Unterliegt eine Urkunde die einen mündlich abgeschlossenen Bestandvertrag dokumentiert auch dann der Gebührenpflicht nach § 33 TP 5 GebG wenn diese Urkunde den Bestandzins nicht enthält?
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/16/0163 eingebracht. Mit Erk. v. 25.1.2007 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BfADR, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt, 6900 Bregenz, Rathausstraße 11, vom 13. April 2006 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 5. April 2006 betreffend Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 5 GebG, ErfNr 303.707/2004 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungsführerin unterbreitete der SF ein Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages. Die Präambel dieses von der Berufungsführerin unterfertigten Anbotes lautet:
"I. Präambel
Die SF ist bereits seit dem 01.12.2001 auf Grund eines mündlichen Pachtvertrages Pächter, des im Eigentum der [Berufungsführerin] stehenden Betriebes der B. In diesem Pachtvertrag wurden jedoch keine Regelungen für die Zukunft getroffen, sondern lediglich ein Pachtvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die [Berufungsführerin] unterbreitet nunmehr, da auch einige wesentliche Regelungen den zukünftigen Fortbestand der SF getroffen werden konnten, das Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages, um hier eine rechtssichere und endgültige Lösung zwischen der [Berufungsführerin] und der SF herzustellen."
Mit Vorhalt vom 1. März 2006 forderte das Finanzamt Feldkirch die Berufungsführerin auf die Höhe des mündlich vereinbarten Pachtzinses ab 1.12.2001 bekannt zu geben.
In der Vorhaltsbeantwortung vom 29. März 2006 teilte die Berufungsführerin dem Finanzamt mit, dass der jährliche Pachtzins 98.472,00 € zuzüglich Umsatzsteuer betrage.
Mit Bescheid vom 5. April 2006 schrieb das Finanzamt Feldkirch der Berufungsführerin eine Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG in Höhe von 3.544,99 € vor.
In der Berufung vom 13. April 2006 brachte die Berufungsführerin im Wesentlichen vor, dass nach der Aufhebung von Teilen des ersten Satzes des § 15 Abs 2 GebG durch deas Erkenntnis des VfGH vom 13.10.1992 das gegenständliche schriftliche Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages nicht gebührenpflichtig sei. Die Tatsache, dass dieses Anbot durch fristgerechte Einzahlung eines Betrages auf ein bestimmtes Konto zustande kommt, verwirkliche ebenso wenig wie ein reines Anbot den Gebührentatbestand. Dieser werde auch dadurch nicht verwirklicht, dass ein schriftliches Anbot einem mündlichen Mietvertrag, welcher ebenfalls nicht gebührenpflichtig sei, folgt. Rein durch die Abgabe eines schriftlichen Angebotes komme es nämlich zu keinerlei Bestätigung des mündlichen Mietvertrages sondern zum Abschluss eines neuen Angebotes, welches durch eine faktische Handlung angenommen worden sei. Sie beantrage daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die Berufung wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Berufungsvorentscheidung vom 29. Mai 2006 im Wesentlichen aus folgenden Gründen als unbegründet abgewiesen:
Das Anbot vom 24. März 2004 sei nicht Gegenstand der Gebührenfestsetzung. Der Gebührenbemessung liege der ursprüngliche Pachtvertrag seit 1.12.2001 zu Grunde, der in der Präambel der Urkunde beurkundet worden sei. In der Präambel seien die wesentlichen Vereinbarungen des seit 1.12.2001 bestehenden Pachtvertrages, nämlich Verpächter, Pächter, Pachtgegenstand und Dauer des ursprünglichen Pachtverhältnisses festgehalten. Im schriftlichen und unterschriebenen Festhalten des ursprünglichen Pachtvertrages sei eine gebührenrechtlich relevante nachträgliche Beurkundung dieses bestehenden Pachtverhältnisses zu erblicken, so dass die Voraussetzungen des Vorliegens einer Beurkundung gemäß § 15 Abs 1 GebG dafür gegeben seien. Keineswegs erforderlich sei aber, dass die Urkunde alle für die Festsetzung der Gebühren bedeutsamen Umstände enthalte. Insbesondere sei es für die Entstehung der Steuerschuld nicht erforderlich, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr in der Urkunde über das Rechtsgeschäft genannt wird. Hinsichtlich es Entgeltes sei daher ausdrücklich nach dem Pachtzins ab 1.12.2001 angefragt und nach dem Inhalt der Beantwortung sei ausdrücklich auch der damalige Pachtzins mitgeteilt worden, wonach auch die Gebührenbemessung vorgenommen worden sei. Vergebührt worden sei demnach der ursprüngliche Pachtvertrag seit 1.12.2001 nach dem für diesen geltenden Bestimmungen/Entgelten, wie sich diese aus der nachträglichen o.a. Beurkundung und den Erhebungen ergeben hätten. Eine Gebührenpflicht des durch konkludente Handlung erst neu entstehenden Pachtvertrages sei vom Finanzamt nicht angenommen worden.
