Widerruf einer Stiftung
Beachte:
VwGH Beschwerde zur Zl. 2011/13/0083 eingebracht. Mit Beschluss vom 28.1.2015 Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M, x, vertreten durch Loydolt&Schweitzer Steuerberatungs GesmbH, 1040 Wien, Schaumburgerg. 1/1/2/8-10,vom 25. Februar 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom 11. November 2004 betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer gemäß § 95 EStG 1988 für den Zeitraum 1. Februar 2003 bis 28. Februar 2003 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.
Entscheidungsgründe
Die M wurde mit Stiftungsurkunde vom 17.12.1998 errichtet. Stifter ist DrB.
Die Stiftung überlies dem Stifter das ihr zuvor gewidmete Barvermögen i.H.v. öS 1.000.000,- in Form eines Darlehens.
Mit Protokoll vom 14. Februar 2003 erklärte der Stifter den Widerruf der Stiftung.
Das Finanzamt Wien 1/23 stellte im Zusammenhang mit dem Widerruf fest, dass eine Forderung der Bw. an den Stifter i.H.v. € 69.399,41 von diesem vor Widerruf der Privatstiftung nicht beglichen worden sei, somit eine Zuwendung im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit d EStG 1988 vorliege und Kapitalertragsteuer vorzuschreiben sei.
In Anwendung dieser Rechtsansicht erließ das Finanzamt Wien 23 einen Kapitalertragsteuerbescheid für Februar 2003, mit dem Kapitalertragsteuer (i.d.F. KESt) i.H.v. € 23.133,14 vorgeschrieben wurde.
Das zuständige Finanzamt Wien 23 hatte mit Ersuchen um Ergänzung (aus Anlass einer vom Bw. begehrten Unbedenklichkeitsbescheinigung zur Löschung der Firma im Firmenbuch) vom 6. Mai 2004 festgestellt, dass überwiegende Teile des Stiftungsvermögens vor Widerruf der Privatstiftung an den Stifter zugewendet worden seien (Forderung der Bw. an DrB per Jahresabschluss 31.12.2002 i.H.v. öS 954.956,77 d.s. € 69.399,41). Nach Ansicht des Finanzamtes würden Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 KStG 1988 fallenden Privatstiftungen vorliegen, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen würden. Es wurde ersucht, eine Kapitalertragsteueranmeldung abzugeben und die Kapitalertragsteuer abzuführen.
Die Bw. erklärte mit Schreiben vom 29. Juli 2004, dass die vorliegende Darlehensgewährung an den Stifter zulässig sei und es sich bei dem Darlehen um keine ,Zuwendung nach § 5 Z 6 KStG 1988' handle, weshalb eine Kapitalertragsteueranmeldung nicht zu erfolgen habe.
Mit weiterem Ersuchen um Ergänzung vom 23. August 2004 erklärte das Finanzamt, dass keine Bedenken gegen fremdübliche Darlehensgewährungen bestünden. Im gegenständlichen Fall sei jedoch die Forderung vom Stifter vor Widerruf der Stiftung nicht beglichen worden, sodass eine Zuwendung im Sinne des § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 vorliege und Kapitalertragsteuer abzuführen sei. Soferne die Bw. keine KESt-Anmeldung abgebe und Kapitalertragsteuer abführe, werde die Festsetzung von Amts wegen vorgenommen.
Nach Verlängerungsansuchen brachte die Bw. mit Schreiben vom 25. Februar 2005 Berufung gegen obigen Bescheid ein. § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 definiere lediglich Zuwendungen, treffe aber keine Aussage darüber, ab wann eine solche als Zuwendung gelte. Solange es dem Stifter überhaupt noch möglich sei, die Darlehensgewährung zu refundieren spiele es keine Rolle, ob die Privatstiftung widerrufen worden sei oder nicht. Der Widerruf der Privatstiftung ändere nichts an der Möglichkeit der Rückführung. Sobald das Darlehen rückgeführt sei, könne keine Zuwendung i.S.d. § 93 Abs. 2 Z 1 lit. d EStG 1988 vorliegen. Der Widerruf habe auf die Rückführung keinen Einfluss. Definitiv feststellbar sei die Rückführung erst bei Löschung der Stiftung.
