Widerrechtliche Verwendung eines KFZ mit ausländischem Kennzeichen im Inland nach einem Monat ab Einbringung in das Bundesgebiet
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw, Adresse, vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt, 5280 Braunau, Stadtplatz 36, vom 28. Dezember 2000 gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau am Inn, vertreten durch Dr. Christa Scharf, vom 19. Dezember 2000 betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum zweites bis viertes Kalendervierteljahr 1999 und betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe entschieden:
Den Berufungen wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben betragen:
Die Kraftfahrzeugsteuer für August bis Dezember 1999 wird wie folgt festgesetzt: (63 KW minus 24) mal 5,50 für 5 Monate ergibt gerundet 1.072,00 ATS bzw. 77,91 €. Bisher war festgesetzt: 1.929,00 ATS.
Die Normverbrauchsabgabe wird für August 1999 wie folgt festgesetzt: Bemessungsgrundlage 102.592,00 ATS mal 8 % ergibt 8.207,00 ATS bzw. 596,43 €. Bisher war festgesetzt: 10.637,00 ATS.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer bei Bw (in der Folge: Bw) durchgeführten Nachschau wurde im November 2000 festgestellt, dass das Kraftfahrzeug Toyota Corolla Baujahr 1999 mit einem Kilometerstand von 11.000 und einer Motorleistung von 63 KW mit einem näher angeführten deutschen Kennzeichen seit 15. Juli 1999 auf den Bw zugelassen ist. Der Bw erklärte anlässlich der Nachschau, dass er das gegenständliche Fahrzeug für die Bewältigung der Strecke Wohnort-Arbeitsstätte benutze. Weiters wurde angegeben, dass er die deutsche Staatsbürgerschaft sowie eine deutsche Lenkerberechtigung besitze und sein Arbeitgeber das Krankenhaus B sei. Seine Ehegattin, die einen weiteren auf ihn in Deutschland zugelassenen Pkw in Gebrauch habe, sei ebenfalls deutsche Staatsbürgerin und verfüge nur über eine deutsche Lenkerberechtigung. Sie arbeite ebenfalls in B und habe ihren Familienwohnsitz (ein Einfamilienhaus) in A, Österreich, und einen Zweitwohnsitz in B, in der K1. Das gleiche inländische Einfamilienhaus wurde auch vom Bw als inländischer Wohnsitz angegeben.
Mit Vorhalt vom 30. August 2000 wurde dem Bw mitgeteilt, dass gemäß § 1 Z. 3 des geltenden Normverbrauchsabgabegesetzes (NoVAG) die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland der Normverbrauchsabgabe unterliege, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht werde. Diese Bestimmung gelte ab 23. Juli 1999. Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht und hier verwendet würden, seien bis zum Gegenbeweis als Fahrzeuge mit dauerndem Standort im Inland (Standortvermutung) anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge sei gemäß § 82 Abs. 8 Kraftfahrgesetz 1967 nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig. Bei überwiegender Verwendung des Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland, sei dieses nach Auffassung der Behörde jedenfalls in Österreich zum Verkehr anzumelden. Werde dieser Verpflichtung nicht entsprochen, so erfolge die Verwendung nach Ablauf des Dreitageszeitraumes entgegen den kraftfahrrechtlichen Vorschriften (ohne die kraftfahrrechtlich erforderliche Zulassung im Inland) und damit widerrechtlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 3 KfzStG 1992 in Verbindung mit § 82Abs. 8 Kraftfahrgesetz 1967. Bei widerrechtlicher Verwendung würde die Kraftfahrzeugsteuerpflicht vom Beginn des Kalendermonats, indem die Verwendung einsetze, bis zum Ablauf des Kalendermonates, in dem die Verwendung ende, dauern. Der Bw wurde aufgefordert, einen Hauptwohnsitz namhaft zu machen bzw. weitere Wohnsitze bekannt zu geben und die diesbezüglichen Meldebestätigungen vorzulegen.
