UFS RV/0641-I/06

UFSRV/0641-I/0619.1.2007

Steuerfreie Kostenersätze (Diäten) des Betreuers eines Sportvereins.

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A gegen die Bescheide des Finanzamtes B vom 8., 9., 12., 13. und 14.6.2006 betreffend Einkommensteuer 2000 bis 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 8.6.2006 nahm das Finanzamt das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer 2000 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf. Am gleichen Tag wurde ein neuer Einkommensteuerbescheid erlassen, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb als D eines Sportvereines (von 24.616 S) angesetzt wurden. In den folgenden Tagen wurden - den eingereichten Abgabenerklärungen entsprechend - (erstmals) Einkommensteuerbescheide der Jahre 2001 bis 2005 erlassen, in denen Einkünfte aus der genannten Tätigkeit von 37.616 S (2001), 3.460,72 € (2002), 3.933,40 € (2003), 6.096 € (2004) und 2.443 € (2005) angesetzt wurden.

Gegen die genannten Sachbescheide wurde berufen und eingewendet, der Abgabepflichtige habe für diese Tätigkeit monatlich einen pauschalen Reisekostenersatz ausbezahlt erhalten. Des Weiteren habe er Kilometergelder ersetzt erhalten. Nach den vorliegenden Aufzeichnungen der Jahre 2002 bis 2004 hätten sich zur Berechnung der Tagesdiäten im Sinne der Sport-Toto-Richtlinien zwischen 246 und 267 Einsatztage ergeben. Daraus ergäben sich (bei Diäten von 26,40 € für einen Tag) Reisekostenersätze zwischen 7.127 € und 7.724 € jährlich. Die tatsächlich zu ersetzenden Reisekosten lägen damit erheblich über jenen, welche vom Sportverein abgegolten wurden. Unter Berufung auf Rz 774 der Vereinsrichtlinien wurde der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben.

Die abweisende Berufungsvorentscheidung des Finanzamts wurde wie folgt begründet: Aus den vorliegenden Kontoblättern des Sportvereins gehe eindeutig hervor, dass es sich bei den monatlich bezogenen Geldbeträgen um pauschale Zahlungen unabhängig vom tatsächlichen Zeiteinsatz handle. Dies werde dadurch bestätigt, dass anderen für denselben Verein tätigen Personen exakt die gleichen monatlichen Beträge zugeflossen seien. Die begehrten (steuerfreien) Tagessätze könnten nur anerkannt werden, wenn die Auszahlung jeweils unter Berücksichtigung von tageweise geführten Aufzeichnungen entsprechend dem tatsächlichen Zeiteinsatz erfolge. Eine nachträglich vorgenommene Aufgliederung von Pauschalersätzen in Tagessätze, Kilometergelder etc. sei nicht zulässig. Da die ausbezahlten Beträge somit nicht nach den Bestimmungen der VereinsR ermittelt wurden, könnten diese Richtlinien auch nicht bei der steuerlichen Beurteilung dieser Einnahmen berücksichtigt werden. Die zugeflossenen Beträge unterlägen daher grundsätzlich der Einkommensteuer, wobei von Amts wegen (näher bezeichnete) Pauschalbeträge als Betriebsausgaben berücksichtigt wurden.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde eingewendet, die Behörde verkenne die Sachlage insofern, als sie annehme, dass die Aufgliederung der Pauschalersätze in Tagsätze, Kilometergelder etc. nachträglich vorgenommen worden sei. Vielmehr sei sehr wohl eine Aufzeichnung hinsichtlich der Einsatztage (laufend) geführt worden, doch sei die Auszahlung dieser (sich aus den Aufzeichnungen ergebenden) Beträge monatlich mit einem Höchstbetrag limitiert worden. Eine betragsmäßige Beschränkung der Auszahlung der nach den Bestimmungen der VereinsR ermittelten Reisekostenersätze sollte nach Ansicht des Bw. für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben nicht schädlich sein.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Unbestritten ist, dass der - in C wohnhafte - Bw. monatliche Beträge (von 2.000 S, später 5.000 S bzw. 363,40 €, sodann 436 €) für seine Tätigkeit als D eines Sportvereins (mit Sitz in C) erhalten hat. Während das Finanzamt der Ansicht ist, dass es sich dabei um Pauschalzahlungen gehandelt ist, ist der Bw. der Ansicht, dass Aufzeichnungen (entsprechend den VereinsR 2001) tatsächlich geführt wurden, die geltend gemachten Beträge allerdings nur limitiert ausbezahlt worden sind. Die Beurteilung dieser Frage kann auf sich beruhen.

