Berechnung der Tagesdiäten (Differenzreisekosten) eines Piloten
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Christian A., Adr., vom 30. Juni 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes Mödling vom 12. Juni 2003 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Berufungsvorentscheidung abgeändert.
Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Einkommensteuer wird auf die Berufungsvorentscheidung vom 27. August 2003 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber Christian A. (Bw.) machte bei der Arbeitnehmerveranlagung 2002 zahlreiche Werbungskosten in Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit als Linienpilot geltend. Es handelt sich dabei um Aufwendungen für Interessensvertretungen, Pendlerpauschale, Arbeitsmittel, Fachliteratur, Reisekosten, Ausbildungskosten und Garagenmiete insgesamt in Höhe von € 6.969,89.
Der Bw. legte neben diversen anderen Unterlagen eine Aufstellung über seine Dienstreisen im Jahr 2002 bei. Aus der Aufstellung ist das jeweilige Datum, der (ausländische) Zielflughafen, Abflug- und Landezeit sowie die Uhrzeit, zu der das Personalgebäude verlassen bzw. wieder betreten wurde, ersichtlich. Des weiteren sind die vom Dienstgeber ausbezahlten jeweiligen Diäten (insgesamt € 3.261,46), die Diäten laut EStG, ein etwaiges Frühstückspauschale (beides gesamt € 4.500,90) und die sich aus diesen Beträgen ergebende Differenz (€ 1.239,44) ausgewiesen. Die Diäten laut EStG wurden vom Bw. so berechnet, dass für die Zeit zwischen Abflug/Wien und Landung/Wien Auslandsdiäten herangezogen wurden (sofern Reisedauer über 5 Stunden) und für die Zeit zwischen Verlassen des Personalgebäudes und Abflug bzw. zwischen Landung und Betreten des Personalgebäudes Inlandsdiäten geltend gemacht wurden.
Im Einkommensteuerbescheid 2002 berücksichtigte das Finanzamt lediglich Werbungskosten von €3.563,00, wobei vom geltend gemachten Verpflegungsmehraufwand (€ 1.239,44) lediglich ein Betrag von € 320,30 für Frühstück anerkannt wurde.
Folgende Aufwendungen wurden aus den Werbungskosten ausgeschieden (Euro):
Beitrag Wr. Ski- und Snowbordlehrerverband | 37,00 |
Pendlerpauschale | 1.470,00 |
70% der Grundgebühr Festnetz | 129,53 |
30% der Grundgebühr Handy | 85,05 |
30% von Handy, Computerzubehör | 83,46 |
Bekleidung, Uniformreinigung | 310,30 |
Tagesdiäten - Differenzwerbungskosten | 919,14 |
Garagenmiete Airport | 130,80 |
Flugunfallversicherung | 241,54 |
Gesamt | 3.406,82 |
Zu den nicht anerkannten Aufwendungen führte das Finanzamt u.a. hinsichtlich der Nächtigungskosten aus, dass die Unterkunft vom Dienstgeber kostenlos zur Verfügung gestellt werde und daher nur die zusätzlichen Kosten für das Frühstück von gesamt € 320,30 zustehen. Ein Verpflegungskostenmehraufwand könne nicht berücksichtigt werden, da durch den Dienstgeber Tagesdiäten gewährt werden.
Der Bw. brachte gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 eine Berufung ein, da die geltend gemachten Reisekosten (Unterkunftskosten und Differenzwerbungskosten) nicht im vollen Umfang abgezogen worden seien.
Zu den Unterkunftskosten stellte der Bw. fest, dass der Dienstgeber grundsätzlich bei normalen Dienstreisen die Unterkunft zur Verfügung stelle, dies gelte jedoch nicht während der Ausbildungsphase. Von den XY-Airlines seien monatlich € 419,68 als Unterkunftspauschale in Rechnung gestellt worden. Im Jahr 2002 seien zwei Monatsraten nachträglich für das Jahr 2001 fällig gestellt worden. Aus den übermittelten Schulungsverträgen und der Bestätigung des Arbeitgebers sei die Verpflichtung zur Erstattung der Unterkunftspauschale ersichtlich. Der Bw. ersuche daher um Berücksichtigung von € 839,36.
