Beteiligungsertragsbefreiung für Zuwendungen einer Privatstiftung
Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B 1871/06 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 11.6.2007 abgelehnt. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/13/0084 eingebracht. Mit Erk. v. 26.1.2011 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Mag. Patrick Schmitt, 1180 Wien, Erndtgasse 23, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf, betreffend Körperschaftsteuer 2002 im Beisein der Schriftführerin Christina Seper nach der am 25. Juli 2006 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (Bw) wurde 1998 gegründet. Frau Mag. Dagmar L ist zu 100 % Gesellschafter-Geschäftsführerin.
Im Jahr der Gründung erfolgte eine Widmung von ATS 1.000,00 an die Stiftung. Diese wurde noch im selben Jahr teilwertberichtigt.
Im Jahr 2002 erfolgten Ausschüttungen in Höhe von € 320.000,00 von der Stiftung an die Bw, wofür die Bw die Beteiligungsertragsbefreiung gem. § 10 Abs. 1 KStG geltend gemacht hat.
Das Finanzamt versagte die Befreiung mit der Begründung, obgleich Zuwendungen von Privatstiftungen bei dieser unentgeltlich eintretende Vermögensvermehrungen seien, führten nach geltender Rechtslage auf der Ebene des Begünstigten zu ertragsteuerlich relevanten Einkünften. Dies sei mit dem Entfall der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer begründbar. Für die Besteuerung auf Ebene des Begünstigten sei es dabei unmaßgeblich, ob die Zuwendungen aus Erträgnissen der Privatstiftung oder aus dem gewidmeten Stiftungsvermögen erfolgten.
Daraus ergebe sich, dass Zuwendungen an eine juristische Person eine Körperschaftsteuerpflicht auslösten. Die Beteiligungsbefreiung gem. § 10 Abs. 1 KStG sei nicht anwendbar, da keine Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft vorliege.
In der frist und formgerechten Berufung wird eingewendet, § 10 Abs. 1 KStG stelle als so genannte "nationale Beteiligungsertragsbefreiung" die (nur) einmalige Erfassung von Körperschaftsgewinnen im Bereich der Körperschaftsbesteuerung sicher. Die mancherorts anzutreffende Bezeichnung als "Schachtelprivileg" solle der nachfolgenden Regelung des 2. Absatzes von § 10 KStG vorbehalten bleiben. Die Vorschrift sei nämlich keine Steuerbegünstigung im eigentlichen Sinn, als vielmehr eine Systemnotwendigkeit. Bedenke man nämlich, dass hinter jeder Körperschaft als einem von Menschen geschaffenem und letztlich zu deren Nutzen unterhaltenem Gebilde ohnedies die wirtschaftliche Doppelbelastung ausgeschütteter Erträge mit Körperschaft- und Einkommensteuer stehe, würde eine Doppel- oder Mehrfachbelastung innerhalb eines Körperschaftskreises ein vom Gesetzgeber so niemals gewolltes "Ausbluten" des Besteuerungsgutes zur Folge haben. Fälle einer derart exzessiven und noch dazu systemwidrig die wirtschaftliche Doppelbelastung von Körperschaftsgewinnen mit Körperschaft- und Einkommensteuer zur Mehrfachbelastung und - je nach der Tiefe der Verflechtung - bis hin zur Mehrfacherschöpfung derselben Bemessungsgrundlage übersteigenden Ertragsbesteuerung müssten als sach- und gleichheitswidrig bezeichnet werden.
Die damit auch verfassungsrechtlich gebotenen Dimension der nationalen Beteiligungsbefreiung dürfe so nicht ihr, vom angefochtenen Bescheid jedenfalls behauptetes Ende "im Wortlaut der Bestimmung" finden. Das Gebot einer verfassungskonformen Interpretation bringe es mit sich, dass eine konzernierend zwischengeschaltete Stiftung ebenfalls eine Beteiligung im Sinne von § 10 Abs. 1 Z. 1 KStG vermitteln müsse. Die fraglichen Erträge würden zunächst aus dem operativen Geschäft einer Kapitalgesellschaft (und dort bereits voll körperschaftbesteuert) an eine - ihrerseits gar nicht gewerblich tätig sein dürfende - Privatstiftung ausgeschüttet. In einem zweiten Schritt erfolge die Weiterleitung eben dieser Erträge seitens der Stiftung an eine andere Kapitalgesellschaft. Warum sollte dieser letztlich bereits voll versteuerte Gewinne empfangenden Kapitalgesellschaft die Beteiligungsbefreiung nicht zugute kommen? Nirgendwo lasse sich die Textierung des § 10 Abs. 1 KStG sehr im Gegensatz zu jener des Absatz 2 idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2003 das Erfordernis der Unmittelbarkeit in der Beteiligung entnehmen.