Mit Vorhaltsbeantwortung vom 7. September 2000 führte der Bw aus, dass er neben seinem Wohnsitz in Österreich auch noch einen Wohnsitz in Deutschland habe. Ferner wurde von ihm darauf hingewiesen, dass es nach "neuem EU-Recht" keine Unterscheidung mehr nach Hauptwohnsitz und Wohnsitz gebe. Er sei in Deutschland steuerlich veranlagt, da er im öffentlichen Dienst beschäftigt sei. Die rechtliche Ausführung des Finanzamtes, dass bei überwiegender Verwendung des Fahrzeuges mit ausländischem Kennzeichen im Inland dieses jedenfalls in Österreich zum Verkehr anzumelden sei, werde massiv zurückgewiesen. Auf Grund des deutschen Arbeitgebers sei er gezwungen, sich überwiegend in Deutschland aufzuhalten bzw. sein Fahrzeug überwiegend in Deutschland zu verwenden. Ebenso wenig lasse sich sein überwiegender Lebensmittelpunkt definieren. Zusammenfassend sei festzustellen, dass er keineswegs der Auffassung sei, dass die auf ihn zugelassenen Fahrzeuge einer Normverbrauchsabgabe bzw einer Kraftfahrzeugsteuer in Österreich unterliegen würden.
Den beigelegten Meldebestätigungen des Bw kann entnommen werden, dass der Bw von November 1997 bis Oktober 1998 in AÖ und ab Oktober 1998 in B, in der K1 gemeldet war.
Aus dem weiters im Akt aufliegenden Meldezettel der Gemeinde Ü ergibt sich, dass sich der Bw am 10. Oktober1997 zum Hauptwohnsitz in Plz ( A ) angemeldet hat.
In der Folge wurden für den angeführten Pkw vom Finanzamt Braunau mit Bescheiden vom 19. Dezember 2000 Normverbrauchsabgabe in Höhe von 10.637,00 ATS (8 % von110.800,-- zuzüglich 20 % gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG, somit 8.864,00 ATS plus 1.773,00 ATS) sowie Kraftfahrzeugsteuer für die Kalendervierteljahre 2 bis 4/1999 in Höhe von 1.929,00 ATS festgesetzt. In den Begründungen wurde auf die Ausführungen des Vorhaltes vom 30. August 2000 sowie auf die Ergebnisse der Nachschau verwiesen.
Die festgesetzte Kraftfahrzeugsteuer wurde wie folgt berechnet: Die Motorleistung von 63 KW wurde mit dem Steuersatz von 5,50 multipliziert. Für Juli 1999 wurden sodann für 17 Tage (Anmeldung am 15. Juli 1999) 196,35 ATS und für die Monate August bis Dezember 1999 1.732,50 ATS festgesetzt.
In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung vom 28. Dezember 2000 brachte der Bw vor, er habe seinen Wohnsitz in Österreich, er habe aber auch noch einen Wohnsitz in Deutschland "(ab Geburt ohne Unterbrechung)". Er sei in Deutschland steuerlich veranlagt, da er im öffentlichen Dienst beschäftigt sei. Beruflich sei er dazu gezwungen (der Arbeitgeber befinde sich in Deutschland), sich überwiegend und primär in Deutschland aufzuhalten bzw. das Fahrzeug überwiegend und primär in Deutschland zu verwenden. Sein Lebensmittelpunkt sei Deutschland, da er beruflich wegen Bereitschaftsdiensten, Hintergrunddiensten, akuten Notfällen in der Nacht usw. gezwungen sei, seinen Wohnsitz in Deutschland zu nutzen. Nach neuerem EU-Recht gebe es keine Unterscheidung mehr nach Hauptwohnsitz und Wohnsitz. Weiters wies der Bw darauf hin, dass es seiner Ansicht nach keine Ungleichbehandlung zwischen Unternehmern und Privatpersonen geben dürfe und somit für die gegenständlichen Steuerpflichten immer entscheidend sein müsse, in welchem Staat man steuerlich veranlagt sei. Hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer wies der Bw auf die seiner Ansicht nach unrichtig angesetzte Bemessungsgrundlage hin, da von der Motorleistung nach dem Gesetz "24" abgezogen hätten werden müssen.
Die Berufung gegen beide Bescheide wurden vom Finanzamt mit Schreiben vom 27. Februar 2001 zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz hat vor Erlassung mit Hilfe eines Routenplaners die Entfernung zwischen dem Familienwohnsitz in A und dem Arbeitsplatz des Bw in B eruiert. Nach den im Akt aufliegenden Abfrageergebnissen beträgt die Entfernung je nach gewählter Route zwischen 2,4 und 7,5 km und beträgt die Fahrtzeit zwischen 3 und 11 Minuten.
