Kein unterjähriger Wechsel der Gewinnermittlungsart zulässig
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0250 eingebracht. Beschluss des VwGH vom 15.9.2011: Antrag an den VfGH, die §§ 2 bis 6 der Gaststättenpauschalierungs-VO in der Fassung BGBl. II Nr. 227/1999, in der Fassung des BGBl. II Nr. 416/2001 und in der Fassung des BGBl. II Nr. 634/2003 als gesetzwidrig aufzuheben. Die angefochtenen Fassungen der Verordnung wurden mit Erkenntnis des VfGH vom 14.3.2012, V 113/11, als gesetzwidrig aufgehoben. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/15/0085 mit Erk. v. 28.6.2012 abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Dr. Johanna Lanser und die weiteren Mitglieder Mag. Friedrich Holzer, Dr. Reinhold Lexer und Mag. Klaus Schönach im Beisein der Schriftführerin Angelika Ganser über die Berufung des Berufungswerbers, vertreten durch die Steuerberaterin, vom 23. Februar 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes, vertreten durch Finanzanwalt, vom 19. Jänner 2005 betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2002 nach der am 12. Juli 2007 in 6020 Innsbruck, Innrain 32, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber betreibt in B den Unternehmen. Der Abgabepflichtige ermittelte (unstrittig) zumindest bis zum Jahr 2001 freiwillig seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG. Anlässlich der Einreichung der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2002 gab der Abgabepflichtige dem Finanzamt seinen Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 1 auf § 4 Abs. 3 EStG 1988 zum 1. Jänner 2002 bekannt, erklärte einen Übergangsverlust in Höhe von 25.636,83 € und berechnete seinen im Jahr 2002 erzielten Gewinn unter Zugrundelegung der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufzeichnungspflicht bei Lieferungen von Lebensmitteln und Getränken sowie über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinnes und der Vorsteuerbeträge der nichtbuchführenden Inhaber von Betrieben des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes (Branchenpauschalierung für das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe), BGBl II 1999/227, in Höhe von 15.888,90 €. Des Weiteren wurde die Umsatzsteuer unter Einbeziehung der nach obiger Verordnung anwendbaren Vorsteuerberechnung ermittelt und erklärt (vgl. Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 2002 samt Beilagen). Die Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2002 wurden antrags- und erklärungsgemäß mit Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden 2002 (beide mit Ausfertigungsdatum 14. Oktober 2003) veranlagt.
Anlässlich einer zur ABp.Nr. durchgeführten Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2003 tätigte der Betriebsprüfer ua. nachfolgende Feststellungen (vgl. Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zur ABp.Nr. vom 19. Jänner 2005 in Verbindung mit dem Schreiben "Prüfungsfeststellungen" des Betriebsprüfers vom 22. Dezember 2004):
"Tz. 4 Pauschalierungsvoraussetzungen Bis zum Jahr 2001 erfolgte die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988. Erstmals im Jahr 2002 wurde die Pauschalierung des § 17 leg.cit. beansprucht. Von der Inanspruchnahme der Pauschalierung sind Betriebe ausgeschlossen, für die Buchführungspflicht besteht oder für die Bücher freiwillig geführt werden (vgl. EStR RZ 4259). Hinsichtlich freiwilliger Buchführung wurden im Zuge der BP folgende Feststellungen getroffen: Die Erfassung der Buchungsfälle im Jahr 2002 erfolgte nach Soll, es wurden Eröffnungsbuchungen vorgenommen. Es wurden die Bankkonten abgestimmt, ebenfalls wurden die Lieferantenkonten laufend angesprochen. Ein Kassabuch wurde geführt und die betreffenden Stände in der Buchhaltung erfasst. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die laufende Buchhaltung im Jahr 2002 ebenso weitergeführt wurde wie im Jahr 2001. Eine Änderung trat erst im August 2003 ein, als die Erfassung der Belege auf Ist umgestellt wurde. Die Punkte wurden mit dem Berater besprochen und dieser um Stellungnahme ersucht, ob freiwillige Buchführung vorliege. Diese Stellungnahme erfolgte schriftlich am 23.11.2004. Darin wurde unter Verweis auf Quantschnigg ausgeführt, dass eine Buchhaltung nur vorliege, wenn eine vollständige Bestandaufnahme erfolge und ein förmlicher Jahresabschluss gebucht werde. Beides sei im Betrieb nicht erfolgt, es seien auch keine Abgrenzungen und Rückstellungen erfasst worden. Es läge keine freiwillige Führung von Büchern vor, die Inanspruchnahme der Pauschalierung sei zurecht erfolgt. Dem ist folgendes entgegenzuhalten: Der Ausschluss von der Pauschalierung tritt nicht erst dann ein, wenn eine Bilanz (Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988) erstellt wird, sondern schon dann, wenn freiwillig (unterjährig) Bücher geführt werden. Von einer Buchführung spricht man dann, wenn alle Geschäftsfälle bereits im Zeitpunkt des Entstehens unter Beachtung der maßgeblichen gesetzlichen Kriterien laufend auf Bestandskonten erfasst werden (VwGH 91/14/0256). Laut Doralt (§ 4, RZ 124) muss eine Buchführung jederzeit über den Stand des betrieblichen Vermögens Auskunft geben können. Weiters müssen die Geschäftsfälle laufend in den Büchern erfasst werden. Dies ist im gegenständlichen Betrieb der Fall. Es spielt dabei keine Rolle, ob und wie Jahresabschlussbuchungen vorgenommen wurden. Die Stellungnahme des Beraters birgt auch einen logischen Widerspruch in sich. Vergleicht man die Erfassung der Geschäftsfälle des Jahres 2002 mit der des Jahres 2001, so wäre bei identischer Vorgehensweise einerseits die Buchführung 2001 ordnungsgemäß, andererseits wäre aber im Jahr 2002 gar keine Buchführung vorhanden. Oder, wenn man den Umkehrschluss anlegt, so wäre auch im Jahr 2001 keine ordnungsgemäße Buchführung vorgelegen. Der Prüfer kommt aus den angeführten Erwägungen zum Schluss, dass im Jahr 2002 (freiwillig) Bücher geführt wurden und der Gewinn dieses Jahres gemäß § 4 Abs.1 EStG 1988 zu ermitteln ist. Der Ansatz des Gewinnes erfolgt aufgrund der vorgelegten Konten unter Stornierung jener Abschlussbuchungen, mit denen von Soll auf Ist umgestellt wurde in Höhe von 68.793,05 Euro. ... Die Warenbestände, Abgrenzungen etc. werden im Schätzungswege in Höhe der Vorjahresbeträge in Ansatz gebracht.(vgl.Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zur ABp.Nr. vom 19. Jänner 2005).
