorgt (KStR Rz 779).
a. Die Zuwendung an dem Anteilsinhaber nahestehende Personen oder Gesellschaften wurde im Verfahren nicht behauptet und ist daher auch nicht zu untersuchen.
b. Die Anteilsinhaberschaft des Geschäftsführers P.L. wird von diesem bestritten. P.L. gibt zwar an, er habe die Anweisung zur Gründung der CPM an RG und CG gegeben, er wisse aber nicht, wer die Gesellschafter gewesen seien. Die Anteile seien am selben Tag an weitere Firmen (CPM D und CPM S) abgetreten worden, bei denen ebenfalls P.L. als director tätig geworden sei. Er könne aber auch die Gesellschafter dieser Firmen nicht benennen. Ihm sei es nur darum gegangen, eine Firma für Firmengründungen zur Verfügung zu haben.
c. Zwar deuten die gesamten Umstände - insoweit ist der BP beizupflichten - darauf hin, dass P.L. bei allen genannten Firmen wirtschaftlich die Fäden in der Hand gehalten hat. Dies bedeutet aber noch nicht, dass er auch Gesellschafter gewesen sein muss. Objektive Fakten, mit denen die Aussagen von P.L. widerlegbar sind, konnten von der BP auch im fortgesetzten Verfahren nicht beigebracht werden. Eine Befragung von RG und CG im Ausland wurde seitens der Finanzverwaltung nicht in Erwägung gezogen.
Nach Ansicht des UFS fehlt damit der objektive Nachweis, dass P.L. tatsächlich Gesellschafter der Limited gewesen ist. Die KESt kann ihm damit aus diesem Titel nicht zugerechnet werden.
d. Die BP hat - offenbar in Kenntnis der Beweislage - bereits im Erstverfahren versucht, die Kapitalertragsteuerverpflichtung im Rahmen des "wirtschaftlichen Machthabers" der Gesellschaft zuzurechnen. Die gesamte Gestaltung der Firmenabläufe lässt - wie bereits erwähnt - durchaus den Schluss zu, dass P.L. in den CPM-Gesellschaften das alleinige "Sagen" hatte. Die KESt-Zurechnung könnte daher dann erfolgen, wenn die in den KStR vertretene Rechtsansicht richtig wäre, dass auch eine Vorteilszuwendung an den "Machthaber" der Gesellschaft genügt.
Dieser Rechtsansicht widerspricht allerdings ein jüngst ergangenes Judikat des VwGH. In der Entscheidung vom 19.9.2007, 2004/13/0108 bezieht sich der Gerichtshof auf diese Rechtsauffassung und verwirft sie wie folgt: Die belangte Behörde habe im zu entscheidenden Fall die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dass H.P., der Geschäftsführer, als Machthaber fungiert habe. Sie gehe davon aus, dass ihm die Vorteile zugeflossen seien, habe aber nicht festgestellt, dass er an der Bf. beteiligt gewesen oder einem Gesellschafter nahe gestanden sei. Die Behörde habe auch keine Feststellungen zur Frage getroffen, ob er wirtschaftlicher Eigentümer gewesen sei. Ein "Machthaber" sei als Vorteilsempfänger iSd § 8 Abs 2 KStG nicht ausreichend. Der vom Geschäftsführer offenbar ausgeübte Einfluss auf die Bf. reiche für eine Anteilsinhaberschaft nicht aus. Der VwGH verweist in dieser Entscheidung zudem auf ein früher ergangenes Erkenntnis vom 7.7.2004, 99/13/0215, worin ausgeführt wird, dass sich Zurechnungen an "Machthaber" auf Entscheidungen stützten, die das KStG 1934 als Hintergrund aufweisen. Dagegen sei in der Entscheidung vom 28.5.1998, 96/15/0114, ausgesprochen worden, dass offene und verdeckte Gewinnausschüttungen den Tatbestand nur im Hinblick auf den Gesellschafter erfüllten. Soweit sich Nichtgesellschafter bereicherten, lägen idR Betriebsausgaben der Gesellschaft vor, die durch den Rückforderungsanspruch neutralisiert würden.
Im Hinblick auf die bezeichneten Erkenntnisse muss davon ausgegangen werden, dass die Zurechnung verdeckter Ausschüttungen an einen wie immer gearteten "Machthaber" einer Körperschaft nicht möglich ist und damit auch zu keiner KESt-Belastung führen kann. Von den Höchstgerichten werden nur Anteilsinhaber als Empfänger verdeckter Ausschüttungen anerkannt. Damit entfällt die Vorschreibung einer Kapitalertragsteuer für Personen, denen die Gesellschaftereigenschaft nicht nachgewiesen werden kann.
Der Berufung war aus den dargelegten Gründen stattzugeben.
Beilage: 1 Anonymisierungsliste
Linz, am 4. Jänner 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | verdeckte Ausschüttung, Gesellschafter, Anteilsinhaber, Machthaber, Limited |