Mit Berufungsentscheidung vom 29. Juni 2001 wurde die Berufung gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe als unbegründet abgewiesen. (Die Berufung gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer wurde vorerst nicht entschieden.) Bei Fahrzeugen mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit Hauptwohnsitz im Inland benutzt würden, sei bis zum Gegenbeweis davon auszugehen, dass diese Fahrzeuge einen dauernden Standort im Inland hätten. Grundsätzlich sei festzustellen, dass der Hauptwohnsitz eine Unterkunft darstelle, an der man sich mit der Absicht niedergelassen habe, diesen zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu machen. Eine Person könne mehrere Wohnsitze haben, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse. Bei mehreren Wohnsitzen sei nach geltender Rechtslage derjenige als Hauptwohnsitz anzusehen, zu dem man ein überwiegendes Naheverhältnis habe. Der Verwaltungsgerichtshof habe hiezu in ständiger Rechtsprechung dargetan, dass im Regelfall nach den Erfahrungen des Lebens die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort bestünden, an dem man regelmäßig und Tag für Tag mit seiner Familie lebe, dass also der Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer verheirateten Person regelmäßig am Ort des Aufenthaltes der Familie zu finden sein werde. Diesbezüglich habe der Gerichtshof festgestellt, dass es der Lebenserfahrung widerspreche, wenn eine Person ohne Vorliegen besonderer Umstände zu einem Wohnsitz, der etwa eine Wohnung am Arbeitsplatz darstelle und nur während der Arbeitswoche benutzt werde, engere persönliche Bindungen habe als zu einer mit der Ehefrau gemeinsam benutzten Wohnung. Wenn daher unbestrittenermaßen feststehe, dass der Beschwerdeführer, der zwar in Deutschland berufstätig sei, regelmäßig zumindest an den Wochenenden von seiner Arbeitsstätte in das gemeinsame Einfamilienhaus zurückkehre und hier mit seiner Ehefrau zumindest die Wochenenden und sonstigen freien Tage verbringe, so stelle der Wohnsitz im Inland den Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse dar. Es gehöre nämlich zum allgemeinen Erfahrungsgut des Lebens, dass Eheleute, die zusammen wohnen, einen gemeinsamen Haushalt führen. Diese rechtliche Ansicht decke sich mit den eigenen Angaben des Beschwerdeführers, dass sich der Familienwohnsitz der Ehefrau in Österreich (im Einfamilienhaus) befinde und dass der Wohnsitz in Deutschland aus rein beruflichen Gründen existiere. Auf Grund der aufrechten Ehe sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Frau seinen Hauptwohnsitz in Österreich inne habe. Diese Ansicht werde durch die Hauptwohnsitzmeldebestätigung einer näher angeführten Gemeinde in Österreich bestätigt. Die Hinweise auf die aufrechte deutsche Staatsbürgerschaft, den Arbeitgeber in Deutschland bzw.auf die deutsche Zulassung für den gegenständlichen Pkw stünden der rechtlichen Beurteilung der Abgabenbehörde nicht entgegen. Der allgemein gehaltene Einwand, dass europarechtlich keine Unterscheidung mehr zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz existiere, sei auf Grund mangelnder näherer Ausführungen des Beschwerdeführers bzw. der im Berufungszeitraum geltenden und somit anzuwendenden Bestimmungen des Hauptwohnsitzgesetzes bzw. Meldegesetzes nicht geeignet, die Rechtsansicht der belangten Behörde zu ändern. Vielmehr sei darauf hinzuweisen, dass in den Begriffsbestimmungen des geltenden internationalen OECD-Abkommens bezüglich Personen, die in zwei Vertragsstaaten über einen Wohnsitz verfügten, die Regelung dahingehend getroffen werde, dass(wie in den oben angeführten österreichischen Normen) auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abzustellen sei. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass bezüglich des Beschwerdeführers im Unterschied zu seiner Ehefrau Österreich nur deshalb nicht auch das Besteuerungsrecht zukomme, weil auf Grund des geltenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland festgelegt werde, dass für einen in Österreich ansässigen Grenzgänger, der bei einem öffentlichen Arbeitgeber in Deutschland beschäftigt sei, das Besteuerungsrecht an den Bezügen Deutschland zugeteilt werde. Der Ansässigkeitsstaat bleibe demnach trotz Besteuerungsrecht von Deutschland auch für den Beschwerdeführer Österreich.