"5. Pauschalierung: Die Pauschalierungsvoraussetzungen sind im Jahr 2002 nicht erfüllt, da eine Buchhaltung vorliegt. Berechnung des Gewinnes: Es wird davon ausgegangen, dass die Leistungsabgrenzungen in gleicher Höhe wie im Vorjahr bestehen.
Ansatz des Gewinnes aufgrund der vorgelegten Saldenliste 2002 mit | 68.570,01 € |
Die aufgrund Umstellung auf 4(3)-Ermittlung nachgebuchten Aufwände von | 2.797,88 € |
sind wie die Aufwandstornobuchungen auszugleichen | -2.574,84 € |
Somit ergibt sich für das Jahr 2002 ein zu versteuernder Gewinn von | 68.793,05 €" |
(vgl. Schreiben "Prüfungsfeststellungen" des Betriebsprüfers vom 22. Dezember 2004)
"Tz. 5 Umsatzsteuer: Aufgrund der unter Tz. 4 getroffenen Feststellungen ist auch die pauschalierte Geltendmachung der Vorsteuer im Jahr 2002 nicht zulässig. Der Ansatz erfolgt aufgrund der vorgelegten Buchhaltung in Höhe von 11.926,50 €. Daraus resultiert eine Nachforderung von 659,51 €. Diese ist zu passivieren."(vgl.Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung zur ABp.Nr. vom 19. Jänner 2005).
"Umsatzsteuer: Auch hinsichtlich USt sind die Voraussetzungen für die Pauschalierung im Jahr 2002 nicht gegeben. In der laufenden Buchhaltung 2002 wurden Vorsteuern in der Höhe von 11.926,50 € verbucht. Die teilweise durch die Pauschalierung ermittelten Vorsteuern betragen 12.586,01 €. Daraus resultiert eine Nachforderung von 659,51 €.
Übergangsgewinn / -verlust Das Übergangsergebnis ist zum 1.1.2003 zu berechnen" (vgl. Schreiben "Prüfungsfeststellungen" des Betriebsprüfers vom 22. Dezember 2004).
Die Abgabenbehörde folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und erließ - nach Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2002 - ua. neue (Sach-)Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für das Jahr 2002 (sämtliche mit Ausfertigungsdatum 19. Jänner 2005). In der ua. gegen obige Sachbescheide fristgerecht erhobenen Berufung vom 23. Februar 2005 führte die steuerliche Vertreterin des Berufungswerbers in Verbindung mit der Berufungsbegründung vom 20. Juni 2005 aus, die Feststellung des Betriebsprüfers, die Verbuchung der einzelnen Geschäftsfälle im Jahr 2002 sei zur Gänze nach dem Sollprinzip erfolgt, stimme insofern nicht, als die Erlöserfassung nicht nach Soll, sondern nach Ist, also erst bei Vereinnahmung in den Aufzeichnungen ihren Niederschlag gefunden hätte. Die Ausgabenbelege seien im Zeitpunkt der Rechnungslegung lediglich zur Geltendmachung der Vorsteuern erfasst worden. Diese Vorgangsweise würde in sämtlichen Literaturmeinungen betreffend Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG erwähnt und als nicht schädlich bezeichnet werden. Im Jahr 2001 sei die geforderte Bestandsermittlung durch die notwendigen Abgrenzungs- und Ergänzungsbuchungen erst im Zuge der Bilanzerstellung erfolgt. Sowohl Leistungsabgrenzungen als auch die Erfassung und Verbuchung der Inventurbestände und Rückstellungen würden einen wesentlichen und notwendigen Bestandteil einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG darstellen. Bei Fehlen dieser formellen und materiellen Voraussetzungen wie dies im gegenständlichen Fall für das Jahr 2002 vorliege, könne niemals vom "Führen freiwilliger Bücher" und daraus resultierend von einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG gesprochen werden. Nach Quantschnigg sei die Führung von Aufzeichnungen, welche lediglich für andere (steuerliche) Zwecke geführt würden (Aufzeichnungen der Verbindlichkeiten für Zwecke der Umsatzsteuer, Aufzeichnung der Bestände für Zwecke der Einheitswertermittlung, Aufzeichnung der Forderungen für Zwecke des Mahnwesens etc.), nicht geeignet, für sich als Buchführung eingestuft zu werden. Sogar im Falle einer geschlossenen Kassenführung könne, solange zu der bloßen Auflistung von Beständen nicht ein Jahresabschluss hinzutrete, nicht von einer Buchführung ausgegangen werden. Die aufgezeichneten Bestände müssten dabei nach Art einer Buchführung abgeschlossen und eine vollständige Bestandsermittlung nach den Grundsätzen des Ertragsteuerrechtes vorgenommen werden. Ein weder nach § 124 BAO noch nach § 125 BAO zur Buchführung verpflichteter Steuerpflichtiger solle nach Quantschnigg in der Regel nicht unbewusst in eine Gewinnermittlung nach Betriebsvermögensvergleich hineingeraten können (vgl. ÖStZ Nr. 2, 5.1.1985, Seite 14ff, und BFH BStBL III 1960, S 188).
Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom 14. Juli 2005 begründete die Abgabenbehörde ua. damit, die Erlöse im Kassabuch für das Jahr 2002 seien bei der Erstellung der Aufzeichnungen wöchentlich festgehalten worden. Im gesamten Prüfungszeitraum (also auch im Jahr 2001, Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988) seien ausschließlich Barerlöse verbucht worden. Es gebe, unabhängig von der Art der Gewinnermittlung, keine andere Möglichkeit, als Barerlöse nach "Ist" zu verbuchen. Sollten Ausgangsrechnungen für Nächtigung erst später vom Gast bezahlt worden und erst dann als Erlös verbucht worden sein, so komme dies weder in den vorgelegten Journalen zum Ausdruck noch könne dafür in der vom Prüfer erstellten Aufstellung ein Hinweis ersehen werden. Es wären also auch bei einer vom Berufungswerber anerkannten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 leg.cit. die Erlöse nicht anders (abgesehen von den in der Tz. 1 des BP-Berichtes festgestellten Mängeln) einzubuchen gewesen. Die Buchungsfälle seien im Jahr 2002 nach "Soll" erfasst, Eröffnungsbuchungen vorgenommen, Bank- sowie Lieferantenkonten laufend abgestimmt, Kassabuch geführt und die betreffenden Stände der Buchhaltung erfasst worden. Die Buchhaltung im Jahr 2002 sei gleich wie im Jahr 2001 (§ 4 Abs. 1 EStG 1988) geführt worden. Eine Änderung sei erst im August 2003 eingetreten, als die Erfassung der Belege auf "Ist" umgestellt worden wäre. Nach Beachtung aller vorliegender Kriterien liege eine Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 wie im Jahr 2001 vor. Von einer Buchführung spreche man, wenn alle Geschäftsfälle bereits im Zeitpunkt des Entstehens unter Beachtung der maßgeblichen gesetzlichen Kriterien laufend auf Bestandskonten erfasst werden würden. Dies sei im gegenständlichen Betrieb der Fall, zumal die Art und Weise der Einbuchung der laufenden Geschäftsfälle im Jahr 2002 sich in keinster Weise von der ordnungsgemäßen Vorgehensweise des Jahres 2001 unterscheide. Mit Schreiben vom 20. Juli 2005 beantragte der Berufungswerber fristgerecht die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über Vorhalt des Unabhängigen Finanzsenates vom 14. April 2006 führte der Betriebsprüfer unter Beilage von Ausdrucken des Buchungsjournals 2002 (inklusive der zum 31.12.2002 erfolgten Umbuchungen mit dem Buchungstext "Umstellung auf § 4 Abs. 3"), Saldenlisten 2002, Kassa- und Bankkonten, einer Auswahl größerer Lieferantenkonten und Kapital- bzw. Privatkonten (ausgenommen IFB), im Schreiben vom 27. April 2006 ergänzend aus, aus dem Buchungsjournal und insbesondere aus den Lieferantenkonten (mit laufenden Buchungen und tagfertig ermittelbaren jeweiligen Salden) sowie den Kapital- und Privatkonten gehe hervor, dass es sich bei den vorliegenden Aufzeichnungen nicht nur um Hilfsaufzeichnungen (etwa zum Zwecke der Ermittlung von Umsatzsteuerzahllasten) handle, sondern eine vollständige Buchführung vorliege. Zur vollständigen Darstellung des Betriebsvermögens am Schluss des Wirtschaftsjahres 2002 würden lediglich die Sammelumbuchungen auf das Kapitalkonto sowie die Inventur fehlen; unterjährig sei der Stand der jeweiligen Entnahmen und Einlagen für jeden beliebigen Zeitpunkt ermittelbar. Die steuerliche Vertreterin des Berufungswerbers hätte diesen Tatsachen nie widersprochen, sondern vertrete lediglich die Ansicht, dass von einer Buchführung erst nach der Aufnahme der Inventur gesprochen werden könne. Die steuerliche Vertreterin, welcher obiges Schreiben des Betriebsprüfers nachweislich zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. Telefax der steuerlichen Vertreterin vom 3. Mai 2006 samt Unterfertigung), äußerte sich hierzu nicht.
