Unzulässige Vorschreibung von Säumniszinsen für eine nachträglich beseitigte Eingangsabgabenschuld
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerden des Bf., Adr., vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt, 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, vom 10. März 2003 gegen die Berufungsvorentscheidungen des Hauptzollamtes Feldkirch vom 7. Februar 2003, Zahl 900/xxx/2002-3 und vom 7. März 2003, Zahl 900/xxx/2002-5, betreffend Säumniszinsen entschieden:
Den Beschwerden wird Folge gegeben.
Der Spruch der Berufungsvorentscheidung vom 7. Februar 2003 wird wie folgt geändert:
Der Berufung wird stattgegeben. Die Säumniszinsbescheide vom 24. Juli 2001 und vom 30. Juli 2001, Zahl 900/000/xxxxx/01/1999/00, werden aufgehoben.
Der Spruch der Berufungsvorentscheidung vom 7. März 2003 wird wie folgt geändert:
Der Berufung wird stattgegeben. Der Säumniszinsenbescheid vom 30. August 2001, Zahl 900/000/xxxxx/01/1999/00, wird aufgehoben
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom 21. Juni 2001 setzte das Hauptzollamt Feldkirch für den Beschwerdeführer (Bf.) eine Eingangsabgabenschuld in Höhe von ATS 643.905,00 fest.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung.
Mit den Bescheiden vom 24. Juli 2001, 30. Juli 2001 und 30. August 2001 schrieb das Hauptzollamt Feldkirch dem Bf. Säumniszinsen für die Säumniszeiträume 15. Juni bis 14. Juli 2001, 15. Juli bis 14. August 2001 und 15. August bis 14. September 2001 in Höhe von jeweils ATS 3.563,00 (entspricht € 258,93) vor.
In den dagegen erhobenen Berufungen führte der Bf. aus, er habe in Erwartung, dass die Berufungsentscheidung betreffend den Bescheid vom 21. Juni 2001 prompt ergehen würde, keine aufschiebende Wirkung beantragt. Weil die Vorschreibung von Säumniszinsen erst in Betracht komme, wenn der "Hauptsachenbetrag" feststehe, seien die angefochtenen Bescheide verfrüht ergangen. Weiters beantragte der Beschwerdeführer, seiner Berufung gegen die Festsetzung der Eingangsabgabenschuld "aufschiebende" Wirkung" zuzuerkennen.
Mit den Berufungsvorentscheidungen vom 7. März 2003 bzw. 7. Februar 2003 wies das Hauptzollamt Feldkirch die Berufungen gegen die Vorschreibung von Säumniszinsen als unbegründet ab und führte im Wesentlichen aus, dass Säumniszinsen eine formelle Abgabenzahlungsschuld, nicht jedoch die Rechtskraft der "Stammabgabe" voraussetzen würden. Ein Bescheid über die Festsetzung von Säumniszinsen sei daher auch dann rechtmäßig, wenn die zugrunde liegende Abgabenschuld sachlich unrichtig sei.
Dagegen wurden mit Eingabe vom 10. März 2003 jeweils der Rechtsbehelf der Beschwerde erhoben. Die in der Folge ergangenen abweisenden Berufungsentscheidungen wurden vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Oktober 2006 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Unabhängige Finanzsenat hat deshalb darüber im fortgesetzten Verfahren zu entscheiden.
Über die Beschwerden wurde erwogen:
Gemäß Art. 221 Abs. 1 Zollkodex (ZK) ist der Abgabenbetrag dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.
Nach Art. 222 Abs. 1 Buchstabe a ZK ist der nach Art. 221 ZK mitgeteilte Abgabenbetrag innerhalb der festgesetzten Frist zu entrichten. Unbeschadet des Art. 244 zweiter Absatz ZK darf diese Frist zehn Tage, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Mitteilung des geschuldeten Betrags an den Zollschuldner, nicht überschreiten.
Art. 232 Abs. 1 ZK lautet:
"(1) Ist der Abgabenbetrag nicht fristgerecht entrichtet worden,
a) ...
b) so werden zusätzlich zu dem Abgabenbetrag Säumniszinsen erhoben. Der Säumniszinssatz kann höher als der Kreditzinssatz sein. Er darf jedoch nicht niedriger sein."
Ist der Abgabenbetrag nicht fristgerecht entrichtet worden, sind auch gemäß § 80 ZollR-DG Säumniszinsen zu erheben, wenn die Säumnis mehr als fünf Tage beträgt.
Die Vorschreibung von Säumniszinsen nach Art. 232 Abs. 1 Buchstabe b ZK dient der Sicherung des Abgabenanspruches (Witte, Zollkodex4, Rz 8 zu Art. 232).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zlen. 2006/16/0036, 0037 mit Hinweisen zur entsprechenden Judikatur ausgeführt hat, ist dem Zollamt insoweit zu folgen, als die Vorschreibung von Säumniszinsen den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsanspruches voraussetzt. Das ist die Verpflichtung einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus einer bescheidmäßigen Festsetzung (§ 198 BAO) oder bei Selbstbemessungsabgaben auf Grund des Abgabengesetzes selbst bzw. aus der Selbstbemessung durch den Abgabenpflichtigen (vgl. VwGH 2000/16/0080 vom 23. März 2001).
Im vorliegenden Fall ist jedoch die Eingangsabgabenvorschreibung vom 21. Juni 2001 vom Zollamt mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Dezember 2002 ersatzlos beseitigt worden. Durch die ersatzlose Aufhebung des Eingangsabgabenbescheides, die ex tunc wirkt, trat aber das Verfahren über die Eingangsabgabenvorschreibung in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat (vgl. Ritz, BAO3 Tz 12 f zu § 289)
Das bedeutet für die Beschwerdefälle, dass der formal begründete Abgabenanspruch in der Folge rückwirkend wieder beseitigt wurde.
Somit erweist sich die Vorschreibung von Säumniszinsen für die nicht festgesetzten Eingangsabgaben als rechtswidrig.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am 6. Dezember 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | Art. 221 Abs. 1 ZK, VO 2913/92 , ABl. Nr. L 302 vom 19.10.1992 S. 1 |
Schlagworte: | Säumniszinsen, aufgehobener Eingangsabgabenbescheid |