UFS RV/0441-I/07

UFSRV/0441-I/0722.11.2007

Einschleifung des Pensionistenabsetzbetrages bei ausländischer gesetzlicher Alterspension

 

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Baldauf und die weiteren Mitglieder Mag. Ingrid Bergmann, Dr. Reinhold Lexer und Mag. Klaus Schönach über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom 13. Juni 2007 betreffend Einkommensteuer 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Abgabepflichtige wies in ihrer Einkommensteuererklärung für 2006 unter anderem Einkünfte aus einer deutschen Firmenpension sowie aus einer deutschen (gesetzlichen) Alterspension aus. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 enthielt den folgenden Rechengang:

Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit PVA: Einkünfte ohne inländ. Steuerabzug:

2.109,48 € 13.228,60 €

15.338,08 €

Gesamtbetrag der Einkünfte

 

15.338,08 €

Sonderausgaben

 

-60,00 €

Einkommen

 

15.278,08 €

ESt unter Berücks. der ausl. Einkünfte: Einkommen ausländische Einkünfte

 

15.278,08 € 14.998,32 €

Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz

 

30.276,40 €

(30.276,40 - 25.000,00) x 11.335,00 / 26.000 + 5.750,00

 

8.050,31 €

Steuer vor Abzug der Absetzbeträge

 

8.050,31 €

Pensionistenabsetzbetrag

 

0,00 €

Steuer für den Durchschnittssteuersatz

 

8.050,31 €

Durchschnittssteuersatz (8.050,31 / 30.276,40 x 100)

 

26,59 %

Durchschnittssteuersatz 26,59 % von 15.278,08

 

4.062,44 €

Einkommensteuer

 

4.062,44 €

In der Berufung gegen diesen Bescheid stellte die Abgabepflichtige den Antrag auf Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrags, da ihr (in Österreich zu versteuerndes) Einkommen unter 17.000 € liege, konkret bei 15.278 €. Die staatliche Alterspension aus Deutschland dürfe nach ihrer Kenntnis nur zur Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen werden, nicht jedoch selbst besteuert werden, da die Beiträge zur Rentenversicherung aus versteuertem Einkommen geleistet worden seien.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde dazu ausgeführt, dass die deutsche Altersrente nur für die Berechnung des Durchschnittssteuersatzes herangezogen worden sei. Nur die inländische Pension und die deutsche Firmenrente seien tatsächlich besteuert worden. Dem Standpunkt der Berufungswerberin (kurz: Bw.) sei daher bereits mit dem angefochtenen Bescheid entsprochen worden. Für die Berechnung des Pensionistenabsetzbetrags sei allerdings nicht nur das in Österreich steuerpflichtige Einkommen, sondern das Gesamteinkommen heranzuziehen. Demnach stehe der Pensionistenabsetzbetrag nicht zu.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die - nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter vertretene - Bw. dazu aus, dass der Pensionistenabsetzbetrag bei der Berechnung der Einkommensteuer der Jahre 2004 und 2005 sehr wohl angerechnet worden sei. Für das Jahr 2006 sei der Absetzbetrag nicht mehr berücksichtigt worden. Die von der Bw. zu versteuernden Pensionsbezüge (iSd § 33 Abs. 6 EStG 1988) hätten im Jahr 2006 15.278,08 € (2.109,48 € österr. Pensionsbezüge + 13.228,60 € Firmenrente - 60 € Sonderausgaben) betragen. Die deutsche Altersrente werde für die Festsetzung des Durchschnittssteuersatzes hinzugerechnet, nicht jedoch zum tatsächlich zu versteuernden Einkommen, da die Beiträge für diese Rente aus bereits versteuertem Einkommen geleistet worden sind. Der sich ergebende Gesamtbetrag von 30.276,40 € stelle nicht das zu versteuernde Einkommen dar und könne daher auch nicht die Grundlage für die Festsetzung des Pensionistenabsetzbetrages sein.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Unbestritten ist, dass es sich bei der von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bezogenen Altersrente um Bezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung handelt. Das Besteuerungsrecht für solche Bezüge kommt daher gemäß Art. 18 Abs. 2 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland, BGBl. III Nr. 182/2002, der Bundesrepublik Deutschland zu. Aus Art. 23 Abs. 2 lit. a des genannten Abkommens ergibt sich, dass Österreich als Wohnsitzstaat diese Einkünfte von der Besteuerung ausnimmt. Die von der Besteuerung ausgenommenen Einkünfte dürfen aber nach Art. 23 Abs. 2 lit. d des Abkommens gleichwohl in der Republik Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen der Person einbezogen werden (sog. Progressionsvorbehalt).