Hinsichtlich der Reisekosten i.S. von Differenzwerbungskosten wies der Bw. darauf hin, dass er eine detaillierte Aufstellung der Reisetätigkeit inkl. Aufteilung der Reisedauer in Inlands- und Auslandszwölftel sowie der Differenz zwischen den vom Dienstgeber ausbezahlten Diäten und jenen gemäß § 26 Z. 4 lit d EStG übermittelt habe. Er habe ausschließlich Tagesgeldsätze zuzüglich allfälliger Frühstückspauschalen verrechnet und keine Nächtigungsgebühr.
Unter Hinweis auf § 26 Z. 4 lit d EStG und § 16 Z. 9 EStG sei prinzipiell die Geltendmachung als Werbungskosten bis zum Höchstsatz der Bundesbediensteten gegeben. In den Lohnsteuerrichtlinien (LStR) Rz 285 werde impliziert, dass Reisekosten auch ohne Nachweis bis zum Höchstsatz abzugsfähig seien, wobei Kostenersätze durch den Dienstgeber abzuziehen seien.
Weiters zitiert der Bw. LStR Rz 726, wonach bei Auslandsdienstreisen für die Frage, ob neben den Auslandsreisesätzen der Reisegebührenvorschrift der Bundesbediensteten zusätzlich anteilige inländische Tagesgelder nach § 26 Z 4 EStG zum Zuge kommen, eine einheitliche Dienstreise anzunehmen sei. Ab dem Grenzübertritt stehen die Tagesgelder im Höchstmaß der Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten zu. Für die Gesamtreisezeit abzüglich der durch die Auslandsreisesätze erfassten Reisezeiten stehe das Inlandstagesgeld zu. Sehe die Reisegebührenvorschrift auf Grund der Dauer des Auslandsaufenthaltes keine Auslandsreisesätze vor, so gelte die gesamte Reise als eine Inlandsdienstreise. Alle diese Regeln gelten sowohl bei Dienstreisen mit ausschließlicher ausländischer Dienstverrichtung als auch bei Dienstreisen mit gemischter inländischer und ausländischer Dienstverrichtung.
Der Bw. merkte dazu an, dass der Dienstgeber folgende Pauschalsätze laut Kollektivvertrag auszahle, die keinerlei Bezug auf das unterschiedlich hohe Preisniveau des Bestimmungslandes nehmen: bis 6 Stunden 1/3, bis 12 Stunden ½, 24 Stunden 1/1 von € 36,34 im Ausland bzw. € 30,67 im Inland. Bei Test- und Trainingsflügen zahle der Dienstgeber keine Diäten aus.
Bei der Aufrechnung der Differenzwerbungskosten beachte er explizit die Steuerpflicht bei Kostenersätzen, die über die Höchstsätze hinausgehen, und nehme eine entsprechende Gegenrechnung vor.
Der Bw. ersucht daher abschließend, zusätzlich zu den bereits anerkannten Frühstückskosten (€ 320,30) die Differenzreisekosten von € 919,14 somit insgesamt € 1.239,44 anzuerkennen. Bei beiden Berufungspunkten seien also zusätzlich € 1.758,50 zu berücksichtigen.
Das Finanzamt erließ mit teilweise stattgebender Berufungsvorentscheidung einen neuen Einkommensteuerbescheid, in welchem nunmehr Werbungskosten von insgesamt € 3.584,00 in Abzug gebracht wurden. In der Begründung wurde zur Berücksichtigung der Auslandsdiäten ausgeführt, dass bei mehr als 5 Stunden Reisedauer 1/3 der Auslandsreisesätze, bei mehr als 8 Stunden 2/3 und bei mehr als 12 Stunden 3/3 angesetzt werden. Auslandsreisen unter 5 Stunden werden mit dem aliquoten Inlandssatz berücksichtigt, was insgesamt € 3.282,40 ergebe. Davon seien die Diätenersätze mit € 3.261,46 in Abzug gebracht worden.
Die in der Berufung angeführten Kosten für Unterkunft von € 839,30 seien bereits im ersten Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden.
Die Werbungskosten (exklusive der Werbungskosten ohne Anrechnung auf den Pauschbetrag von € 172,46) seien wie folgt berechnet worden (in Euro):
Arbeitsmittel | 670,95 |
Fachliteratur | 30,00 |
Reisekosten: | |
Frühstück | 320,00 |
Unterkunft | 839,30 |
Differenzdiäten | 20,94 |
Ausbildungskosten | 1.500,00 |
Sonstige Werbungskosten | 30,00 |
Gesamt | 3.411,55 |
Der Bw. beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, da die Differenzdiäten von € 919,14 nur teilweise anerkannt worden waren. Die Abgabenbehörde erster Instanz stütze die Berechnung fälschlicherweise auf folgende Grundlagen:
- - Als Reisebeginn sei der Abflugszeitpunkt, als Reiseende die Landezeit herangezogen worden. Reisezeiten vor und nach der Flugbewegung seien unberücksichtigt geblieben.