In der am 12. Juli 2007 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung führte der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin unter Verweis auf Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Anm. 2.2 zu § 4, ergänzend aus, es könne trotz einer geschlossenen Kassenführung solange nicht von einer Buchführung ausgegangen werden, als nicht zur bloßen Auflistung von Beständen ein Jahresabschluss hinzutrete. Ein solcher sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die (ausschließlich bar erzielten) Einnahmen seien tagfertig gebucht, die Lieferantenverbindlichkeiten für Zwecke der Vorsteuer und der Verbindlichkeitenüberwachung aufgezeichnet und die Kassa- und Bankkonten zur Kontrolle der Vollständigkeit der Belegerfassung vollständig geführt worden. Die im Streitjahr unterjährig geführten Aufzeichnungen hätten sich von den Vorjahresaufzeichnungen nicht unterschieden. Der wesentliche Unterschied sei, dass man zum Jahresende die unterjährig geführten Konten nicht gegen das Gewinn und Verlust-Konto abgeschlossen und keinen Jahresabschluss erstellt habe. Dies mache jedoch das Wesen einer Buchführung aus. Für den Jahresabschluss fehle eine Inventur, die Erhebung eventueller sonstiger Forderungen, die Abgrenzung von Leistungen und Verbindlichkeiten sowie die Erstellung von Rückstellungen und Rechnungsabgrenzungen. Die Inanspruchnahme der Pauschalierungsverordnung für das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe könne jedoch nach dem zweiten Teilsatz im § 2 Abs. 1 Z 1 nur bei einer freiwilligen Buchführung, welche die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ermögliche, untersagt werden. Eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG sei im vorliegenden Fall jedoch mangels erforderlicher Abschlussbuchungen und Inventur nicht möglich. Bei einem Betrieb, wie ihn der Berufungswerber führe, sei die Ausübung des Wahlrechtes auf Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG bis zur Erstellung der Abschlussbuchungen zulässig. Der Finanzanwalt betonte in seinem Vorbringen unter Verweis auf die Einkommensteuerrichtlinien (RZ 4259) neuerlich, dass der Berufungswerber unterjährig sehr wohl Bücher geführt habe. So seien eine vollständige Kassaführung, ein Journal und Buchhaltungskonten vorhanden gewesen. Die Aufzeichnungen hätten durch die laufende Bestandserfassung zu jedem beliebigen Stichtag des Jahres die Erstellung einer Bilanz - nach einer zu diesem Stichtag aufgenommenen Inventur - zugelassen. Würde man den Ausführungen des steuerlichen Vertreters folgen, hätte kein Bilanzierer während des Jahres eine laufende Buchführung, solange noch kein Abschluss der Konten erfolgt sei. Der Betrieb des Berufungswerbers werde in der Wintersaison jeweils am 26. Dezember eröffnet. Der Berufungswerber decke sich zu Beginn der Saison mit den für die Saison benötigten Vorräten ein, sodass wegen des relativ geringen Verbrauches bis zum Jahresende die Vorräte zum Bilanzstichtag 31. Dezember leicht anhand der Wareneinkaufsrechnungen ermittelt werden könnten. Der steuerliche Vertreter des Berufungswerbers führte hierzu ergänzend aus, dass diese Bestände zum 31. Dezember cirka ein Viertel bis ein Drittel der Bilanzsumme ausmachen würden. Außer Streit gestellt wurde, dass auf Grund der vom Berufungswerber im Jahr 2002 geführten Aufzeichnungen abgesehen von der Inventur sämtliche Daten vorhanden waren, welche für die Erstellung eines Jahresabschlusses erforderlich wären, da etwa die Rückstellungen oder Leistungsabgrenzungen ohne weiteres ermittelbar wären.
Die Zuständigkeit des gesamten Berufungssenates zur Entscheidung begründet sich in § 282 Abs. 1 BAO.
Über die Berufung wurde erwogen:
- Einkommensteuer:
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG ist der Gewinn der durch doppelte Buchführung zu ermittelnde Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Der Steuerpflichtige hat hierzu nach § 4 Abs. 2 EStG die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Für den Betriebsvermögensvergleich ist sohin eine ordnungsgemäße Buchführung notwendig, die sowohl eine Vermögensübersicht als auch eine Erfolgsrechnung enthält. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG als die allgemeine steuerliche Gewinnermittlung kommt dann zur Anwendung, wenn die Buchführungsgrenzen des § 125 BAO überschritten sind oder freiwillig Bücher geführt werden und die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach § 5 EStG nicht vorliegen (Doralt, Einkommensteuergesetz7, Kommentar, Tz 4 zu § 4; Bertl/Deutsch/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch5, 2.4.1. Der Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG, 16).
