Vermögenslosigkeit, gleichmäßiger Forderungsverzicht
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0135 eingebracht. Mit Erk. v. 17.11.2010 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat10 über die Berufung des Bw., vom 6. Februar 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 29. Dezember 2006, vertreten durch D., betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO nach der am 27. September 2007 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom 1. September 2006 brachte der Berufungswerber (Bw.) einen Antrag auf Nachsicht der Einkommensteuer 2001 samt Nebengebühren in Höhe von € 8.565,20 ein.
Zur Begründung führte er aus, dass er als Gesellschafter-Geschäftsführer nach dem Konkurs der Firma L-GmbH im Jahr 2001 zur Haftung für Gesellschaftsschulden herangezogen worden sei und Beträge in Höhe von rund € 79.000,00 habe leisten müssen, welche als Betriebsausgaben im Jahr 2001 geltend gemacht worden seien. Im Zuge eines außergerichtlichen Vergleiches mit den Gläubigern der Gesellschaft habe der Bw. weitere Zahlungen leisten müssen, welche jedoch nicht den Charakter von Betriebsausgaben gehabt hätten. In den Jahren 2008 und 2015 müssten allenfalls weitere Vergleichszahlungen von jeweils rund € 55.000,00 entrichtet werden. Weiters sei derzeit beim VwGH eine Beschwerde gegen den Bescheid des UFS vom 22. März 2005 anhängig, wonach weitere Haftungsforderungen des Finanzamtes X. in Höhe von € 49.303,34 bestritten würden. Dadurch sei das Einkommen des Jahres 2001 nicht nur zur Gänze verbraucht worden, vielmehr habe der Bw. zusätzlich auf sein gesamtes Privatvermögen zurückgreifen müssen, um die Verbindlichkeiten bedienen zu können.
Da somit der Bw. auf Grund dieser Zahlungsverpflichtung über keinerlei Vermögen verfügt habe, vielmehr kurzfristige finanzielle Unterstützung habe in Anspruch nehmen müssen, sei es ihm auch nicht möglich gewesen, bislang die festgesetzten Abgaben zu entrichten. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass der Bw. seit 1. Jänner 2004 über kein Einkommen mehr verfüge und daher seine gesamten Einkünfte aus 2002 und 2003 für seinen laufenden Lebensunterhalt bis zum heutigen Tag habe aufwenden müssen. In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, dass der Bw. in diesem Zeitraum auch zwei Unterhaltsverpflichtungen für seinen 1991 geborenen Sohn und seine 2003 geborene Tochter zu erfüllen gehabt habe und noch habe.
Erst durch die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit werde es ihm möglich sein, einen Teil der rückständigen Abgabenschulden zu begleichen. Zur Festsetzung der Nebengebühren sei es deshalb gekommen, da es verabsäumt worden sei, trotz des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen, einen Antrag auf Aussetzung der Einbringung gemäß § 231 BAO zu stellen, wodurch Einbringungsmaßnahmen hätten vermieden werden können und damit auch die diesbezüglichen Festsetzungen von Eintreibungsgebühren.
Die Einhebung der Einkommensteuer für das Jahr 2001, obwohl kein persönlicher Vermögenszuwachs stattgefunden habe und auf Privatvermögen für den außergerichtlichen Ausgleich habe zurückgegriffen werden müssen, stelle somit eine persönliche Unbilligkeit im Sinne des § 236 BAO dar. Aus diesem Grunde werde der Antrag auf Nachsicht der Einkommensteuer 2001 sowie aller in diesem Zusammenhang festgesetzten Nebengebühren, Säumniszuschläge sowie Aussetzungs- und Anspruchszinsen gestellt.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2006 wies das Finanzamt das Nachsichtsansuchen ab und führte zur Begründung aus, dass nach § 236 Abs. 1 BAO fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden könnten, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Zu § 236 BAO sei die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung i.S.d. § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 ergangen.