2.) Innerstaatliche Rechtsgrundlage des Progressionsvorbehalts ist die Bestimmung des § 2 EStG 1988. Danach unterliegt das gesamte in- und ausländische Einkommen des Steuerpflichtigen (Welteinkommen) der Einkommensteuer. Das Einkommen wird nach den Bestimmungen des österreichischen EStG ermittelt (VwGH 24.5.2007, 2004/15/0051, mit weiterführenden Literaturnachweisen).

3.) Gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 gehören Pensionen aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

Die von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bezogene deutsche Altersrente entspricht der inländischen Pensionsversicherung (Altersrente). Die Rente beruht auf gesetzlicher Beitragspflicht. Bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Rente (vgl. Rentenbescheid vom 21.11.2003). Die Rente wird wiederkehrend (in Monatsbeträgen) ausbezahlt.

4.) Beiträge von Arbeitnehmern zu einer ausländischen Pflichtversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, gehören nach § 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988 zu den Werbungskosten. Auf Grund der für das Berufungsjahr geltenden Rechtslage des EStG 1988 könnten Beiträge für die strittige Rente sonach in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt werden. Ob die von der Bw. geleisteten Beiträge in den Jahren der Beitragszahlung tatsächlich einkommensmindernd zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt worden sind, ist nicht entscheidend (VwGH 14.12.2006, 2005/14/0099). Die deutsche Altersrente der Bw. in Höhe von (unbestritten) 14.998,32 € unterliegt daher gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 der österreichischen Einkommensteuer. Sie ist in die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes für Zwecke der Durchführung des Progressionsvorbehaltes einzubeziehen.

5.) Für Zwecke der zutreffenden Besteuerung der Inlandseinkünfte auf der Grundlage des bestehenden Progressionsvorbehalts ist daher zunächst das gesamte, von der Bw. bezogene in- und ausländische Einkommen iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988 und die auf dieses Einkommen entfallende österreichische Einkommensteuer zu ermitteln, als ob kein Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden wäre.

6.) Es ist also zunächst jene Steuer zu errechnen, die sich ergeben würde, wenn die Steuerfreiheit der deutschen Alterspension nicht bestehen würde:

Gemäß § 33 Abs. 6 EStG 1988 hat ein Steuerpflichtiger, dem die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zustehen, Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag bis zu 400 € jährlich, wenn er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5 bezieht. Bei Einkünften, die den Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Der Pensionistenabsetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden Pensionsbezügen von 17.000 € und 25.000 € auf Null.

Gegen die Einschleifregelung des § 33 Abs. 6 EStG 1988 bestehen keine nationalen verfassungsrechtlichen Bedenken (VfGH 3.3.2003, B 1302/02).

§ 33 Abs. 10 EStG 1988 bestimmt: Ist im Rahmen einer Veranlagung bei der Berechnung der Steuer ein Durchschnittssteuersatz anzuwenden, so ist dieser nach Berücksichtigung der Abzüge nach § 33 Abs. 3 bis 7 EStG 1988 - richtig: § 33 Abs. 3 bis 6 EStG 1988 - (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988) zu ermitteln. Diese Abzüge sind nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes nicht nochmals abzuziehen.

Gegen die Berechnung eines Progressionsvorbehalts stehen aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht keine Bedenken (VwGH 14.12.2006, 2005/14/0099).

7.) Auf den Berufungsfall angewendet bedeutet dies: Bei der Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes sind Pensionsbezüge von 30.276,40 € anzusetzen. Auf Grund der Höhe dieser Pensionsbezüge ist ein Pensionistenabsetzbetrag nicht mehr zu berücksichtigen. Der Durchschnittssteuersatz von 26,59 % ist sodann auf das Einkommen (von 15.278,08 €) anzuwenden, nicht hingegen auf die gesetzliche deutsche Altersrente.