Darüberhinaus sei die Höhe der vorgeschriebenen Kapitalertragsteuer unrichtig, würde das Finanzamt doch von einer ausstehenden Forderung i.H.v. € 69.399,41 ausgehen, womit sich eine KESt i.H.v. € 17.349,85 ergeben würde.
Im Vorhalt des UFS vom 1. Juni 2007 wurde dargelegt, dass eine fremdübliche Verzinsung des Darlehens für die eine grundsätzliche Steuerpflicht des Stifters die der KESt unterliege, nicht ersichtlich sei. Desweiteren wurde erläutert, dass der Widerruf der Stiftung durch den Bw. rechtsunwirksam sei und um nähere Angaben über die Darlehensgewährung und - rückabwicklung ersucht. Die Berechnung der Kapitalertragsteuer durch das Finanzamt wurde näher dargestellt.
Mit der Vorhaltsbeantwortung vom 16. Juli 2007 wurde dargelegt, der Stifter habe der Bw. Barvermögen gewidmet und diese habe es ihm als unverzinstes Darlehen ,ausbezahlt'.
Der gegenständliche Bescheid sei an die ,M, Loydolt&Schweitzer StbGesmbH, Schaumburgergasse 1/1/2/8-10, 1040 Wien' gegangen. Empfänger der Kapitalerträge sei jedoch gemäß § 95 Abs. 2 EstG 1988 der Stifter und Letztbegünstigte, DrB. Der Bescheid sei somit dem falschen Bescheidadressaten zugestellt worden. Der Darlehensvertrag sei mündlich zustandegekommen, der Darlehensbetrag dem Stifter unverzinst zur Verfügung gestellt worden. Die Rückzahlung sei sozusagen in einer ,juristischen Sekunde' vor Auflösung und Abwicklung der M erfolgt.
Der Bescheidbegründung könne nicht gefolgt werden, nachdem diese von einem Widerruf der Privatstiftung ausgehe der nicht rechtswirksam sei. Sollte der Widerruf dennoch wirksam sein, würde es gemäß Einkommensteuergesetz zu keiner Steuerpflicht kommen. Der Stifter DrB sei als Letztbegünstigter zweifelsfrei jene Person, der das verbleibende Vermögen nach Abwicklung der Bw. zugekommen sei. Seine Einkünfte seien um die im Zeitpunkt der seinerzeitigen Zuwendung steuerlich maßgebenden Werte (Stiftungseingangswerte) zu kürzen. Die fremdüblichen vom Stifter zu tragenden Zinserträge wurden mit € 14.243,88 beziffert.
Namens des Stifters wurde beantragt, die im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung maßgebenden Werte (Stiftungseingangswerte) um € 72.672,83 zu kürzen.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 93 Abs. 2 Z 1 lit d EStG 1988 lautet:
(2) Inländische Kapitalerträge liegen vor, wenn der Schuldner der Kapitalerträge Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat oder Zweigstelle im Inland eines Kreditinstituts ist und es sich um folgende Kapitalerträge handelt:
...
d) Zuwendungen jeder Art von nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftungen. Als Zuwendungen gelten auch Einnahmen einschließlich sonstiger Vorteile, die anläßlich der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes an die Privatstiftung vom Empfänger der Zuwendung erzielt werden. Dies gilt nicht hinsichtlich der bei der Zuwendung von Grundstücken mitübertragenen Belastungen des Grundstückes, soweit sie mit dem Grundstück in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
§ 95 Abs 2 Satz 1-3 Satz EStG 1988 lauten:
(2) Schuldner der Kapitalertragsteuer ist der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
§ 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 lautet:
(3) Zum Abzug der Kapitalertragsteuer ist verpflichtet:
1. Bei inländischen Kapitalerträgen (§ 93 Abs. 2) der Schuldner der Kapitalerträge.
§ 27 EStG lautet (auszugsweise:)
Folgende Einkünfte sind, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören, Einkünfte aus Kapitalvermögen:
...
