UFS RV/0275-G/07

UFSRV/0275-G/0720.11.2007

Geschäftsführerhaftung trotz Zahlungserleichterungsbewilligung?

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/16/0106 (vormals 2008/15/0004) eingebracht. Mit Erk. v. 5.4.2011 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Dr. Anton Cuber, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Glacisstraße 53, vom 1. Dezember 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom 15. November 2001 betreffend Haftung gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Bw. wird als Haftungspflichtiger gemäß § 9 in Verbindung mit § 80 BAO für die folgenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Z.GmbH im Ausmaß von 60.570,33 € in Anspruch genommen:

Abgabe

Fälligkeitstag

Betrag in €

Betrag in S

Umsatzsteuer 1996

17.02.1997

53.446,58

735.441,00

Umsatzsteuer 01-10/97

15.12.1997

3.972,44

54.662,02

Umsatzsteuer 1997

16.02.1998

1.131,44

15.569,00

Lohnsteuer 02/98

16.03.1998

1.408,91

19.387,00

Dienstgeberbeitrag 02/98

16.03.1998

546,57

7.521,00

Zuschlag zum DB 02/98

16.03.1998

64,39

886,00

  

60.570,33

833.466,02

Entscheidungsgründe

Mit dem Gesellschaftsvertrag vom 6. Mai 1987 wurde die N.GmbH. (später Z.GmbH ) mit dem Sitz in G errichtet und der Berufungswerber (= Bw.) sowie seine Gattin AN zu Geschäftsführern bestellt. Nach der Abberufung der AN als Geschäftsführerin am 26. August 1996 vertrat der Bw. die GmbH als alleiniger handelrechtlicher Geschäftsführer.

Mit dem Generalversammlungsbeschluss vom 9. Februar 1999 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen und die Liquidation eingeleitet. WS wurde zum Liquidator bestellt. Die Funktion des Bw. als Geschäftsführer wurde im Firmenbuch gelöscht (Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt vom 23. Februar 1999).

Der mit dem Beschluss des Landesgerichtes K vom 14. Dezember 1999 über das Vermögen der GmbH eröffnete Konkurs wurde am 11. Dezember 2000 nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO (Quote von 0,3237 %) aufgehoben.

Mit dem Haftungsbescheid vom 15. November 2001 nahm das Finanzamt Graz-Stadt den Bw. als Haftungspflichtigen gemäß § 9 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 80 ff BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Z.GmbH im Gesamtausmaß von 1,351.813,02 S (98.240,08 €) in Anspruch. Von der Haftung umfasst sind die uneinbringlich aushaftenden Umsatzsteuern für die Jahre 1996 bis 1999 sowie Lohnabgaben für die Jahre 1998 und 1999.

Begründend wurde ausgeführt, führe der Geschäftsführer Abgaben nicht ab, sondern verwende die ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für andere Zwecke, liege darin ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden. Bei der Lohnsteuer sei die Einrede der nicht ausreichenden Mittel nicht zielführend, weil in diesem Fall die zur Auszahlung gelangenden Löhne so weit zu vermindern seien, dass die davon zu berechnenden Lohnsteuerbeträge in den zur Verfügung stehenden Mitteln Deckung fänden.

Nach vom Finanzamt mehrmals bescheidmäßig bis 1. Dezember 2003 gewährter Fristverlängerung brachte der Bw. mit der Eingabe vom 1. Dezember 2003 gegen den Bescheid vom 15. November 2001 das Rechtsmittel der Berufung ein, beantragte dessen ersatzlose Aufhebung und brachte dazu Folgendes vor:

Dem angefochtenen Bescheid könne keine konkrete Gesetzesstelle entnommen werden, auf die sich die Haftung stütze. Die Begründung des Bescheides bestehe aus einem Vordruck mit allgemeinen Ausführungen zur Organhaftung (verba legalia). Ein Sachverhalt, der eine schlüssige rechtliche Beurteilung zulasse, sei nicht festgestellt worden, weshalb der Bescheid nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gegen die die Behörde treffende Begründungspflicht verstoße. Es sei auch nicht ersichtlich, wann die Abgaben fällig gewesen seien und wann eine Verletzung der nach Ansicht der Abgabenbehörde die Organe treffenden Verpflichtungen eingetreten sein solle.

