Berechnung lohnabhängiger Abgaben bei Sachbezügen und "Taschengeldern" Drogenabhängiger, die stundenweise für Hilfsarbeiten vermittelt werden
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0342 eingebracht. Mit Erk. v. 24.9.2008 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der R christliche Wohngemeinschaften e. V. KEG, Adr, vertreten durch Dipl.Volksw. Helmut König, Steuerberater, 6850 Dornbirn, Marktstraße 37, vom 1. April 2005 gegen die Abgaben- und Haftungsbescheide gemäß § 82 EStG 1988 des Finanzamtes Bregenz vom 7. März 2005 betreffend die Festsetzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe (§ 41 FLAG) und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag (§ 122 WKG) für die Jahre 1999 bis 2004 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz am Sitz der Berufungswerberin fand eine Überprüfung lohnabhängiger Abgaben gemäß § 86 EStG 1988 für die Jahre 1999 bis 2004 statt. Es wurde festgestellt, dass eine ganze Reihe von Personen, die sich in der Institution der Berufungswerberin einem Drogenentzug unterwarfen, von dieser als Arbeitskräfte an diverse Firmen überlassen wurden. Für die geleisteten Hilfsarbeiten legte die Berufungswerberin Rechnungen an die Betriebe. Die vermittelten Arbeiter erhielten dafür nach eigenen Angaben ein monatliches Taschengeld von etwa 1.000 S sowie volle freie Station.
a) Es kam in der Folge zu einer Nachverrechnung für die Sachbezüge, die zur Festsetzung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihlife (DB) von insgesamt 7.136,24 € für die Jahre 1999 bis 2004 und zu einer Festsetzung von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (DZ) von insgesamt 661,23 € für die genannten Jahre führte.
b) Für den Geschäftsführer, MdSA, kam es zu einer Nachverrechnung an Lohnsteuer für die Jahre 2003 und 2004 von zusammen 5.000 €, an DB von zusammen 1.200 € und DZ von zusammen 120 €.
c) Für weitere Personen, die nach dem Ermittlungsstand der Lohnsteuerprüfung über längere Zeiträume im Rahmen der Arbeitskräfteüberlassung für die Berufungswerberin tätig gewesen waren, ohne dass es zur Abfuhr von Lohnabgaben gekommen war, erfolgte eine Nachverrechnung für Arbeitslöhne, die jeweils für die Jahre 1999 bis 2004 16.500 € an Lohnsteuer, 8.250 € an DB und 836,67 € an DZ ergab.
Die entsprechenden Beträge wurden der Berufungswerberin mit Abgaben- und Haftungsbescheiden vorgeschrieben, wobei die Jahre 1999 und 2000 in einem Bescheid zusammengefasst wurden. In der dagegen eingebrachten Berufung wandte der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin ein, es handle sich bei der R christliche Wohngemeinschaften e. v. KEG um einen gemeinnützigen Verein, der sich mit der Suchtkrankentherapie beschäftige. Die Kranken stünden nicht in einem Dienstverhältnis und erhielten bloß ein Taschengeld. Lediglich im Falle von MdSA liege ein Dienstverhältnis vor. In der daraufhin erlassenen, abweisenden Berufungsvorentscheidung führte die Abgabenbehörde I. Instanz aus, die Berufungswerberin sei im Firmenbuch als KEG eingetragen. Sie strebe Gewinne an und erziele auch solche. Es könne daher in ihrem Fall nicht von einem gemeinnützigen Verein gesprochen werden. Bei den Beschäftigten handle es sich demzufolge nicht um Vereinsfunktionäre oder Sportler, die nach den Vereinsrichtlinien Einnahmen bis zu 75 € monatlich steuerfrei beziehen dürften.
Im Weiteren erläuterte die Abgabenbehörde I. Instanz, die Einvernahme verschiedener bei der Berufungswerberin angetroffener Personen durch Organe des Zollamtes Feldkirch habe ergeben, dass diese zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen seien. Sie seien überdies in den geschäftlichen Organismus eingebunden gewesen und hätten kein Unternehmerrisiko getragen. Es habe sich daher um Dienstverhältnisse im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 gehandelt. Aufgrund der bei Suchtkranken anzunehmenden eingeschränkten Arbeitsfähigkeit, sei das ihnen bezahlte Entgelt ("Taschengeld"), zu dem sie aber auch die volle freie Station erhalten hätten, wohl eher gering gewesen. Für eine Steuerbefreiung bestehe keine Handhabe.