Der demgegenüber im angefochtenen Bescheid indirekt getätigte Hinweis auf Rz 241 der Stiftungsrichtlinien sei in dieser Allgemeinheit gewiss zutreffend. Die vorgenannte Randzahl beschäftige sich aber mit keinem Wort mit der Frage, was dann zu gelten habe, wenn versteuerte Einkünfte durch eine Stiftung generierte Erträgnisse ausgeschüttet, sondern bereits voll versteuerte Einkünfte durch eine Stiftung durchgeleitet würden. Sie sei somit auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da nicht einschlägig.
In der Eingabe vom 21.8.2006 wird ausgeführt, beim Finanzamt sei ein Antrag auf Abänderung des Körperschaftsteuerbescheides 2002 gem. § 295a BAO eingebracht worden. In diesem sei begehrt worden, die Festsetzung der Körperschaftsteuer 2002 lt. den beiliegenden berichtigten Bilanzen vorzunehmen, da die Ausschüttungsvereinbarungen 2002 von den Vertragsparteien wegen wesentlichen Irrtums aufgehoben worden seien.
In der am 29. August 2006 abgehaltenen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt Bezüglich wesentlichen Irrtums liege ein Rechtsgutachten vor, welches jedenfalls die Aufhebung als geboten erscheinen lasse. Diese Rechtsgutachten werde der steuerliche Vertreter nachreichen.
Über die Berufung wurde erwogen:
§ 10 Abs. 1 KStG 1988 in der für das berufungsgegenständliche Jahr geltenden Fassung lautet:
Von der Körperschaftsteuer sind Beteiligungserträge befreit. Beteiligungserträge sind:
Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften und Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Form von Gesellschafts- und Genossenschaftsanteilen.
Rückvergütungen von inländischen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nach § 8 Abs. 3 Z 2.
Gewinnanteile jeder Art auf Grund einer Beteiligung an inländischen Körperschaften in Form von Genussrechten (§ 8 Abs. 3 Z 1).
Gewinnanteile jeder Art auf Grund von Partizipationskapital im Sinne des Bankwesengesetzes und des Versicherungsaufsichtsgesetzes.
An welchen Typen von Körperschaften (Untergesellschaften) unter § 10 fallende Beteiligungen bestehen können, ergibt sich aus der Art der in § 10 Abs. 1 angeführten Beteiligungsformen: Aus § 10 Abs. 1 Z 1 und 2 die Kapitalgesellschaften sowie die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, aus § 10 Abs. 1 Z 3 und 4 alle (übrigen) Körperschaften, die Genussrechte oder Partizipationskapital ausgeben können (Sparkassen, Hypothekenanstalten, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit).
Soweit an anderen Rechtsformen von Körperschaften überhaupt Beteiligungen denkbar sind, schließt sie der Wortlaut des § 10 Abs. 1 von einer Beteiligungsertragsbefreiung aus (denkbar wären Zuwendungen von Vereinen oder von Privatstiftungen) (Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, Die Körperschaftsteuer, § 10 Rz 7).
Auch in Doralt-Ruppe, Steuerrecht I8 339 Rz 952 wird ausgeführt, dass Zuwendungen einer Stiftung an Körperschaften bei diesen nicht unter die Beteiligungsertragsbefreiung fallen, sondern normal steuerpflichtig sind.
Ebenso führt Knaus unter Hinweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1132 BlgNr XVIII.GP 18) aus, dass bei einer Kapitalgesellschaft als Begünstigtem die Schachtelbefreiung des § 10 Abs. 1 KStG nicht anwendbar ist, da Zuwendungen von Privatstiftungen nicht als Beteiligungserträge gelten (Knaus, steuerliche Aspekte der Privatstiftung, in Doralt/Kalss (Hrsg), Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts 366).
Dem Vorbringen der Bw, das Gebot einer verfassungskonformen Interpretation müsse dazu führen, dass eine zwischengeschaltete Stiftung ebenfalls eine Beteiligung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z 1 KStG vermittle, ist zunächst entgegenzuhalten, dass nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1132 BlgNr XVIII.GP 18) bei Privatstiftungen § 10 KStG 1988 - da Körperschaften strukturell nicht als Begünstigte in Betracht kommen und bei der zuwendenden Stiftung eine Erfassung stiller Reserven grundsätzlich nicht in Betracht kommt - nicht zur Anwendung kommen soll.
Die von der Bw geforderte "verfassungskonforme Interpretation" geht daher nach Auffassung des unabhängigen Finanzsenates über den Wortsinn und den Willen des Gesetzgebers hinaus und vermag dieser der unabhängige Finanzsenat nicht zu folgen. Im Übrigen wäre es der Bw bzw. deren Gesellschafter freigestanden - gerade auch im gegenständlichen Fall - ihre Rechtsverhältnisse und wirtschaftlichen Beziehungen so zu gestalten und zu ordnen, dass die geringste der gesetzlich vorgesehenen Abgabenbelastung erreicht wird.