Tatsache sei, dass der Bw. für die angeführten Zeiträume keine schuldhafte Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu verantworten habe. Hinsichtlich der bei der GmbH entstandenen Abgabenrückstände sei am 21. August 1998 ein Antrag auf Zahlungserleichterung gestellt worden und nach persönlicher Intervention des Bw. vom Finanzamt mit dem Bescheid vom 25. September 1998 die Abstattung in Ratenform bewilligt worden. Die Monatsraten seien vereinbarungsgemäß bis 1999 geleistet worden. Solange eine Ratenvereinbarung aufrecht sei und erfüllt werde, könne eine Organhaftung nicht eintreten.

Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der GmbH seien überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet worden, sodass auch vor diesem Hintergrund eine Haftung des Bw. nicht bestehen könne.

Darüberhinaus sei im angefochtenen Bescheid keine einzige Feststellung in Bezug auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bw. getroffen worden.

Mit dem Vorhalt vom 13. Jänner 2004 forderte das Finanzamt den Bw. auf, die Gleichbehandlung aller Gläubiger bzw. die Entrichtung der Verbindlichkeiten für die Zeit vom 1.1.1996 bis 14.12.1999 nachzuweisen.

Dieser Aufforderung kam der Bw. nicht nach.

Am 23. März 2007 legte das Finanzamt die Berufung gegen den Haftungsbescheid dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Mit dem Vorhalt vom 3. Oktober 2007 wurde der Bw. hinsichtllich der Jahresumsatzsteuer für die Jahre 1996 und 1997, der Umsatzsteuer für die Monate 1-10/97 und der Lohnabgaben für den Monat 02/98 darauf hingewiesen, dass er bis dato nicht dargestellt habe, welche finanziellen Mittel der Primärschuldnerin im jeweiligen Zeitpunkt der Fälligkeiten der angeführten in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten zur Verfügung gestanden, wie diese verwendet und weshalb sie nicht zur Bezahlung der in Haftung gezogenen Abgaben herangezogen worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass der Bw. hinsichtlich dieser Abgaben die ihm obliegende Verpflichtung, die fälligen Abgaben aus den verwalteten Mitteln zu entrichten, schuldhaft verletzt habe, diese Pflichtverletzung auch ursächlich für den Abgabenausfall bei der ZPK Handels GmbH war und der Bw. nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die uneinbringlichen Abgabenschuldigkeiten in vollem Ausmaß zur Haftung herangezogen werden könne. Der Bw. wurde aufgefordert, diesbezüglich entsprechende Unterlagen vorzulegen.

In der Eingabe vom 15. November 2007 brachte der Bw. vor, auf Grund eines bewilligten Ratenanzahlungsansuchens habe die GmbH bis Jänner 1999 regelmäßig monatliche Raten entrichtet, weshalb ein schuldhaftes Verhalten des Bw. nicht erkennbar sei. Die Fälligkeit der im Vorhalt angeführten Abgaben sei auf Grund des Ratenzahlungsansuchens erst mit der am 6. August 1998 und 8. September 2000 erfolgten Umbuchung gegeben.

Die wirtschaftliche Entwicklung der GmbH sei im Jahr 1998 so schlecht gewesen, dass die Liquidation der Gesellschaft mit Februar 1999 beschlossen worden sei. Nach einem Schlaganfall des Bw. im Juni 1999 und einem sehr schleppenden Heilungsverlauf habe man im Dezember 1999 den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens einbringen müssen. Die Konkursgläubiger hätten nur mit einer Quote von 0,32 % bedient werden können. Wäre das Konkursverfahren früher eröffnet worden, hätte das Finanzamt einerseits Teilzahlungen nicht (mehr) erhalten bzw. wäre auch eine Anfechtung des überwiesenen Betrages in der Höhe von 507.240,00 € im Raum gestanden. Die Abgabenbehörde habe ohnedies mehr erhalten als die Konkursgläubiger.

Darüberhinaus hafte der Bw. nicht für den gesamten ausgefallenen Abgabenbetrag, sondern nur insoweit, als er diesen aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hätte tilgen können. Der Bw. hätte nicht mehr tilgen können als durch die Bezahlung des Betrages von 507.240,00 S und die monatlichen Raten zu 50.000,00 S bis Jänner 1999 ohnedies bezahlt worden seien.

