Ermessensübung unter Beachtung von Dauer der Verspätung, Zinsenvorteil und bisheriges steuerliches Verhalten des Abgabenpflichtigen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat der Berufung des BW, vom 20. Jänner 2003 gegen die Bescheide des FA vom 7. Jänner 2003 bzw. vom 20. September 2005, mit denen der Verspätungszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer 2001 mit € 99,63 und hinsichtlich Einkommensteuer 2001 mit € 1.012,11 festgesetzt wurde, insofern stattgegeben, als der Verspätungszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer 2001 mit € 69,60 und hinsichtlich Einkommenstuer 2001 mit € 633,62 festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am 5. November 2002 brachte der Berufungswerber (Bw.) die Abgabenerklärungen für die Umsatz- und Einkommensteuer 2001 beim Finanzamt ein. Mit den Bescheiden vom 7. Jänner 2003 wurden die Umsatz- und Einkommensteuer 2001 veranlagt. Ebenfalls mit Bescheid vom 7. Jänner 2003 wurde ein Verspätungszuschlag betreffend USt für das Jahr 2001 wegen verspäteter Abgabe der Steuererklärung mit 99,42 € (0,7 % von 14.205,95) festgesetzt. Der Verspätungszuschlag betreffend ESt für das Jahr 2001 wurde mit Bescheid vom 7. Jänner 2003 mit 953,18 € (7,3 % von 13.057,42 €) festgesetzt. Zur Begründung wurde jeweils ausgeführt, dass die Festsetzung des Verspätungszuschlags aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO erfolgt sei.
Mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2003 wurde gegen die Bescheide betreffend Festsetzung von Verspätungszuschlägen das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Steuererklärungen für das Jahr 2001 erst so spät abgegeben worden seien, da es davor eine Umsatzsteuerprüfung gegeben habe. Die Unterlagen (Buchhaltungsordner) seien im Mai 2002 dem Finanzamt zur Verfügung gestellt worden. Aufgrund eines angeblichen Prüferwechsel und nach mehrmaliger Nachfrage sei die Umsatzsteuerprüfung im September abgeschlossen worden. Der Bw. habe die Unterlagen sofort abgeholt (20. September 2002) und die Steuererklärung nach Erstellung der Buchhaltung und der Steuererklärungen sofort am 5. November 2002 eingereicht. Da er nicht für die Verzögerung bei der Umsatzsteuerprüfung verantwortlich sei und auch rasch nach Erhalt der Unterlagen die Steuererklärungen abgegeben habe, ersuche er um Aufhebung der oben angeführten Bescheide.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 4. Februar 2003 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen 2001 sei bereits vor Beginn der UVA-Prüfung, nämlich am 2. April 2002, abgelaufen. Zudem bestünde die Möglichkeit vor Fristablauf eine Fristverlängerung für die Abgabe der Steuererklärungen zu beantragen.
Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2003 wurde Vorlageantrag eingebracht. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es zu diesem Irrtum nur deshalb gekommen sei, weil es nach Übergabe der Unterlagen an das Finanzamt im Mai zu einer Abberufung der Steuererklärungen gekommen sei. Da der Bw. jedoch die Unterlagen nicht gehabt hätte, habe er mit dem zuständigen Prüfer telefoniert. Ihm sei erklärt worden, dass der zuständige Prüfer Herr R nicht mehr zuständig sei und so habe er mit dem neuen Prüfer Kontakt aufgenommen. Nach Rücksprache mit Herrn L habe dieser dem Bw. erklärt, dass es zu keinen Konsequenzen käme, er die Steuererklärungen ja nicht abgeben könne und er dies regeln würde. Der Bw. bräuchte sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen. Für ihn wäre diese Angelegenheit erledigt und er habe ja sofort nach Erhalt der Unterlagen die Steuererklärungen eingereicht.
Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2003 legte die Abgabenbehörde erster Instanz die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor und beantragte Abweisung der Berufung.
Jeweils mit Bescheid vom 20. September 2005 wurden die Verspätungszuschlagsbescheide 2001 gemäß § 295 Abs. 3 BAO geändert. Der Verspätungszuschlag betreffend USt 2001 wurde mit 99,63 €, der Verspätungszuschlag betreffend ESt 2001 wurde mit 1.012,11 € festgesetzt.
Mit Schreiben vom 5. April 2007 hielt der Unabhängige Finanzsenat der Abgabenbehörde erster Instanz vor, dass der Bw. im Vorlageantrag vom 11. Februar 2003 behaupten würde, ihm sei vom Prüfer erklärt worden, dass er die Steuererklärungen nicht abgeben könne und der Prüfer dies regeln werde. Es würde zu keinen Konsequenzen kommen. Das Finanzamt wurde eingeladen, zu dieser Behauptung eine Stellungnahme des Prüfers vorzulegen.
