UFS ZRV/0003-Z1W/05

UFSZRV/0003-Z1W/0515.1.2007

Vorschriftswidriges Verbringen

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/16/0025 eingebracht. Mit Erk. v. 10.7.2008 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Burghofer & Pacher, Rechtsanwälte GmbH, 1060 Wien, Köstlergasse 1/30, vom 13. Jänner 2005 gegen die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Wien vom 9. Dezember 2004, Zl. 100/59760/2002-12, betreffend Eingangsabgaben und Nebengebühren entschieden:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom 14. Februar 2003, Zl. 100/57960/01/2002 schrieb das Hauptzollamt Wien dem Beschwerdeführer (Bf.) eine gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a Zollkodex (ZK) entstandene Zollschuld und eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Zollrechtsdurchführungsgesetz (ZollR-DG) zur Entrichtung vor.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung ficht der Bw. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter den oben angeführten Bescheid unter Zitierung der Bestimmung des Artikel 203 ZK seinem gesamten Inhalt nach an.

Richtig sei, dass der Berufungswerber vier- bis fünfmal optische Produkte von Ungarn nach Österreich geführt habe, in der Meinung, dass eine Zollschuld nicht entstehe. Der Berufungswerber habe die gegenständliche Lieferung nicht persönlich durchgeführt.

Weiters wird in der Berufung das Fehlen einer Begründung für die Heranziehung des Bf. als Zollschuldner gerügt, da Art. 203 Abs. 3 ZK drei verschiedene Personen als Zollschuldner vorsehe.

Der Berufungswerber sei auch nicht derjenige der die Lieferung der Waren durchgeführt habe, Lieferant sei die E.. gewesen.

Zu Beginn der Geschäftsbeziehung mit der Firma L. sei der Berufungswerber mit ungefähr 25 Musterlinsen nach Wien gefahren und habe den Zöllner nach der Verpflichtung, diese zollamtlich behandeln zu lassen gefragt. Der Zöllner habe dies, weil er davon ausging, dass Muster nicht zu verzollen seien verneint.

Der Berufungswerber habe dies dahingehend interpretiert, dass für Linsen kein Zoll zu bezahlen sei und habe dann in der Folge, soweit er noch vier bis fünf Lieferungen durchführte die zollamtliche Behandlung nicht für notwendig erachtet. Das Nichtdeklarieren der Waren sei also durch ein Missverständnis entstanden, das zumindestens auch zum Teil vom Zollbeamten ausgelöst worden sei.

Tatsächlich sei auch die Ansicht des Berufungswerbers nicht unrichtig. Wenn ein EUR-1 Formular ausgefüllt worden wäre kein Zoll zu bezahlen gewesen, auch die Einfuhrumsatzsteuer erhalte man wieder zurück. Dem Berufungswerber könne demnach lediglich vorgeworfen werden, dass er die Formulare nicht ausgefüllt habe. Es sei demnach fraglich, ob dass bloße Vergessen, ein Formular auszufüllen die Zollschuld entstehen lässt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 9. Dezember 2004 wies das Zollamt Wien vorstehende Berufung als unbegründet ab und änderte den Spruch des bekämpften Bescheides insofern als die 336 Stück optische Linsen vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden.

In der gegen diese Berufungsvorentscheidung erhobenen Beschwerde wendet sich der Bf. gegen die Vorschreibung der Einfuhrumsatzsteuer. Diese sei mittlerweile von der L. an das Finanzamt Graz Stadt bezahlt worden, sodass eine Umsatzsteuerschuld keinesfalls mehr vorhanden sein könne. Durch die Bezahlung der Einfuhrumsatzsteuer durch einen der Steuerschuldner müsse diese auch den anderen Steuerschuldnern erlassen werden, da eine solidarische Haftung bestehe.

Im übrigen wurde nach erneuter Zitierung und Wiedergabe des Art. 203 ZK, obwohl der bekämpfte Bescheid sich auf die Bestimmung des Art. 202 ZK stützt, gleichlautend wie in der oben dargestellten Berufung vorgebracht. Das Einbringen der verfahrensgegenständlichen 336 Stück optischen Linsen durch den Bf. wurde jedoch nicht mehr in Frage gestellt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird.

Gemäß Abs. 3 erster Anstrich leg.cit. ist der Zollschuldner die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) gilt das Zollrecht im Sinne des Art. 1 des Zollkodex in allen nicht vom Zollkodex erfassten gemeinschaftsrechtlich und innerstaatlichen geregelten Angelegenheiten des Warenverkehrs über die Grenzen des Anwendungsgebietes, einschließlich der Erhebung von Abgaben (sonstige Eingangs- oder Ausgangsabgaben) und anderen Geldleistungen, soweit in diesem Bundesgesetz oder in den betreffenden Rechtsvorschriften die Vollziehung der Zollverwaltung übertragen und nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.

Gemäß Art. 233 Abs. 1 Buchstabe a zweiter Anstrich ZK-DVO kann eine im Sinne des Art. 232 ZK-DVO als Zollanmeldung geltende Willensäußerung bei der Beförderung von Waren zu einer Zollstelle u.a. durch Passieren einer Zollstelle ohne getrennte Kontrollausgänge, ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben, abgegeben werden.

