Kein Vorliegen eines Pflichtveranlagungstatbestandes bei Berücksichtigung eines Alleinverdienerabsetzbetrages in unrichtiger Höhe
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0320 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 18.11.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/3875-W/08 erledigt.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2005 entschieden:
Der Berufung wird stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber (Bw) bezog im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit.
In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2005 kreuzte der Bw den Alleinverdienerabsetzbetrag und den Mehrkindzuschlag an. Bei der Anzahl der Kinder gab der Bw die Zahl 3 an. Weiters beantragte er Kosten für die auswärtige Berufsausbildung von Kindern als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.
Auf dem dem Finanzamt vom Arbeitgeber des Bw übermittelten Jahreslohnzettel für den Bezugszeitraum vom 1.1.- 31.12.2005 ist angeführt:
"Alleinverdienerabsetzbetrag
Anzahl der Kinder gem. § 106 (1) EStG 1988 | 5......." |
Mit Bescheid vom10. April 2006 betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005 wurde der Alleinverdienerabsetzbetrag in Höhe von € 889,00 berücksichtigt. Für das Jahr 2005 ergab sich folglich eine Abgabennachforderung in Höhe von € 862,99.
Mit Eingabe vom 5. Mai 2006 (eingelangt beim Finanzamt am 9. Mai 2006) erhob der Bw gegen den oa Bescheid Berufung. Begründend wurde ausgeführt:
"Hiermit ziehe ich meine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2005 zurück.
Ich habe von Ihnen eine Nachforderung von € 862,99.
Ich habe den Alleinverdienerabsetzbetrag und drei Kinder für die ich Familienbeihilfe erhalte für 2005. Außerdem habe ich eine Pendlerpauschale.
Ich bin mir keiner Schuld bewußt, warum ich zuwenig Lohnsteuer bezahlt habe. Dies müsste in meiner Firma passiert sein. Ich selbst kann die Lohnsteuer monatlich kontrollieren und daher glaube ich, dass im Personalbüro meiner Firma, wo ich arbeite, ein Fehler passiert ist. Eventuell hat diese Firma einen falschen Lohnzettel an Ihre Stelle geschickt. Ich kann das leider nicht kontrollieren und ziehe daher meinen Antrag zurück."
Mit Berufungsvorentscheidung vom 12. Juni 2006 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass bei den Lohnberechnungen mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag 5 Kinder berücksichtigt worden seien. Da der Bw aber nur für drei Kinder die Familienbeihilfe beziehen würde, müsse der Übergenuss von Amts wegen rückverrechnet werden. Eine Zurücknahme des Antrages sei in diesem Fall nicht möglich gewesen.
Mit Eingabe vom 28. Juni 2006 (eingelangt beim Finanzamt 3. Juli 2006) stellte der Bw den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II Instanz.
Begründend wurde ausgeführt:
"Ich habe mein Einkommen im guten Glauben verbraucht, es war mir nicht bewußt, das meine Firma die Lohnsteuer für 5 Kinder berechnet, obwohl ich für das Jahr 2005 nur mehr für drei Kinder FBH bezogen habe.
Sofort nach Erhalt Ihres ersten Bescheides habe ich mich genau über meine Lohnsteuer informiert und habe bemerkt, dass mir meine Firma auch für 2006 eine falsche, bzw gar keine Lohnsteuer abgezogen hat.
Mittels eines L 30 habe ich an mein Personalbüro im April 2006 sofort eine Berichtigung gesandt und nur mehr drei Kinder bekanntgegeben. D.h. für 2006 bin ich informiert, dass mein Steuerabzug falsch war. Für 2005 war ich nicht informiert, ich habe noch drei unversorgte Kinder und kann den Rückzahlungsbetrag nicht bezahlen.