In der Berufungsentscheidung wurde aufgrund des sich somit ergebenden Lebensmittelpunktes des Bw im Inland die Anwendbarkeit der Standortvermutung des § 82 Abs 8 KFG, wonach bis zum Gegenbeweis davon auszugehen sei, dass ein Fahrzeug an diesem Mittelpunkt seinen Standort habe, bejaht. Ein Fahrzeug mit ausländischem Kennzeichen und Standort im Inland dürfe nur an den drei auf das Einbringen in das Bundesgebiet folgenden Tagen benutzt werden. Danach müsste das Fahrzeug im Inland zugelassen werden. Die Normverbrauchsabgabe sei vorzuschreiben gewesen, da nach § 1 Abs 3 NoVAG die erstmalige Zulassung zum Verkehr im Inland der Normverbrauchsabgabe unterliege. Ab 23. Juli 1999 gelte als erstmalige Zulassung auch die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre.
Gegen diese Berufungsentscheidung ist am 31. August 2001 Beschwerde beim VwGH eingebracht worden. Darin wendet der Beschwerdeführer im wesentlichen ein, dass im zweitinstanzlichen Verfahren nicht ausreichend von Amts wegen der Mittelpunkt der Lebensinteressen ermittelt worden sei. Andernfalls hätte man aufgrund der vielfältigen und näher dargestellten Lebensverhältnisse festgestellt, dass dieser nicht im Inland gewesen sei. Überdies sei dem Beschwerdeführer der Gegenbeweis zur Standortvermutung nicht ermöglicht worden.
Am 16. Oktober 2003 erging vom UFS an den Bw im Zusammenhang mit der anhängigen Berufung gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer ein Fragenvorhalt. Dem Bw wurde darin mitgeteilt, dass auch bei der Kraftfahrzeugsteuer letztlich auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abzustellen sei und dieser aufgrund der Aktenlage (Familienwohnsitz im Inland, Meldung als Hauptwohnsitz und zumindest in der Regel tägliche Rückkehr an den Familienwohnsitz) in Österreich gelegen sei. Der Bw wurde aufgefordert, nähere Angaben für das Vorliegen eines Mittelpunktes der Lebensinteressen in Deutschland zu machen, diese näher zu erläutern und belegmäßig nachzuweisen. Art, Größe, und die Form der Nutzung der Wohnung in Deutschland sollten näher erläutert werden. Ebenso sollte gegebenenfalls die überwiegende Verwendung des Fahrzeuges in Deutschland, etwa durch Vorlage entsprechender Fahrtenbücher, Dienstaufträge, Reisekostenabrechnungen und dergleichen, nachgewiesen werden.
In Beantwortung des Vorhaltes teilte der Bw zunächst mit, dass er es für sinnvoll erachte, mit der Entscheidung über die Berufung gegen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer bis zur Entscheidung des VwGH über die Beschwerde betreffend Nova-Vorschreibung zuzuwarten.
Weiters gab der Bw an, dass er im Rahmen seines Berufes in Deutschland für Dialysen zuständig sei, sodass seine Einsätze oft sehr dringlich seien und er sich auch im Rahmen seiner Bereitschaftsdienste in seiner Wohnung in Deutschland aufhalten müsse. In dieser Zeit würde auch seine Gattin in der deutschen Wohnung wohnen. Überdies unterhalte er dort auch den weitaus überwiegenden Teil seiner privaten Kontakte und sei dort politisch und sportlich tätig. In Österreich gäbe es keinerlei Verwandte mehr. Aus den angeführten Gründen ergebe sich, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland liege und auch der fragliche PKW überwiegend im Ausland verwendet werde.