Den vorliegenden Aktenunterlagen kann folgender Sachverhalt entnommen werden:

Am 6. Februar 1996 stellte die GmbH an das Finanzamt einen Antrag auf Zahlung des zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Rückstandes von 818.499,46 S in monatlichen Raten zu 100.000,00 S. Der Rückstand resultiere zum Großteil aus der Anlastung von Umsatzsteuern nach einer abgabenbehördlichen Prüfung. Das Unternehmen sei als Saisonbetrieb nach den umsatzschwachen Wintermonaten nicht in der Lage, den gesamten Betrag auf einmal zu entrichten. Darüberhinaus müssten in den Wintermonaten die Anlagen überholt werden, was zusätzlich hohe Investitionskosten verursache. Die Entrichtung des gesamten Abgabenrückstandes stelle daher eine erhebliche Härte dar. Die Einbringlichkeit sei, wie auch durch die pünktliche Entrichtung der Raten vergangener Zahlungerleichterungsgenehmigungen bewiesen worden sei, durch den gut gehenden Geschäftsbetrieb nicht gefährdet.

Das vom Finanzamt stattgebend erledigte Ansuchen wurde mit der Eingabe vom 11. März 1996 insoweit ergänzt, als ersucht wurde, die Umsatzsteuer 12/95 in den laufenden Zahlungsplan einzubeziehen. Auch diesem Ansuchen wurde seitens des Finanzamtes mit dem Bescheid vom 4. April 1996 stattgegeben. In der Folge wurden auf das Abgabenkonto der GmbH bis Dezember 1996 monatlich 100.000,00 S überwiesen.

Mit der Eingabe vom 21. August 1998 beantragte die GmbH die Entrichtung des zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Rückstandes in der Höhe von 1,652.997,00 S in Monatsraten zu 90.000,00 S.

Mit dem Bescheid vom 25. September 1998 wurde das Zahlungserleichterungsansuchen unter der Bedingung der Überweisung eines Betrages in der Höhe von 507.240,00 S stattgebend erledigt. Dieser Betrag wurde am 6. Oktober 1998 auf das Konto der GmbH überwiesen; die vom Finanzamt vorgeschriebenen Monatsraten in der Höhe von 50.000,00 S wurden bis Jänner 1999 fristgerecht überwiesen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Hinsichtlich des Vorbringens in der Berufung, dem angefochtenen Bescheid könne keine konkrete Gesetzesstelle entnommen werden, auf die sich die Haftung stütze, ist auf die im Haftungsbescheid vom 21. November 2001 angeführten gesetzlichen Bestimmungen des § 9 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 80 BAO zu verweisen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme eines Vertreters einer juristischen Person sind somit das Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung beim Vertretenen, eine Pflichtverletzung des Vertreters der juristischen Person, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (VwGH 19.6.1985, 84/17/0224).

Die Uneinbringlichkeit der verfahrensgegenständlichen Abgaben steht zweifelsfrei fest, da das über das Vermögen der GmbH eröffnete Konkursverfahren mit dem Beschluss des Landesgerichtes K vom 11. Dezember 2000 nach Verteilung des Massevermögens gemäß § 139 KO aufgehoben wurde.

Unbestritten ist, dass dem Geschäftsführer einer GmbH die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft obliegt; insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Voraussetzung für eine Haftungsinanspruchnahme eines Vertreters einer juristischen Person ist somit u.a. seine Stellung als Vertreter der GmbH. Der Bw. kann daher nur für Zeiträume zur Haftung herangezogen werden, in denen er als Geschäftsführer der GmbH vertretungsbefugt und zur Bezahlung der Abgaben verpflichtet war.

Aus der Aktenlage geht hervor, dass die GmbH seit 26. August 1996 vom Bw. als alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer vertreten wurde. Mit der Liquidation der GmbH und der Bestellung des WS zum Liquidator am 9. Februar 1999 endete die Funktion des Bw. als Geschäftsführer. Zur Abfuhr von nach der Bestellung des Liquidators fällig gewordenen Abgabenschuldigkeiten der GmbH war nicht der Bw., sondern gemäß § 92 Abs. 1 GmbHG der Liquidator verantwortlich, weshalb eine Haftung des Bw. für die erst nach dem 9. Februar 1999 fälligen Abgaben (Umsatzsteuer 1998, Umsatzsteuer für die Monate 12/98, 02/99 und 04/99 und Lohnabgaben für die Monate März und Mai 1999) nicht in Betracht kommt.

Nach der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH war der vom Gericht bestellte Masseverwalter für die finanziellen Belange der GmbH zuständig, weshalb der Bw. auch nicht zur Haftung von Abgabenverbindlichkeiten herangezogen werden kann, die nach der Konkurseröffnung am 14. Dezember 1999 fällig wurden (betrifft Umsatzsteuer 11/99 und Umsatzsteuer 1999).