Z 7 Zuwendungen jeder Art einer nicht unter § 5 Z 6 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 fallenden Privatstiftung sowie Zuwendungen einer Privatstiftung im Sinne des § 4 Abs. 11 Z 1 lit. c bis zu einem Betrag von 1 460 Euro jährlich. Als Zuwendungen gelten auch Einnahmen einschließlich sonstiger Vorteile, die anläßlich der unentgeltlichen Übertragung eines Wirtschaftsgutes an die Privatstiftung vom Empfänger der Zuwendung erzielt werden. Dies gilt nicht hinsichtlich der bei der Zuwendung von Grundstücken mitübertragenen Belastungen des Grundstückes, soweit sie mit dem Grundstück in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
§ 32. EStG 1988 lautet:
Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 gehören auch:
...
4. Für Zuwendungen von Privatstiftungen gilt folgendes:
...
b) ist der (jeweilige) Stifter im Falle des Widerrufs einer nicht unter § 4 Abs. 11 Z 1 fallenden Privatstiftung gemäß § 34 des Privatstiftungsgesetzes Letztbegünstigter, sind die Einkünfte auf seinen Antrag um die im Zeitpunkt seiner seinerzeitigen Zuwendungen an die Privatstiftung steuerlich maßgebenden Werte zu kürzen. Dies gilt nur dann, wenn der Stifter diese Werte nachweist.
Die Behörde hat den gegenständlichen Haftungsbescheid an die Bw. zu Handen des ausgewiesenen Zustellungsbevollmächtigten adressiert.
Die Bw. moniert, Empfänger der Kapitalerträge sei der Stifter und Letztbegünstigte, DrB und nicht die Bw., der Bescheid somit falsch zugestellt.
Dabei übersieht die Bw., dass gemäß § 95 Abs. 2 dritter Satz der zum Abzug Verpflichtete für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer haftet. Gemäß § 95 Abs. 3 Z 1 ist dies der Schuldner der Kapitaleträge. Schuldner der Kapitalerträge ist im vorliegenden Fall die Bw., womit die Bescheidzustellung des Haftungsbescheides an sie rechtmäßig erfolgt ist.
Mit Vertragsnachtrag, Notariatsakt vom 14. September 2002 wurde der Stiftungsurkunde in § 15 'Besondere Rechte des Stifters' eine lit g) eingefügt, wonach der Stifter sich zu Lebzeiten vorbehält, die Stiftung jederzeit zu widerrufen (Die Änderung der Stiftungsurkunde wurde im Firmenbuch nicht eingetragen).
Gemäß Arnold, Privatstiftungsgesetz2 Kommentar § 34 Rz. 5 entsteht das Widerrufsrecht nur bei Aufnahme eines entsprechenden Vorbehalts vor Entstehen der Privatstiftung. Daher muss der Vorbehalt bereits im Rahmen der Errichtung der Stiftungsurkunde oder spätestens bei Änderung der Stiftungsurkunde vor Entstehen der Privatstiftung aufgenommen werden. Widrigenfalls hat sich der Stifter endgültig dieses Gestaltungsrechtes begeben.
Nachdem die Errichtung der Stiftung aufgrund eines konstitutiven Rechtsaktes gemäß § 7 PSG mit der Eintragung in das Firmenbuch 9. Jänner 1999 erfolgte, wurde der Vorbehalt des Widerrufes verspätet abgegeben und war somit nicht rechtsgültig.
Die Bw. weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass der Bescheidbegründung, wenn diese ausführt, dass die Forderung vom Stifter vor dem Widerruf der Privatstiftung nicht beglichen wurde, mangels rechtswirksamen Widerrufs nicht gefolgt werden könne.