Besteht hingegen keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung und werden die Bücher auch nicht freiwillig geführt, so kann nach § 4 Abs. 3 EStG der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben als Gewinn angesetzt werden (Einnahmen-Ausgaben-Rechnung). Gemäß § 17 EStG in Verbindung mit §§ 2f der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/227 idF BGBl II 2001/416, kann der Gewinn aus einem Gaststättenbetrieb im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit einem Durchschnittssatz von 2.180 € zuzüglich 5,5 % der Betriebseinnahmen (einschließlich Umsatzsteuer), mindestens jedoch mit einem Betrag von 10.900 € (ohne Abzug von Betriebsausgaben) angesetzt werden. Voraussetzung für diese pauschale Ermittlung des Gewinnes ist, dass keine Buchführungspflicht besteht und auch nicht freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ermöglichen, und die Umsätze des vorangegangenen Wirtschaftsjahres nicht mehr als 255.000 € betragen.
Außer Streit steht (vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom 12. Juli 2007), dass der Berufungswerber als nicht in das Firmenbuch eingetragener Einzelunternehmer im strittigen Jahr weder nach dem Handelsrecht noch nach einer anderen gesetzlichen Vorschrift zur Führung und Aufbewahrung von Büchern verpflichtet war. Dem Berufungswerber wäre grundsätzlich unbestrittenermaßen freigestanden, seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 4 Abs. 3 bzw. § 17 EStG 1988 in Verbindung mit der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/227 idF BGBl II 2001/416 zu ermitteln; dies allerdings lediglich unter der Voraussetzung, dass er nicht freiwillig eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 vorgenommen hat.
Im vorliegenden Fall ist nunmehr strittig, ob der Berufungswerber - wie von der Abgabenbehörde behauptet - sein Recht auf Wahl der Gewinnermittlungsart durch freiwillige Buchführung im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG konsumiert hat, sodass ihm keine Gewinnermittlung im Sinne des § 17 EStG mehr offen stand, oder ob die vom Berufungswerber geführten steuerlichen Aufzeichnungen - wie von ihm ausgeführt - nicht als doppelte Buchführung, sondern lediglich als Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu qualifizieren sind, sodass er eine Gewinnermittlung nach § 17 EStG in Verbindung mit der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe in Anspruch nehmen konnte.
Die Wahl der Gewinnermittlungsart wird nach herrschender Lehre und Rechtsprechung bereits mit der Einrichtung oder Nichteinrichtung einer entsprechenden Buchführung getroffen (VwGH 10.5.1994, 90/14/0173; VwGH 11.6.1991, 90/14/0171). Der freiwillige Wechsel der Gewinnermittlung zwischen § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 sowie § 17 EStG ist bei laufendem Betrieb nur zu Beginn eines Kalenderjahres möglich (VwGH 24.11.1993, 92/15/0110; Doralt, Einkommensteuergesetz7, Kommentar, Tz 23, 409 zu § 4, 2002; Urtz, Wechsel der Gewinnermittlung, in Lang/Schuch/Scharinger, Handbuch des Bilanzsteuerrechts, Rz. 197; Kofler/Kofler/Urnik, Handbuch der Betriebsaufgabe und Wechsel der Gewinnermittlung, 115, 120) und kann nicht rückwirkend getroffen werden (Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer, Kommentar, Tz. 31 zu § 4 EStG 1988 allgemein, 2003). Ein unterjähriger Wechsel der Gewinnermittlungsart von § 4 Abs. 1 auf § 4 Abs. 3 EStG ist sohin nicht zulässig.
Im vorliegenden Fall ist sohin entscheidungswesentlich, in welcher Art und Weise der Berufungswerber ab dem 1. Jänner 2002 seine steuerlichen Aufzeichnungen geführt hat, dh. ob - wie in den Vorjahren - weiterhin eine den Stand des Vermögens bereits während des laufenden Wirtschaftsjahres darstellende doppelte Buchführung (im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG) vorlag oder ob vom Berufungswerber ab diesem Zeitpunkt im Wesentlichen lediglich die Betriebseinnahmen und die Betriebsausgaben im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG aufgezeichnet wurden.
Zur Beurteilung obiger Frage bedarf es vorerst der (abstrakten) Gegenüberstellung der Gewinnermittlungsarten des § 4 Abs. 1 EStG (doppelte Buchhaltung) sowie des § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmen- Ausgaben-Rechnung).
Die doppelte Buchhaltung zeichnet sich durch eine zweifache (doppelte) Erfassung jedes Geschäftsfalles, jedes Betrages und des Periodenergebnisses aus. Jeder Geschäftsfall wird sowohl chronologisch (der zeitlichen Reihenfolge nach) als auch systematisch, also zweifach erfasst. Jeder Betrag wird auf einem Konto im Soll, auf einem anderen Konto im Haben gebucht und somit doppelt erfasst (Fundamentalprinzip). Der Gewinn wird ebenfalls zweifach, zum einen durch einen Vermögensvergleich (Differenz zwischen Vermögen und Schulden zu Beginn der Periode und zu Ende der Periode - Verrechnungskreis der Bestände) und zum anderen durch die Veränderung des Eigenkapitals durch den Erfolg (dh. durch die laufenden Geschäftsfälle - Verrechnungskreis des Eigenkapitals) ermittelt. Jeder Verrechnungskreis muss den gleichen Erfolg (Gewinn oder Verlust) ergeben. In der doppelten Buchhaltung werden in der Regel folgende Bücher geführt:
- Im Grundbuch (Journal) werden die Geschäftsfälle in der Reihenfolge ihres Anfalles (chronologisch) aufgezeichnet. Aus dem Grundbuch kann man also entnehmen, welche und wie viele Geschäftsfälle an einem bestimmten Tag angefallen sind.
