Alleinerzieherabsetzbetrag bei bestrittener Lebensgemeinschaft?
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom 15. November 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom 25. Oktober 2005 betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 2000 bis 2004 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit nach Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 303 Abs. 4 BAO) betreffend Einkommensteuer 2000 bis 2003 bzw. nach Aufhebung des Einkommensteuerbescheides 2004 (§ 299 Abs. 1 BAO) neu ergangenen Sachbescheiden wurde der nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 geltend gemachte (in den Vorbescheiden berücksichtigte) Alleinerzieherabsetzbetrag bei der Berufungswerberin (Bw) nicht anerkannt, weil sie entgegen dem in den Steuererklärungen (als "ledig") ausgewiesenen Familienstand im jeweiligen Veranlagungsjahr mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit dem (Ehe)Partner gelebt habe.
Dem wurde im erstinstanzlichen Verfahren entgegen gehalten, dass das (dem Finanzamt im Zuge einer Nachkontrolle bekannt gewordene) Zusammenleben der Bw und ihres Kindes mit dem Kindesvater unter einer gemeinsamen Adresse zwar den Schluss auf eine (Lebens)Gemeinschaft mit einem Partner zulasse, dass dies bei näherer Überprüfung der konkreten Gegebenheiten aber aus mehreren Gründen unrichtig sei.
So werde nach § 106 EStG 1988 der (Ehe-)Partner als eine Person definiert, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind in einer eheähnlichen Gemeinschaft wohnt. Das Tatbestandsmerkmal einer eheähnlichen Gemeinschaft stelle dabei auf das Zusammenleben in einer Lebensgemeinschaft ab, zu dem im Allgemeinen eine Geschlechts- Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft gehört. Vorliegendenfalls treffe zwar zu, dass die Bw und ihr Kind in dem im Alleineigentum des Kindesvaters stehenden Haus leben, doch sei daraus noch keine eheähnliche Gemeinschaft mit diesem ableitbar. Anders als etwa beim Sachverhalt im VwGH-Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 96/15/0176, sei im Streitfall kein Wohnen in der gemeinsamen Wohnung mit dem Partner gegeben, sondern wohne die Bw in einer Art Untermietverhältnis, wobei sie für ihren Teil der Benützung seit dem Jahr 1998 eine Monatsmiete von € 180,- bezahle. Die Bezahlung erfolge zum Teil in bar und zumeist in Form von Dienstleistungen, wie Waschen und Bügeln. Die Nutzung des Hauses erfolge dergestalt, dass die Küche nur von der Bw und dem Kind benutzt werde, weil sie für den sich auswärts (meistens im Wirtshaus) verpflegenden Kindesvater nicht koche und er die Küche deshalb auch nicht gebrauche. Das mit einem eigenen Zugang versehene Schlafzimmer werde vom Kindesvater alleine benützt und schlafe die Bw mit dem Kind in der Mansarde. Im Haus befänden sich zwei WC, die von der Bw und dem Kind bzw vom Kindesvater jeweils getrennt benutzt würden. Lediglich das Badezimmer sei aus Platzgründen nicht zu trennen und werde daher zu verschiedenen Zeiten vom Kindesvater oder "von uns" aufgesucht. Die zum Großteil getrennte Nutzung des Hauses sei somit eine Tatsache. Da es dem Merkmal einer Wohnungsgemeinschaft entspreche, dass die Partner in einer gemeinsamen Wohnung (zusammen) leben, um dort den Mittelpunkt ihrer Lebensführung einzurichten, treffe dieses Merkmal im Streitfall nicht zu. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Bw sei es ihr nicht möglich, aus dem Haus auszuziehen und eine Wohnung zu mieten, weshalb die geschilderte Mitbenützung des Hauses günstiger sei als das Anmieten einer vergleichbaren Wohnung. Davon abgesehen nehme die Bw auch Rücksicht auf ihre Tochter. Die Kommunikation zwischen dem Kindesvater und der Bw sei leider sehr dürftig, tagsüber sähen sich die Beteiligten ohnedies nicht und wenn alle im Haus anwesend seien, lebe man sozusagen aneinander vorbei.