8.) Die Bw. wendet gegen die Einbeziehung der Altersrente in die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes ein, dass es sich bei dem Betrag von 30.276,40 € nicht um ihr zu versteuerndes Einkommen handelt. Dies ist insofern zutreffend, als Einkommensteuer lediglich von einem "Einkommen" von 15.278,08 € festzusetzen und zu erheben ist. Dessen ungeachtet handelt es sich bei der deutschen Altersrente - für Zwecke der Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes - um dem Grunde nach in Österreich steuerpflichtige (und nur in diesem Sinne um "zu versteuernde") Pensionsbezüge (Teile des Welteinkommens gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988). Zweck des Progressionsvorbehaltes ist es, jenen Steuersatz zu ermitteln, der sich für die der (inländischen) Steuerpflicht unterliegenden Einkünfte ergeben würde, wenn die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen befreiten Einkünfte steuerpflichtig wären. Die Wortfolge "zu versteuernde Pensionsbezüge" ist daher nicht anders zu verstehen als die im Abs. 2 enthaltene Wortfolge "zum laufenden Tarif zu versteuernde nichtselbständigen Einkünfte" (dazu UFS 17.7.2006, RV/0422-I/06). Die von der Bw. für zutreffend erachtete Auslegung hätte zur Folge, dass der strittige Pensionsbezug unterschiedlich behandelt würde, je nachdem, ob er von einer inländischen oder von einer ausländischen Anstalt ausbezahlt wird. Würde der strittige Rentenbezug von einer inländischen Anstalt ausbezahlt, käme der Pensionistenabsetzbetrag (unbestritten) nicht zum Abzug. Nichts Anderes hat auch für den vorliegenden Fall zu gelten. Gerade mit der dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Interpretation des § 33 Abs. 6 EStG 1988 wird jene Ungleichbehandlung vermieden, die sich bei der von der Bw. vertretenen Auslegung für eine inländische Altersrente ergeben würde. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis herbeiführen wollte. Im Gegenteil.

Mit anderen Worten: wären die Gesamteinkünfte der Bw. in Österreich zu versteuern (Pensionseinkünfte 30.276,40 €), würde die Steuer 8.050,31 € betragen (Durchschnittssteuersatz 26,59 %). Auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens hat die Bw. nur 15.278,08 € in Österreich zu versteuern (rund 50,46 % der Gesamteinkünfte); dies aber - auf Grund des Progressionsvorbehalts - dennoch mit 26,59 % (und nicht etwa mit 25,27 %; 7.650,31 € / 30.276,40 € x 100). Ihre Steuerlast beträgt daher rund 50,46 % von 8.050,31 €, d.s. rund 4.062 €. Dieser Steuerbetrag würde - anteilig - auf die österreichische Pension und die deutsche Firmenrente entfallen, wenn die Bw. mit sämtlichen Einkünften in Österreich zur Einkommensteuer heranzuziehen wäre (auf die weiteren Einkünfte entfielen 3.988 €, d.s. 49,54 % von 8.050,31 €).

9.) Die Bw. wendet weiters ein, dass die Berechnung des bekämpften Bescheides anders vorgenommen werde als zB noch für das Veranlagungsjahr 2005. Mit diesem Vorbringen ist die Bw. im Recht. Soweit dies aus den Verwaltungsakten ersichtlich ist, liegt der unterschiedliche Rechengang der Vorjahre aber nicht in einer anderen Rechtsauffassung der Abgabenbehörde erster Instanz, sondern - offenbar - darin begründet, dass die Rechenanlage die von der Bw. bei der Kennzahl 440 angegebenen Einkünfte zwar als ausländische Einkünfte, nicht aber als ausländische Renteneinkünfte erkennen und erfassen konnte. Die Bw. hat zwar auch bei der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2006 keine Angabe dazu gemacht, ob die Kennzahl 440 "ausschließlich ausländische Pensionsbezüge" enthält (eine vergleichbare Fragestellung hatten die Abgabenerklärungen der Vorjahre noch gar nicht enthalten). Das Finanzamt ist bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides auf Grund der Beilage zur Abgabenerklärung aber dennoch davon ausgegangen. Die Rechenanlage hat die bei der Kennzahl 440 angegebenen Einkünfte (auf Grund entsprechender Veranlassung der Behörde) als "ausländische Pension" erkannt und folglich in die Berechnung des Progressionsvorbehalts einbezogen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 22. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Progressionsvorbehalt, Altersrente, Pensionistenabsetzbetrag, Durchschnittssteuersatz

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