Im Vorlageantrag vom 30. Juni 2006 brachte die Berufungsführerin im Wesentlichen vor, dass es für die Festsetzung einer Gebühr erforderlich sei, dass eine Urkunde alle wesentlichen Merkmale eines Rechtsgeschäftes enthalte. Wie die Abgabenbehörde richtig ausführe, seien zwar Verpächter, Pächter, Pachtgegenstand und Dauer des ursprünglichen Pachtverhältnisses festgehalten, es fehle jedoch neben vielen weiteren Bestimmungen des ursprünglichen Pachtvertrages im Besonderen eine Bestimmung des Pachtentgeltes, welches ebenfalls ein wesentliches Element des Pachtvertrages darstelle. Auch sei dieses aus den einzelnen Elementen der Präambel heraus nicht bestimmbar, wodurch mangels Anführung dieses wesentlichen Merkmales des Pachtvertrages von keiner schriftlichen Festhaltung des ursprünglichen Pachtvertrages zu sprechen sei, sodass auch die Voraussetzungen für eine Beurkundung gemäß § 15 Abs 1 GebG nicht gegeben seien.
Über die Berufung wurde erwogen:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Gebühr nicht für das Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages, sondern die in der Präambel dieses "Anbotes" erfolgte Beurkundung eines in der Vergangenheit mündlich abgeschlossenen Pachtvertrages vorgeschrieben. Dies geht klar aus der Begründung des Bescheides vom 5. April 2006 hervor, worin es wörtlich heißt: "Gegenstand der Vergebührung ist der Pachtvertrag vom 1.12.2001 bis Änderung." Der im angefochtenen Bescheid angeführte Betreff: "Anbot zum Abschluss eines Pachtvertrages vom 24. März 2004 mit SF" bezeichnet daher nur die Urkunde in der das Rechtsgeschäft vom 1.12.2001 dokumentiert wurde.
Gemäß § 16 Abs 1 Z 1 lit b GebG entsteht die Gebührenschuld, wenn die Urkunde über das Rechtsgeschäft im Inland errichtet wird, bei zweiseitigen Rechtsgeschäften, wenn die Urkunde von einem Vertragsteil unterzeichnet wird, im Zeitpunkt der Aushändigung (Übersendung) der Urkunde an den anderen Vertragsteil oder an dessen Vertreter oder an einen Dritten. Im gegenständlichen Fall wurde die Urkunde von der Berufungsführerin unterfertigt und der SF ausgehändigt. Dies geht auch aus den Ausführungen der Berufungsführerin in der Berufung hervor, wonach die SF durch eine faktische Handlung, das Anbot angenommen habe. Da die Beurkundung des mündlichen Pachtvertrages in der Präambel des Anbotes erfolgte, ist auch die von der Berufungsführerin unterfertigte Beurkundung des mündlichen Pachtvertrages der SF ausgehändigt worden. Die Gebührenpflicht ist daher gemäß § 16 Abs 1 Z 1 lit b GebG entstanden. Dies wurde überdies weder in der Berufung noch im Vorlageantrag bestritten.
Nach § 15 Abs. 1 GebG 1957 sind Rechtsgeschäfte grundsätzlich nur dann gebührenpflichtig, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird. Für die Festsetzung der Gebühren ist gemäß § 17 Abs. 1 GebG der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird gemäß Abs. 2 der letztgenannten Gesetzesstelle bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, es sei für die Entstehung der Gebührenschuld nicht erforderlich, dass die Bemessungsgrundlage für die Gebühr in der Urkunde über das Rechtsgeschäft genannt wird (vgl das hg Erkenntnis vom 24. März 1994, Zl 92/16/0130, mwH). Insbesondere hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 9. Mai 1974, Zl 1913/73, Slg. Nr. 4684 (F), ebenfalls zu einem Bestandvertrag mit ähnlichen Beschwerdeeinwendungen wie im nunmehrigen Beschwerdefall befasst. Der Gerichtshof ging davon aus, dass der Bestandvertrag durch die Urkunde, in der unter anderem die Bezeichnung des in Bestand gegebenen Objektes, Abreden über Vertragsdauer und die Zahlungsmodalitäten enthalten waren, beweiskräftig festgehalten worden war. Waren also in der Urkunde alle für einen Bestandvertrag notwendigen Elemente mit Ausnahme der ziffernmäßigen Höhe des Bestandzinses angeführt, so genügte dies, um die Gebührenpflicht zu begründen. In der gegenständlichen Urkunde sind auch die wesentlichen Bestandteile eines Pachtvertrages, nämlich Verpächter, Pächter, Pachtgegenstand und Laufzeit unbestimmte Dauer angegeben. Selbst wenn man auf Grund der Nicht-Angabe des Bestandzinses nicht deutlich die Beurkundung eines Bestandvertrages erblicken wollte, wären die Abgabenbehörden im Hinblick auf § 17 Abs 2 GebG berechtigt gewesen, dies zu vermuten und den in der Urkunde ziffernmäßig nicht weiter bestimmten Bestandzins bis zum Beweis der tatsächlichen Höhe etwa mit einem bloß geschätzten Betrag der Gebührenbemessung zu Grunde zu legen. Abgesehen davon enthält das Gebührengesetz keine Norm die die den Abgabenpflichtigen durch § 119 BAO auferlegten Offenlegungs- und Wahrheitspflichten einschränken würde. Es ist daher dem Finanzamt auch freigestanden, sich an die Berufungsführerin zu wenden um Auskunft über die Höhe des Bestandteiles zu verlangen.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung verwiesen.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Feldkirch, am 11. August 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Schlagworte: | Bestandvertrag, Urkunde |