Zu den vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend die im gegenständlichen Fall anzuwendende bzw. nicht anzuwendende gesetzliche Bestimmung des § 10 Abs. 1 KStG 1988 wird bemerkt, dass die Abgabenbehörde nicht die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit abgabenrechtlicher Bestimmungen zur Aufgabe hat. Sie hat in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtssprechung vielmehr davon auszugehen, dass die von ihr anzuwendenden Gesetzesvorschriften verfassungskonform sind.
Da die Steuerfreiheit nicht zusteht, hat die Bw versucht, die Ausschüttungen rückgängig zu machen. Nach den Bestimmungen des Privatstiftungsgesetzes ist dies nicht möglich. Dies dürfte auch der Bw klar sein, weil versucht wird, die Ausschüttungen durch Anfechtung rückgängig zu machen.
Durch die Ausschüttungsbeschlüsse und durch die Annahme seitens der Bw ist die Ausschüttung tatsächlich erfolgt. Dies ergibt sich auch daraus, dass sowohl die Stiftung als auch die Bw die Ausschüttung beim Finanzamt angezeigt haben. Bleibt die Frage zu klären, ob die Steuerpflicht der Ausschüttungen beseitigt werden kann, indem sich die Bw auf die Anfechtung der Ausschüttungsbeschlüsse beruft.
In den Ausschüttungsbeschlüssen ist von einer Bedingung keine Rede. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates liegt weder eine auflösende noch eine aufschiebende Bedingung vor. Eine zwingende Rechtsfolge kann nicht zur Bedingung gemacht werden.
Zum Einwand des Irrtums ist auszuführen, dass dieser nicht dazu führen kann, die Körperschaftsteuerpflicht der Zuwendungen an die Bw zu beseitigen.
Es liegt weder ein Geschäfts- noch ein Motivirrtum sondern ein Irrtum über eine Rechtsfolge eines gültig abgeschlossenen Geschäfts vor, der aber keinen wesentlichen Irrtum darstellt.
Es mag zwar durchaus sein, dass die Stiftung sich betreffend Steuerfreiheit geirrt hat, doch hätte für die Stiftung kein Grund bestanden, die Ausschüttungsbeschlüsse nicht zu fassen, wenn ihr bewusst gewesen wäre, dass die Zuwendungen an die Bw nicht steuerbefreit ist. Für die Stiftung ist es nicht von Bedeutung, ob die Zuwendungen steuerfrei sind oder nicht, da die Körperschaftsteuer durch die Bw und nicht durch die Stiftung zu tragen ist. Seitens der Stiftung ist der Irrtum somit jedenfalls unbeachtlich.
Bleibt die Frage zu klären, ob seitens der Bw ein beachtlicher Irrtum vorliegt. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates liegt kein wesentlicher Irrtum, der zur Aufhebung berechtigen würde, vor.
Für die Bw stellt die Zuwendung jedenfalls einen Vorteil dar, auch wenn sie nicht steuerbefreit ist. Es ist auch nicht erkennbar, welcher Schaden der Bw durch die Steuerpflicht entsteht. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bw auf die Ausschüttungen verzichtet hätte, wäre ihr die Steuerpflicht bewusst gewesen. Die Bezahlung von Steuern kann wohl nicht als Schaden angesehen werden. Es ist deshalb auch nicht verständlich, welche Schadensminderungspflicht die Bw treffen soll.
Zu den Ausführungen in der rechtsgutachtlichen Stellungnahme ist auszuführen:
Das in der rechtsgutachtlichen Stellungnahme zitierte Erkenntnis des OGH vom 3.7.1979, 2 Ob 529/79 ist auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, da diesem ein völlig anderer Sachverhalt zu Grunde liegt. In diesem Erkenntnis irren die Parteien über die Grunderwerbsteuerbefreiung, wobei der Irrtum auf Sachverhaltsebene liegt. Die Parteien irren nämlich über die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung und nicht über die Steuerbefreiung selbst. Im gegenständlichen Fall irrt die Bw über die Steuerfreiheit und nicht über einen Umstand, der zum Verlust der Steuerfreiheit führt.
Da der Unabhängige Finanzssenat das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aufhebung verneint hat, liegt kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 295a BAO vor. Im Berufungsverfahren erübrigt sich überdies die Anwendung des § 295a BAO, da die Berufungsbehörde den Bescheid nach jeder Richtung hin abändern kann.
Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 21. September 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Schlagworte: | Privatstiftung, Schachtelbeteiligung |