Nach § 1 dieser Verordnung könne die Unbilligkeit i.S.d. § 236 BAO persönlicher oder sachlicher Natur sein.
Nach § 2 der zit. Verordnung liege eine persönliche Unbilligkeit insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde,
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschlechterung gleichkäme.
Der Antragsbegründung sei sinngemäß zu entnehmen, der Bw. hätte sein gesamtes Einkommen für das Jahr 2001 verbraucht und auf sein Privatvermögen zurückgreifen müssen, um Verbindlichkeiten bedienen zu können. Auf Grund dieser Zahlungsverpflichtungen in der Vergangenheit verfüge der Bw. über keinerlei Vermögen und seit 1. Jänner 2004 auch über kein Einkommen. Es sei dem Bw. bislang nicht möglich gewesen, die nachsichtsgegenständlichen Abgaben zu entrichten. Erst durch die nunmehr neu aufgenommene Erwerbstätigkeit würde er künftig in der Lage sein, einen Teil der rückständigen Abgabenschulden zu begleichen.
Der Hinweis auf die ungünstige persönliche Lage zeige, dass damit der Sache nach persönliche Unbilligkeit im Sinne der vorstehenden Ausführungen geltend gemacht würden.
Sofern in der Aussage, wonach im Jahr 2001 "kein persönlicher Vermögenszuwachs stattgefunden hätte, ein Hinweis auf eine "sachliche" Unbilligkeit in Bezug auf die Einhebung der Einkommensteuer 2001 zu sehen sein sollte, so sei dazu festzuhalten:
Die nachsichtsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten (Einkommensteuer 2001, Säumniszuschläge, Stundungszinsen, Pfändungsgebühren, Anspruchszinsen und Aussetzungszinsen) seien auf Grund gesetzlicher Bestimmungen festgesetzt worden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Anwendung des Gesetzes im vorliegenden Fall zu einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Ergebnis geführt hätte. Diesbezüglich sei auch kein konkretes Vorbringen erstattet worden. Die Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage würden jedenfalls keine "sachlich" bedingte Unbilligkeit der Einhebung begründen.
Zum Vorliegen einer persönlichen Unbilligkeit, welche der Sache nach geltend gemacht worden sei, sei Folgendes festzuhalten:
Der Abgabepflichtige sei grundsätzlich gehalten, für die Zahlung der Abgaben vorzusorgen. Der Antragsbegründung sei u.a. zu entnehmen, dass der Bw. das Einkommen des Jahres 2001 zur Gänze verbraucht habe. Demzufolge habe er in Erwartung einer Einkommensteuerpflicht vorweg andere Gläubiger befriedigt in der Hoffnung, die Abgabenschuldigkeiten nicht mehr entrichten zu müssen. Es könne davon ausgegangen werden, dass dem Bw. die Rechtslage über die bestehende Steuerpflicht bekannt gewesen sei. Daher hätte dieser Teil des Erfüllungserfordernisses bei der Tilgung anderer bestehender Verbindlichkeiten entsprechende (anteilige) Berücksichtigung finden müssen. Nach einer am 28. Dezember 2006 durchgeführten Kontoabfrage betrage der Abgabenrückstand zu diesem Zeitpunkt € 67.303,65. Laut des am 24. November 2006 vom Bw. gelegten Vermögensverzeichnisses (Bekanntgabe des Abgabenschuldners - wirtschaftliche Verhältnisse) bestünden Bankverbindlichkeiten in Höhe von € 108.000,00. Zur Höhe der monatlichen Belastung aus der Tilgung der Bankverbindlichkeiten seien keine Angaben gemacht worden. Die monatliche Belastung für Miete und Betriebskosten betrage nach eigenen Angaben € 1.900,00. Das erzielte Einkommen im Zeitraum 1. Jänner 2006 bis 24. November 2006 sei mit € 18.800,00 beziffert.