Des weiteren geht aus den Aktenunterlagen hervor, dass die GmbH am 21. August 1998 ein Ratenzahlungsansuchen dahingehend eingebracht hat, den zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Rückstand von 1,652.997,00 S neben der Abfuhr der laufenden Abgaben in monatlichen Raten zu 90.000,00 S abzudecken. Das Finanzamt bewilligte - nach Überweisung eines Betrages in der Höhe von 507.240,00 S - die Entrichtung des verbleibenden Rückstandes in monatlichen Raten zu 50.000,00 S (Bescheid vom 25. September 1998). Die Monatsraten wurden bis zur Abberufung des Bw. als Geschäftsführer regelmäßig abgestattet. Da somit die vom Finanzamt mit Bescheid vom 25. September 1998 monatlich geforderten Zahlungen ordnungsgemäß entrichtet wurden, ist hinsichtlich der im November und Dezember 1998 sowie im Jänner 1999 fälligen Abgabenschuldigkeiten (Umsatzsteuer 09/98 und 11/98 und Lohnabgaben 11/98) nicht von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers zu den Fälligkeitsterminen auszugehen.

Anhaltspunkte dahin gehend, dass die Zahlungserleichterung ungerechtfertigt erwirkt wurde, liegen nach der Aktenlage nicht vor und wurden vom Finanzamt nicht vorgebracht.

Zu den weiteren, im Haftungsbescheid angeführten Abgaben ist Folgendes auszuführen:

Die Umsatzsteuer für die Jahre 1996 und 1997 resultiert aus der Verbuchung der Umsatzsteuererklärungen für 1996 und 1997 am 6. August 1998 bzw. am 8. September 2000, in welchen Restschuldigkeiten in der Höhe von 735.441,00 S bzw. 15.569,00 S ausgewiesen wurden.

Die Umsatzsteuer für die Monate 1-10/97 wurde auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung (Niederschrift vom 11. Februar 1998) am Abgabenkonto mit 520.095,60 S festgesetzt. Davon haftet noch der im Haftungsbescheid angeführte Teilbetrag in der Höhe von 54.662,02 S offen aus.

Die Lohnabgaben für den Monat 02/98 (Lohnsteuer 15.569,00 S, Dienstgeberbeitrag 7.521,00 S und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 886,00 S) wurden zwar gemeldet, aber nicht entrichtet.

Die Fälligkeitstage der Umsatzsteuer 1996 und 1997 und der Lohnabgaben 02/98 (17. Februar 1997, 15. Dezember 1997, 16. Februar 1998 und 16. März 1998) liegen zeitlich einerseits nach dem Dezember 1996 (bewilligte Ratenzahlung von März bis Dezember 1996 auf Grund des Ansuchens vom 6. Februar 1996) und andererseits vor dem Antrag auf Zahlungserleichterung vom 21. August 1998. Der Rechtsansicht in der Vorhaltsbeantwortung vom 15. November 2007, die Fälligkeit der Umsatzsteuer für die Jahre 1996 und 1997 und der Voranmeldungszeiträume 01-10/97 sei erst im Zeitpunkt der Umbuchung (gemeint offensichtlich Verbuchung) eingetreten, kann nicht gefolgt werden. Der Zeitpunkt für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (VwGH 23.11.2004, 2001/15/0108). Bei Selbstbemessungsabgaben ist daher maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären (VwGH 15.12.2004, 2004/13/0146). Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wurde (vgl. Ritz, BAO Kommentar², § 9 Tz 10).

Ein nach Eintritt der Fälligkeit der Abgaben eingebrachtes Ratenansuchen ändert nichts am Fälligkeitszeitpunkt der Abgabe. Selbst im Falle der Bewilligung einer Zahlungserleichterung wird lediglich der Zeitpunkt der Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben hinausgeschoben, an der Fälligkeit der Abgabe ändert dies nichts (VwGH 21.3.1995, 95/14/0034).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Vertreters (Geschäftsführers), darzutun, weshalb er den auferlegten Pflichten nicht entsprochen hat, insbesondere nicht Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Vertreter (Geschäftsführer) schuldhaft seine Pflicht für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, verletzt, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (siehe VwGH 17.12.2003, 99/13/0032, mwN).

