Bei bescheidmäßigen Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben wie die Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7b GebG (Kartenglücksspiele) die nach ihrer Fälligkeit erfolgen, fällt grundsätzlich ein Säumniszuschlag an, da die Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO nur zur Hemmung der Einbringung führt. Anpassung des Säumniszuschlages an die herabgesetzten Rechtsgebühren laut Berufung.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Dr. Wolfgang Leitner als Masseverwalter der Bw. , Rechtsanwalt, 1010 Wien, Kohlmarkt 14, gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 9. November 1995, StNr. yyy betreffend Säumniszuschlag - Steuer entschieden:
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben und die Säumniszuschlagsbescheide werden abgeändert wie folgt:
Bescheid Nr. 1) Die Säumniszuschläge werden mit jeweils 2%, das sind insgesamt Euro 246.334,31 (statt bisher Euro 496.671,43) festgesetzt.
Bescheid Nr. 2.) Die Säumniszuschläge werden mit jeweils 2%, das sind insgesamt Euro 169.156,63 (statt bisher Euro 341.020,39) festgesetzt.
Im Übrigen werden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
(Schillinginformation: Bescheid Nr. 1.) statt: S 6,834.348,00 jetzt: S 3,389.634,00; Bescheid Nr. 2.) statt S 4,692.543,00 jetzt: S 2,327.646,00)
Entscheidungsgründe
Mit 2 Bescheidformularen vom 9. November 1995 wurden zu Nr. 1) 5 Säumniszuschläge und zu Nr. 2) 2 Säumniszuschläge betreffend die Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 lit. b) GebG (Glücksspiele, die von einem Veranstalter angeboten oder organisiert werden, wenn die Gewinste in Geld bestehen und zwar Kartenglücksspiele), welche Gebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG, auch wenn eine Urkunde nicht errichtet wird, ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten sind und daher bereits fällig geworden waren, festgesetzt.
Fristgerecht wurde dagegen Berufung erhoben. Eingewendet wurde, dass die Bestimmung des § 218 BAO irrtümlich nicht angewendet worden sei. Es seien Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 Abs. 1) und Zahlungsaufschub gestellt worden, wobei dem auch Folge gegeben wurde, weswegen die Bw. nicht zur Zahlung von Säumniszuschlägen verpflichtet sei. Es werde daher der Antrag gestellt, dass die Zahlungserleichterung bewilligt werde, bzw. in eventu die Finanzsache aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird gemäß § 217 BAO idF BGBl. 1994/682 eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so tritt mit Ablauf dieses Tages die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ein, soweit der Eintritt dieser Verpflichtung nicht gemäß Abs. 2 bis 6 oder § 218 hinausgeschoben wird.
Beim Säumniszuschlag in Höhe von zwei Prozent des nicht rechtzeitig entrichteten Abgabenbetrages handelt es sich um eine objektive, verschuldensunabhängige Säumnisfolge. Die Bestimmung des § 217 BAO räumt der Abgabenbehörde keinerlei Ermessen ein. Einzige Voraussetzung für die Säumniszuschlagsvorschreibung ist daher, dass eine konkrete Abgabenschuld spätestens bis zum Fälligkeitstag nicht bzw. nicht zur Gänze entrichtet worden ist.
Im gegenständlichen Fall handelte es sich um Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 lit. b GebG. Diese Gebühren sind ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten. Sind Gebühren gemäß § 31 Abs. 3 GebG ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten, so sind diese am 20. des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden Kalendermonats fällig. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der gemäß § 28 Abs. 3 zur unmittelbaren Gebührenentrichtung Verpflichtete über die abzuführenden Beträge an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern eine Abrechnung vorzulegen. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Wetteinsätze, Spieleinsätze oder Gewinste der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten.
Die Bw. betreibt ein Kartenkasino und bot interessierten Personen die Möglichkeit, an von ihr in den Räumlichkeiten des Casinos organisierten Kartenspielen mit Geldeinsatz teilzunehmen. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern vertrat die Rechtsansicht, dass durch die fortgeführt veranstalteten Kartenspiele ab Jänner 1994 der Tatbestand des § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 GebG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 965/1993 verwirklicht wird.
Die Bw. erklärte, die neue Bestimmung sei im Rahmen ihres Betriebes nicht vollziehbar und gab zu erkennen, dass sie ihrer Verpflichtung gemäß § 28 Abs. 3 GebG zur unmittelbaren Entrichtung der Gebühr nicht nachkommen werde. Die Abgabenbehörde führte daher gemäß § 151 BAO Prüfungen durch, um die Bemessungsgrundlage zu ermitteln. Auf Grund der unterbliebenen Selbstberechnung der Gebühr und der Ergebnisse der Nachschau ergingen die Bescheide gemäß § 201 BAO.