Gemäß § 289 Abs. 2 BAO ist die Abgabenbehörde 2. Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Ungeachtet des rechtsunwirksamen Widerrufs der Privatstiftung wurde diese abgewickelt.
Laut Protokoll vom 14. Februar 2003 ist dem Vorstand der Stiftung die Erklärung des Stifters über den Widerruf der Stiftung zugegangen und fasste dieser den Beschluss die M aufzulösen.
Die Auflösung wurde im Firmenbuch eingetragen.
Vom zuständigen Finanzamt wurde mit Schreiben vom 24. 3 2004 die Ausstellung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung zwecks Löschung im Firmenbuch begehrt.
Die Bw. spricht davon, die Rückzahlung des Darlehens durch den Stifter sei in der ,juristischen Sekunde' vor der Auflösung und Abwicklung erfolgt.
Selbst bei Berücksichtigung dieser Tatsache, wovon der UFS im gegebenen Fall ausgeht, ist der Berufung der Bw. damit kein Erfolg beschieden, sind doch Zuwendungen von Privatstiftungen an Begünstigte (oder im Fall der Auflösung der Stiftung auch an Letztbegünstigte) beim Empfänger grundsätzlich steuerpflichtig (vgl. Lechner, Die Privatstiftung als Instument zur Steueroptimierung', ecolex 1993 S 771ff).
Der Empfänger des Stiftungsvermögens unterliegt mit seiner Zuwendung gemäß § 27 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 der Einkommensteuer. Eine Kürzung der Bemessungsgrundlage - so wie beim Widerruf durch den Stifter - ist nicht vorgesehen (vgl. Doralt/Kals Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts S 370).
Die Ausnahme von der Liquidationsbesteuerung besteht gemäß § 32 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 nur im Falle des Widerrufs der jedoch, wie oben ausgeführt, nicht rechtsgültig erfolgen konnte.
Im Zuge der Abwicklung der Bw. (§ 36 PSG) wurde das verbleibende Vermögen dem Letztbegünstigten, DrB übertragen.
Zuwendungen an den Begünstigten werden gem § 27 Abs 1 Z 7 EStG 1988 iVm § 93 Abs 2 Z 1 lit d EStG 1988 mit einem Satz von 25 Prozent besteuert. Darunter fallen auch Nutzungszuwendungen. Für Einbehaltung und Abfuhr dieser Steuer haftet die Stiftung gemäß § 95 Abs 2 iVm § 95 Abs 3 Z 1 EStG 1988.
Bei Berechnung der Bemessungsgrundlage der Zuwendung war daher hinsichtlich des an die Bw. zu richtenden Haftungsbescheides für Kapitalertragsteuer darauf Bedacht zu nehmen, dass der Betrag der aushaftenden Darlehensforderung um den Vorteil, der dem Letztbegünstigten aus der Nichtverzinsung des Darlehens erwuchs, zu korrigieren war. Der Wert der Zuwendung war somit vom aushaftenden Darlehensbetrag zuzüglich der der Bw. entgangenen Verzinsung zu berechnen. Der Zinsertrag wurde von Seiten der Bw. mit € 14.243,88 ermittelt.
Der UFS folgt diesem Ansatz.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Bemessungsgrundlage wurde wie folgt ermittelt: | ||
1.2.2003-28.2.2003 | ||
€ | ||
Zuwendung aus Abwicklung | 69.399,41 | |
entgangene Zinsen | 14.243,88 | |
Zuwendung (Summe) | 83.643,29 | |
Die Besteuerungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen: | ||
Zuwendung | 83.643,29 | |
KESt | 27.881,10 | |
Zuwendung brutto | 111.524,39 | |
davon 25% (KESt) | 27.881,10 |
Wien, am 18. Juli 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 93 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Stiftung, Liquidation, Zuwendungsbesteuerung, Widerruf |