Der Vertreter (Geschäftsführer) haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden sind, hiezu nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (VwGH 21.1.2004, 2002/13/0218, mwN). Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die aushaftenden Abgabenschulden zur Gänze (z.B. VwGH 27.9.2000, 95/14/0056).

Den Ausführungen im Vorhalt vom 15. November 2007 ist daher insoweit zuzustimmen, als der Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich nur insoweit zur Haftung heranzuziehen ist, als er die haftungsrelevanten Abgaben aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln hätte tilgen können.

Aus diesem Grund wurde der Bw. mit dem Vorhalt des Finanzamtes vom 13. Jänner 2004 aufgefordert, die Gleichbehandlung aller Gläubiger bzw. die Entrichtung der Verbindlichkeiten für den Haftungszeitraum nachzuweisen. Da dieser Vorhalt unbeantwortet blieb, wurde der Bw. mit dem Vorhalt des UFS vom 3. Oktober 2007 neuerlich aufgefordert, Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgeht, welche finanziellen Mittel der Primärschuldnerin im jeweiligen Zeitpunkt der Fälligkeiten der in Haftung gezogenen Abgabenschuldigkeiten zur Verfügung gestanden sind, wie diese verwendet und weshalb sie nicht zur Bezahlung der in Haftung gezogenen Abgaben herangezogen wurden.

Der vom Bw. zur Darstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse nunmehr vorgelegte Konkurseröffnungsantrag ist als diesbezügliches Beweismittel ungeeignet, weil er eine Aufstellung der Gläubiger und der aushaftenden Verbindlichkeiten der GmbH im Dezember 1999 beinhaltet und nicht, wie vom Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur gefordert, einen Nachweis hinsichtlich der Gleichbehandlung der Gläubiger zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten unter Berücksichtigung der vorhandenen liquiden Mittel bzw. der Zahlungseingänge. Aus dem Konkursantrag ist nicht ersichtlich, an welche Gläubiger und in welcher Höhe die zur Verfügung gestandenen liquiden Mittel geflossen sind. Der Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, wurde ebenfalls nicht erbracht, weshalb dem Bw. die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden können.

Wenngleich die den Haftungspflichtigen treffende besondere Behauptungs- und Beweislast nicht überspannt und so ausgelegt werden kann, dass die Behörde jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre, obliegt es dem (potentiell) Haftungspflichtigen, nicht nur ganz allgemeine, sondern einigermaßen konkrete, sachbezogene Behauptungen (siehe auch VwGH 29.1.1993, 92/17/0042) darzulegen. Das bloße Vorbringen in der Berufung, dem Bw. könne eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht angelastet werden und es hätten sich diesbezüglich keine Hinweise im Verfahren ergeben, stellt kein derartiges konkretes Vorbringen dar.

Wie bereits ausgeführt, ist der Bw. der seitens der Abgabenbehörde an ihn gerichteten zweimaligen Aufforderung, die Gleichbehandlung aller Gläubiger bei der Verwendung der vorhandenen finanziellen Mittel nachzuweisen, nicht nachgekommen. Da der Bw. somit keinen Nachweis dahingehend erbracht hat, dass der Abgabengläubiger im Hinblick auf die Entrichtung von fälligen Verbindlichkeiten gleich behandelt wurde wie die anderen Gläubiger, kann nach der Rechtsprechung eine schuldhafte Pflichtverletzung des Bw. angenommen werden. Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (VwGH vom 17. Oktober 2001, 2001/13/0127).

Im gegenständlichen Verfahren wäre eine Haftung des Bw. für die offenen Abgabenschulden der GmbH allenfalls dann nicht zum Tragen gekommen, wenn dieser überhaupt keine liquiden Mittel zur Tilgung zur Verfügung gestanden wären, die offenen Schulden zu tilgen bzw. bei der Verteilung der zur Verfügung gestanden Mittel alle Gläubiger gleich behandelt worden wären. Gegen das Fehlen jeglicher liquider Mittel in den haftungsrelevanten Fälligkeitsterminen spricht der laufende Geschäftsbetrieb bis Anfang des Jahres 1999 (siehe Zahlungserleichterungsansuchen vom 21. August 1998, in dem die Nichtgefährdung der Einbringlichkeit des Rückstandes mit einem allgemein guten Geschäftsverlauf begründet wird). Es ist daher davon auszugehen, dass im haftungsrelevanten Zeitraum (Februar 1997 bis März 1998) aus den laufenden Einnahmen zumindest die laufenden Betriebskosten entrichtet wurden. Aus den Buchungsabfragen des Abgabenkontos der GmbH geht weiters hervor, dass monatlich die Lohnabgaben dem Finanzamt gemeldet und im fraglichen Zeitraum daher Löhne ausbezahlt wurden.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH stellt auf Grund der Gleichstellung aller Gläubiger bereits die Bevorzugung eines einzelnen Gläubigers oder einiger Gläubiger eine schuldhafte Vertreterpflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO dar. Daher dürften auch jene Verbindlichkeiten, die zur Aufrechterhaltung des Produktions- und/oder Geschäftsbetriebes eines Unternehmens notwendig seien, nicht gänzlich, sondern nur im Ausmaß der Abgabenschuldigkeiten getilgt werden (z.B. VwGH 27.4.2005, 2004/14/0030; VwGH 30.10.2001, 98/14/0142; VwGH 25.1.1999, 97/17/0144; VwGH 17.8.1998, 97/17/0096).

