UFS RV/1249-W/05

UFSRV/1249-W/0516.1.2007

Bei einer Option auf Verlängerung des Mietvertrages sind auch die Neben- und Werbungskosten für die gesamte Vertragsdauer in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A.GmbH, vertreten durch Mag. Birgit Hermann-Kraft, Dr. Thomas Kraft und Dr. Manfred Dallago, Rechtsanwälte, 6330 Kufstein, Oberer Stadtplatz 5a, gegen den vorläufigen Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 8. März 2005, St. Nr. XY betreffend Gebühren und Erhöhung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) als Pächterin schloss am 5. Jänner 2001 mit der G.AG als Verpächterin einen Pachtvertrag betreffend ein Mietobjekt im Untergeschoss des Kaufhauses mit einer Fläche im Ausmaß von 346,79 m2 plus 40 m2 Lagerfläche ab.

Die Vertragsurkunde wurde von beiden Vertragspartnern unterfertigt und dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien zur Vergebührung angezeigt.

Laut Präambel (Seite 1 des gegenständlichen Pachtvertrages) wurden bezüglich des Pachtzinses folgende Vereinbarungen getroffen:

Pachtzins: monatlich 8 % vom Nettoumsatz, mindestens jedoch monatlich S 190,00/m2

Nebenkosten: zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sind ATS 50,00 pro m2 monatliches Akonto vorgesehen.

Dazu heißt es in Punkt 1.1. (Pachtgegenstand) weiter:

".....Die Fläche im Ausmaß von insgesamt 346,79 m2 und rund 40 m2 Lagerfläche umfasst die gesamte Fläche des Pachtobjektes laut Plan (Beilage 1). Für die Berechnung der Aufteilung der Nebenkosten wird der Anteil an der allgemeinen Gangfläche der Fläche des Pachtobjektes im Ausmaß von 50,00 m2 der Fläche des Pachtobjektes hinzugerechnet."

Betreffend die Vertragsdauer heißt es im Vertrag unter Punkt II):

"2.1. Das Pachtverhältnis beginnt mit 15.02.2001 Es wird auf bestimmte Dauer für drei Jahre abgeschlossen und endet ohne Kündigung nach Ablauf dieser drei Jahre.

Der Pächter ist berechtigt, das Pachtverhältnis durch einseitige schriftliche Erklärung mittels eingeschriebenen Briefes um weitere sieben Jahre zu verlängern, wobei diese Option vom Pächter jeweils spätestens 6 Monate vor dem Vertragsende ausgeübt werden muss und für die Rechtzeitigkeit der Optionsausübung der Zugang des Einschreibebriefes beim Verpächter maßgebend ist."

Gemäß Punkt 3.8 Werbekostenbeitrag verpflichtet sich der Pächter weiters "zur Bezahlung eines Werbkostenbeitrages zur Durchführung laufender Aktivitäten des Verpächters. ...... Der Pächter hat monatlich 1 % mindestens jedoch monatlich ATS 27,50/m2 (Werbekostenmindestbeitrag) zuzüglich Umsatzsteuer zu entrichten.

Für dieses Rechtsgeschäft schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien, da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss war, mit Bescheid vom 30. April 2001 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 4,848.000,00 (das entspricht € 352.317,90) eine Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG in Höhe von S 48.480,00 (das entspricht 3.523,18 Euro) gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig vor.

Auf Grund weiterer Ermittlungen schrieb das Finanzamt sodann mit dem bekämpften Bescheid abermals vorläufig die Gebühr diesmal ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von € 916.093,21 mit € 9.160,92 vor.

Dabei ging das Finanzamt bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage infolge der der Bw. vertraglich eingeräumten Verlängerungsoption auf weitere Vertragsjahre zuerst von der dreifachen und sodann von der siebenfachen der monatlichen Mindestpacht aus. Dazu ermittelte das Finanzamt die tatsächlich geleisteten Beträge der vertraglich vereinbarten Werbungs- und Nebenkosten (Akontozahlungen) in den ersten drei Jahren.

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung bringt die Bw. vor, dass es sich bei der gegenständlichen Vertragsklausel um eine "echte Option" handle, also ein befristet bindendes Vertragsangebot, das keinerlei Gebühr unterliegen würde.

Die Dauer des Pachtverhältnisses sei daher lediglich drei Jahre.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im Berufungsfall vornehmlich die Frage der Dauer des Pachtverhältnisses.

In seinem Erkenntnis vom 23. November 2005, 2005/16/0237 hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gleich gelagerten Fall dazu gesagt:

"Gemäß § 17 Abs. 4 des Gebührengesetzes 1957 (GebG 1957) ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.

Nach Abs. 5 dieser Bestimmung heben die Vernichtung der Urkunde, die Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder das Unterbleiben seiner Ausführung die entstandene Gebührenpflicht nicht auf.

Gemäß § 26 GebG 1957 gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendungen der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet eine Vertragsverlängerung durch Optionsausübung nichts anderes als die Beifügung einer Potestativ-Bedingung, bei deren Eintritt sich die Geltungsdauer des Vertrages verlängert, und dass eine solche Bedingung nach § 26 GebG 1957 zu behandeln ist, sodass die Gebühr von dem Entgelt zu entrichten ist, das auf die Summe der ursprünglich vereinbarten und vom Optionsrecht umfassenden Verlängerungszeiten entfällt ( vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Jänner 1994, Zl. 93/16/0159, vom 31. Mai 1995, Zl. 94/16/0237, sowie vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/16/0562, und die in Fellner, Stempel und Rechtsgebühren MAG7, unter E 8 ff und E 20 zu § 26 GebG 1957 wiedergegebene Rechtsprechung).

