Bemessungsgrundlage eines Bestandvertrages
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der G;, vertreten durch Dr. W., gegen den Bescheid des Finanzamtes A; vom 27. Oktober 2005, St.Nr.: x, betreffend Rechtsgebühr entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Am 2. Juni 2003 hat die Berufungswerberin (Bw), G., vormals P, vertreten durch A.., mit der Firma M einen Mietvertrag abgeschlossen.
Der Mietvertrag enthält unter Anderem folgende Bestimmungen:
Punkt XI. 3.:
"Nach Beendigung des Mietverhältnisses übergibt der Mieter das Kellerabteil geräumt, die Bestandseinheit neu ausgemalt weiß, Böden ordnungsgemäß gereinigt , die Einrichtungsgegenstände ordnungsgemäß gereinigt, geräumt von seinen Fahrnissen und besenrein.".....
Punkt XX.
".... Der Mieter verpflichtet sich daher, einen Wärmeenergiebezugsvertrag direkt mit der Firma F abzuschließen und für die Dauer des Mietverhältnisses bis zur rechtmäßigen Rückstellung des Mietobjektes aufrecht zu erhalten. Er haftet der Vermieterin für Schäden, insbesondere auch an der Substanz des Hauses, die daraus entstehen, dass ein derartiger Energiebezugsvertrag nicht besteht. "
Im Zuge einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO erfolgten vom Finanzamt A; Beanstandungen und wurde die Gebühr mit dem spruchgegenständlichen Bescheid gemäß § 201 BAO festgesetzt, wobei sowohl die Verpflichtung die Bestandseinheit neu weiß auszumalen, als auch die Verpflichtung einen Wärmeenergiebezugsvertrag abzuschließen, bewertet und der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet wurden.
Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Die Bw. bringt im Wesentlichen vor, weder die vom Mieter übernommene Verpflichtung zum Abschluss eines Fernwärmevertrages noch die Ausmalarbeiten stellten einen gebührenrechtlich relevanten Tatbestand dar.
Dies deshalb, weil der Mieter in seiner Disposition frei bleibe das Bestandsobjekt auszumalen bzw. einen solchen Wärmebezugsvertrag überhaupt abzuschließen. Wenn auf Wunsch des Mieters keine Heizung erforderlich sei, so bestehe kein Grund und keine Verpflichtung einen Wärmebezugsvertrag abzuschließen. Im Übrigen sei ein solcher Vertrag auf ein gesondertes Rechtsgeschäft, nämlich die Beauftragung eines Wärmelieferanten durch den Mieter zurückzuführen.
Die Ausmalarbeiten dienten lediglich der gesetzlich normierten Zustandserhaltung und seien weder eine Leistung des Mieters "die zum Gebrauch erforderlich" sei noch "eine Verbesserung des Bestandgegenstandes".
Mit Berufungsvorentscheidung vom 22. Dezember 2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Der Vorlageantrag enthielt keine ergänzende Berufungsbegründung.
In seiner Berufungsentscheidung vom 1. Juni 2006, RV/0255-W/06, vertrat der unabhängige Finanzsenat die Auffassung, dass Ausmalarbeiten keine Übernahme von Verpflichtungen darstellen, die der Sicherung, der Erhaltung der Bestandsache oder der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsmäßigen Gebrauches dieser Sache dienen, sondern vielmehr der Zustandserhaltung im Sinne des §1109 ABGB. Weiters vertrat der unabhängige Finanzsenat die Auffassung, dass die allgemeine Verpflichtung des Mieters, einen Wärmeenergiebezugsvertrag direkt mit der Firma abzuschließen und für die Dauer des Mietverhältnisses aufrecht zu erhalten, nicht mehr zu den Leistungen aus dem Mietvertrag gehören.
Gegen diese Berufungsentscheidung hat das Finanzamt A; Amtsbeschwerde erhoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Bescheid (Berufungsentscheidung) des unabhängigen Finanzsenates mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2006/16/0111, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides (Berufungsentscheidung) durch den Verwaltungsgerichtshof tritt das Verfahren in jene Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des angefochtenen Bescheides befunden hat. Der unabhängige Finanzsenat hat daher in einem fortgesetzten Verfahren neuerlich über die Berufung zu entscheiden.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem obzitierten Erkenntnis folgende Rechtsanschauung dargetan:
"§ 33 TP 5 Abs. l Z. l GebG 1957 unterwirft Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewissen Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert der Rechtsgebühr, und zwar im Allgemeinen mit l v.H.
Gemäß § 1096 Abs. l ABGB sind Vermieter und Verpächter verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, dass es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf dieser Befreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im Voraus nicht verzichtet werden.