Am 25. Jänner 2006 erging zur Zahl 2001/14/0170 die Entscheidung des VwGH über die Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe. Der VwGH hob die Berufungsentscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf, da der in der vorgeschriebenen Normverbrauchsabgabe enthaltene 20%ige Zuschlag gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG nach der EuGH Entscheidung vom 29. April 2004, in der Rechtssache C-387/01 "Weigel", gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Dagegen konnte der VwGH in der Annahme eines inländischen Mittelpunktes der Lebensinteressen und der damit verbundenen Rechtsfolgen keine Rechtswidrigkeit erkennen. Der Beschwerdeführer habe seinen inländischen Wohnsitz selbst als Hauptwohnsitz angegeben und er hätte auch im Verwaltungsverfahren ausreichend Gelegenheit gehabt, den Gegenbeweis für die Standortvermutung im Inland anzutreten. Die erst in der Beschwerde vorgebrachten freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte (eventuell in Verbindung mit weiteren Argumenten) in Deutschland hätten bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht werden können.
Mit Schreiben vom 20. Februar 2006 wurde der Akt vom zuständigen Finanzamt dem UFS zum fortgesetzten Verfahren vorgelegt.
Daraufhin wurde vom Referenten unter Bezugnahme auf die VwGH-Entscheidung mit dem steuerlichen Vertreter des Bw telefonisch und mittels Mail Kontakt aufgenommen. Der steuerliche Vertreter wurde ersucht, es möge bekannt gegeben werden, ob zur Frage des Mittelpunkts der Lebensinteressen und zur Führung des Gegenbeweises zur Standortvermutung eine neuerliche Beweisaufnahme oder im Falle neuen Vorbringens weitere Erhebungen erwünscht seien. Für den Fall des Vorliegens neuer Argumente oder Beweismittel wurde die Zustellung eines Fragenvorhaltes angekündigt. Auf den Vorhalt vom 16. Oktober 2003, in dem ausführlich auf die relevanten Möglichkeiten der Nachweisführung eingegangen wurde, wurde verwiesen.
Mit Fax-Nachricht vom 3. April 2006 teilte der steuerliche Vertreter dem Referenten mit, dass keine weiteren Beweisanträge gestellt werden und aufgrund der bisherigen Aktenlage entschieden werden könne.
Eine Abfrage aus dem Zentralen Melderegister vom 3. Oktober 2006 ergab abermals, dass der Bw am Hauptwohnsitz in Plz ( diese Anschrift ist ident mit der mitunter angeführten Anschrift Adresse ) seit 10. Oktober 1997 gemeldet ist.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Z. 3 NoVAG unterliegt der Normverbrauchsabgabe - abgesehen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - die erstmalige Zulassung von Kraftfahrzeugen zum Verkehr im Inland. Als erstmalige Zulassung gilt unter anderem die Verwendung eines Fahrzeuges im Inland, wenn es nach dem Kraftfahrgesetz zuzulassen wäre, ausgenommen es wird ein Nachweis über die Entrichtung der Normverbrauchsabgabe erbracht.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KFZStG 1992 unterliegen Kraftfahrzeuge, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland ohne erforderliche kraftfahrrechtliche Zulassung verwendet werden, der Kraftfahrzeugsteuer.
Gemäß § 82 Abs. 8 KFG in der vor seiner Änderung durch BGBl I Nr. 132/2002 geltenden Fassung sind Fahrzeuge mit ausländischem Kennzeichen, die von Personen mit dem Hauptwohnsitz oder Sitz im Inland in das Bundesgebiet eingebracht oder in diesem verwendet werden, bis zum Gegenbeweis als Fahrzeug mit dem dauernden Standort im Inland anzusehen. Die Verwendung solcher Fahrzeuge ohne Zulassung gemäß § 37 ist nur während der drei unmittelbar auf ihre Einbringung in das Bundesgebiet folgenden Tage zulässig.
Unstrittig wurde das KFZ mit ausländischem Kennzeichen mehrmals in das Inland eingebracht. Die Dreitagesfrist des § 82 Abs. 8 KFG wird durch ein vorübergehendes oder auch mehrmaliges Verlassen des Bundesgebietes nicht unterbrochen. Wenn das Fahrzeug zudem von einer Person, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich hat, eingebracht wurde und von dieser Person trotz der Standortvermutung in Österreich nicht nachgewiesen wird, dass das Fahrzeug überwiegend im Ausland genutzt wurde, sind sowohl die Voraussetzungen für die Steuerpflicht nach § 1 Z. 3 NoVAG als auch nach § 1 Abs. 1 Z 3 KFZStG 1992 gegeben.