In ihrem daraufhin eingebrachten Vorlageantrag stellte die Berufungswerberin, vertreten durch ihren Steuerberater, die oben unter a) dargestellten, Nachverrechnungsbeträge an DB und DZ außer Streit. Betreffend b), nachverrechnete Beträge für MdSA, bestritt sie deren Rechtmäßigkeit. MdSA habe nur im Zeitraum 28.4. bis 18.8.2003, in dem er auch bei der V Gebietskrankenkasse angemeldet gewesen sei, für die Berufungswerberin gearbeitet. In der Zeit vor dem 28.4.2003 sei er nicht bei R in Österreich beschäftigt gewesen, "in der Zeit danach" (nach dem 18.8.2003 ?) habe er sich nur unregelmäßig und nicht als Dienstnehmer in Österreich aufgehalten. Seine schwere Erkrankung, er leide an Aids, habe ihm nur eine eingeschränkte Arbeitsausübung erlaubt und ihn häufig zu Untersuchungen ins Ausland geführt. Es errechneten sich daher für MdSA lediglich Beträge an Lohnsteuer von 272,51 €, an DB von 199,13 € und an DZ von 17,26 €, alle Berechnungen 2003 betreffend.
Insgesamt ermittelte der steuerliche Vertreter - auf seinen Ausführungen im Vorlageantrag basierend - eine Steuerschuld von 8.286,37 €. Auf die oben unter c) dargestellten Beträge ging er nicht ein. Es wurde daher seitens des unabhängigen Finanzsenates folgendes Ergänzungsersuchen an ihn gerichtet:
In Ihrem Vorlageantrag vom 5.12.2005 stellen Sie unter lit. a) die Nachforderungen an Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum DB ("Nachverrechnung für die Sachbezüge", Seite 1 der Beilage zum Bericht betreffend Lohnsteuerprüfung) außer Streit. Unter lit. b) bestreiten Sie die Rechtmäßigkeit der Vorschreibungen betreffend L, DB und DZ hinsichtlich MdSA. Sie errechnen die Gesamtabgabenschuld mit 8.286,37 €.
Sie nehmen in Ihren Ausführungen aber nicht Bezug auf die Nachverrechnung 1999 bis 2004 für "weitere Personen" (Seite 2 der Beilage zum Bericht betreffend Lohnsteuerprüfung, siehe auch beigelegtes Blatt unter c) und beziehen die betreffenden Beträge an L, DB und DZ nicht in die von Ihnen errechnete Gesamtabgabenschuld ein.
Bitte teilen Sie binnen obiger Frist mit, ob sie die unter c) zusammengefassten Beträge außer Streit stellen bzw. nehmen Sie zu diesen Stellung.
Hinsichtlich MdSA wird Ihnen zur allfälligen Stellungnahme mitgeteilt, dass dieser laut Zentralmelderegisterauskunft von 9.5.2003 bis 15.11.2004 an der Adresse Adr, mit Hauptwohnsitz gemeldet war.
Das Schreiben blieb unbeantwortet.
Über die Berufung wurde erwogen:
a) Dieser Punkt wurde außer Streit gestellt, weshalb weitere Ausführungen zu ihm unterbleiben.
b) Im April und Mai 2004 wurde MdSA von Organen des Zollamtes Feldkirch und der V Gebietskrankenkasse persönlich befragt. Seine Aussagen wurden in einer Niederschrift festgehalten. Er bezeichnete sich zu diesem Zeitpunkt als Leiter von R Austria. Über die Höhe seiner Einkünfte verweigerte er die Auskunft. Entgegen obenstehender Ausführungen des steuerlichen Vertreters war MdSA also im Jahr 2004 nicht nur in Österreich aufhältig, sondern auch nach wie vor für die Berufungswerberin tätig. Auch die Zentralmelderegisterauskunft, wonach er bis 15.11.2004 an deren Adresse in D gemeldet war und auf die trotz Ersuchens des unabhängigen Finanzsenates nicht eingegangen wurde, spricht dafür, dass MdSA mindestens bis November 2004 seiner gewohnten Arbeit am gewohnten Ort nachging. Warum seine Abmeldung von der V Gebietskrankenkasse schon am 18.8.2003 erfolgte, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass keine Deckungsgleichheit zwischen dem Krankenkassenanmeldungszeitraum und seiner Arbeitstätigkeit für die Berufungswerberin besteht. Insofern ist der Vorschreibung der nachverrechneten Beträge für lohnabhängige Abgaben durch die Abgabenbehörde I. Instanz betreffend MdSA für die Jahre 2003 und 2004 zuzustimmen.
c) Im Vorlageantrag wurden die unter diesem Punkt zusammengefassten Nachverrechnungen nicht erwähnt. Trotz schriftlichen Ergänzungsersuchens des unabhängigen Finanzsenates wurde zu ihnen nicht Stellung genommen. Es wir daher diesbezüglich auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde I. Instanz verwiesen.
Die Berufungen waren insgesamt spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am 4. Oktober 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, FLAG, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | lohnabhängige Abgaben, Arbeitskräfteüberlassung, Taschengeld, Drogenentzug, volle freie Station, Sachbezug |