Laut den Einkommensteuerbescheiden 2001, 2002, 2003 und 2004 habe das Einkommen im Kalenderjahr 2001 € 106.522,02, im Jahr 2002 € 157.138,03 im Jahr 2003 € 18.337,74 und im Jahr 2004 € -36,36 betragen. Hinsichtlich des Kalenderjahres 2005 liege keine Einkommensteuererklärung im Veranlagungsakt auf. Die Einkommensteuervorauszahlungen für 2005 und Folgejahre seien mit € 0,00 festgesetzt worden. Zu diesem Sachverhalt sei zunächst festzuhalten, dass im vorgelegten Vermögensverzeichnis keine Angaben zum derzeitigen Einkommen gemacht würden. Die zu Punkt 1 im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben (€ 18.800,00) würden lediglich die bisher im Jahr 2006 erzielten Einkünfte aus selbständiger Arbeit betreffen. Dies würde durchschnittliche monatliche Einkünfte von € 1.709,00 (Jänner bis November 2006) ergeben. Diesen monatlichen Einkünften stünden laut den eigenen Angaben monatliche private Ausgaben in Höhe von gesamt € 1.900,00 gegenüber, wobei diese Ausgaben gemeinsam mit der Gattin getragen würden. Zur Entrichtung der hier nicht nachsichtsgegenständlichen Rückstände an Einkommensteuer 2002 und Anspruchszinsen 2002 in Höhe von insgesamt € 35.125,51 sei um Gewährung von monatlichen Ratenzahlungen in Höhe von € 3.000,00 ersucht worden. Gehe man davon aus, dass zur Tilgung der Bankverbindlichkeiten in Höhe von € 108.000,00 derzeit keine Rückzahlungen geleistet würden, müssten die monatlichen Einkünfte deutlich über € 3.000,00 liegen, zumal von den Einkünften neben den angebotenen Ratenzahlungen auch die anteiligen Kosten für Wohnen und Privatausgaben zu bestreiten seien.
Setze man nun aber in einem weiteren Schritt die im Vermögensverzeichnis aufgelisteten langfristigen Bankverbindlichkeiten in Höhe von € 108.000,00 in Relation zu dem nachzusehenden Betrag in Höhe von € 32.178,14, so erkenne man, dass der nachzusehende Betrag nur 29,79% der Bankverbindlichkeiten bzw. 18,36% der Gesamtverbindlichkeiten (Bankverbindlichkeiten zuzüglich Abgabenrückstände in Höhe von € 67.170,65) erreiche.
Es sei somit nicht ersichtlich, warum gerade die Einhebung dieses, nicht einmal 20% der Gesamtverbindlichkeiten erreichenden Betrages die wirtschaftliche Existenz des Bw. gefährden sollte, wenn daneben ein Mehrfaches an anderen Schulden bestehe. Es könne im vorliegenden Fall keine Rede davon sein, dass die Einhebung der Abgabe und die dadurch für den Bw. entstehenden Nachteile in einem Missverhältnis zueinander stünden und dass die Einhebung der nachsichtsgegenständlichen Abgabenforderungen in Höhe von € 32.178,74 bei einem Gesamtschuldenstand von € 175.303,65 (€ 108.000,00 Bankverbindlichkeiten und € 67.170,65 Abgabenrückstände) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und Einkommen in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen würde.
Zu erwähnen sei in diesem Zusammenhang noch, dass das Finanzamt bereits einmal an der Sanierung der finanziellen Situation durch Zustimmung zu einem außergerichtlichen Ausgleich mitgewirkt habe. Demnach seien am 14. Jänner 2003 Abgabenforderungen in Höhe von 49.288,50 durch Löschung abgeschrieben worden. Überdies könnte im Rahmen der Ermessensentscheidung nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich eine allfällige Nachsicht primär zu Lasten der Finanzverwaltung auswirke würde, was dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung widerspreche. Die Begünstigung der übrigen Gläubiger stehe unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit und Zweckmäßigkeit einer Abgabennachsicht entgegen.