- - Es sei hinsichtlich der Aliquotierung der Diätensätze ausschließlich das Rechenmodell für Auslandsreisen herangezogen worden (ab 5 Std. 1/3, ab 8 Std. 2/3, ab 12 Std. 3/3). Der Inlandsreiseanteil mit der resultierenden Aliquotierung auf Zwölftelbasis sei trotz der Ausführungen der LStR (Rz 726 und 312) negiert worden.
Der seiner Reisekostenaufstellung zu Grunde liegende Beginn der Dienstreise entspreche dem Verlassen der "Homebase", welche der Betriebsstätte laut EStG gleichzusetzen sei. Von diesem Zeitpunkt bis zum Abflug sei von einer Inlandsreise auszugehen. Die Abflugszeit bis zur erneuten Landung (sofern über 5 Stunden) entspreche dem Auslandsreiseanteil und ab der Landung bis zur Rückkehr in die Homebase sei wiederum von einer Inlandsreise auszugehen. Er folge somit den Ausführungen in den LStR:
Rz 312: "Für die Frage, ob neben den Auslandsreisesätzen zusätzlich anteilige Inlandsreisesätze zum Zuge kommen, ist von einer einheitlichen Reise auszugehen. Ab dem Grenzübertritt (bei grenzüberschreitenden Flugreisen ab dem Abflug bzw. bis zur Ankunft im Inland) kommen die Sätze für das jeweilige Land zur Anwendung. Sodann sind von der in Tagen bzw. in Zwölfteln ausgedrückten Gesamtreisezeit die durch die Auslandsreisesätze erfassten Tage bzw. Zwölftel abzuziehen; für die verbleibenden Reisezeiten steht das Inlandstagesgeld zu. Dies gilt auch dann, wenn der Inlandsanteil isoliert betrachtet nicht mehr als drei Stunden beträgt. Beträgt der Auslandsanteil nicht mehr als fünf Stunden, so liegt insgesamt eine Inlandsreise vor."
Der Bw. verweist weiters auf das in Rz 728 genannte Beispiel, wonach die Zeit zwischen Abflug und Ankunft als Auslandsreise gelte und die Zeiten zwischen Abfahrt zum Flughafen und Abflug bzw. zwischen Landung und Ende der Reise als Inlandsreise. Das Finanzamt meine, dass die Fahrt von der Homebase zum Flugzeug keine Reise darstelle, da das gesamte Flughafenareal sein Dienstort sei. Das sei nicht korrekt. Sein Dienstort bzw. Betriebsstätte sei ausschließlich das XY-Airlines Flugbetriebsgebäude, wo vor jeder Dienstreise einerseits die firmeninternen Formalitäten zum Dienstantritt sowie die gesetzlich vorgeschriebenen Flugvorbereitungen durchgeführt werden. Dies schließe jedoch nicht das gesamte Flughafenareal samt Umfeld ein.
Nach Rz 284 gelte als Mittelpunkt der Tätigkeit jene Betriebsstätte des Arbeitgebers, in welcher der Arbeitnehmer Innendienst verrichtet (zB Vorbereitungs- oder Abschlussarbeiten). Eine bestimmte Mindestdauer sei nicht Voraussetzung.
Eine Dienstreise liege dann vor, wenn der Arbeitnehmer seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt (Rz 699).
Das Finanzamt vermute, dass auf Grund der örtlichen Nähe des Dienstortes zum Flughafenareal das Durchreisen desselben nicht als Teil der Dienstreise anzuerkennen sei. Diese Einschätzung könne nicht Erfolg haben, da sonst auch zB Dienstreisen von einem Dienstort in Wien nach Salzburg erst ab Passieren der Stadtgrenze als Dienstreise angesehen werden dürften. Außerdem sei rein abstrakt betrachtet eine Auslandsreise von einem Dienstort in Österreich ohne Inlandsreiseanteil nicht möglich. Somit müssten "Zwölftel" als Grundlage der Aliquotierung der Taggeldsätze herangezogen werden.