Mit Schreiben vom 24. April 2007 wurde hiezu von Herrn L Folgendes bekannt gegeben: Über eine allfällige Zusage hinsichtlich Regelung der Einreichfrist für die Abgabenerklärungen 2001 liege im Arbeitsbogen nur ein händischer Vermerk eines Telefonates vom 7. August 2002 auf, daraus würde sich ergeben, dass angeblich eine Fristverlängerung bis Ende August 2002 aufrecht gewesen sei. Seitens des Prüfers sei daraufhin die Veranlagungsleitstelle als seinerzeit noch zuständige Stelle darüber informiert worden, dass mit einem Abschluss der USO-Prüfung nicht vor Ende August zu rechnen sei. Auslöser für den Anruf am 7. August 2002 dürfte die automatisch versendete Erinnerung vom 2. August 2002 gewesen sein, darin sei eine Nachfrist mit 23. August 2002 mitgeteilt worden. Da sich im Arbeitsbogen keine darüber hinausreichenden Vermerke befinden würden, sei davon auszugehen, dass hinsichtlich Einreichfrist keine weiteren Schritte unternommen worden seien. Eine Zusage, dass es zu keiner Verhängung eines Verspätungszuschlags kommen würde, sei mit Sicherheit nicht gemacht worden, möglicherweise würde der Bw. hier die Begriffe Zwangsstrafe und Verspätungszuschlag verwechseln. Hinsichtlich des vom Bw. angeführten Prüferwechsels sei erläuternd auszuführen, dass der ursprünglich betraute Prüfer bei der Zustellung der Verständigung und Aushändigung des Prüfungsauftrages gewahrt habe, die nunmehrige Gattin des Bw. persönlich zu kennen. Der Umstand der Befangenheit wäre zu Beginn nicht bekannt gewesen, weshalb ein "Ersatzprüfer" mit der Erledigung betraut worden sei. Eine zeitnahe Erledigung wäre leider nicht möglich gewesen.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 274 BAO regelt Folgendes: Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides, so gilt die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet. Soweit der spätere Bescheid dem Berufungsbegehren Rechnung trägt, ist die Berufung als gegenstandslos zu erklären.
Nachträglich geänderte Bescheide gemäß § 295 fallen in den Anwendungsbereich des § 274 BAO. Daraus ergibt sich, dass die Berufung vom 7. Jänner 2003 auch als gegen die Bescheide vom 20. September 2005 gerichtet gilt.
§ 135 BAO normiert: Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, kann die Abgabenbehörde einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbstberechnete Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgaberechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50,00 € nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.
Dem im gegenständlichen Fall geltenden § 134 Abs. 1 BAO in der Fassung des Bundesgesetzblattes 1972/224 zufolge sind die Abgabenerklärungen für die ESt, die KöSt, die GewSt nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital und die USt bis zum Ende des Monats März jedes Jahres einzureichen. Im Sinne dieser Bestimmung iVm § 108 Abs. 3 BAO (fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen) wäre der Bw. verpflichtet gewesen, die Umsatz- und Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 bis 2. April 2002 beim Finanzamt einzureichen. Tatsächlich eingereicht wurden die Erklärungen am 5. November 2002. In diesem Punkt ist der Sachverhalt unbestritten. Das erste Tatbestandsmerkmal des § 135 BAO ist daher erfüllt.
Hinsichtlich des zweiten Tatbestandsmerkmales ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Verspätung dann entschuldbar im Sinne des § 135 BAO ist, wenn dem Abgabepflichtigen ein Verschulden nicht zugerechnet werden kann, das heißt, wenn er die Versäumnis der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Unter Fahrlässigkeit ist hier auch leichte Fahrlässigkeit zu verstehen. Auch ein ganz geringfügiges Verschulden (culpa levissima) rechtfertigt die Verhängung eines Verspätungszuschlags.
Jeder Abgabepflichtige hat bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben jenes Maß an Sorgfalt anzuwenden, das von ihm objektiv nach den Umständen des Einzelfalls gefordert werden kann. Verletzt er nach diesen Maßstäben beurteilt die Verpflichtung, die Abgabenerklärungen rechtzeitig einzureichen, gilt die Säumnis als verschuldet. Erforderlichenfalls ist durch entsprechende organisatorische Maßnahmen für die rechtzeitige Erstellung der Abgabenerklärungen zu sorgen. Wenn dies nicht geschieht, liegt ein Mangel vor, der es ausschließt, derartige Unterlassungen als entschuldbar zu beurteilen.
Bereits zu jenem Zeitpunkt, als die Umsatzsteuersonderprüfung beim Bw. begann, das war der 13. Mai 2002, hätte der Bw. bereits seit mehr als einem Monat (seit 2. April 2002) die Abgabenerklärungen beim Finanzamt einbringen müssen. Der Bw. hat weder in der Berufungsschrift noch im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz dargelegt, inwiefern diese verspätete Abgabe der Abgabenerklärungen 2001 als entschuldbar anzusehen wären. Vielmehr rechtfertigt er sich ausschließlich damit, dass ihm die entsprechenden Unterlagen nicht vorgelegen seien, weil diese dem Prüfer ausgehändigt worden seien. Für den Zeitraum vom 13. Mai 2002 bis 18. September 2002 wird auch vom Prüfer bestätigt, dass der Bw. nicht in der Lage gewesen sei, die Abgabenerklärungen einzureichen, zumal die Unterlagen bei ihm gelegen seien. Nach hierortiger Ansicht ist es ab dem Zeitpunkt des Abschlusses der Umsatzsteuersonderprüfung bis zum Einreichen der Abgabenerklärungen wiederum als unentschuldbar anzusehen, dass der Bw. die Abgabenerklärungen verspätet eingereicht hat, zumal er - wie bereits dargelegt - diese bereits am 2. April 2002 hätte einreichen müssen.