Insgesamt sei das Ansuchen somit mangels Vorliegen sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit als unbegründet abzuweisen. Eine Ermessensentscheidung im Rahmen des § 236 BAO sei daher ausgeschlossen.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass am 1. September 2006 für einen Rückstand in Höhe von € 8.656,20 resultierend aus dem noch offenen Betrag der Einkommensteuer 2001 (laut Rückstandsaufgliederung seien aus der E 2001 noch € 26.027,27 offen, abzüglich der dem Antrag auf Aussetzung der Einhebung in Höhe von € 23.479,94 betrage der Abgabenrückstand aus E 2001 € 2.547,33) Säumniszuschlägen (SZ 1 2004 € 525,57, SZ 1 2004 € 51,83, SZ1 2005 € 673,83, SZ2 2005 € 336,92, SZ3 2005 € 336,92), Stundungszinsen (St 2004 € 342,31), Pfändungsgebühren (EG 2005 € 651,71, EG 2005 € 4,75, EG 2006 € 665,01, EG 2001 € 4,75), Anspruchszinsen (Zl 2001 € 2.175,97) und Aussetzungszinsen (EZ 2004 € 248,30) gestellt habe.
Für den Großteil des Abgabenrückstandes in Höhe von € 58.647,45 seien weitere Anträge gestellt worden, nämlich erstens für einen Abgabenrückstand in Höhe von € 23.479,94 den Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO und zweitens für einen Abgabenrückstand in Höhe von € 35.125,51 einen Antrag auf Zahlungserleichterung gemäß § 212 BAO. Der Antrag auf Aussetzung der Einhebung sei bis heute unerledigt.
Zur derzeitigen Einkommenssituation des Bw. Dieser habe seit September 2006 eine Aufsichtsratstätigkeit für zumindest ein Jahr im Ausland angenommen, wodurch ihm eine monatliche Entlohnung in Höhe von rund € 8.000,00 zufließen werde. Daraus werde er die monatlichen Raten in Höhe von € 3.000,00 an das Finanzamt und seine privaten Lebenshaltungskosten von monatlich rund € 1.900,00 bestreiten können. Der monatliche Restbetrag von rund € 3.000,00 müsse er für Sozialversicherungsbeitragsnachzahlungen, für laufende Pflichtversicherungsbeiträge und für eine etwaige Einkommensteuernachzahlung zur Seite legen.
Wie dem Finanzamt im Fragebogen, übermittelt mit Schreiben vom 27. November 2006 mitgeteilt, bestünden weitere Verbindlichkeiten in Höhe von rund € 108.000,00 gegenüber Kreditinstituten, welche jedoch erst zur Hälfte im Jahr 2008 und zur anderen Hälfte bis längstens 2015 zur Zahlung fällig seien. Außerdem werde der Bw. auch mit dem Kreditinstitut eine Lösung über einen Nachlass eines Großteils (zumindest 50%) dieser Verbindlichkeiten finden müssen, da er diese Verbindlichkeiten mit seinem erwarteten Einkommen nicht bedienen werde können.
Zur Zeit sei lediglich der Abgabenrückstand zur Zahlung fällig.
Die Begründung der Abweisung der Antrages auf Nachsicht beziehe sich auf einen Betrag von € 32.178,14, der Bw. habe jedoch einen Antrag auf Nachsicht für einen Abgabenrückstand in Höhe von € 8.565,20 gestellt, in eventu zusätzlich für den Differenzbetrag in Höhe von € 23.479,94, falls der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 nicht stattgegeben würde.
Gehe man davon aus, dass der Berufung gegen die Festsetzung der Einkommensteuer 2001 stattgegeben würde, betrage der Abgabenrückstand € 27.885,22. Der Betrag, für den der Antrag auf Nachsicht gestellt worden sei, entspreche daher 30,72% der Abgabenschuld.
