UFS RV/1010-W/07

UFSRV/1010-W/0729.11.2007

Reihenfolge des Verlustausgleiches beim Sanierungsgewinn (Änderung des § 36 EStG - BGBl I 2003/71 BudBG 2003)

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/13/0010 eingebracht. Mit Erk. v. 30.3.2011 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Abweisung eines Antrages auf Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2004 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) erzielte im Streitzeitraum 2004 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 188 BAO einheitlich und gesondert festzustellende Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus Beteiligungen als atypisch stiller Gesellschafter sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und ausländische Einkünfte.

Das Finanzamt erließ am 28. Juni 2006 für das Jahr 2004 auf Grundlage der bis zu diesem Zeitpunkt bezüglich der Beteiligungen ergangenen Feststellungsbescheide unter Berücksichtigung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung und der ausländischen Einkünfte einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid 2004 gemäß § 295 Abs. 1 BAO.

Mit Eingabe vom 13. Dezember 2006 stellte der Bw. einen Antrag auf Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für 2004. Im genannten Bescheid seien die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (€ -2.266,92) im Vergleich zum ursprünglich erlassenen Bescheid (€ -20.455,94) geändert worden, wobei der Gewinnanteil von € 18.189,02 an der atypischen stillen Beteiligungen an der INET Internet Plattform GmbH 2001/I (Steuer Nr. 021/6796 FA Wiener Neustadt) maßgebend gewesen sei. Rechnerisch sei die Ermittlung des steuerpflichtigen Ergebnisses richtig, es sei aber offenbar übersehen worden, dass es sich beim angeführten Gewinn um einen Sanierungsgewinn handle, der auf Grund der Bestimmung des § 36 EStG nicht als laufendes Einkommen zu versteuern sei. Danach wäre richtigerweise zunächst der Unterschiedsbetrag zwischen der Steuer einschließlich bzw. ohne den Gewinn aus dem Schuldnachlass zu ermitteln. Im gegenständlichen Fall betrage der Unterschiedsbetrag 50% von € 18.189,02, d.s. € 9.094,51. Der anzuwendende Steuersatz betrage 20%, d.s. € 1.818,90. Da sich im bekämpften Bescheid die Steuerbelastung des angeführten Sanierungsgewinnes (€ 18.189,02) auf € 9.094,51 belaufe, müsse der berichtigte Bescheid ein Guthaben von € 7.275,61 ergeben.

Mit Bescheid vom 31. Jänner 2007 wies das Finanzamt den Antrag auf Berichtigung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2004 ab und führte dazu begründend aus, dass ein begünstigter Steuersatz auf Grund des Sanierungsgewinnes nicht angewendet werden könne, da der Sanierungsgewinn gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 mit Verlusten aus der gleichen oder anderen Einkunftsarten ausgeglichen werde und im vorliegenden Fall daher keine Steuer auf den Sanierungsgewinn erhoben werde.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete der Bw. ein, dass er weder der Bestimmung des § 2 Abs. 2 EStG noch der Bestimmung des § 36 Abs. 2 EStG entnehmen könne, dass Verluste im gleichen Jahr, in dem ein Sanierungsgewinn vorhanden sei, mit den positiven Einkünften auf Grund der Sanierung zu saldieren seien. Es sei noch angemerkt, dass die Verluste aus Gewerbebetrieb im Jahr 2004 mit dem Sanierungsgewinn in keinem Zusammenhang stünden, da es sich nicht um dasselbe Gewerbeunternehmen handle.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 2. März 2007 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Mit Eingabe vom 21. März 2007 beantragte der Bw. die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Am 26. November 2007 zog der Bw. seinen Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück, in der Sache selbst halte er jedoch seine im Vorlageantrag dargelegte Ansicht aufrecht. Infolge der völligen Neufassung des § 36 EStG mit Wirkung ab dem Jahr 2003 sei die Rechtsprechung zur alten Rechtslage nicht mehr anwendbar. Auch der Kommentar Doralt/Heinrich zu § 36 EStG zitiere nur die neue Rechtslage, ohne darauf einzugehen, ob vor der Anwendung der Bestimmung ein Verlustausgleich innerhalb derselben Einkunftsart herbeizuführen sei. Es werde daher keine Veranlassung gesehen, anzunehmen, dass eine Verrechnung des Sanierungsgewinnes mit anderen Verlusten zu erfolgen hätte, da das Gesetz diesbezüglich keinerlei Hinweis gäbe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Unter den für die Bemessung der Einkommensteuer maßgeblichen "Einkünften" (zu denen nach § 2 Abs.3 Z 3 EStG 1988 auch jene aus Gewerbebetrieb zählen) ist nach § 2 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 unter anderem bei der eben genannten Einkunftsart der Gewinn (§§ 4 bis 14) zu verstehen.

