UFS RV/0285-W/06

UFSRV/0285-W/0619.9.2006

Würde sich durch neue Beweismittel ein im Spruch anders lautender Bescheid ergeben?

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/13/0178 eingebracht. Beschwerde mit Beschluss vom 28.2.2007 wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen.

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, betreffend Abweisung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO betreffend die Bescheide gem. § 188 BAO über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1998 und 1999 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Verfahren betreffend die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1998 und 1999 gem. § 188 BAO war strittig, ob die Abschichtung der Anteile des Berufungswerbers (Bw.) als atypisch stiller Gesellschafter der V. Planungs- GmbH steuerwirksam in den Jahren 1998 (Tranche IV) und 1999 (Tranche V) erfolgte (= Ansicht des Finanzamtes) oder aber im Jahr 2001 (= Ansicht des Bw.). Bezüglich des Verfahrensganges und den Sachverhalt wird auf die Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 3.11.2005, RV/533-W/05, RV/426-W/05, zugestellt am 8.11.2005, verwiesen.

Mit dieser Berufungsentscheidung hat der unabhängige Finanzsenat die Berufung des Bw. abgewiesen und die Zuordnung des Gewinnes aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen in den Jahren 1998 und 1999 bestätigt.

Zur Begründung hierfür wurde ausgeführt:

"Ursprünglich argumentierte der Bw. zur Stützung seines Rechtsstandpunktes damit, ein Kaufvertrag zwischen ihm und der H. sei mangels Einigung nicht zustande gekommen.

In der mündlichen Verhandlung ist er hiervor zu Recht abgerückt; dem in Rede stehenden Rechtsgeschäft lag nämlich kein Kaufvertrag, sondern das in § 13 des Gesellschaftsvertrages festgehaltene Kündigungsrecht der H. zugrunde. Damit wurde also der Geschäftsherrin ein einseitiges Gestaltungsrecht auf Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses eingeräumt, das sie hinsichtlich derjenigen Gesellschafter, die auf einer Abschichtung bestanden haben, auch tatsächlich ausgeübt hat.

Strittig ist daher nur mehr, ob die Kündigung tatsächlich vorzeitig und damit zu Unrecht erfolgt ist.

Der unabhängige Finanzsenat nimmt es sachverhaltsmäßig als erwiesen an, dass die Kündigung - wie in den Gesellschaftsverträgen vereinbart - zum 31.12.1998 (Tranche IV) und zum 31.12.1999 (Tranche V) rechtswirksam ausgesprochen wurde.

Diese Beurteilung stützt sich auf die Würdigung folgender Beweismittel:

Für den Standpunkt des Erstbw. spricht, dass tatsächlich mehrfach (zB im Schreiben vom 20.7.2004) von einer Verschiebung des ehestmöglichen Kündigungstermines gesprochen wurde.

Der Erstbw. gesteht allerdings selbst zu, dass keine ihm bekannten Verträge vorliegen, in denen dies vereinbart ist. Es sind auch keinerlei solchen Verträge aktenkundig.

Weiters wurde die (ordentliche) Kündigung seitens der Geschäftsherrin tatsächlich zu den Stichtagen 31.12.1998 und 31.12.1999 ausgesprochen. Es kann mit Gewissheit davon ausgegangen werden, dass dies unterblieben wäre, wäre eine einvernehmliche Verschiebung des Kündigungstermines tatsächlich erfolgt.

Am schwersten wiegt aber der Umstand, dass der Ermittlung des Abschichtungsguthabens unbestritten die Bilanzen zum 31.12.1998 und 31.12.1999 zugrunde gelegt worden sind. Somit hat also der Erstbw. an den in späteren Zeiträumen entstandenen stillen Reserven nicht mehr teilnehmen können, wodurch ebenfalls ein Ausscheiden in den Streitjahren augenfällig dokumentiert ist. Hierfür spricht weiters, dass auch der Stand des negativen Kapitalkontos zu den obigen beiden Stichtagen berechnet werden musste und für die Höhe des Veräußerungsgewinnes maßgebend war (vgl. hierzu VwGH 21.2.1996, 94/14/0160). Sollte also der Erstbw. hinsichtlich der möglichen frühesten Kündigungstermine ursprünglich anderer Ansicht als die Geschäftsherrin gewesen sein, so hat er die Stichtage 31.12.1998 und 31.12.1999 nunmehr akzeptiert.