Zum Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft sei auszuführen, dass die Bw ihren Lebensunterhalt und zum Teil auch den Lebensunterhalt des Kindes mit ihren bescheidenen Einkünften bestreiten muss, da sie vom Kindesvater kein Haushaltsgeld oder andere Zuwendungen erhalte. Dem Kind stecke der Kindesvater zwar hin und wieder Geld zu und habe er für dieses auch ein Konto eingerichtet, auf das er monatlich € 200,- einzahle. Dieses Konto wird von ihm allerdings überwacht, sodass die Bw die Einlagen nicht zur Gänze zu beheben wage. Auch für Kleidung oder andere notwendige Anschaffungen bekomme das Kind vom Vater gelegentlich Geld. Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten sei die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft widersinnig, da nach zivilrechtlichen Grundsätzen eine solche dann vorliege, wenn die Lebensgefährten die Bedürfnisse des täglichen Lebens auf gemeinsame Rechnung bestreiten, dh. die Mittel zur Haushaltsführung gemeinschaftlich aufwenden. Ein Lebensgefährte muss den anderen also an seinen Gütern teilnehmen lassen (EFS1g 46.305, 51.556, 63.513). Im Übrigen sei nach der zivilrechtlichen Judikatur ein Zusammenleben, bei dem eine Frau vom Mann im Rahmen eines Untermietverhältnisses beherbergt wurde und diese für ihn entgeltlich den Haushalt führte, nicht als Wirtschaftsgemeinschaft angesehen worden (EFS1g 51.701). Im Fall der Bw treffe nicht einmal die Haushaltsführung im herkömmlichen Sinne zu (siehe Verköstigung des Kindesvaters außer Haus), geschweige den andere Voraussetzungen dafür.
Zur Frage des Vorliegens einer Geschlechtsgemeinschaft seien im Hinblick auf die oben dargelegten Verhältnisse nähere Ausführungen wohl entbehrlich, doch sei abschließend darauf hinzuweisen, dass das Leben der Bw mit dem Bild einer Lebensgemeinschaft in wesentlichen Merkmalen, nämlich einem eheähnlichen Zustand, nicht übereinstimme. Vorliegendenfalls würden alle (vorgenannten) drei Kriterien einer Lebensgemeinschaft fehlen, die nach Ansicht des OGH auch dadurch gekennzeichnet sei, dass die beiden Partner Freud` und Leid miteinander teilen, einander Beistand und Dienste leisten und einander an der Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Gütern teilnehmen lassen (EFS1g 43.741, 66.463; RZ 1991, 143). Die zivilrechtliche Judikatur stelle hier auch besonders auf die seelische Gemeinschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen den Partnern ab, somit auf Erscheinungsbilder, die der Bw und dem Kindesvater schon lange vor dem Streitjahr 2000 abhanden gekommen seien.
Die abweisend ergangenen Berufungsvorentscheidungen wurden im Wesentlichen damit begründet, dass die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages nicht zur Abgeltung von Unterhaltspflichten vorgesehen sei, sondern weil die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, die alleine Kinder aufzuziehen hat, geringer ist, als bei einer in Partnerschaft lebenden Person. Die Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft der Bw sei aufgrund einer seit dem Jahr 1989 bestehenden polizeilichen Meldung begründet. Mögen hier auch persönliche Umstände vorliegen, die das Erscheinungsbild einer üblichen Partnerschaft in den Hintergrund stellen, so werde durch das gemeinsame Wohnen in einem Haus die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dennoch erhöht, womit die Berücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages nicht zu bejahen sei.