Abschließend stellt der Bw. fest, dass die nicht korrekte "Ausweitung" seines Dienstortes zur Aberkennung relevanter Reisezeiten geführt habe und somit zur Schmälerung der Diätensumme. Darüber hinaus seien die Diätensätze fälschlich auf "Drittel-Basis" berechnet worden. Aus Rz 726 ergebe sich die Notwendigkeit der Berechnung in "Zwölftel". Schon aus letzterem Grund ergebe sich eine um € 324,00 höhere Summe.
Insgesamt seien zusätzlich € 898,20 anzuerkennen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zum Berufungspunkt hinsichtlich der vom Dienstgeber in Rechnung gestellten Unterkunftskosten von € 839,36 war festzustellen, dass dieser Aufwand - entgegen der Begründung des ersten Einkommensteuerbescheides - vom Finanzamt aus den steuerlich berücksichtigten Werbungskosten nicht ausgeschieden wurde. In der Berufungsvorentscheidung weist das Finanzamt dementsprechend darauf hin, dass der gegenständliche Betrag bereits anerkannt wurde. Dieser Punkt ist daher nicht mehr strittig.
Hinsichtlich der Tagesgebühren ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Bw. unternimmt als Linienpilot der XY-Airlines Kurz- und Mittelstreckenflüge, für welche der Bw. vom Dienstgeber steuerfreie Tagesgelder ausbezahlt bekommt. Die Differenz zu den im EStG vorgesehenen höheren Tagesgeldern wird als Werbungskosten geltend gemacht. Strittig ist nun Beginn und Ende und damit die Dauer der Dienstreisen bzw. das Vorliegen eines Inlandsreiseanteils. Laut Aufstellung des Bw. verlässt dieser das Flugbetriebsgebäude jeweils rund 30 bis 90 Minuten (in einzelnen Fällen sogar über 2 Stunden) vor Abflug und begibt sich zum Flugzeug. Die Rückkehr in das Flugbetriebsgebäude erfolgt laut Bw. grundsätzlich 30 Minuten nach der Landung.
Das Finanzamt legte in der Berufungsvorentscheidung der Berechnung der Dauer der Flugreisen die Abflug- und Landezeiten zu Grunde und ermittelte so nach Abzug der vom Dienstgeber gewährten Diäten Differenzwerbungskosten für Auslandsreisen von € 20,94 ohne einen Inlandsreiseanteil zu berücksichtigen. Der Bw. hingegen erachtete als Beginn der Dienstreisen das Verlassen seiner "Homebase" und als Ende die Rückkehr an dieselbe, wobei nach seiner Ansicht der Zeitraum vor dem Abflug und nach der Landung als Inlandsreiseanteil anzusehen sei. Durch die Berücksichtigung von zusätzlichen Inlandsreisesätzen ergaben sich laut der Berechnung des Bw. Differenzreisekosten von € 919,14. Darüber hinaus hält der Bw. auch die vom Finanzamt vorgenommene Berechnung auf "Drittelbasis" für unrichtig. Laut den Lohnsteuerrichtlinien Rz 726 sei die Berechnung in "Zwölftel" vorzunehmen.
Mehraufwand für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen gehören nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG zu den Werbungskosten. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 EStG ergebenden Beträge nicht übersteigen.
Gemäß § 26 Z 4 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nicht jene Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden.Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers - seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verläßt oder - so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, daß ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann. a) ... b) Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu, ausgenommen eine lohngestaltende Vorschrift im Sinne des § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 sieht eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen vor; in diesem Fall steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu. c) ... d) Tagesgelder für Auslandsdienstreisen können mit dem Höchstsatz der Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten berücksichtigt werden.
Die "Dienstreise" im Sinne des § 26 Z 4 EStG ist von der "Reise" im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG zu unterscheiden. Während die Dienstreise im Gesetz definiert ist (siehe oben), ergibt sich der Begriff der "Reise" nur aus der Rechtsprechung. Danach liegt eine Reise dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder aus sonstigem beruflichem Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, ohne dass dadurch der bisherige Mittelpunkt der Tätigkeit aufgegeben wird; dabei muss es sich - zum Unterschied von der Dienstreise - um eine größere Entfernung handeln (mindestens 20 - 25 km) (Doralt, EStG Kommentar, § 26, Tz 33).