- Im Hauptbuch werden die Geschäftsfälle hinsichtlich ihres Inhaltes geordnet (systematische Erfassung). Gleichartige Geschäftsfälle werden auf einem Konto zusammengefasst. Das Hauptbuch besteht aus einer Vielzahl von Konten und bildet das Kernstück der Doppik.
- Die Nebenbücher dienen der Ergänzung der chronologischen und systematischen Verbuchung, indem sie detailliert bestimmte Vorgänge im Bereich des Vermögens, der Schulden und des Erfolges erfassen (Beispiele: Anlagenkartei, Kunden- und Lieferantenkartei, Lohn- und Gehaltsaufzeichnung, Lagerbuchhaltung).
- Die Hilfsbücher erfüllen zusätzliche Aufgaben, die von den anderen Büchern nicht oder nicht ausreichend wahrgenommen werden. Welche Hilfsbücher geführt werden, hängt stark von der Branche und der Betriebsgröße des Unternehmens ab (Beispiele: Auftragsbuch des Vertreters, Spesenverteiler).
(Bertl/Deutsch/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch5, 2.5.3. Die doppelte Buchhaltung, 20ff).
Die doppelte Buchhaltung mündet am Ende des Wirtschaftsjahres in die Bilanz bzw. in die Gewinn- und Verlustrechnung. Die Bilanz ist die Gegenüberstellung der zum Bilanzstichtag vorhandenen Vermögens- und Kapitalteile. Die Gewinn- und Verlustrechnung vervollständigt die Bilanz und bildet mit ihr gemeinsam den so genannten Jahresabschluss. Während die Bilanz eine zeitpunktbezogene Gegenüberstellung von Vermögens- und Kapitalwerten ist, stellt die Gewinn- und Verlustrechnung eine zeitraumbezogene Darstellung der im Wirtschaftsjahr angefallenen Aufwendungen und Erträge dar (Bertl/Deutsch/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch5, 2.3.3. Der Jahresabschluss, 12ff).
Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (Gewinnermittlung durch den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben gemäß § 4 Abs. 3 EStG) hingegen ist eine vereinfachte Aufzeichnungsform. Sie ist durch die systematische Aufzeichnung aller Einnahmen und aller Ausgaben, die die unternehmerische Sphäre betreffen, gekennzeichnet. Die Gegenüberstellung dieser Einnahmen und Ausgaben ermöglicht am Ende einer Periode (am Jahresende) die Ermittlung des so genannten Überschusses der Einnahmen über die Ausgaben. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung wird daher auch als Überschussrechnung bezeichnet. Die Aufzeichnungspflicht beschränkt sich auf die Aufzeichnung aller Geldbewegungen, unabhängig davon, ob sie barer oder unbarer Natur sind. Für die Gewinnermittlung zu berücksichtigen und gesondert aufzuzeichnen sind jedoch auch private Warenentnahmen und der Werteverlust des betrieblich genutzten Anlagevermögens (die so genannten Abschreibungen). Weiters sind besondere Aufzeichnungen (Lohnkonten) zu führen, wenn Dienstnehmer beschäftigt werden. Im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung werden in der Regel folgende Bücher geführt:
- Kassabuch, Bankbuch und/oder Spesenverteiler: In diesen Büchern werden alle baren Zu- und Abflüsse und alle Einzahlungen auf das bzw. vom Bankkonto erfasst. Im Spesenverteiler erfolgt zusätzlich eine systematische Aufteilung dieser Geldbewegungen.
- Wareneingangsbuch:In diesem Buch sind alle Einkäufe von Handelswaren, Rohstoffen, Hilfsstoffen und Betriebsstoffen erfasst.
- Anlagenverzeichnis:Im Anlagenverzeichnis sind der Anschaffungszeitpunkt, der Anschaffungspreis und die Nutzungsdauer sämtlicher Anlagevermögensgüter sowie Abschreibungsbeträge und der Restbuchwert der einzelnen Vermögensgüter aufgezeichnet.
Als Hilfsbücher können Lohnkonten, ein Umsatzsteuerbuch und ein Vorsteuerbuch geführt werden sowie Aufzeichnungen über private Entnahmen und Einlagen. Die Umsatzsteuer und die Vorsteuer können jedoch statt im Umsatzsteuer(Vorsteuer)buch auch im Kassabuch bzw. im Spesenverteiler erfasst werden (Bertl/Deutsch/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch5, 2.5.1. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, 18f).
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Berufungswerber im gesamten streitgegenständlichen Jahr 2002 (mittels EDV) nachfolgende Aufzeichnungen geführt hat:
- ein Buchungsjournal mit ausgewiesenen Eröffnungsbilanzbuchungen zum 1. Jänner 2002 mit Verbuchungen sämtlicher Geschäftsfälle (im Zeitraum 20. Jänner bis 31. Dezember 2002) sowie Abschluss- und Umbuchungen (ua. "Umstellung auf § 4 Abs. 3" und Anlagenabschreibungen) zum 31. Dezember 2002;
- Bestandskonten, Erfolgskonten sowie Kapitalkonten (vgl. Konto 9010 Eigenkapital, Konto 9420 Privatentnahmen, Konto 9421 Eigenverbrauch, Konto 9422 Private Verwendungen, Konto 9423 Private Steuern, Konto 9424 Private Versicherungen, Konto 9429 Kapitalertragsteuer, Konto 9445 Bausparkasse, Konto 9446 Sparbuch)
Die vom Berufungswerber geführten Aufzeichnungen unterschieden sich sowohl dem Grunde als auch dem Umfang nach nicht von jenen der Vorjahre, in welchen unstrittig freiwillig Bücher geführt wurden (siehe hierzu auch die Angaben des steuerlichen Vertreters in der mündlichen Berufungsverhandlung vom 12. Juli 2007).