Dagegen wurde (ohne weitere Begründung) Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz erhoben.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der für den Zeitraum 2000 bis 2003 geltenden Fassung steht einem Alleinerzieher ein Alleinerzieherabsetzbetrag von 364 Euro (5.000 S) jährlich zu. Nach der für das Streitjahr 2004 maßgeblichen Fassung des Steuerreformgesetzes 2005 (BGBl I, Nr. 57/2004) ist dieser Betrag für Alleinerzieher mit einem Kind in Höhe von 494 Euro jährlich vorgesehen. Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner lebt. Als Kinder iSd § 106 Abs. 1 EStG 88 gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG zusteht. Ehepartner ist gemäß § 106 Abs. 3 leg. cit. eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt.
Eine eheähnliche Gemeinschaft iSd § 33 Abs. 4 EStG 1988 liegt dann vor, wenn zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben und das gemeinschaftliche Zusammenleben auf Dauer angelegt ist. Bei einer Lebensgemeinschaft handelt es sich um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen eine Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft. Dabei kann aber auch das eine oder andere Merkmal fehlen (vgl. VwGH 21.10.2003, 99/14/0224; VwGH 24.2.2004, 99/14/0247). Die Merkmale einer Geschlechts-, Wohnungs- und Wirtschaftsgemeinschaft müssen demgemäß nicht kumuliert vorliegen. Das Wohnen in gemeinsamer Wohnung mit dem gemeinsamen Kind lässt auf das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft schließen (VwGH 23.10.1997, 96/15/0176, 0177). Indizien für eine Lebensgemeinschaft können auch die polizeiliche Meldung an ein- und demselben Wohnort oder eine gemeinsame Zustelladresse sein (vgl. VwGH 30.6.1994, 92/15/0212).
Zum Vorbringen der Bw ist zunächst zu ergänzen, dass diese ihren Hauptwohnsitz nach den zuletzt abgerufenen aktuellen Meldedaten unter der gemeinsamen Adresse P 87, F, bis zum 31. Juli 2006 inne hatte und erst ab diesem Zeitpunkt unter einer neuen Adresse (B/154) als wohnhaft gemeldet ist. Zu den örtlichen Gegebenheiten am früheren Wohnsitz ist als Ergebnis einer Nachschau vom 23. Oktober 2006 festzuhalten, dass das um einen Zubau (im Jahr 1993) erweiterte Wohnhaus im Erdgeschoss des Altbauteiles einen Vorraum (5,81 m2), ein WC (1,62 m2), ein Bad (2,91 m2), eine Speiskammer (1,62 m2), eine Küche (3,83 m2) und ein Wohnzimmer (30,30 m2) enthält. Vom Wohnzimmer gelangt man auf eine nicht überdachte Terrasse (mit Grillofen), die zu einem Swimmingpool ("Freibad") führt. Im Zubauteil des Hauses sind ein Schlafzimmer (20 m2), ein weiterer Wohnraum (27 m2) und ein WC (4,34 m2) vorhanden. Das Dachgeschoss des Hauses (Mansarde) enthält ein Kinderzimmer (12 m2) und ein Schlafzimmer (13 m2).
