Privater Verbrauch von für Dienstreisen gutgeschriebenen "Bonusmeilen".
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0293 eingebracht. Mit Erk. v. 29.4.2010 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/0321-G/10 erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bwin., vom 31. Jänner 2005, gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 3. Jänner 2005, betreffend die Festsetzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für den Prüfungszeitraum vom 1. Jänner 1999 bis 31. Dezember 2003, entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Anlässlich der bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung hat das prüfende Organ unter anderem festgestellt, dass die bei von der Berufungswerberin finanzierten Dienstreisen angesammelten "Bonusmeilen" von Dienstnehmern für private Zwecke verwendet worden waren. Der Prüfer vertrat die Ansicht, diese Verwendung für private Zwecke stelle einen steuerpflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar. Es "wurde im Einvernehmen mit dem Dienstgeber für die angesammelten und privat verwendeten Bonusmeilen für den gesamten Prüfungszeitraum acht Europaflüge mit einem durchschnittlichen Flugpreis in Höhe von € 450,00 als Sachbezug ermittelt" (Beilage zum Prüfungsbericht). Auf dieser Grundlage errechnete er eine Nachforderung an Lohnsteuer in der Höhe von 1.620,00 €, an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) in Höhe von 162,00 €, und an Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (DZ) in Höhe von 16,56 €.
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und nahm die Berufungswerberin mit den im Spruch genannten Festsetzungsbescheiden unter anderem hinsichtlich dieser Abgabennachforderungen als haftenden Arbeitgeber bzw. als Abgabenschuldner in Anspruch.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung weist die Berufungswerberin einleitend ausdrücklich darauf hin, dass sie gegen die genannten Bescheide nur "dem Grunde nach" Berufung erhebe. Im Schriftsatz vom 31. Jänner 2005 führt sie sodann aus:
"Vielfliegerprogramme werden nur an natürliche Personen vergeben. Das Unternehmen kann an solchen Programmen nicht teilnehmen. Gegen Vorlage der Karte werden dem Flugteilnehmer auf dessen Verlangen für bestimmte Flüge ein bestimmtes Ausmaß an Bonusmeilen gutgeschrieben. Die Teilnahme ist dabei für private als auch beruflich bedingte Flüge möglich und ist unabhängig davon, wer den Flug tatsächlich bezahlt hat. Das Unternehmen hat keinerlei Einfluss auf eine derartige Buchung, und erhält auch keine Informationen über einen solchen Vorgang. Nutzt einer unserer Mitarbeiter ein solches Bonusprogramm, so erfolgt dies grundsätzlich ohne Wissen und ohne Zutun des Unternehmens.
Die derzeitige Situation stellt sich für uns so dar, dass wir zu den für die Verrechnung der Bezüge, insbesondere der Ansätze als Sachbezüge, notwendigen Informationen keinen Zugang haben. Das Unternehmen verfügt über keine vollständigen Informationen darüber, ob unsere Mitarbeiter über ein solches Bonusmeilenkonto verfügen. Der Zugriff auf diese Konten wäre uns auf jeden Fall rechtlich versagt und wir haben auch keine legitimierte Möglichkeit, den Mitarbeiter zu zwingen, uns Einblick zu gewähren.
Als Arbeitgeber können wir nicht feststellen ob ein Mitarbeiter Freiflüge in Anspruch nimmt. Selbst wenn wir diese Information hätten, könnten wir nicht feststellen, wie diese Flüge zu bewerten sind, da die Preise einzelner Flüge von zahlreichen Faktoren abhängen, die für uns nicht ermittelbar sind. Bislang gibt es keine lohngestaltenden Vorschriften, die uns eine rechtlich zulässige Berücksichtigung der Sachbezüge für Bonusmeilen ermöglicht. Um die im Bescheid geforderte Vorgangsweise der Berücksichtigung der Sachbezüge in der laufenden Bezugsverrechnung sicherzustellen, müssten wir gegen geltende Rechtsvorschriften verstoßen.
Das Steuerrecht enthält keine nachträgliche Abzugsbeschränkung. Gesetzlicher Steuerschuldner der Lohnsteuer ist der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber haftet der Finanz gegenüber nur für den Abzug vom Entgelt und der Ablieferung. Da wir als Arbeitgeber lediglich eine fremde Schuld zahlen, sind wir nach § 1358 ABGB berechtigt, vom eigentlichen Schuldner, also dem Arbeitnehmer, den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Eine Lohnsteuernachforderung ist somit eine Steuerschuld des Dienstnehmers. Im Haftungs- und Abgabenbescheid erfolgt aber keine klare Zuordnung der Lohnsteuer zu einzelnen Mitarbeitern.