Danach steht für den Senat fest, dass der Berufungswerber im Jahr 2002 unterjährig eine doppelte Buchhaltung geführt hat. Der Berufungswerber nahm die erforderlichen Eröffnungsbuchungen vor und erfasste sämtliche Geschäftsfälle sowohl chronologisch im Journal als auch systematisch zum Zeitpunkt des Entstehens laufend auf den jeweiligen Konten. Der Abgabepflichtige führte somit die für eine doppelte Buchführung charakteristischen zwei Verrechnungskreise, die jeder für sich zur Gewinnermittlung geeignet waren. Die laufenden Buchungen gaben jederzeit Auskunft über den Stand des betrieblichen Vermögens, zumal auch Kapital- und Privatkonten geführt wurden und der Stand der jeweiligen Entnahmen und Einlagen jederzeit ersichtlich war. Die Lieferantenkonten wurden laufend angesprochen, die Bankkonten monatlich abgestimmt und die im Kassabuch vollständig festgehaltenen Kassazu- und -abgänge monatlich in die Buchhaltung übertragen (geschlossene Kassaführung). Der Berufungswerber erzielte ausschließlich Barerlöse, weshalb es keiner Führung von Konten "Forderungen aus Lieferungen und Leistungen" bedurfte.
Der Senat kann daher den Berufungsausführungen nicht folgen, der Berufungswerber hätte im Jahr 2002 lediglich Geldbewegungen aufgezeichnet und darüber hinaus (für verschiedene Zwecke) Hilfsaufzeichnungen geführt. Zutreffend ist zwar, dass auf den Erlöskonten tatsächlich lediglich Bareingänge erfasst wurden; dies ist jedoch ausschließlich in der Betriebsführung des Berufungswerbers begründet, fielen im Betrieb doch ausschließlich Barerlöse an. Auf den Aufwandskonten erfolgten hingegen die Buchungen nicht nach Maßgabe der Bezahlung, sondern nach Maßgabe des Entstehens der einzelnen Geschäftsfälle, wodurch klar zum Ausdruck kommt, dass die Aufzeichnungen nicht den Vorgaben des § 4 Abs. 3 EStG entsprachen. Es bedurfte somit zum Jahresende entsprechender Buchungen (mit dem Text "Umstellung auf § 4 Abs. 3"), um die Ausgabenaufzeichnungen wiederum auf das für einen Einnahmen-Ausgaben-Rechner zentrale Abflussprinzip umzustellen. Die laufend und vollständig angesprochenen Bestandskonten (Lieferantenkonten, Kassa- und Bankkonten) lassen sich nicht auf bloße "Hilfsaufzeichnungen" eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners reduzieren, sondern bilden vielmehr - unter Bedachtnahme auf die im Betrieb des Berufungswerbers anfallenden Geschäftsfälle bzw. Bestandsveränderungen - bereits den wesentlichen Teil des für eine doppelte Buchhaltung typischen zweiten Verrechnungskreises.
Nach § 2 Abs. 1 Z 1 der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/227 idF BGBl II 2001/416, ist die Pauschalierung ausgeschlossen, "wenn freiwillig Bücher geführt werden, die eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermöglichen." Unter Berufung auf Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Anm. 2.2 zu § 4, und Quantschnigg, ÖStZ Nr. 2, 5.1.1985, Seite 14ff, vermeint hierzu der Berufungswerber, eine solche (freiwillige) Buchführung würde nur dann vorliegen, wenn zum Jahresende die Konten abgeschlossen, eine Inventur aufgenommen, die erforderlichen Leistungsabgrenzungen und Rückstellungen gebildet und schließlich der Jahresabschluss erstellt werde. Dieser Ansicht vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist für das Vorliegen einer Buchführung eine laufende Erfassung der Bestände wesentlich: Die Aufzeichnungen müssen geeignet sein, schon während des Jahres jederzeit über den Stand des betrieblichen Vermögens Auskunft zu geben (vgl. ua. VwGH 31.7.1996, 92/13/0015). Ist dies der Fall, liegt nach Auffassung des Senates eine (freiwillige) Buchführung auch dann vor, wenn sie zum Ende des Gewinnermittlungszeitraumes nicht förmlich abgeschlossen wird. Das Finanzamt weist im vorliegenden Fall zur Recht darauf hin, dass die vom Berufungswerber im Streitjahr 2002 geführten Aufzeichnungen geeignet waren, zu jedem beliebigen Stichtag dieses Jahres eine Bilanz zu erstellen; hierzu hätte es lediglich noch der Erfassung der Warenbestände durch eine zu diesem Stichtag aufgenommene Inventur bedurft. Es waren somit auf Grund der geführten Aufzeichnungen zum 31. Dezember 2002 - abgesehen von der Höhe der Warenvorräte - sämtliche für die Erstellung des Jahresabschlusses erforderlichen Daten vorhanden. Eine Inventur wurde vom Berufungswerber zwar nicht aufgenommen, doch ließen sich auf Grund der betrieblichen Besonderheiten die Warenvorräte zum 31. Dezember 2002 an Hand der Einkaufsrechnungen und des in den sechs Tagen vom 26. bis zum 31. Dezember 2002 erfolgten Warenverbrauches durch Schätzung ausreichend ermitteln. Das Fehlen einer Inventur stellt zwar einen Buchführungsmangel dar, doch kann allein wegen des Fehlens einer Inventur den vorliegenden, vom 1. Jänner bis zum 31. Dezember 2002 geführten Büchern nicht die Eignung abgesprochen werden, eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 zu ermöglichen.