Das Argument des Finanzamtes, dass sich die Nachsicht primär zu Lasten der Finanzverwaltung auswirken, was dem Prinzip der Gläubigergleichbehandlung widersprechen würde, sei auf Grund der Anstrengungen, einen Vergleich mit den Kreditinstituten zu erreichen, nicht zutreffend.
Tatsache sei, dass der Bw., sollte dem Antrag auf Nachsicht und auch der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 nicht stattgegeben werden, laut eigenen Angaben ein Schuldenregulierungsverfahren beantragen werde müssen, was bedeuten würde, dass lediglich rund 10% des Abgabenrückstandes an das Finanzamt bezahlt werden könnten.
Da daher durch die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen gefährdet sei, liege jedenfalls eine persönliche Unbilligkeit vor. Aus diesem Grund sei jedenfalls eine Ermessensentscheidung gemäß § 236 BAO zu treffen.
In der am 27. September 2007 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt, dass eine sachliche Unbilligkeit in der Einbringung der Einkommensteuer 2001 darin gesehen wird, dass das in diesem Jahr erzielte Einkommen völlig für Ausgleichszahlungen nach einem Konkursverfahren aufgegangen sei, welchem jedoch nur teilweise eine steuerliche Abzugsfähigkeit zugekommen sei. Es wären daher betreffend ESt 2001 die liquiden Mittel nicht mehr vorhanden gewesen und es hätte keine Vorsorge für die Entrichtung dieser Abgabe getroffen werden können. Mittlerweile sei das die ESt 2001 betreffende Berufungsverfahren abgeschlossen und es resultiere für die ESt 2001 daraus eine nunmehr als unbillig anzusehende Abgabenschuld von nunmehr € 17.118,00. Insofern werde der Berufungsantrag abgeändert und Nachsicht begehrt.
Zur Einkommenssituation bringt der Bw. vor, dass er derzeit kein Einkommen erziele. Bis inklusive August 2007 habe er monatliche Einkünfte in Höhe von € 8.400,00 (seit August 2006) gehabt. Ab 1. Jänner 2008 oder möglicherweise schon ab 1. Dezember 2007 werde er ein neues Beschäftigungsverhältnis eingehen, wobei sein monatliches Bruttoeinkommen € 5.400,00 betragen werde.
Der steuerliche Vertreter bringt vor, dass im Zuge des Einbringungsverfahrens insgesamt Nebengebühren in Höhe von ca. € 7.943,00 angefallen seien.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es in einem Verfahren betreffend Abgabennachsicht gemäß § 236 BAO Sache des Antragstellers, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen aller jener Umstände darzutun, auf die der Nachlass gestützt werden kann. Im Nachsichtverfahren trifft den Antragsteller somit eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 30.6.2005, 2004/16/0276).
Die Unbilligkeit kann "persönlich" oder "sachlich" bedingt sein. Eine "persönliche" Unbilligkeit liegt insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlagen des Nachsichtwerbers gefährdet. Allerdings bedarf es zur Bewilligung einer Nachsicht (aus "persönlichen" Gründen) nicht unbedingt der Gefährdung des Nahrungsstandes, der Existenzgefährdung, besonderer finanzieller Schwierigkeiten und Notlagen, sondern es genügt, dass die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (VwGH 2.12.1988, 87/17/0326). Eine "sachliche" Unbilligkeit ist anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus "persönlichen" Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ereignis eintritt (VwGH 7.2.1989, 88/14/0040). Jedenfalls muss es zu einer anormalen Belastungswirkung und, verglichen mit ähnlichen Fällen, zu einem atypischen Vermögenseingriff kommen.
Mit dem Vorbringen, dass das in diesem Jahr 2001 erzielte Einkommen völlig für Ausgleichszahlungen nach einem Konkursverfahren aufgegangen sei, welchem jedoch nur teilweise eine steuerliche Abzugsfähigkeit zugekommen sei, wird keine sachliche Unbilligkeit aufgezeigt, da in dem Umstand, dass im Nachsichtsverfahren die Voraussetzungen für einen Betriebsausgabenabzug nicht vorlagen, kann keine unbillige Härte in der Einbringung erblickt werden. Eine solche Maßnahme würde das geltende Gesetz - unzulässigerweise - ergänzen bzw. ändern.