2.) Rz 774 der VereinsR 2001 lautet zwar:

"Erhalten die in den Rz 763 bis 767 genannten Personen - unabhängig von der Qualifikation der von ihnen erzielten Einkünfte - von begünstigten Rechtsträgern zur Abgeltung ihrer Reisekosten (Fahrtkosten, Verpflegungs- und Unterhaltskosten) Beträge, liegen, soweit diese Beträge die nach den Richtlinien des Kontrollausschusses für die Verwaltung der besonderen Bundes-Sportförderungsmittel jeweils verrechenbaren Sätze nicht übersteigen, keine Einkünfte vor. Nach diesen Richtlinien dürfen für Verpflegungskosten nur mehr 26,40 Euro, bei Tätigkeiten bis zu vier Stunden nur 13,20 Euro und für Fahrtkosten nur die Kosten des Massenbeförderungsmittels zuzüglich eines Reisekostenausgleiches von 3,00 Euro (bei Tätigkeiten bis zu vier Stunden nur 1,50 Euro) verrechnet werden. Als Reise gilt dabei jede Fortbewegung ohne Berücksichtigung von Mindestgrenzen. Die Tatsache des Vorliegens von Reisen und dgl. (zB Fahrten zu den Trainings- und Wettkampfstätten) muss allerdings zumindest aus den Aufzeichnungen des Sportvereines (des anderen begünstigten Rechtsträgers) ersichtlich sein. Trägt eine der in den Rz 763 bis 767 genannten Personen einen Teil der Reiseaufwendungen selbst, kann die Geltendmachung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten nur im Rahmen der Bestimmungen des § 4 Abs. 5 EStG 1988 oder des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 erfolgen; bei der Verrechnung von Kilometergeldern sind diese um die steuerfrei ausbezahlten Kosten des Massenbeförderungsmittels und des Reisekostenausgleiches zu kürzen. Bei Personen, die Beträge als Reisekosten ersetzt erhalten, darf durch den Abzug anderer Ausgaben kein Verlust entstehen."

3.) Die VereinsR 2001 stellen aber lediglich einen Auslegungsbehelf für die Besteuerung von Vereinen dar, der "im Interesse einer einheitlichen Vorgangsweise" mitgeteilt wird. Über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgehende Rechte und Pflichten können aus den Richtlinien - wie sie im Übrigen eingangs selbst zum Ausdruck bringen - nicht abgeleitet werden. Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist daher am Gesetz zu prüfen.

4.) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Gemäß § 4 Abs. 5 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 71/2003) sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich betrieblich veranlassten Reisen ohne Nachweis ihrer Höhe als Betriebsausgaben anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen (die Novellierung ist im gegebenen Zusammenhang ohne Belang).

5.) Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH liegt eine Reise im Sinn des § 4 Abs. 5 EStG 1988 dann vor, wenn sich der Unternehmer zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder aus sonstigem betrieblichen Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit, dh vom Ort seiner Betriebsstätte, entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird. Der Mittelpunkt der Tätigkeit des Unternehmers ist dort, wo er den größten Teil des Jahres tätig ist bzw. wo der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit liegt (VwGH 23.2.1994, 93/15/0167). Eine Reise liegt nur vor, wenn es sich um die Überwindung einer größeren Entfernung handelt (Richtmaß 20 bis 25 km). Die täglichen Fahrten des Betriebsinhabers zwischen Wohnort und Betriebsstätte begründen keine Reise. Die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen setzt eine Reisedauer von mehr als drei Stunden (Inlandsreisen) voraus (VwGH 19.4.1988, 87/14/0007).