Entscheidungsrelevant beziehungsweise strittig ist alleine, ob der Mittelpunkt der Lebensinteressen und damit der Hauptwohnsitz im Sinn des § 82 Abs. 8 KFG im Inland gelegen ist. Der Begriff des Wohnsitzes im Sinne der österreichischen Rechtsordnung stellt auf den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen ab. Von besonderer Bedeutung sind dabei nach der Rechtsprechung des VwGH etwa Grund.- und Hausbesitz, emotionale Bindungen an Hab und Gut oder der gemeinsame Familienwohnsitz (siehe zum Beispiel VwGH vom 18. Februar 1997, 95/11/0338). Verwiesen wird überdies auf die in diesem Zusammenhang in der Berufungsentscheidung vom 29. Juni 2001 (siehe oben) dargestellten Rechtsgrundsätze und Aussagen des VwGH.
Der UFS geht aus folgenden Gründen davon aus, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bw an seiner inländischen Anschrift gelegen ist. Nach der Aktenlage wurde die Nachschau an dieser Anschrift durchgeführt. Der Bw gab dabei diese Anschrift als seinen inländischen Wohnsitz an. Weiters wurde angegeben, dass seine Gattin ihren Familienwohnsitz im Einfamilienhaus an dieser Anschrift und darüber hinaus einen Zweitwohnsitz in B habe. Der gegenständliche PKW sei vom Bw für die Fahrten vom Wohnort zur Arbeitsstätte in Deutschland verwendet worden. Der weitere auf den Bw zugelassene PKW werde von dessen Gattin für diese Fahrten verwendet. Dass es sich bei diesen Angaben des Bw jeweils um den inländischen Wohnort handelt, ergibt sich nach Ansicht des Referenten aus den Umständen der Nachschau. Aus allen diesbezüglichen Unterlagen ergibt sich, dass das Nachschauorgan unter "Wohnort" immer den inländischen Wohnsitz verstand. Zudem kann nicht angenommen werden, dass der Bw die Fahrtstrecke von der K1 in B zu seinem Arbeitsplatz im Krankenhaus B angeben wollte. Diese Strecke wird wohl eher zu Fuß zurück gelegt. Beim gesamten Schriftverkehr zwischen Finanzamt und dem Bw ist die inländische Anschrift als Zustelladresse angeführt. Auch in den Schreiben des Bw (Vorhaltsbeantwortung vom 7. September 2000, Berufung, Stellungnahme vom 10. November 2003) ist die inländische Anschrift als Absender angeführt. Der Bw hat sich am 10. Oktober 1997 an der inländischen Anschrift zum Hauptwohnsitz angemeldet und dies bis heute nicht geändert. Die Anfahrtstrecke von der inländischen Anschrift zum Arbeitsplatz des Bw ist derart kurz (laut eigenen Angaben 10 km, lt Routenplaner zwischen 2,4 km und 7,5 km), dass eine rasche Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes vom Einfamilienhaus im Inland jederzeit gewährleistet scheint und die Ausführungen zur erforderlichen oder zwingenden Anwesenheit an der deutschen Anschrift nicht glaubhaft erscheinen.
Auch nach den Angaben des Bw muss als Familienwohnsitz das Einfamilienhaus in Adresse angesehen werden. Selbst wenn die letztlich unbewiesenen Ausführungen des Bw richtig wären, dass die Ehegattin bei Bereitschaftsdiensten des Bw mit dem Bw in B anwesend wäre, würde sich daraus nur ergeben, dass die Nutzung der Wohnung in Deutschland nur berufsbedingt erfolgt, aber die gemeinsame Freizeit im gemeinsamen Einfamilienhaus verbracht wird. Es wurden vom Bw trotz Vorhaltes auch keinerlei Angaben über die Größe der Wohnung und die Art der Innehabung (Miete, Eigentum) gegeben. Letztlich wurde auch der zumindest regelmäßigen Rückkehr an den Familiensitz in Österreich nicht widersprochen.