Hiermit möchte ich bemerken, dass mir meine Fa. trotz Bekanntgabe der drei Kinder noch immer die Lohnsteuer falsch berechnet. Da ich jedoch informiert bin, halte ich den zu wenig bezahlten betrag in Evidenz, um ihn im nächsten Jahr an Sie zu zahlen, falls die Firma mein L 30 mit der richtigen Kinderanzahl wieder nicht zur Kenntnis nimmt. Ich habe die falsche Lohnsteuer auch im Personalbüro bereits urgiert."
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall ist zu beurteilen, ob eine Antrags- oder Pflichtveranlagung im Zusammenhang mit der Zurücknahme eines Antrages auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung durchzuführen ist, wenn der Alleinverdienerabsetzbetrag in unrichtiger Höhe berücksichtigt worden ist.
Wie dem dem Finanzamt vom Arbeitgeber des Bw übermittelten Lohnzettel für das streitgegenständliche Jahr zu entnehmen ist, wurden bei der Lohnberechnung mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag 5 Kinder berücksichtigt. Tatsächlich hat der Bw im streitgegenständlichen Jahr jedoch nur für 3 Kinder Familienbeihilfe bezogen.
Bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer grundsätzlich nicht im Wege der Veranlagung, sondern durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer).
§ 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 normiert:
"Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn der Alleinverdienerabsetzbetrag oder Alleinerzieherabsetzbetrag berücksichtigt wurde, aber die Voraussetzungen nicht vorlagen".
§ 41 Abs 2 EStG normiert u.a.:
"Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, so erfolgt eine Veranlagung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen. Der Antrag kann innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraumes gestellt werden..."
§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG normiert u.a:
"Einem Alleinverdiener steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- ohne Kind 364 Euro,
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.
Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich......."
§ 41 Abs 1 Z 5 EStG 1988 ist in einer Weise formuliert, der auf nur zwei Möglichkeiten bei der Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages (ja/nein) abstellt.
Dieser Wortlaut ist auch hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2005 anzuwenden, obwohl es für das Jahr 2005 mehr als zwei Möglichkeiten für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages (nein/364 €/ 494 €/ 699 €......) gibt.
In Folge dieser Vielzahl von Möglichkeiten für das Jahr 2005 sind auch mehrere Möglichkeiten zwischen unrichtiger Berücksichtigung des Alleinverdienerabsetzbetrages bei der Lohnabrechnung denkbar. Deshalb könnte die Ansicht vertreten werden, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung des Alleinverdienerabsetzbetrages sinnvollerweise auch den § 41 Abs 1 Z 5 leg cit gleich mitangepasst hätte. Dies ist aber nicht geschehen, sodass der UFS weiterhin an den Wortlaut des § 41 Abs 1 Z 5, der nur auf zwei Möglichkeiten (ja/nein) abstellt, gebunden ist.
Der Bw erfüllte im Streitjahr die Voraussetzungen für die Gewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages und zwar in Höhe von 889,00 €. Berücksichtigt wurde bei der Lohnberechung ein Alleinverdienerabsetzbetrag, der dem Bw dem Grunde nach zustand, jedoch in unrichtiger Höhe.
Da dem Bw tatsächlich dem Grunde nach ein Alleinverdienerabsetzbetrag zustand, wird der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs 1 Z 5 leg. cit, der nicht auf die Höhe des Alleinverdienerabsetzbetrages abstellt, nicht erfüllt.
Anträge gemäß § 41 Abs 2 EStG 1988 können bis zur Rechtskraft des Abgabenbescheides (vor Erlassung des Erstbescheides oder im Berufungswege) wie andere Parteianträge auch zurückgezogen werden (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG § 41 Anm 30).
Da aufgrund der oa Ausführungen somit kein Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt und der Bw mit Eingabe vom 5. Mai 2006 seinen Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung zurückgezogen hat, besteht für die Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Rechtsgrundlage (mehr) und es ist der Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Es war daher aus oa Gründen spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 20. September 2006
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 41 Abs. 1 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Pflichtveranlagung, Alleinverdienerabsetzbetrag, unrichtiger Höhe |