Zu den vom Berufungswerber zitierten Kommentarstellen bei Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Anm. 2.2 zu § 4, und Quantschnigg, ÖStZ Nr. 2, 5.1.1985, Seite 14ff, sei noch angemerkt, dass die Ausführungen offenkundig unter dem Gesichtspunkt der Abgrenzung der Aufzeichnungen eines Einnahmen-Ausgaben-Rechners von einer versehentlichen unbewussten Gewinnermittlung nach dem Betriebsvermögensvergleich und nicht vor dem Hintergrund der Fragestellung, welche Aufzeichnungen ein Steuerpflichtiger bei einem Wechsel von einer freiwilligen Buchführung gemäß § 4 Abs. 1 EStG zu einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht mehr führen dürfe, erfolgt sind.
Der Berufungswerber setzt sich mit seiner Auffassung, dass er auf Grund der Art seines Betriebes berechtigt sei, das Recht auf Wahl der Gewinnermittlungsart erst mit Erstellen (bzw. Unterlassen) der Abschlussbuchungen auszuüben, zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Widerspruch: Die Vornahme einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 4 Abs. 3 EStG hängt von der Einrichtung oder Nichteinrichtung einer Buchhaltung, also von den im Gewinnermittlungszeitraum laufend geführten Aufzeichnungen ab (vgl. VwGH 10.5.1994, 90/14/0173; VwGH 11.6.1991, 90/14/0171). Werden während des Gewinnermittlungszeitraumes durchgehend Bücher (in Form einer doppelten Buchhaltung) geführt, ist dieses Wahlrecht nach Meinung des Senates konsumiert und eine (vereinfachte) Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG 1988 nicht mehr zulässig. Dies auch dann nicht, wenn die Buchhaltung in Folge nicht förmlich abgeschlossen wird und die Warenvorräte (mangels Inventur) nur im Schätzungswege ermittelt werden können. Ist eine Buchführung gegeben, muss der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden. Weist die Buchführung Mängel auf, ist der Gewinn nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleiches zu schätzen. Eine Einnahmen-Ausgabenrechnung wäre diesfalls auch denn ausgeschlossen, wenn die vorhandenen Aufzeichnungen dafür ausreichen (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, EStG 1988, Anm. 2.2 zu § 4, 99f; Quantschnigg, Abgabenänderungsgesetz 1984, ÖStZ 1985, 13; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Tz. 32 zu § 4 EStG 1988 allgemein, mit Hinweis auf die auch vom steuerlichen Vertreter des Berufungswerbers zitierte Entscheidung des VwGH vom 31.7.1996, Zl. 92/13/0015).
Der Senat vertritt auf Grund obiger Ausführung sohin die Ansicht, dass der Berufungswerber im streitgegenständlichen Jahr 2002 freiwillig Bücher führte und damit zu einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 verpflichtet ist. Dem Berufungsbegehren auf Gewinnermittlung unter Zugrundelegung der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/227 idF BGBl II 2001/416, kommt sohin keine Berechtigung zu.
- Umsatzsteuer:
Gemäß § 18 Abs. 1 UStG 1994 ist ein Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Umsatzsteuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu führen. Gemäß § 4 Abs. 1 der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/277 idF BGBl II 2001/416, können die unter § 2 der Verordnung angeführten Unternehmer (das sind Unternehmer, für die keine Buchführungspflicht besteht und die auch nicht freiwillig Bücher führen und deren Umsätze im vorangegangenen Wirtschaftsjahr nicht mehr als 255.000 € betragen haben) die nach § 12 und Art. 12 des Umsatzsteuergesetzes 1994 abziehbaren Vorsteuerbeträge - nach näherer Regelung durch die Verordnung - nach Durchschnittssätzen ermitteln.
Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt hat der Berufungswerber im strittigen Jahr 2002 freiwillig Bücher geführt, weshalb ihm auch die begehrte pauschalierte Berechnung der Vorsteuer im Sinne des § 4 Abs. 1 der Durchschnittssatzverordnung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, BGBl II 1999/277 idF BGBl II 2001/416, mangels Vorliegen der geforderten Voraussetzungen nicht zukommt.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen und spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am 17. August 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Betriebsvermögensvergleich, Branchenpauschalierung für Gaststätten- und Beherbergungsbetriebe, freiwillige Buchhaltung, Wechsel Gewinnermittlungsart, unterjährig, doppelte Buchführung, Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, Wahl der Gewinnermittlungsart |