Wie bereits ausgeführt, wurde der Bw mit Vorhalt vom 16. Oktober 2003 ersucht, nähere Angaben zu Größe und Art der Wohnung in Deutschland zu machen, Unterlagen bzw. Belege für ein Vorliegen eines Mittelpunktes der Lebensinteressen in Deutschland vorzulegen. In Beantwortung dieses Schreibens gab der Bw an, dass seine privaten, politischen und sportlichen Interessen alleine in B gelegen seien. Eine nähere Befassung mit den gegenständlichen Fragen sollte nach der Entscheidung des VwGH über die Beschwerde im Zusammenhang mit der Berufung gegen die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe erfolgen. Nach Ergehen dieser Entscheidung wurde der Bw eingeladen, bekannt zu geben, über welche näheren Umstände, die einen Mittelpunkt der Lebensinteressen in Deutschland begründen könnten, Beweise vorgelegt werden könnten bzw. Erhebungen durchgeführt werden sollten. Dabei ist abermals auf den Vorhalt vom 16. Oktober 2003 verwiesen worden. Der Bw hätte somit Gelegenheit gehabt, seine Behauptungen, etwa betreffend sportlicher und politischer Betätigung, zu untermauern und diese gegebenenfalls auch durch Unterlagen zu beweisen. Ebenso war der Bw eingeladen worden, eine sich aus dem Hauptwohnsitz im Inland ergebende Standortvermutung für den PKW im Inland durch Nachweis der überwiegenden Verwendung im Ausland zu widerlegen. Der steuerliche Vertreter des Bw teilte aber mit, dass eine weitere Beweisführung nicht gewollt sei.
Nach Ansicht des UFS hatte der Bw und Lenker des PKW somit im fraglichen Zeitraum seinen Hauptwohnsitz im Sinne der maßgeblichen, oben angeführten Bestimmungen im Inland, weshalb die Vermutung, dass der Standort des PKW im Inland ist, Platz greift. Da der Gegenbeweis der überwiegenden Verwendung im Ausland -abgesehen von bloßen schriftlichen Behauptungen des Bw- nicht angetreten wurde, ist die Bestimmung des § 82 Abs. 8 KFG anzuwenden, wonach die Verwendung dieses PKW ohne inländische Zulassung nur innerhalb eines Dreitagezeitraumes gestattet ist.
Hinsichtlich der Dreitagesfrist ist auszuführen, dass nach Ansicht des Referenten in unmittelbarer Anwendung von EU-Recht diese Frist nicht drei Tage sondern ein Monat beträgt. Nach der EuGH Entscheidung vom 21. März 2002 in der Rechtssache "Cura Anlagen GesmbH" C-451/99 dürfen die Mitgliedstaaten für eine erforderliche Zulassung keine so kurze Frist setzen, dass den Betroffenen die Erfüllung ihrer Zulassungspflichten übermäßig erschwert wird. Der Gesetzgeber hat daraufhin die Frist auf (idR) einen Monat verlängert. Die Aussage des EuGH ist aber nach Ansicht des Referenten schon ab EU-Beitritt Österreichs zu berücksichtigen. Die Zulassung in Österreich hätte somit bis 15. August 1999 erfolgen müssen. Dieser Tag ist somit auch entscheidend für das Entstehen der Abgabenansprüche nach den oben genannten Bestimmungen (§ 1 Z. 3 NoVAG ist seit 23. Juli 1999 in Kraft). Auch die einmonatige Frist ist nach Ansicht des Referenten nicht durch ein Verlassen des Bundesgebietes unterbrechbar, da auch der EuGH nicht auf eine ununterbrochene Nutzung im Inland sondern auf die Möglichkeit der Erfüllung der Zulassungsverpflichtungen abstellte. Der EuGH hatte die Versteuerung am "Verbrauchsort" für zulässig erklärt und lediglich die Frist von drei Tagen für die Erledigung der Anmeldeformalitäten als zu kurz erkannt.
Gem. § 7 Abs. 1 Z. 3 iVm § 4 Z. 2 NoVAG entstand die NoVA Schuld am 15. August 1999 für den Bw als denjenigen, der den PKW im Inland hätte zulassen müssen.
Auch die widerrechtliche Verwendung iSd KfzStG 1992 beginnt somit erst am 15. August 1999. Gem. § 4 Abs. 1 Z. 3 KfzStG 1992 beginnt die Kfz-Steuerpflicht somit mit August 1999 und endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die widerrechtliche Verwendung endet. Steuerschuldner ist der Verwender des Fahrzeuges. Gem. § 5 Abs. 1 Z. 2 lit. a KfzStG 1992 beträgt die Steuer je Kilowatt der um 24 verringerten Motorleistung 5,50 ATS.