Daraus ergibt sich aber in rechtlicher Hinsicht, dass die Forderung auf Auszahlung des Abschichtungsguthabens im konkreten Berufungsfall schon den Veranlagungsjahren 1998 (Tranche IV) und 1999 (Tranche V) zuzurechnen ist, weshalb auch die Gewinnrealisierung bereits in diesen Jahren eingetreten ist. Der Zeitpunkt der tatsächlichen Auszahlung des Abschichtungserlöses spielt hierbei keinerlei Rolle. Ebenso irrelevant ist somit auch der Umstand, dass dem Erstbw. noch ein "Entnahmerecht" zugestanden worden ist. Es kann daher auch dahin gestellt bleiben, welcher Rechtsgrund dieser Zahlung zugrunde lag, wie etwa eine Abgeltung für die späte Zahlung des Abfindungspreises.

Wenn der Bw. auf seine Auseinandersetzung mit der Geschäftsherrin und darauf verweist, dass der Abschichtungspreis der Höhe nach keineswegs festgestanden hat, so ist hierzu anzumerken, dass der Abschichtungspreis jedenfalls ziffernmäßig bestimmbar war, wenn er auch der Höhe nach noch berechnet werden musste."

Am 15. Dezember 2005 brachte der Bw. einen Antrag "auf Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund neu hervorgekommener Beweise zu den Gewinnfeststellungsbescheiden" 1998 und 1999 ein. Beigelegt waren diesem Antrag

Der Bw. brachte hierzu vor, der UFS habe es als erwiesen angenommen, dass die von Anbeginn unbefristet abgeschlossenen Gesellschaftsverhältnisse durch ordentliche Kündigung seitens der Gesellschaft Ende 1998 bzw. Ende 1999 rechtswirksam beendet worden seien.

Der Bw. wäre bis zur mündlichen Verhandlung nie befragt worden, ob ihm Verträge bekannt seien bzw. vorlägen, die eine Verschiebung der Abschichtung bzw. Kündigung zum Gegenstand hätten. Er habe im guten Glauben davon ausgehen können, dass eine derartige Vereinbarung zustande gekommen sei. Erst beim UFS sei daran gezweifelt und ihm keine Gelegenheit eingeräumt worden, noch weiteres Beweismaterial zur Stützung dieser Treuhanderklärungen beizubringen. In Ermangelung dieses Nachweises wäre es daher zur UFS-Abweisung seines Antrages gekommen.

Nun sei er nach einigen Schwierigkeiten am 30.11.2005 in den Besitz der entsprechenden Unterlagen, die die neuen Beweismittel darstellten, gekommen.

Gemäß der Mustervereinbarung sei bezüglich Kündigung der Gesellschaft der bisherige Gesellschaftsvertrag folgendermaßen abgeändert worden: "Der bisherige Text des Pkt. X Kündigung der Gesellschaft wird gestrichen und lautet einvernehmlich wie folgt: Es wird vereinbart, dass das Gesellschaftsverhältnis zum 31.12.2000 endet. Eine gesonderte Kündigung ist nicht erforderlich."

Wie schon die Bezeichnung Mustervereinbarung für die Tranchen der Treuhandbank ausdrücke, seien diese Änderungen sinngemäß auch für die Gesellschaftsverhältnisse des Bw. vereinbart worden. Das Ende der Gesellschaftsverhältnisse sei daher drei Jahre nach dem bisherigen ordentlichen Kündigungstermin festgelegt worden, d.h. also für Tranche IV der 31.12.2001 und für die Tranche V der 31.12.2002. Dies stimme auch exakt mit der Mitteilung der Treuhandbank aus 1997 überein, wonach der Bw., wenn er seine Beteiligung nicht in Genussrechte umwandeln lasse, bis Ende 2002 stiller Gesellschafter bleibe. Auch das Entnahmerecht entspreche dem.