Ob das Finanzamt mit der Zahlung des Betrages von 507.240,00 S und den monatlichen Raten á 50.000,00 S mehr erhalten hat als die übrigen Konkursgläubiger, die sich mit der Quote von 0,32 % zufrieden geben mussten, ist, da Aufstellungen über Zahlungen an Gläubiger zu den Fälligkeitszeitpunkten nicht vorgelegt wurden, nicht erwiesen. Andererseits kann die Liquiditätslage der GmbH ab September 1998 (Zahlungserleichterungsansuchen, anschließend Liquidation der GmbH) nicht mit der Liquidationslage im Zeitpunkt der haftungsgegenständlichen Abgabenfälligkeiten (Februar 1997 bis März 1998) verglichen werden. Der Nachweis, ob die Abgabenschuldigkeiten im gleichen oder sogar höheren Ausmaß wie andere Verbindlichkeiten getilgt wurden, ist nicht mit einer Grobschätzung über einen vom Bw. willkürlich festgelegten Zeitraum, sondern zu den einzelnen Fälligkeitszeitpunkten der aushaftenden Abgabenschuldigkeiten zu erbringen.

Die Haftung für die Lohnsteuer ergibt sich aus § 78 Abs. 3 EStG 1988, wonach der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Gesellschaft von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 18.10.1995, 91/13/0037,0038, Slg.N.G. Nr. 7038/F, ausdrücklich aufrechterhaltenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne des § 80 BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt abführt (VwGH 21.1.2004, 2002/13/0218). Diese Abgabe stellt damit eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz dar (Ritz, BAO Kommentar, § 9, Tz. 11; VwGH 23.1.1997, 96/15/0107).

Zusammenfassend ist daher auszuführen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme des Bw. für die im Bescheidspruch angeführten Abgaben vorliegen.

Die Geltendmachung einer Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt (VwGH 23.1.1997, 95/15/0173), wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen.

Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist (vgl. VwGH 25.6.1990, 89/15/0067). Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die betreffenden Abgabenforderungen bei der Primärschuldnerin uneinbringlich sind.

Die Nichtentrichtung der vom Bescheidspruch umfassten Abgaben ist dem Bw. als damals verantwortlichen alleinigen Geschäftsführer anzulasten, weshalb aus Gründen der Zweckmäßigkeit im Sinne des öffentlichen Interesses des Staates an der Einbringung der Abgaben der Bw. als Haftungspflichtiger in Anspruch zu nehmen war.

Selbst wenn auf Grund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation des Bw. die Abgaben erschwert einbringlich sind - was vom Bw. nicht einmal selbst behauptet wird - ließe sich daraus eine Unzumutbarkeit der Haftungsinanspruchnahme nicht ableiten, weil es nach der Rechtsprechung nicht zutrifft, dass die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens geltend gemacht werden dürfte (vgl. VwGH 29. 6. 1999, 97/14/0128).

Der Berufung war daher teilweise statt zu geben und der Berufungswerber in der Höhe von 60.570,33 € zur Haftung heranzuziehen.

Graz, am 20. November 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Haftung, schuldhafte Pflichtverletzung, Gleichbehandlung, Zahlungserleichterung

Verweise:

VwGH 27.04.2005, 2004/14/0030
VwGH 15.12.2004, 2004/13/0146
VwGH 23.11.2004, 2001/15/0108
VwGH 27.09.2000, 95/14/0056
VwGH 29.06.1999, 97/14/0128
VwGH 21.03.1995, 95/14/0034

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