........

Das weitere Beschwerdevorbringen, wonach das vertraglich eingeräumte Optionsrecht eine sehr wohl gebührenrechtlich relevante Rechtsbedingung für das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes sei, bietet keinen Anlass dazu, von der wiedergegebenen, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur gebührenrechtlichen Bedeutung einer solchen Potestativ-Bedingung abzugehen."

Beim gegenständlichen Pachtvertrag wurde daher die Optionszeit zu Recht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Gebühr miteinbezogen.

Bezüglich der vertraglich festgelegten Neben- und Werbungskosten ist zu sagen, dass die für die ersten drei Jahre angegebenen Beträge den im Pachtvertrag ebenfalls mit einem Mindestbetrag pro m2 festgelegten Beträgen entsprechen. Da laut Angaben der Bw. der Pachtvertrag am 15. Februar 2004 ausgelaufen ist und von der Option auf Verlängerung kein Gebrauch gemacht wurde, ist davon auszugehen, dass umsatzbezogene höhere Kosten nicht mehr entstehen können und somit eine Überschreitung dieser Mindestbeträge nicht mehr erfolgen kann.

Zum Einwand der Bw. in ihrer Stellungnahme zum Vorhalt vom 8. Februar 2006, betreffend die Einbeziehung der Werbungskostenbeiträge als Teil der gebührenpflichtigen Nebenkosten ist folgendes zu sagen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu entrichten ist, alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes zu gelangen.

Grundsätzlich sind somit die Betriebskosten und weiter alle jene Kosten, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Bestandsache erleichtern oder der Sicherung dienen in die Bemessungsgrundlage für die Bestandvertragsgebühr einzubeziehen.

Dazu zählt aber auch ein Entgelt des Bestandnehmers an den Bestandgeber für die Übernahme anderstypischer Verpflichtungen des Bestandgebers zur Sicherung der Erhaltung der Bestandsache bzw. ihres besseren störungsfreien Gebrauches.

Gemäß Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2006, 2006/16/0111 sind alle Leistungen, die im Austauschverhältnis zur Einräumung des Bestandrechtes stehen, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Wenn der Bestandgeber neben der bloßen Überlassung des Gebrauches auch andere Verpflichtungen übernimmt, die der Erleichterung der Ausübung des widmungsgemäßen Gebrauches der Bestandsachen dienen, dann ist ein dafür bedungenes Entgelt Teil des Preises.

Ein Vergleich mit den vom Verwaltungsgerichtshof schon beurteilten Bestandverträgen über Messestände bietet sich an: In dem bei Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, unter Rz 49 zu § 33 TP 5 GebG 1957 beschriebenen Fall des Erkenntnisses vom 17. November 1983, Zl. 82/15/0105, 0106, gelangte der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis, dass die von der Vermieterin erbrachten Organisations- und Werbeleistungen weder der Qualifikation der mit den einzelnen Ausstellern abgeschlossenen Rechtsgeschäfte als Bestandverträge abträglich waren, noch den für die Gebührenbemessung jeweils maßgeblichen Wert zu mindern vermochten.

Hinzuzufügen ist, dass infolge der Abhängigkeit der Höhe des Pachtentgeltes von der Höhe der jeweiligen Umsätze im Berufungsfall ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen der Hauptleistung (Überlassung des Bestandgegenstandes gegen Zahlung eines Zinses) und der Nebenleistung (hier die Verpflichtung der Verpächterin zur Werbung) besteht, da durch eine entsprechende Werbetätigkeit ein größerer Umsatz und damit für die Vermieterin höhere Mieteinnahmen erhofft werden.

Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteueren, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17 a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Gemäß § 208 Abs. 1 lit a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.

Wurde, wie im Gegenstand, der Bestandvertrag im Jahre 2001 abgeschlossen, so endet nach dem oben Gesagten die Verjährungsfrist mit Ende des Jahres 2006. Die Einbeziehung der Werbungskosten in die Bemessungsgrundlage erfolgte somit jedenfalls zurecht.

Entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im oben angeführten Erkenntnis vom 23. November 2005, 2005/16/0237 zur Vertragsverlängerung durch eine Potestativ-Bedingung sind auch diese Neben- und Werbungskosten für die gesamte gebührenrechtliche Vertragsdauer von 10 Jahren in die Bemessungsgrundlage mit einzubeziehen.

Die Bemessungsgrundlage errechnet sich daher entsprechend der vertraglich beurkundeten Mindestbeträge wie folgt:

Pachtzins für 396,79 m2 á S 190,00 + Lagerfläche 40 m2 á S 50,00 monatlich

S S

75.390,10 2.000,00

Nebenkosten Aconto 436,79 m2 á S 50,00 monatlich

S

21.839,50

Werbungskostenbeitrag 436,79 m2 á S 27,50 monatlich

S

12.011,73

 

S

111.241,33

plus 20 % USt

S

22.248,27

gesamt

S

133.489,89

das entspricht

9.701,07

Für die Gesamtdauer von 10 Jahren (Vertragsdauer plus Option) ergibt sich daher eine Bemessungsgrundlage von insgesamt € 1,164.128,40.

Die Berufung war somit als unbegründet abzuweisen und der Bescheid abzuändern wie im Spruch erfolgt.

Wien, am 16. Jänner 2007

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

Schlagworte:

Mietvertrag, Option, Vertragsverlängerung, Nebenkosten, Werbungskosten

Verweise:

VwGH 17.11.1983, 82/15/0105
VwGH 23.11.2005, 2005/16/0237
VwGH 25.10.2006, 2006/16/0111

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