6.) Im Unterschied zu dem - von Lehre und Rechtsprechung entwickelten - Begriff der Reise im Sinne des § 4 Abs. 5 bzw. § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 ist für die Auszahlung steuerfreier Reisekosten nach Rz 774 VereinsR 2001 weder eine bestimmte Reisedauer noch eine bestimmte Mindestentfernung vom üblichen Tätigkeitsmittelpunkt erforderlich. Der Umstand, dass durch wiederholte Reisebewegungen an denselben Ort (dort) ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet wird, spielt keine Rolle. Für Verpflegungskosten werden bei einem Zeitausmaß von bis zu vier Stunden 13,20 € und ab vier Stunden das Doppelte (26,40 €) steuerfrei ausbezahlt. Für die Feststellung der Reisedauer sind die Abfahrts- und Ankunftszeiten des Ausgangspunktes, idR des Wohnortes, maßgebend (Renner in Baldauf/Renner/Wakounig (Bearb.), Kohler/Quantschnigg/Wiesner (Hrsg.), Die Besteuerung der Vereine, Wien 2002, 508 f.; Doralt, Besteuerung von Vereinsfunktionären - gesetzwidrige Richtlinien, RdW 2005, 191).

7.) Der Bw. geht offenkundig selbst davon aus, dass die Anforderungen an den Reisebegriff - gemessen am Inhalt des § 4 Abs. 5 EStG 1988 - im vorliegenden Fall nicht erfüllt sind. Soweit er aber der Ansicht ist, dass ihm keine Einkünfte zuzurechnen sind, weil die Voraussetzungen der VereinsR 2001 (Rz 774) in Zusammenhalt mit den Richtlinien des Kontrollausschusses für die Verwaltung der besonderen Bundes-Sportförderungsmittel gegeben sind, ist ihm entgegen zu halten, dass der Unabhängige Finanzsenat - wie der VwGH (vgl. VwGH 9.3.2005, 2001/13/0062 zu den VereinsR 2001) - nur an Rechtsquellen im Sinne des Art. 18 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz gebunden ist. Als eine solche Rechtsquelle sind die VereinsR 2001 nicht anzusehen, erst recht nicht - mittelbar - die "Richtlinien des Kontrollausschusses für die Verwaltung der besonderen Bundes-Sportförderungsmittel" und schon gar nicht in der "jeweils" geltenden Fassung (vgl. VfGH 22.6.2006, G 147/05 ua, Punkt 2.2, zu § 26 Z 4 EStG 1988). Mit den für alle Abgabepflichtigen geltenden Bestimmungen des § 4 Abs. 5 EStG 1988 (vgl. § 114 Abs. 1 BAO) ist der hier strittige Teil der Rz 774 VereinsR 2001 offenkundig nicht in Einklang zu bringen. Bedenken ob der grundsätzlichen Angemessenheit der vom Bw. geltend gemachten Diäten "im Sinne der Sport-Toto-Richtlinien" ergeben sich schon aus der Höhe der geltend gemachten Aufwendungen (7.049 € 2002, 6.838 € 2003, 6.494 € 2004), im Übrigen daraus, dass ohnedies nur einen Bruchteil ersetzt wurde und die angeblich geführten Aufzeichnungen nicht vorgelegt wurden.

8.) Soweit der Bw. darauf verweist, dass ihm - neben Diäten - Fahrtkosten entstanden sind, genügt es darauf zu verweisen, dass ihm im Schätzungsweg ohnedies Betriebsausgaben in einer Höhe gewährt worden sind, die diese Beträge abdecken.

9.) Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Innsbruck, am 19. Jänner 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

VereinsR 2001, Kostenersätze, Kontrollausschuss, Bundes-Sportförderungsmittel, Sport-Toto-Richtlinien

Stichworte