Dass diese Änderungen tatsächlich abgeschlossen worden seien, ergebe sich aus dem Bericht des Wirtschaftstreuhänders zum Jahresabschluss 1995 und einem Brief der Geschäftsherrin dazu. Dem Bw. selbst liege dieser Bericht nicht vor. Aber aus dem (beigelegten) Schreiben der V. vom 4.11.1996 ergebe sich eindeutig die Rechtswirksamkeit der Vertragsänderungen. Aus dem Umstand, dass (nur) die Bestimmungen gemäß § 14 der Gesellschaftsverträge nicht verändert worden seien, ergebe sich, dass andere Vertragspassagen wie der früheste Abschichtungszeitpunkt und die Kündigung sehr wohl geändert worden seien.

Durch ein neues Konzept sollten alle Beteiligungen noch 1997 in Genussrechte umgewandelt werden. Deshalb sollten alle Beteiligungen sobald wie möglich umgewandelt oder sonst beendet werden. Dies erkläre, dass man ab diesem Zeitpunkt nichts mehr von der Vereinbarung aus 1994 wissen wollte und auch die faktenwidrige Schutzbehauptung, dass die Kündigungsregeln aus dem ursprünglichen Vertrag nicht abgeändert worden seien.

Im Gegensatz zur Annahme durch den UFS sei daher die ordentliche Kündigung nicht rechtsgültig gewesen und daher zu Recht beeinsprucht worden. Das nun befristete und unkündbare Vertragsverhältnis sei daher durch die unzulässige Kündigung unberührt bis Mitte 2001 bestehen geblieben.

Das Finanzamt wies nach Wiedergabe der Bestimmung des § 303 Abs. 1 und 2 BAO den Wiederaufnahmeantrag ab; ein Antrag nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO könne nur auf solche Beweismittel gestützt werden, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber erst nachträglich möglich wurde.

Die vorgelegten Schriftstücke seien mit 29.11.1994, 27.11.1995 und 4.11.1996 datiert sowie der Mustervertrag (undatiert) und waren sohin zum Zeitpunkt der in Rechtskraft erwachsenen bescheidmäßigen Erledigungen der betreffenden Abgabenverfahren bereits vorliegend. Da dieser Schriftverkehr während der abgeschlossenen Feststellungsverfahren 1998 und 1999 bereits vorhanden gewesen und überdies durch den Schriftverkehr neueren Datums überholt (aber inhaltlich entsprechend den bereits vorgelegten Schreiben) wäre, stellten diese Unterlagen aber keine die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigenden Beweismittel dar.

Der vorgelegte Vertrag sei ein "Mustervertrag" und als solcher nicht geeignet, Teil einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zu sein, die die wiederholt vorgebrachte Meinung des Bw. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus der GmbH & atypisch stillen Gesellschaft untermauern könne. Die nachgereichten Schriftstücke brächten somit keine neuen Tatsachen hervor, deren Kenntnis im Erstverfahren in irgendeiner Weise bedeutsam hätte sein können. Insbesondere könne daraus nicht auf eine (behauptete) erfolgte Änderung des Vertrages zwischen dem Bw. und der V. geschlossen werden.

Der Vollständigkeit sei noch darauf hinzuweisen, dass dann, wenn einer Partei das Beweismittel schon während des Erstverfahrens bekannt ist, sie es jedoch in diesem Verfahren unterlässt, auf dieses Beweismittel zu verweisen bzw. dessen Beschaffung zu beantragen, dieses Beweismittel nach Abschluss des Erstverfahrens nicht als Wiederaufnahmsgrund zum Tragen kommen könne.

Darauf hingewiesen werde, dass sich die Schriftstücke lt. Anlagen 1-3 inhaltlich auf den Schriftverkehr beziehen, der in den Erstverfahren bereits vorgelegt worden sei und in diesen Verfahren daher bereits bei der Entscheidungsfindung durch das Finanzamt bzw. den UFS entsprechend berücksichtigt und gewürdigt habe werden können.

In der dagegen gerichteten Berufung brachte der Bw. neben einer Wiederholung der bereits im Wiederaufnahmeantrag angeführten Argumente insbesondere vor, die Behörde mache nicht klar, durch welchen Schriftverkehr neueren Datums die vorgelegten Beweismittel überholt worden seien. Es werde auch bloß behauptet, nicht aber bewiesen, dass der Mustervertrag nicht geeignet sei, Teil einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zu sein. Verwiesen werde insbesondere auf den im Schreiben vom 27.11.1995 angeführten Passus "wie sie von der Gesellschafterversammlung beschlossen wurde".