Der Bw. hat keinerlei Vorbringen erstattet, worin im gegenständlichen Fall ein von den Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage abweichender atypischer Vermögenseingriff liegen solle.
Die Einhebung der nachsichtsgegenständlichen Abgaben könnte jedoch persönlich unbillig sein.
Für die Beurteilung des Nachsichtsansuchens sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Nachsichtsansuchen maßgebend (VwGH 18.9.1991, 91/13/0023).
Daraus folgt, dass zu den für eine verlässliche Beurteilung der Frage des allfälligen Vorliegens der vom § 236 BAO geforderten besonderen Härte unerlässlichen Umständen naturgemäß die Frage, ob der Nachsichtswerber über ein Einkommen und bzw. oder Vermögen verfügt und gegebenenfalls in welchem Ausmaß bzw. in welcher Art, gehört.
Der Bw. hat nun in der Berufungsverhandlung dargetan, dass er derzeit arbeitslos ist und keinerlei Einkommen bezieht. Gemäß seinem Nachsichtsansuchen verfügt der Bw. über keinerlei Privatvermögen.
Bei dieser Sachlage sind die Abgabenschulden derzeit uneinbringlich. Im Falle einer Uneinbringlichkeit liegt jedoch keine Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO vor, da weder eine Existenzgefährdung durch eine drohende Abgabeneinhebung gegeben ist noch ein, verglichen mit ähnlichen Fällen, atypischer Vermögenseingriff erfolgen kann. (vgl. VwGH 10.5.2001, 2001/15/0033, mit Hinweis auf VwGH 22.9.2000, 95/15/0090).
Auch das Vorbringen, dass er ab Dezember 2007 oder Jänner 2008 wieder in einem Beschäftigungsverhältnis mit einen Bruttogehalt in Höhe von € 5.400,00 stehen werde, kann der Berufung aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg verhelfen.
Am Abgabenkonto haften derzeit € 28.945,43 unberichtigt aus. Die Rechtmäßigkeit des Anspruches aus der Haftung in Höhe von € 49.303,34 steht mittlerweile zweifelsfrei fest, da der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde des Bw. gegen die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 22. März 2005 mit Erkenntnis vom 29. März 2007, 2005/15/0059-7, als unbegründet abgewiesen hat. Daneben bestehen gegenüber Kreditinstituten noch weitere Verbindlichkeiten in Höhe von € 108.000,00, die je zur Hälfte in den Jahren 2008 und 2015 zur Zahlung fällig werden. Die Gesamtschuldigkeiten des Bw. betragen daher ca € 186.000,00.
Die Einhebung der vom Nachsichtsbegehren umfassten Abgaben ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der Erwerbstätigkeit würde zwar eine Härte darstellen, jedoch darf im Zuge der Ermessensübung nicht außer Acht gelassen werden, dass die Abgabennachsicht allerdings nicht zweckmäßig ist, wenn durch eine derartige Maßnahme nur ein geringer Teil der aushaftenden Schulden nachgelassen wird, oder die Abgabennachsicht anderen Gläubigern zugute kommt.
Die vom Nachsichtsbegehren umfassten Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 17.118,00 betragen ca. 10% der Gesamtschulden, weshalb eine Bewilligung zu keiner Sanierung führen kann. Durch die Gewährung der begehrten Nachsicht würde keine tatsächlich fühlbare Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Bw. herbeigeführt. Dazu kommt noch, dass sich eine Nachsicht ausschließlich zu Lasten der Finanzverwaltung und zu Gunsten der übrigen Gläubiger (Kreditinstitute), die bis dato auf ihre Forderungen nicht (teilweise) verzichtet haben, auswirken würde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 27. September 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 236 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Vermögenslosigkeit, gleichmäßiger Forderungsverzicht |