UFS RV/1529-W/05

UFSRV/1529-W/0523.11.2006

Haftung für Kapitalertragsteuer nach einer Betriebsprüfung

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0003 eingebracht. Mit Erk. v. 19.9.2007 als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des R.L., (Bw.) vom 1. April 2005 gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk vom 15. März 2005 gemäß § 9 iVm § 80 BAO entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und die Haftung wie folgt eingeschränkt:

Abgabe

Zeitraum

Betrag

Kapitalertragsteuer

2000

6.540,56

EZ

2002

89,09

EZ

2004

4.356,78

Umsatzsteuer

2000

3.191,28

U

1996

705,57

U

1997

1.692,70

U

1998

6.817,37

U

1999

5.681,63

EZ

2004

2.075,31

U

2003

218,86

SZ1

2005

63,83

Summe: € 31.432,96

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt für den 8., 16. und 17. Bezirk hat am 15. März 2005 gegen den Bw. einen Haftungsbescheid erlassen und ihn für folgende Abgabenschuldigkeiten der L.GesmbH zur Haftung herangezogen:

Abgabe

Zeitraum

Betrag

Kapitalertragsteuer

2000

39.946,64

EZ

2002

89,09

EZ

2004

4.356,78

Umsatzsteuer

2000

3.191,28

U

1995

1.846,54

U

1996

1.751,85

U

1997

1.692,70

U

1998

6.817,37

U

1999

5.681,63

EZ

2004

2.075,31

U

2003

218,86

SZ1

2005

63,83

Summe: € 67.731,88

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bw. seit 21. Mai 1992 als Geschäftsführer der L.GesmbH fungiert habe und daher verpflichtet gewesen sei, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

Die Umsatzsteuer sei nicht oder unzureichend gemeldet und entrichtet worden. Es sei Sache des Geschäftsführers darzutun, weswegen er ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen, widrigenfalls eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden könne.

Zudem seien ihm als Vertreter der Gesellschaft Kapitalerträge zugeflossen, daher sei er Schuldner der Kapitalertragsteuer, deren Nichtabfuhr er zu verantworten habe.

Dagegen richtet sich die Berufung vom 1. April 2005 in der ausgeführt wird, dass zum aushaftenden Rückstand eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig sei und aufschiebende Wirkung zuerkannt werden sollte. Das Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung werde bestritten und dazu auf den umfangreichen Schriftverkehr im Abgabenfestsetzungsverfahren verwiesen.

Aus der Aktenlage ergebe sich ferner, dass dem Bw. mangels liquider Mittel eine Abgabenentrichtung nicht möglich gewesen sei, daher werde die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 2. Mai 2005 als unbegründet abgewiesen und dem Berufungsvorbringen entgegengehalten, dass ein anhängiges Beschwerdeverfahren vor dem VwGH einer Haftungsbescheiderlassung nicht entgegenstehe.

Die Annahme der schuldhaften Pflichtverletzung gründe sich auf das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung. Laut Lehre und Rechtsprechung sei in diesem Fall der Einwand der nicht vorhandenen Mittel nicht haftungsentlastend. Zudem sei das Fehlen der benötigten Geldmittel zur Abgabenentrichtung nur behauptet jedoch in keiner Weise belegt worden.

Am 8. Juni 2005 wurde der Antrag auf Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat gestellt und dazu ergänzend ausgeführt, dass es bisher keinerlei Einbringungsmaßnahmen bei der Gesellschaft gegeben habe, daher werde die Erlassung eines Haftungsbescheides als Schikane empfunden. Über das Vorliegen einer allfälligen schuldhaften Pflichtverletzung werde der Verwaltungsgerichtshof entscheiden. Zu fehlenden Geldmitteln werde ausgeführt, dass der Betriebsprüfung die Einkunftshöhe des Bw. ja bekannt sein müsse. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, solange die zu Grunde liegenden Bescheide nicht rechtskräftig seien. Eine Ausstellung eines Haftungsbescheides bei einem laufend geführten Gewerbebetrieb könne nicht rechtens sein, daher werde die Aufhebung des Haftungsbescheides beantragt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten.

Nach § 9 Abs.1 BAO liegt demnach eine Ausfallshaftung dar, somit ist zunächst festzustellen, dass die Gesellschaft nach den Erhebungen der Abgabenbehörde erster Instanz vom 18. Februar 2005 und nach neuerlicher Überprüfung, wegen des Vorbringens im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren, vom 29. September 2006, nicht mehr tätig ist. Eine Gegenstellungnahme des Bw. liegt nicht vor, da das Aufforderungsschreiben nicht behoben wurde. Die Außenstände können beim Primärschuldner daher nicht mehr eingebracht werden.

Unbestritten fungierte der Bw. ab 21. Mai 1992 als handelsrechtlicher Geschäftsführer, daher oblag ihm generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der L.GesmbH im Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung.