Letztlich ist noch auf die Ausführungen des VwGH zum 20%igen NoVA-Zuschlag in der bereits angesprochenen Entscheidung vom 25. Jänner 2006, 2001/14/0170, hinzuweisen: "Unberechtigt ist die Beschwerderüge, die Normverbrauchsabgabe als solche sei gemeinschaftsrechtswidrig, berechtigt ist hingegen das Vorbringen, der in der dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Abgabe enthaltene 20 %ige Zuschlag gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG verstoße gegen Gemeinschaftsrecht. Zu beiden Fragen hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 29. April 2004, C - 387/01,Rechtssache "Weigel", geäußert und unter anderem zu Recht erkannt: "Eine Verbrauchsabgabe wie die Normverbrauchs-Grundabgabe ist eine inländische Abgabe, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht nicht anhand der Artikel 23 EG und 25 EG, sondern anhand des Artikels 90 EG zu prüfen ist. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er einer Verbrauchsabgabe wie der Normverbrauchs-Grundabgabe nicht entgegensteht, soweit deren Beträge den tatsächlichen Wertverlust der von einer Privatperson eingeführten gebrauchten Kraftfahrzeuge genau widerspiegeln und die Erreichung des Zieles ermöglichen, derartige Fahrzeuge so zu besteuern, dass auf keinen Fall der Betrag der Restabgabe überschritten wird, der im Wert gleichartiger, im Inland bereits zugelassener Gebrauchtfahrzeuge enthalten ist. Artikel 90 EG ist dahin auszulegen, dass er im Fall der Einfuhr eines Gebrauchtfahrzeuges aus einem anderen Mitgliedstaat durch eine Privatperson der Erhebung eines Zuschlags von 20 % auf eine Abgabe mit den Merkmalen der Normverbrauchs-Grundabgabe entgegensteht."
Der Berufung betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer war nach den getroffenen Ausführungen insoweit teilweise stattzugeben, als die Abgabenpflicht zwar besteht, aber erst mit August 1999 entstanden ist und hinsichtlich der Berechnung der Abgabenschuld von den maßgeblichen KW der Betrag von 24 abzuziehen ist.
Auch die Normverbrauchsabgabe ist grundsätzlich festzusetzen. Der 20%ige Zuschlag gemäß § 6 Abs. 6 NoVAG entfällt aber wegen EU-Widrigkeit. Hinsichtlich der Berechnung der NoVA schließt sich der UFS weitgehend der Berechnung durch das Finanzamt an. Der günstigste Toyota Corolla mit Erstzulassung in 1999 hatte lt Eurotax-Liste in 1999 einen Wert von 179.496,00 ATS. Dieser Wert ist ohne Umsatzsteuer anzusetzen, sodass sich ein Betrag von 138.500,00 ATS ergibt Davon ist die darin enthaltene NoVA abzuziehen (8% ergibt: 128.240,00 ATS; Hinweis: Vom Finanzamt wurde dieser Abzug nicht vorgenommen). Von dem sich ergebenden Betrag nahm das Finanzamt eine 20%igen Abschlag für die bereits erfolgte Kilometerleistung vor, sodass eine Bemessungsgrundlage von 102.592,00 ATS anzusetzen war. Auf diese Bemessungsgrundlage wurde ein Steuersatz von 8 % (lt.Eurotax-Liste) angewandt. Dabei wurde offensichtlich ein Durchschnittsverbrauch von 7 Litern unterstellt. Dieser Durchschnittsverbrauch ist gem. § 6 Abs. 2 NoVAG um die Zahl 3 zu verringern und das Ergebnis mit 2 zu multiplizieren, sodass sich ein Prozentsatz von 8 % ergibt.
Linz, am 18. Oktober 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 82 Abs. 8 KFG 1967, Kraftfahrgesetz 1967, BGBl. Nr. 267/1967 |
Schlagworte: | Zulassung, Verwendung, Inland, widerrechtliche Verwendung, Standort, Mittelpunkt der Lebensinteressen, Dreitagesfrist, einmonatige Frist |
Verweise: | EuGH 21.03.2002, C-451/99 |