Sind die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 ZK-DVO erfüllt, so gelten die betreffenden Waren als im Sinne des Art. 63 des ZK gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als überlassen, sobald die Willensäußerung im Sinne des Art. 233 erfolgt ist.

Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinne des Art. 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Art. 230 bis 232 erfüllen, so gelten diese Waren gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig verbracht.

Am 3. Februar 2000 wurde der Bf. beim Grenzzollamt Klingenbach anlässlich der Eingangsabfertigung angehalten und nach mitgeführten Waren befragt. Er gab an, keinerlei Waren mitzuführen. Bei der anschließend durchgeführten Kontrolle des PKW des Bf. konnten 336 Stück fertig bearbeitete optische Linsen hinter dem Fahrersitz vorgefunden werden.

Zu den Linsen erklärte der Bf., dass es sich dabei um Warenmuster für die Firma L. handle. Nach den Ermittlungen des Zollamtes Wien handelt es sich jedoch bei den vorgefundenen Linsen um bestellte und zu bezahlende Ware.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat des Zollamtes Wien verantwortete sich der Bf. weitgehend geständig und erfolgte mit Erkenntnis vom 17. Juni 2003 zum verfahrensgegenständlichen Sachverhalt ein Schuldspruch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels. Vom Verfall der Tatgegenstände wurde gemäß der Bestimmung des § 17 Abs. 6 FinStrG gänzlich abgesehen.

Für die erkennende Behörde besteht kein Zweifel an dem oben dargestellten und der Entscheidung zu Grunde zu legenden Sachverhalt.

Der Bf. hat somit durch Passieren der Zollstelle Klingenbach ohne spontan eine Zollanmeldung abzugeben konkludent erklärt, keine anmeldepflichtigen Waren mitzuführen. Die im Zuge der Kontrolle des PKW des Bf. vorgefundenen verfahrensgegenständlichen Linsen, die nicht die Voraussetzungen des Art. 230-232 ZK-DVO erfüllen (konkludente Anmeldung) erfüllen, gelten daher gemäß Art. 234 Abs. 2 ZK-DVO als vorschriftswidrig verbracht.

Die Zollschuld ist demnach eindeutig für den Bf. als denjenigen, der die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat, entstanden. Weitere in Betracht kommende Zollschuldner sind aus der Aktenlage nicht ersichtlich.

Auf die Annahme der Zollfreiheit für Muster kann sich der Bf. schon deswegen nicht berufen, weil es sich bei den verfahrensgegenständlichen Linsen um bestellte und zu bezahlende Ware handelte und zudem der Tatbestand der Zollschuldentstehung gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK verschuldensunabhängig ist.

Das gemeinschaftliche Zollrecht sieht für Waren für die eine Zollschuld auf andere Weise als nach Art. 201 ZK entstanden ist, eine Abgabenbegünstigung durch Vorliegen einer Warenverkehrsbescheinigung EUR 1 nicht vor. Diese lässt sich nämlich nur bei ordnungsgemäßer Anmeldung der Ware zur Überführung in den freien Verkehr der Gemeinschaft erreichen.

Auch die Voraussetzungen für einen Erlass nach Art. 900 Buchstabe o ZK-DVO, der nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist liegen schon aus dem Grund einer Schuldspruches nach § 35 FinStrG (betrügerische Absicht) nicht vor.

Gemäß §1 Abs. 1 Ziffer 3 UStG unterliegt die Einfuhr von Gegenständen der Umsatzsteuer. Eine Einfuhr liegt vor, wenn ein Gegenstand aus dem Drittlandsgebiet in das Inland, ausgenommen die Gebiete Jungholz und Mittelberg gelangt.

Gemäß §26 UStG gelten für die Einfuhrumsatzsteuer, soweit in diesen Rechtsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, die Rechtsvorschriften für Zölle sinngemäß.

Wenn der Bf. sinngemäß vorbringt, die Einfuhrumsatzsteuerschuld sei durch die Entrichtung der Umsatzsteuer der E. . durch die Firma L. an das Finanzamt Graz Stadt bereits erloschen, so befindet er sich damit im Rechtsirrtum.

Diese Umsatzsteuer betrifft nach der Aktenlage die Lieferung der verfahrensgegenständlichen optischen Linsen durch die Firma E. .an die Firma L. in Österreich und besteht diese Umsatzsteuerschuld unabhängig von der durch das vorschriftswidrige Verbringen gemäß Art. 202 ZK entstandenen Einfuhrumsatzsteuerschuld.

Die Frage einer etwaigen Berechtigung zum Abzug der entrichteten Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die vom Bf. eingewandte bezahlte Umsatzsteuer der Firma L. an das Finanzamt Graz Stadt ändert nichts am Bestehen der Einfuhrumsatzsteuerschuld für den Bf. Gemäß § 26 UStG gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Vorschriften für Zölle sinngemäß. Die Einfuhrumsatzsteuerschuld ist daher wie oben ausgeführt für den Bf. entstanden.

Die Vorschreibung der Zollschuld und der Abgabenerhöhung erfolgten demnach zu Recht.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. Jänner 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Zoll

betroffene Normen:

Art. 202 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1
Art. 243 Abs. 2 ZK-DVO, VO 2454/93 , ABl. Nr. L 253 vom 11.10.1993 S. 1
§ 26 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994

Schlagworte:

Vorschriftswidriges Verbringen, konkludente Anmeldung, Einfuhrumsatzsteuer

Stichworte