Da wir schon im Zuge der Abgabenprüfung auf obige Sachverhalte hingewiesen haben, kann hinsichtlich der Festlegung der Lohnsteuernachforderung nicht von einem Einvernehmen mit dem Dienstgeber gesprochen werden. Das Einvernehmen zwischen dem Unternehmen und dem Vertreter der Finanz hinsichtlich der Steuerschuld eines Arbeitnehmers kann aus unserer Sicht nur dann hergestellt werden, wenn aus abgabenrechtlichen Vorschriften diese Steuerschuld eindeutig zu ermitteln ist.
Im Zuge der Abgabenprüfung haben wir allen Aufforderungen des Prüfers Folge geleistet und alle von diesem geforderten Unterlagen vorgelegt. Trotzdem war es auch dem Prüfer nicht möglich, die Steuerschuld einzelner Mitarbeiter eindeutig zu ermitteln. Stattdessen wurde über alle gebuchten Flüge ein Durchschnitt ermittelt, der pauschal als Lohnsteuernachforderung festgelegt wurde. Es wird dabei unterstellt, dass jeder Mitarbeiter, der dienstlich fliegen muss auch über ein solches Bonusmeilenkonto verfügt. Die Nichtvorlage eines nicht vorhandenen, weil nicht bestehenden Meilenkontos wird dabei ignoriert.
Die im Abgabenbescheid durchgeführte Vorgangsweise ist unserer Ansicht nach nicht rechtmäßig, da eine persönliche Steuerschuld einzelner Mitarbeiter nicht festgelegt wurde.
Selbst bei personenbezogener Zuordnung der Lohnsteuernachverrechnung stellt sich für uns die Frage, wie diese vom Steuerschuldner beeinsprucht werden kann. Da wir, wie oben beschrieben, mit den vorhandenen Informationen bzw. mangels lohngestaltender Vorschriften keine Möglichkeit haben die tatsächliche Steuerschuld zu ermitteln, können wir als Dienstgeber nur dem Grunde nach beeinspruchen, sind aber im Falle der Ablehnung des Einspruches gezwungen die Lohnsteuernachforderung zu begleichen. Selbstverständlich werden wir uns vom tatsächlichen Steuerschuldner, unserem Mitarbeiter, im Regresswege die Nachforderung rückerstatten lassen. Der Mitarbeiter hat zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Möglichkeit mehr gegen den rechtskräftigen Bescheid Einspruch zu erheben. Ein Mitarbeiter, der kein Bonusmeilenkonto besitzt, muss im Ergebnis für einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis Steuer zahlen, den er tatsächlich niemals hatte.
Wir beantragen die Nachforderungen bezüglich Sachbezug Vielflieger aufzuheben."
Mit Schreiben vom 11. Mai 2007 wurde das Finanzamt vom Unabhängigen Finanzsenat zum einen gebeten, die Berufungswerberin auf die Möglichkeit der betroffenen Arbeitnehmer, der Berufung gemäß § 257 BAO beizutreten, hinzuweisen. Zum anderen wurde ersucht, das Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die von der Berufungswerberin gerügte Nichtzuordenbarkeit der Lohnsteuer - Nachforderung an einzelne Dienstnehmer insoweit zu ergänzen und den tatsächlichen Vorteil jedes Dienstnehmers unter Mitwirkung der betroffenen Dienstnehmer als Steuerschuldner zu erheben.
Diesem Ersuchen ist das Finanzamt gemeinsam mit der Berufungswerberin nachgekommen.
Die Berufungswerberin legte dem Finanzamt Schriftstücke ihrer "Vielflieger" vor, die im Wesentlichen die Schätzungsgrundlagen des Finanzamtes bestätigten, verbunden mit der Aussage der Berufungswerberin, dass von allen betroffenen Mitarbeitern die Rückmeldung gekommen sei, "dass aufgrund des länger zurückliegenden Zeitraumes leider keine Nachweise mehr vorliegen, die Details nachvollziehbarer machen könnten".
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn).
Einnahmen liegen gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 zufließen.
Nach dessen Abs. 2 sind geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.
Das Vielfliegerprogramm "Miles and More" belohnt "treue Kunden" durch Gutschrift von "Meilen", die gegen "Prämien" (Flugprämien, Upgrade-Prämien, Reiseprämien, Erlebnisprämien und Sachprämien) eingelöst werden können. Teilnahmeberechtigt sind grundsätzlich nur natürliche Personen. Die Prämiendokumente dürfen nach den gültigen Teilnahmebedingungen nur an bestimmte Personen verschenkt werden; Verkauf, Tausch etc. sind untersagt (siehe Pkte. 2.4.7. und 2.4.8. der Teilnahmebedingungen). Die Einsichtnahme in elektronisch geführte Verkaufs- und Kaufsbörsen (z. B. Ebay) zeigt dennoch einen regen Handel mit Prämiendokumenten (siehe dazu allgemein www.miles-and-more.com , oder www.akademie.de/private-finanzen ).