Die Gesellschaften wären somit erst Ende 2001 und 2002 zu Ende gegangen, wäre es nicht 2001 zu einer einvernehmlichen vorherigen Auflösung gekommen.

Selbst der UFS stelle fest, dass in den vorliegenden Unterlagen mehrfach von der behaupteten Verschiebung gesprochen werde, habe es aber unterlassen, den vom Bw. namhaft gemachten Zeugen (Anm.: Vorstandsdirektor Dr. F.) zu befragen.

Weiters habe die Behörde den Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme ignoriert, worin ein Verfahrensmangel liege, der zur Aufhebung des Bescheides führen müsse.

In einer ergänzenden Eingabe vom 11.4.2006 brachte der Bw. insbesondere vor, die Vertragsänderung sei durch einen Gesellschafterbeschluss erfolgt, wobei Dr. F. als Vertreter der Treuhandbank für alle rund 40 Gesellschafter die Zustimmung erteilt habe.

Da Dr. F. trotz Ersuchen nicht von der Behörde gehört wurde, sei es dem Bw. gelungen, eine schriftliche Sachverhaltsdarstellung von ihm zu erhalten.

Diese Sachverhaltsdarstellung war der Eingabe beigeschlossen; Dr. F. bestätigt darin, dass 1994 in einer Gesellschafterversammlung mit der V. einvernehmlich die bis dahin unbefristeten und kündbaren Gesellschaftsverträge in befristete und unkündbare Gesellschaften geändert worden seien. Dabei seien die Regeln über die ordentliche Kündigung gestrichen und an deren Stelle ein fixer Termin für die Beendigung des Vertrags gesetzt worden. Die Verträge endeten drei Jahre später ohne Kündigungsmöglichkeit, im Falle des Bw. also bei der Tranche IV am 31.12.2001 und bei der Tranche V am 31.12.2002. Weiters sei vereinbart worden, dass dem Bw. für den Verlängerungszeitraum eine Entnahme von 5% zustünde.

1997 sei für die Gesellschafter eine Umwandlung der Beteiligung in Genussrechte ausverhandelt worden. Da der Bw. dieses Angebot nicht angenommen hätte, hätte ihm die Treuhandbank damals mitgeteilt, dass er entsprechend den vorhin dargestellten Vertragsänderungen bis 2002 als Gesellschafter an der V. beteiligt bliebe.

1998 sei von der V. trotzdem die erste Kündigung ausgesprochen worden. Den Einspruch des Bw. wegen Unzulässigkeit habe die Treuhandbank an die V. weitergeleitet, von der damals mitgeteilt wurde, dass sie vor 2000 nicht abschichten könne. Dr. F. als Vertreter der Treuhandbank wäre sehr daran gelegen gewesen, daraus keinen Rechtsstreit entstehen zu lassen.

Als Mitte 2001 die Gesellschaft vor den Endterminen der Gesellschaftsverträge des Bw. die Abschichtung durchführen wollte, wäre in diesen Verhandlungen durch einvernehmliche frühere Auflösung der Gesellschaftsverhältnisse dieser Rechtsstreit beigelegt worden. Obwohl bei der vorzeitigen Auflösung nur der Verkehrswert der Beteiligung zu zahlen gewesen wäre, der von der V. mit fast Null beziffert wurde, habe Dr. F. schließlich für den Bw. den Mindestpreis durchsetzen können. Die Zahlungen seien kurz darauf erfolgt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Rechtsgrundlagen

§ 303 BAO lautet:

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

...

(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Bw. stützt seinen Antrag auf § 303 Abs. 1 lit. b BAO, und zwar auf das Hervorkommen neuer Beweismittel.

2. Ein im Spruch anders lautender Bescheid

Eine der Grundvoraussetzungen für die Durchführung einer Wiederaufnahme des Verfahrens ist also, dass die neu hervorgekommenen Beweismittel einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.

Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Die vom Bw. vorgelegten Beweismittel dokumentieren den bereits im abgeschlossenen Verfahren bekannten Umstand, dass Unstimmigkeiten zwischen dem Bw. und der V. hinsichtlich des Kündigungstermins bestanden haben.

Auffällig ist jedenfalls, dass Dr. F. zwar die Verschiebung des Kündigungstermins bestätigt, jedoch weder er noch der Bw. hierfür schriftliche Unterlagen beibringen kann, die aber wohl bei einer Rechtshandlung dieser Dimension zur Herstellung der Rechtssicherheit zwischen den Vertragspartnern zu erwarten gewesen wäre. Auch die Treugeber wurden hiervon offensichtlich nicht informiert.

Unverständlich wäre auch, dass die Geschäftsherrin dennoch und damit rechtswidrig eine Kündigung ausgesprochen hätte, dies umso mehr, als ohnehin eine Auszahlung des Abschichtungserlöses erst im Jahr 2000 hätte erfolgen können.

Letztlich kann es aber dahingestellt bleiben, ob tatsächlich eine Verschiebung des Kündigungstermins erfolgt ist.

Unbestritten geblieben ist nämlich auch im Wiederaufnahmsantrag, dass die Geschäftsherrin die Kündigung tatsächlich ausgesprochen hat und dass der Ermittlung des Abschichtungsguthabens die Bilanzen zum 31.12.1998 und 31.12.1999 zugrunde gelegt worden sind.

Wie schon in der Berufungsentscheidung vom 3. November 2005 ausgeführt wurde, hat somit der Bw. an den in späteren Zeiträumen entstandenen stillen Reserven nicht mehr teilnehmen können, wodurch ein Ausscheiden in den Jahren 1998 und 1999 eindeutig dokumentiert ist. Hierfür spricht weiters, dass auch der Stand des negativen Kapitalkontos zu den obigen beiden Stichtagen berechnet werden musste und für die Höhe des Veräußerungsgewinnes maßgebend war (vgl. hierzu VwGH 21.2.1996, 94/14/0160).

Sollte also der Bw. hinsichtlich der möglichen frühesten Kündigungstermine ursprünglich anderer Ansicht als die Geschäftsherrin gewesen sein, so hat er die Stichtage 31.12.1998 und 31.12.1999 nunmehr akzeptiert.

3. Ergebnis

Die beantragte Wiederaufnahme des Verfahrens scheitert somit schon daran, dass die vorgelegten Beweismittel in keiner Weise geeignet sind, eine Änderung des Bescheidspruches zu bewirken. Ob die übrigen Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag vorliegen, braucht somit nicht mehr geprüft zu werden.

Da eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ebenfalls einen im Spruch anders lautenden Bescheid bedingen würde, geht auch die diesbezügliche Anregung des Bw. ins Leere, wobei hinzuzufügen ist, dass auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen kein Rechtsanspruch besteht (vgl. zB VwGH 18.1.1994, 90/14/0124) und auch das Finanzamt keine Entscheidungspflicht trifft.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Der Bw. will offenkundig deshalb eine Verlagerung des Abschichtungsgewinnes in das Jahr 2001 erreichen, weil er in diesem Jahr in Pension gegangen ist und daher eine Besteuerung des Veräußerungsgewinnes mit dem Hälftesteuersatz des § 37 Abs. 1 iVm Abs. 5 Z 3 EStG erhofft.

Nach dieser Bestimmung sind Veräußerungsgewinne dann begünstigt, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe deshalb erfolgt, weil der Steuerpflichtige das 60. Lebensjahr vollendet und seine Erwerbstätigkeit eingestellt.

Die Vorschrift zielt daher primär auf die Fälle ab, in denen ein selbständig Tätiger seinen Betrieb veräußert und in Pension geht. Eine Ausdehnung der Begünstigung auf die Veräußerung von (kapitalistisch gehaltenen) Mitunternehmeranteilen, die ja nicht durch die Pensionierung im Bereich der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit veranlasst sein kann, ist wohl kaum mit dem Wortlaut und dem Sinn der Bestimmung in Einklang zu bringen, mag auch Rz 7321 EStR in diese Richtung deuten.

Wien, am 19. September 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Rechtsanspruch, Wiederaufnahme von Amts wegen

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