In § 36 Abs. 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung werden Sanierungsgewinne als Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlassens von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind, definiert.

Gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist Einkommen der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im Abs. 3 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18), und außergewöhnlichen Belastungen (§§ 34 und 35) sowie der Freibeträge nach den §§ 104 und 105.

§ 36 Abs. 2 EStG 1988 ordnet für Sanierungsgewinne, die durch Erfüllung der Ausgleichsquote nach Abschluss eines gerichtlichen Ausgleichs i.S.d. Ausgleichsordnung oder eines Zwangsausgleichs entstanden sind, eine Begünstigung an. Diese Begünstigung liegt in einer Ermäßigung der Steuer, die auf den Sanierungsgewinn entfällt, in dem Umfang, in dem auch die Gläubiger im Rahmen es gerichtlichen Ausgleichs oder Zwangsausgleichs auf ihre Schulden verzichten.

Bei der Begünstigung handelt es sich um eine Tarifbestimmung. Nur jene Teile eines Sanierungsgewinns, die in einem positiven Einkommen enthalten sind, und damit überhaupt einer Besteuerung unterliegen, sind der Begünstigung zugänglich (siehe Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 48 zu § 36).

Im gegenständlichen Fall besteht Streit über die Reihenfolge des Verlustausgleiches im Rahmen der Einkommensermittlung und damit darüber, ob bzw. inwieweit die Begünstigungsvorschrift im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen kann.

Zu der vergleichbaren Situation bei nach § 37 EStG begünstigten Einkommensbestandteilen und zu § 36 EStG idF vor BGBl 1996/201 hat der VwGH folgende Auffassungen vertreten: Einkünfte, die mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, sind in der Einkommensteuerbemessungsgrundlage nur mehr insoweit enthalten, als sie nicht mit anderen Einkunftsarten derselben Einkunftsart (horizontal) oder mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten (vertikal) ausgeglichen wurden (VwGH vom 22.2.1993, 93/15/0020). Die Systematik des Einkommensteuerrechts lässt es nicht zu, einzelne positive oder negative Komponenten des Ergebnisses einer bestimmten Einkunftsquelle oder Gruppen positiver und negativer Elemente einer bestimmten Einkunftsquelle herauszulösen und vom Schicksal der verbleibenden Einkunftsquelle zu trennen. Die Berechnung eines über den Betriebsgewinn hinausgehenden Veräußerungsgewinnes (Sanierungsgewinnes) findet im Gesetz daher keine Deckung (VwGH vom 31.3.1995, 95/14/0011 zu § 24 iVm § 37 EStG; VwGH vom 30.5.1995, 95/13/0118 zu § 36 idF vor BGBl 1996/2001).

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die mit BGBl I 2003/71 (BudBG 2003) durchgeführte Gesetzesänderung des § 36 EStG Einfluss auf das zweistufige Verlustausgleichsverfahren gehabt haben sollte, da dieses ein generelles Grundprinzip des Einkommensteuerrechts darstellt.

Hinzuweisen ist auch auf Randziffer 7250 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 in der geltenden Fassung, wonach der Sanierungsgewinn gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 mit Verlusten aus der gleichen oder anderen Einkunftsarten ausgeglichen wird.

Es ist daher weiterhin davon auszugehen, dass dem begünstigten Steuersatz nur jene Sanierungsgewinne unterliegen, die nach Vornahme des horizontalen Verlustausgleiches verbleiben und nach Vornahme des vertikalen Verlustausgleiches im Einkommen gedeckt sind.

Da im gegenständlichen Fall der Sanierungsgewinn bereits im Rahmen des horizontalen Verlustausgleiches gänzlich mit Verlusten aus Gewerbebetrieb verrechnet wurde, sodass nach Abzug der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen sowie der Freibeträge kein positives Einkommen verblieb, in dem noch ein Sanierungsgewinn enthalten war, kann die Begünstigung des § 36 EStG nicht zur Anwendung kommen.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am 29. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 36 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Sanierungsgewinn, Tarifbestimmung, ermäßigter Steuersatz, horizontaler Verlustausgleich, vertikaler Verlustausgleich, zweistufiges Verlustausgleichsverfahren, BGBl I 2003/71 (BudBG 2003), Änderung des § 36 EStG

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