Was die für die Streitjahre 2000 bis 2004 maßgeblichen Verhältnisse angeht, ist zu bemerken, dass daraus entgegen der negativen Gesamtbeurteilung der Bw sehr wohl Komponenten zutage treten, die auf das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft hindeuten. So stellt das bereits angeführte gemeinsame Wohnen mit dem Kindesvater (in einem Einfamilienhaus) ein Element dar, das zivilrechtlich zum Charakteristikum einer umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft iSd § 90 ABGB zählt, wobei das Benutzen getrennter Schlafzimmer (bei einem entsprechenden Platzangebot) selbst bei intakten Ehen nicht unüblich ist, und auch ein aus vielerlei Gründen (zB gesundheitlicher Natur) möglicher Wegfall einer geschlechtlichen Beziehung eine derartige Gemeinschaft nicht ausschließt, wenn die Partner weiterhin zusammenleben wollen. Das dauerhafte Wohnen im Haus des Kindesvaters (laut Daten im zentralen Melderegister seit 14.11.1994) ist jedenfalls ein Indiz dafür, dass zwischen den Beteiligten - gleich wie bei Lebenspartnern - ein wechselseitiges Vertrauensverhältnis bestand und dass auf beiden Seiten eine Lebensführung gegeben war, die eine anständige Begegnung der Kindeseltern und die Rücksichtnahme aufeinander einschloss (vgl. Rummel, ABGB-Kommentar, Bd. 1, 2. Aufl., § 90, S. 136 ff). Eine auswärtige Verpflegung in Gaststätten ist in der modernen Leistungsgesellschaft keine Seltenheit, weil es gerade für berufstätige (Ehe)Partner notwendig ist, ihre Hauptmahlzeiten aus Zeitgründen auswärts im Gasthaus oder in einer Kantine am Arbeitsort zu konsumieren. Nicht glaubwürdig ist hier in freier Beweiswürdigung, dass der Kindesvater den Küchenbereich für sich nicht genutzt haben soll, da es jeder Lebenserfahrung entgegen steht, die Küche im eigenen Haus nicht einmal für Zwecke einer einfachen Nahrungsversorgung (zB Trinkwasser, Aufbewahrung von Getränken im Kühlschrank, Zubereitung von Kaffee oder belegten Broten uä.) zu benötigen. Die Nutzung zweier Toiletten beweist kein "getrenntes" Leben, da solches von den Bewohnern eines Einfamilienhauses (mit mehreren Nasseinheiten) je nach Gewohnheit und Familienbedarf unterschiedlich oder ähnlich wie im Streitfall gestaltet sein kann - eine strikte Trennung scheint hier bei einer Anzahl von drei Personen (allein) sowie bei einem Besuch von Gästen oder von Spielkameraden des Kindes allerdings zweifelhaft -, und ist in der Benützung eines Badezimmers "zu verschiedenen Zeiten" nur der familienübliche Gebrauch einer derartigen Räumlichkeit zu erblicken. Soweit die Bw für ihren Teil der Hausnutzung einen Beitrag "zumeist in Form von Dienstleistungen, wie Waschen und Bügeln" geleistet hat, unterscheidet sie sich darin nicht von anderen Lebenspartnerinnen, die ebensolche Arbeiten im Haushalt des Mannes verrichten. Das Erbringen dieser Arbeiten ist damit nicht als Ableistung eines Mietzinses erkennbar, sondern weist vielmehr auf eine (sich aus der Gemeinschaft ergebende) einvernehmliche Regelung in Bezug auf die Haushaltsführung hin. Hinsichtlich der Nutzung sonstiger Bereiche innerhalb und außerhalb des Hauses hat sich die Bw zwar einer Äußerung enthalten, doch darf nach der Lebenswirklichkeit davon ausgegangen werden, dass die Bw und das Kind sich tagsüber oder abends nicht nur in den Mansardenzimmern (von rund je 13 m2) aufgehalten haben, sondern auch das Wohnzimmer im Erdgeschoss sowie die davor gelegene (vom Wohnzimmer aus begehbare) Hausterrasse mitnutzen konnten und ihnen auch der im Freien gelegene Swimmingpool zugänglich gewesen ist. Im Rahmen der in Anspruch genommenen Wohnungsnutzung hat die Bw somit auch einen faktischen Anteil an den Gütern (Wohnhaus) des Kindesvaters gehabt.
Die ab dem Jahr 1998 behauptete Entrichtung eines Mietzinses in Form teilweiser Barzahlungen findet im Aktenmaterial keine Deckung, da beim Kindesvater in den Streitjahren 2000 bis 2004 nur die nach den Mitteilungen über die gesonderte Feststellung von Einkünften aus der Besitzgemeinschaft H 21, F, auf ihn entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 188 BAO) nachvollziehbar sind - an dieser Gemeinschaft war auch die Bw mit einem Anteil von 20% beteiligt -, über daneben bezogene (andere) Mieteinkünfte den Akten aber nichts zu entnehmen ist. Die an den Kindesvater ohnedies nur teilweise in Form von Barzahlungen behaupteten Beträge sind daher allenfalls als Zuschuss der Bw zu den Wohnungskosten (dh. als Ausdruck eines gemeinsamen Wirtschaftens) plausibel, über dessen Zumutbarkeit zwischen den Partnern ein Einvernehmen bestanden haben muss. Das Leben im Haus des Kindesvaters legt zugleich ein gemeinsames (partnerschaftliches) Interesse an dieser Gestaltung nahe, die ohne einen entsprechenden Gemeinschaftswillen sonst nicht möglich gewesen wäre. Dieser Konsens im Sinn einer Lebensgemeinschaft kommt nicht zuletzt in den vom Kindesvater bekannt gegebenen Personendaten seiner Einkommensteuererklärungen zum Ausdruck, worin unter der Rubrik "Familien- und Vorname des (Ehe)Partners" die Bw namentlich angeführt worden ist.