Im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin als Arbeitgeberin für von ihren Mitarbeitern durchgeführte Dienstreisen Flugtickets gezahlt, für die den Mitarbeitern unbestritten "Meilen" gutgeschrieben wurden.
Grundsätzlich stehen diese "Meilen" unter Zugrundelegung des § 1009 ABGB dem Arbeitgeber zu. Zu dem dieser Norm vergleichbaren § 667 dBGB hat das deutsche Bundesarbeitsgericht unter der Zahl BA 9 AZR 500/05 entschieden, dass in dem Fall, dass ein Arbeitnehmer durch dienstlich veranlasste Flüge Bonusmeilen erwirbt, von ihm verlangt werden kann, dass er diese nur im Arbeitgeberinteresse einsetzt (zur Anwendbarkeit des § 1009 ABGB auf Dienstverhältnisse siehe auch OGH vom 6.10.1970, 4 Ob 69/70).
Verzichtet der Arbeitgeber auf die ihm zustehenden "Meilen" und überlässt er dem Arbeitnehmer die anlässlich von Dienstreisen angesammelten "Meilen", so liegt hier ein ausschließlich im Dienstverhältnis begründeter Vorteil des Arbeitnehmers vor, der ihm überdies vom Arbeitgeber zugewendet wird. Es liegt daher tatsächlich ein Vorteil aus einem bestehenden Dienstverhältnis vor, der gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört, und von dem die Einkommensteuer gemäß § 47 Abs. 1 EStG 1988 als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben wird. Es besteht für den Unabhängigen Finanzsenat nicht der geringste Zweifel, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, von seinen Arbeitnehmern alle Angaben und Unterlagen zu erhalten, die für die Erfüllung seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, von dem aus den entsprechenden "Meilen" gezogenen Vorteil Lohnsteuer einbehalten und Abgaben entrichten zu müssen, erforderlich sind.
Die Bewertung des Vorteils hat gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes zu erfolgen. Im vorliegenden Fall konnte der tatsächliche Wert der von den Arbeitnehmern der Berufungswerberin eingelösten "Meilen" nicht mehr ermittelt werden, da sowohl die Berufungswerberin als auch die betroffenen Arbeitnehmer nicht mehr über die erforderlichen Unterlagen verfügten. Das Finanzamt war daher gemäß § 184 BAO verpflichtet, die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln. Die Richtigkeit der durchgeführten Schätzung wurde im Übrigen durch die Aussagen der betroffenen Arbeitnehmer im Wesentlichen bestätigt und von der Berufungswerberin auch gar nicht bestritten.
Die Behauptung der Berufungswerberin, sie sei nicht in der Lage, die ihr als haftende Arbeitgeberin vorgeschriebene Lohnsteuer von den jeweiligen Arbeitnehmern als Steuerschuldner einzufordern, geht schon deshalb ins Leere, weil sie dazu nach dem ergänzten Ermittlungsverfahren sehr wohl in der Lage ist. Sie könnte der Berufung aber auch im anderen Fall nicht zum Erfolg verhelfen, weil dieser Umstand letztlich von ihr dadurch verursacht wurde, dass sie die dafür erforderlichen Unterlagen von ihren Arbeitnehmern, den Abgabenschuldnern, nicht verlangt hat. Das Nicht-Mehr-Vorhandensein der für eine exakte Abgabenermittlung erforderlichen Unterlagen kann selbstverständlich nicht dazu führen, eine bestehende Abgabepflicht zu umgehen.
Zum Einwand der Berufungswerberin, die Arbeitnehmer hätten keine Möglichkeit ihre Rechte als Steuerschuldner im Berufungsverfahren zu vertreten, sei hier nochmals auf das Recht der betroffenen Arbeitnehmer, der Berufung gemäß § 257 BAO beizutreten, hingewiesen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Überlassung der anlässlich von Dienstreisen erworbenen "Meilen" durch die Berufungswerberin als Arbeitgeberin an den jeweiligen Dienstnehmer für diesen grundsätzlich einen steuerpflichtigen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellt, der mit dem aus den Meilen tatsächlich gezogenen Vorteil Arbeitslohn darstellt und als solcher dem Lohnsteuerabzug unterliegt und in der Folge auch dem DB und dem DZ.
Die angefochtenen Festsetzungsbescheide entsprechen daher in allen Punkten der bestehenden Rechtslage, weshalb die Berufung, wie im Spruch geschehen, als unbegründet abzuweisen war.
Graz, am 25. Oktober 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 25 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Miles and More, Miles & More, Bonusmilen, Upgrade, upgrading, geldwerter Vorteil, Sachbezug |
Verweise: | OGH 06.10.1970, 4Ob69/70 |