Gemäß § 20 BAO müssen die Entscheidungen, die die Abgabenbehörde nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Zweck des Verspätungszuschlags ist, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen. Der Verspätungszuschlag ist eine administrative Ungehorsamsfolge eigener Art, ein Druckmittel eigener Art, er ist keine Strafe im finanzstrafrechtlichen Sinn.
Voraussetzung für die Verhängung eines Verspätungszuschlags ist, dass der Abgabepflichtige die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und das dies nicht entschuldbar ist.
Wie bereits dargelegt wurde, wurde der Verspätungszuschlag dem Grunde nach zu Recht verhängt. Die Abgabenbehörde war somit auch berechtigt, von dem ihr eingeräumten Ermessen betreffend Verhängung eines Verspätungszuschlags Gebrauch zu machen.
Im Zuge der Ermessensentscheidung war zu berücksichtigen, dass der Bw. seit Beginn seiner Erklärungspflicht (Veranlagungsjahr 1999) seine Abgabenerklärung nur einmal (im Jahre 1999) rechtzeitig eingereicht hat, in der Folge hat er seine Abgabenerklärungen stets verspätet eingereicht. Die sich wiederholende Säumigkeit im Zusammenhang mit der Einreichung der Abgabenerklärungen ist als vorsätzliche Missachtung der gesetzlich gebotenen Erklärungspflicht zu qualifizieren.
Im Hinblick auf den im Steuerrecht verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz muss im Zuge der Ermessensentscheidung auch der Zinsvorteil berücksichtigt werden, den der Bw. durch die verspätete Abgabe der Erklärungen erzielte. Die USt für das Jahr 2001 wurde mit 14.242,48 € festgesetzt. Nach Berücksichtigung der Vorauszahlungen ergibt sich eine Nachforderung in Höhe von 1.392,05 €. Wird wegen schuldhafter Verletzung der Pflicht zur Einreichung der Jahresumsatzsteuererklärung ein Verspätungszuschlag verhängt (Bemessungsgrundlage ist die Höhe der festgesetzten USt ohne Abzug der Vorauszahlungen), so ist bei der Ermessensübung (beim Kriterium des finanziellen Vorteils aus der Verspätung) die Höhe entrichteter Vorauszahlungen zu berücksichtigen. Im Hinblick darauf, dass die Nachforderung lediglich 9,77 % des festgesetzten Betrages ausmacht, wurde der Verspätungszuschlag mit 69,60 € festgesetzt, das entspricht 0,49 % der Abgabenfestsetzung, 5 % der Nachforderung.
Die festgesetzte ESt 2001 betrug 13.864,89 €. Bei der Ermessensübung darf für den Verspätungszuschlag die Höhe von Anspruchszinsen nicht außer Acht gelassen werden. Im Allgemeinen wird bei der Vorschreibung von Verspätungszuschlägen, soweit die maßgebende (verschuldete) Verspätung in den Anspruchszinsen relevanten Zeitraum fällt zu berücksichtigen sein, dass der Zinsvorteil des Abgabepflichtigen bereits durch die Nachforderungszinsen abgeschöpft wird. Eine zweifache Berücksichtigung dieses Vorteils ist unzulässig. Im vorliegenden Fall wurden Anspruchszinsen ab dem 1. Oktober 2002 berechnet. Die für den Zeitraum 1. Oktober 2002 bis 5. November 2002 festgesetzten Anspruchszinsen sind daher bei der Berechnung des Verspätungszuschlags zu berücksichtigen. Die Anspruchszinsen für diesen Zeitraum sind wie folgt zu berechnen: 175.284,99 S x 36 Tage x 0,013 % Tageszinssatz = 820,33 S = 59,62 €
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass im Hinblick auf Dauer der unentschuldbaren Verspätung, das bisherige steuerliche Verhalten des Bw. und das Grad des Verschuldens ein Verspätungszuschlag von 5 % angemessen ist. Die festgesetzte ESt 2001 in Höhe von 13.864,89 € x 5 % würde einen Betrag von 693,24 € ergeben. Entsprechend der vorherigen Ausführungen sind von diesem Betrag die Anspruchszinsen in Höhe von 59,62 € abzuziehen, sodass ein Verspätungszuschlag in Höhe von 633,62 € verbleibt, der einem Prozentsatz von 4,57 der festgesetzten ESt entspricht.
Im Hinblick auf die dargestellten Umstände des vorliegenden Falles gelangte der Unabhängige Finanzsenat zur Ansicht, dass die nunmehr festgesetzten Verspätungszuschläge angemessen sind. Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am 16. Mai 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Verspätungszuschlag, Abgabenerklärung, Ermessen |