Wird eine Selbstbemessungsabgabe nach ihrer Fälligkeit mit Bescheid festgesetzt, so steht zur Entrichtung einer allenfalls daraus resultierenden Nachforderung gemäß § 210 Abs. 4 BAO eine Nachfrist von einem Monat zu. Ein Säumniszuschlag ist jedoch unabhängig von der Einhaltung dieser Frist wegen der Nichtentrichtung der Abgabe bis zum Fälligkeitstag verwirkt (Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter, 158ff). Bei bescheidmäßigen Nachforderungen von Selbstbemessungsabgaben, die nach deren Fälligkeit erfolgen, fällt daher grundsätzlich ein Säumniszuschlag an, da die Nachfrist des § 210 Abs. 4 BAO nur zur Hemmung der Einbringung führt (vgl. Ritz, BAO2, § 217 Tz 11).
Die Säumniszuschlägen wurden bis zum heutigen Tag nicht entrichtet.
Da mit heutigem Tage mit Berufungsentscheidungen RV/1338-W/05 (Zeitraum 1.1. bis 31.1.1994), RV/1662-W/06 (Zeitraum 1.2. bis 28.2.1994), RV/1663-W/06 (Zeitraum 1.3. bis 31.3. 1994) RV/1664-W/06 (Zeitraum 1.4. bis 30.4.1994), RV/1665-W/06 (Zeitraum 1.5. bis 31.5.1994), RV/1666-W/06 (Zeitraum 1.6. bis 31.7.1994) und in der Berufungsentscheidung vom 13. Dezember 2004, RV/421-W/02 teilweise stattgegeben wurde, sind nunmehr die Säumniszuschläge anzupassen:
Bescheid Nr. 1.) statt: S 6,834.348,00 jetzt: S 3,389.634,00 (€ 246.334,31) Bescheid Nr. 2.) statt S 4,692.543,00 jetzt: S 2,327.646,00 (€ 169.156,63)
Bescheid vom 9. November 1995 Nr. 1.)
Abgabe | Betrag | Säumniszuschlag |
Rechtsgebührenbescheid vom 6.1.1994 | 8,037.538,00 x 2% = | 160.751,00 |
Rechtsgebührenbescheid vom 31.1.1994 | 37,190.469,00 x 2% = | 743.809,00 |
Rechtsgebührenbescheid vom 28.2.1994 | 43,112.674,00 x 2% = | 862.253,00 |
Rechtsgebührenbescheid vom 31.3.1994 | 44,762.174,00 x 2% = | 895.243,00 |
Rechtsgebührenbescheid vom 30.4.1994 | 36,378.913,00 x 2% = | 727.578,00 |
Summe | S 3,389.634,00 |
Bescheid vom 9. November 1995 Nr. 2.)
Abgabe | Betrag | Säumniszuschlag |
Rechtsgebührenbescheid vom 31.5.1994 | 44,305.475,00 x 2% = | 886.109,00 |
Rechtsgebührenbescheid vom 31.7.1994 | 72,076.874,00 x 2% = | 1,441.537,00 |
Summe | S 2,327.646,00 |
Mit dem Hinweis auf die Berufung gegen die Rechtsgebührenbescheide und dem Antrag, den angefochtenen Säumniszuschlagsbescheid zu beheben, stellte die Bw. auch einen Antrag auf Anpassung des Säumniszuschlagsbescheides gemäß § 221a Abs. 2 BAO alte Rechtslage (im gegenständlichen Fall in Analogie zu § 217 Abs. 8 BAO neue Rechtslage). Ein solcher Antrag kann auch in der Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages gestellt werden, gesetzliche Inhaltserfordernisse bestehen nicht (siehe UFS vom 10. Jänner 2007, RV/1330-W/06 und die dort zitierte Literatur).
Die Bw. wendet ein, dass eine Zahlungserleichterung besteht, weswegen die Säumniszuschläge nicht festzusetzen seien. Derzeit ist tatsächlich eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt, die sich auch auf die Säumniszuschläge bezieht. Ein derartiger Zahlungsaufschub hat aber keinen Einfluss darauf, dass die einmal verwirkten Säumniszuschläge nicht festzusetzen sind. Nach der damaligen Rechtslage ist überdies der Säumniszuschlag mit Ablauf des Fälligkeitstages für die Rechtsgebühren auch fällig gewesen. Die Festsetzung der Säumniszuschläge durch das Finanzamt erfolgte zu Recht, und § 212a BAO "schiebt" - auch für die Säumniszuschläge - "nur die Zahlungsverpflichtung hinaus" .
Nach Ergehen der Berufungsentscheidungen sowohl betreffend Rechtsgebühren als auch betreffend Säumniszuschläge wird das Finanzamt aufgrund der zwingenden Anordnung des § 212a Abs. 5 BAO den Ablauf der Aussetzung verfügen. Der Zeitpunkt des Eintrittes der Zahlungsverpflichtung für die zu Recht festgesetzten Säumniszuschläge wird daher vom Finanzamt mit dem Ergehen des Ablaufbescheides in Verbindung mit § 212a Abs. 7 BAO bekanntgegeben werden.
Aus all diesen Gründen war die Berufung abzuweisen, allerdings wurden die Säumniszuschläge den in den Berufungsentscheidungen vom heutigem Tage und in der Berufungsentscheidung vom 13. Dezember 2004, RV/421-W/02 herabgesetzten Rechtsgebühren angepasst.
Wien, am 5. April 2007
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Glücksspiel, Geschicklichkeitsspiel, Selbstbemessungsabgabe, Säumniszuschlag |