Aus dem Hinweis, dass der Kindesvater für die Tochter monatlich Geldbeträge auf ein Konto eingezahlt sowie ihr zwischenzeitig ("hin und wieder") Geld überlassen hat, und dass von ihm auch Geldmittel für Kleidung oder andere notwendige Anschaffungen des Kindes bereit gestellt wurden, ist eine gemeinsame Wirtschaftsführung in Bezug auf den Lebensunterhalt des Kindes gleichfalls nicht in Abrede zu bringen, da derartige Aufwendungen auch sonst von (Ehe)Partnern gemeinsam getragen werden. Mit dem teilweisen Entfall dieser Kosten sowie dem im Vergleich zu einer Mietwohnung günstigeren Wohnen im Einfamilienhaus befand sich die Bw auch in einer vorteilhafteren finanziellen Situation, da ihr die dafür aufzubringenden Mittel andernfalls nicht zur Verfügung gestanden wären.
Das nachhaltige Verweilen der Bw und des Kindes im Haus des Kindesvaters lässt somit den Schluss zu, dass die hier praktizierte Gestaltung den Bedürfnissen aller Beteiligten entsprochen hat und deshalb aufgrund dieser Gemeinschaftsinteressen langjährig aufrecht erhalten wurde. Zu bedenken ist hier auch, dass das Tatbestandselement einer "eheähnlichen Gemeinschaft" in § 106 Abs. 3 EStG 1988 einen unbestimmten Gesetzesbegriff darstellt, der ebenso wie der einer "umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft" nach § 90 ABGB ein im Spannungsfeld zwischen Gemeinschafts- und Individualsphäre stehender ist, in den soziologische Wertungen einfließen und der auch der Wandlung in der Zeit unterliegt (vgl. Pichler in Rummel, ABGB-Kommentar, aaO, Rdz 3 zu § 90).
Das Wohnen unter der Adresse P 87, F, zeigt nach dem oben Gesagten keine Sachlage, aufgrund welcher mit dem Alleinerzieherabsetzbetrag jene besondere Belastung abgegolten werden soll, der alleinstehende Personen mit Kindern ausgesetzt sind (vgl. Doralt, EStG-Kommentar, Band III, Tz. 35 zu § 33 EStG 88). Ohne Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner (alleinstehend) leben, trifft nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates nicht schon deshalb zu, weil die Partner, wie im Streitfall vorgebracht, im Laufe der Zeit "aneinander vorbei gelebt" haben mögen, wenn im äußeren Erscheinungsbild eine Lebensgestaltung wie bei Ehegatten unter vergleichbaren Bedingungen erfolgt (vgl. VwGH 23.10.1997, 96/15/0176). Mit dem gemeinsamen Wohnen im Einfamilienhaus wurde die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Bw unstreitig erhöht, wodurch sie (bis zur Aufgabe dieses Wohnsitzes) gegenüber alleinstehenden Personen entsprechend geringer belastet gewesen ist.
Die Berufung erwies sich damit als unbegründet.
Graz, am 31. Oktober 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Alleinerzieher, Ehepartner, Lebensgemeinschaft, eheähnlich, gemeinsames Wohnen |
Verweise: | VwGH 21.10.2003, 99/14/0224 |