Weiters muss eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bei Inlandsreisen und mehr als fünf Stunden bei Auslandsreisen vorliegen und es darf kein weiterer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werden (Doralt, EStG Kommentar, § 16, Tz 173).
In der Praxis bedeutet dies, dass Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise vom Arbeitgeber bezahlt werden, gemäß § 26 Z 4 EStG steuerfrei sind. Sind die Zahlungen des Arbeitgebers niedriger als die Sätze des § 26 Z 4 EStG, kommen die jeweiligen (Differenz-)Beträge dann als Werbungskosten einer "Reise" in Betracht, wenn sie obige Voraussetzungen für eine "Reise" erfüllen.
Für den Beginn einer Reise ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem sich der Arbeitnehmer vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt. Im vorliegenden Fall ist daher ausschlaggebend, was konkret als "Mittelpunkt der Tätigkeit" anzusehen ist.
Mittelpunkt der Tätigkeit ist jedenfalls der Ort der Betriebsstätte, in welcher der Steuerpflichtige Innendienst verrichtet (Doralt, EStG Kommentar, § 16, Tz 174).
Fest steht, dass der Bw. vor dem Abflug regelmäßig sowohl im Büro tätig wird als auch im Flugzeug Vorbereitungen zu treffen hat. Es ist daher davon auszugehen, dass nicht nur das Flughafenbetriebsgebäude Mittelpunkt der Tätigkeit ist, sondern dass zum Mittelpunkt der Tätigkeit alle Orte innerhalb des Flughafenareals gehören, an denen der Bw. regelmäßig im Auftrag des Arbeitgebers tätig wird. Dafür spricht auch, dass in § 26 Z 4 EStG neben dem "Büro" ua. auch das "Werksgelände" als Beispiel für den Dienstort angeführt ist.
Begibt sich der Pilot zu seinem Flugzeug, liegt daher mangels Entfernung vom üblichen Tätigkeitsort noch keine Reise vor.
Die gleichen Überlegungen gelten analog für die Beendigung der Reise.
Die Reise und zwar eine Auslandsreise dauert somit vom Zeitpunkt des Abflugs in Wien/Schwechat bis zur Landung ebendort. Gemäß § 25d Reisegebührenvorschrift (RGV) gilt nämlich bei Auslandsflugreisen der Abflug bzw. die Ankunft im inländischen Flughafen als Grenzübertritt. Ein vorangehender bzw. daran anschließender Inlandsreiseteil ist im speziell gelagerten vorliegenden Fall nicht vorhanden, da die Reise vom Flughafen aus angetreten wird.
Zur Frage der Berechnung der Tagesgebühren bei Auslandsreisen ist § 17 RGV heranzuziehen: Danach steht für je 24 Stunden der Dienstreise die volle Tagesgebühr zu. Bruchteile bis zu fünf Stunden bleiben unberücksichtigt. Für Bruchteile in der Dauer von mehr als fünf Stunden gebührt ein Drittel, für mehr als acht Stunden zwei Drittel der Tagesgebühr. Bruchteile von mehr als zwölf Stunden werden als volle 24 Stunden gerechnet.
Die Berechnung auf "Drittelbasis" durch das Finanzamt erfolgte daher zu Recht.
Zum Vorbringen des Bw., es sei gemäß Rz 726 LStR eine Berechnung in "Zwölftel" durchzuführen, ist zu entgegnen, das Richtlinien für den Unabhängigen Finanzsenat keine beachtliche Rechtsquelle darstellen, da ihnen keine Rechtsnormqualität zukommt. Davon abgesehen ist Rz 726 LStR keineswegs dahingehend zu interpretieren, dass entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (§ 17 RGV) bei Auslandsreisen eine Zwölftelberechnung vorzunehmen ist. In dem unter Rz 726 angeführten Beispiel wird zwar auf Zwölftel umgerechnet, es wird jedoch dadurch hinsichtlich der Auslandsreisen zu keinem anderen Ergebnis kommen wie bei der Berechnung auf Drittelbasis.
Der Berufung war insofern teilweise stattzugeben als die Differenzreisekosten - wie vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung berechnet - € 20,94 betragen.
Wien, am 7. November 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Linienpilot, Tagesgelder, Differenzwerbungskosten, Mittelpunkt der Tätigkeit, Auslandsflugreisen |
Verweise: | Doralt, EStG-Kommentar, § 26 Tz 33 |