Gemäß § 1109 ABGB muss der Bestandnehmer nach geendigtem Bestandvertrage die Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat, gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der Zurückstellung schützen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählen zum "Wert", von dem die Gebühr für Bestandverträge zu berechnen ist, alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen. Dazu zählt auch ein Entgelt des Bestandnehmers an den Bestandgeber für die Übernahme anderstypischer Verpflichtungen des Bestandgebers zur Sicherung der Erhaltung der Bestandsache bzw. ihres besseren störungsfreien Gebrauches. Dienten die gegenständlichen Serviceleistungen der Erleichterung der Ausübung des bestimmungsgemäßen Gebrauches der vermieteten Büroräumlichkeiten, so bildete das Entgelt dafür einen Teil des Preises und damit der Gebührenbemessungsgrundlage (vgl. die in Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, unter Rz. 75 und 76 zu § 33 TP 5 GebG 1957 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Alle Leistungen, die im Austauschverhältnis zur Einräumung des Bestandrechtes stehen, sind in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Wenn der Bestandnehmer neben der bloßen Überlassung des Gebrauches auch andere Verpflichtungen übernimmt, die der Erleichterung der Ausübung des widmungsgemäßen Gebrauches der Bestandsachen dienen, dann ist ein dafür bedungenes Entgelt Teil des Preises. Für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 5 GebG ist nicht entscheidend, dass diese Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen ist (vgl. Fellner aaO).
Wesentlich für die Einbeziehung einer Leistung in die Bemessungsgrundlage ist, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Überlassung der Bestandsache besteht (vgl. Fellner, aaO, Rz 77 zu § 33 TP 5 GebG).
Die belangte Behörde sah vorerst einmal in der Verpflichtung, den Bestandgegenstand neu ausgemalt zurückzustellen, lediglich eine solche zur Erhaltung des Zustandes, in welchem der Bestandnehmer die Bestandsache übernommen und in welchem er sie schon nach dem Gesetz zurückzustellen habe.
Die gesetzlichen Verpflichtungen des Bestandnehmers im Zuge der Zurückstellung der Bestandsache sind im § 1109 ABGB näher geregelt, der auch im Anwendungsbereich des MRG maßgebend ist.
Bestandobjekte - mit Ausnahme gepachteter Grundstücke - sind nach § 1109 ABGB in dem Zustand zurückzustellen, in dem sie übernommen wurden, jedoch mit den Verschlechterungen, die sich aus der gewöhnlichen Abnutzung und infolge von Schäden ergeben, für die der Bestandnehmer nicht haftet (vgl. etwa Würth in Rummel, Kommentar zum ABGB I³, Rz. 7 zu §§ 1109,1110 ABGB).
Zu solchen Verschlechterungen, die sich aus der gewöhnlichen Abnutzung ergeben, zählt etwa auch das Altern der Wandfarbe. Von Gesetzes wegen wäre daher im vorliegenden Fall die Mieterin nicht dazu verpflichtet gewesen, den Bestandgegenstand neu ausgemalt zurückzustellen, wie dies im Punkt XI.3. - vom Gesetz abweichend - vereinbart wurde. Damit geht entgegen der Ansicht der belangten Behörde diese Verpflichtung der Mieterin aus dem Mietvertrag über jene nach § 1109 ABGB hinaus, den Bestandgegenstand in dem Zustand zurückzustellen, in dem er übernommen worden war, jedoch unter Inkaufnahme der Verschlechterungen infolge gewöhnlicher Abnützung.
Daraus folgt, dass es sich bei der besagten Verpflichtung zum Ausmalen des Bestandgegenstandes um eine Leistung des Bestandnehmers handelt, die zum "Wert" des Bestandvertrages nach § 33 TP 5 GebG hinzuzurechnen ist.
Weiters schied die belangte Behörde die Verpflichtung des Mieters zum Abschluss eines Wärmeenergiebezugsvertrages mit der F schon deshalb vom Wert des Bestandvertrages aus, weil es sich hiebei nicht mehr um Leistungen aus dem Mietvertrag handle.
Nach dem eingangs Gesagten zählen zum "Wert" des Bestandvertrages alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen; für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 5 GebG ist nicht entscheidend, dass die Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen ist.
Diese Voraussetzungen sind - entgegen der Ansicht der belangten Behörde -in der im Punkt XX. des Bestandvertrages enthaltenen Verpflichtung des Mieters, einen Wärmeenergiebezugsvertrag direkt mit der Firma F abzuschließen und für die Dauer des Bestandverhältnisses bis zur rechtmäßigen Rückstellung des Mietobjektes aufrecht zu erhalten, festgelegt: Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Mietvertrages handelt es sich hiebei um eine besondere Vereinbarung aus dem Mietvertrag; auch ist der von der Abgabenbehörde erster Instanz aufgezeigte wirtschaftliche Zusammenhang dieser Verpflichtung mit der Überlassung der Bestandsache erfüllt, weil aus der in Punkt XX. zweiter Satz des Mietvertrages verdeutlichten Schadenersatzpflicht des Mieters das Interesse der Mitbeteiligten an der Erhaltung der Bestandsache durch Gewährleistung der Beheizung erhellt. Die gegenüber der Mitbeteiligten eingegangene Verpflichtung zum Abschluss des Wärmeenergiebezugsvertrages war daher eine besondere Leistung, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtete, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen, mag auch die gegenüber der Mitbeteiligten eingegangene Verpflichtung darin bestanden haben, den Energiebezugsvertrag mit einem Dritten abzuschließen und das Entgelt aus dem Energiebezugsvertrag an einen Dritten zu entrichten.
Auf ein Naheverhältnis zwischen der Mitbeteiligten und der F kam es bei diesem Ergebnis nicht an."
Gemäß §63 Abs.1 VwGG sind die Verwaltungsbehörden im fortgesetzten Verfahren verpflichtet, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Auf Grund der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes war die Berufung daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 6. Dezember 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 TP 5 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte: | Bestandvertrag, Wert, Leistung, Dritter |