Der Haftungsbescheid ist zunächst in einem Teilumfang wegen mittlerweilen erfolgter Tilgung der Abgabenschuld aufzuheben, dies betrifft Umsatzsteuer 1995 zur Gänze, zur Umsatzsteuer 1996 verbleibt ein Restbetrag in der Höhe von € 705,57 und zur Kapitalertragsteuer 2000 ein Restbetrag in der Höhe von € 39.939,61.

Unrichtig wurde weiters im Haftungsbescheid die für den gesamten Prüfungszeitraum 1995 bis 2000 angefallenen Abgabennachforderungen an Kapitalertragsteuer im Zeitraum 2000 ausgewiesen.

Spruch des Haftungsbescheides ist die Geltendmachung der Haftung für einen bestimmten Abgabenbetrag einer bestimmten Abgabe. Damit wird auch die Sache des konkreten Haftungsverfahrens und insoweit auch der Rahmen für die Änderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz im Berufungsverfahren iSd § 289 Abs.2 BAO festgelegt. Eine Abänderung ist demnach nur dann möglich, wenn einzelne Abgabenschuldigkeiten ausgewiesen sind, was im gegenständlichen Fall nicht vorliegt, da keine Zuordnung von Teilbeträgen an die einzelnen Jahre erfolgt ist. Der Berufung war somit in diesem Punkt stattzugeben und nur die tatsächlich für das Jahr 2000 angefallene Kapitalertragsteuer zu belassen, da nur diesbezüglich eine entsprechende Konkretisierung der haftungspflichtigen Abgabe vorgenommen wurde.

Bei Einlagen von S 270.000, 00 ergibt sich laut Betriebsprüfungsbericht Kapitalertragsteuer in der Höhe von S 90.000,00 (€ 6.540,56) für das Jahr 2000.

Zur Frage einer schuldhaften Pflichtverletzung und der dadurch bewirkten Uneinbringlichkeit der verbleibenden Abgabenschuldigkeiten ist auszuführen:

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Heranziehung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten (VwGH 17.10. 2001, 2001/13/0127).

Im Berufungsverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher, wenn Bescheide über den Abgabenanspruch ergangen sind, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht mit Erfolg erhoben werden (VwGH 19.6.2002, 2002/15/0018).

Es wäre dem Bw. somit lediglich nach § 248 BAO innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offen stehenden Frist zugestanden auch gegen Bescheide über den Abgabenanspruch zu berufen.

Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

Nach der das Abgabenfestsetzungsverfahren abschließenden Berufungsentscheidung vom 9. November 2004 (RV/3483-W/02) wurde bei der L.GesmbH, die als Betriebsgegenstand das Gastgewerbe hatte, für die Jahre 1995 bis 1999 eine Betriebsprüfung und für Jänner bis August 2000 eine Umsatzsteuernachschau abgehalten.

Dabei wurden nicht gedeckte Lebenshaltungskosten und nicht erklärbare Einlagen festgestellt, die zu Umsatzzuschätzungen und der Vorschreibung von Kapitalertragsteuer auf Grund von verdeckten Gewinnausschüttungen führten.

Die Erlassung des Haftungsbescheides knüpft an die in Rechtskraft erwachsenen Bescheide an, der Abschluss des außerordentlichen Rechtsmittelverfahrens vor dem VwGH ist nicht abzuwarten.

Die am 7. Dezember 2004 eingereichte Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2003 hat eine Restschuld von € 218,86 ausgewiesen, die bisher nicht entrichtet wurde.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat zweit folgenden Kalendermonats eine Voranmeldung einzureichen und eine sich ergebende Vorauszahlung zu entrichten, was in dem gegenständlichen Jahr nicht erfolgt ist, woraus sich die Haftung des Bw. ergibt.

Gemäß § 96 Abs. 1 EStG ist die Kapitalertragsteuer binnen einer Woche ab Zufließen der Kapitalerträge abzuführen.

Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche (Aussetzungszinsen 2002 und 2004 und Säumniszuschlag1 für U 2000).

Wenn die Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten fehlen, ist es Sache des Bw. nachzuweisen, dass er die vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet hat (VwGH 18. Oktober 1995, 91/13/0037, 0038).

Dieser Nachweis ist unterblieben. Die Gesellschaft war nach der Aktenlage zumindest bis zum Ende des Jahres 2004 tätig, daher waren Mittel zur Aufrechterhaltung des Gastgewerbebetriebes vorhanden, demnach hätten auch entsprechende Steuerzahlungen geleistet werden müssen.

Nach Lehre und Rechtssprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden (VwGH 16.12.1999, 97/16/0006).

Wien, am 23. November 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Haftung für Kapitalertragsteuer nach einer Betriebsprüfung

Stichworte