Abzugsfähigkeit von Kosten der doppelten Haushaltsführung und großes Pendlerpauschale
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des H., P. , vom 15. Dezember 2003 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf, vertreten durch AR Amring, vom 13. November 2003 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Bw ist unselbstständig tätig und beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Streitjahr 2002 das große Pendlerpauschale und Kosten der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten auf Grund einer geplanten unternehmerischen Tätigkeit in der Steiermark.
Mit abweisenden Bescheid vom 14. November 2003 begründete das Finanzamt die Nichtanerkennung der Werbungskosten wie folgt: Das Pendlerpauschale sei nach ständiger Rechtsprechung des VwGH nicht anzuerkennen, da die eheliche Wohnung i.S. einer Schlafstelle in P. noch zur Verfügung stehe, wenn auch eine Abmeldung nach dem Meldegesetz vorgenommen worden wäre (VwGH 19.9.1995, 91/14/0227). Für die Wegstrecke vom genannten Wohnort zur Arbeitstelle im "G.P." sei somit keine Pendlerpauschale zuzugestehen.
Weiters wären die geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung nicht zuzuerkennen, da eine beruflich veranlasste Begründung des zweiten Wohnsitzes in der Steiermark nicht vorliegen würde. Vorweggenommene Betriebsausgaben im Zusammenhang mit der Wohnung in W. in der Steiermark seien nicht anzuerkennen, da auf Grund von Erhebungen des Finanzamtes D. vom 12. August 2003 die Ruhendmeldung des Gewerbes festgestellt worden wäre. Die Tätigkeit wäre somit bis dato nicht ausgeübt worden, noch nach außen erkennbare Handlungen gesetzt worden.
In der form- und fristgerechten Berufung wurde eingewendet, dass die eheliche Wohnung zum gegenständlichen Zeitpunkt keine Schlafstelle mangels Bettenanzahl besessen hätte. Zudem wäre die Rückkehr zum Schlafen nach P. nicht zumutbar gewesen. Eine Auskunft beim Finanzamt wäre positiv erfolgt und dem Dienstgeber mit Antragsformular übergeben worden. Der Dienstgeber hätte im maßgeblichen Zeitraum auch die wichtige Post in die Steiermark geschickt, und hätte lt. Niederschrift des Finanzbeamten aus D. dieser den Bw. zweimal unangekündigt an der Adresse in der Steiermark angetroffen.
Die doppelte Haushaltsführung wäre auf Basis der geplanten Einrichtung eines Gewerbebetriebes notwendig geworden und hätte diese nur an Werktagen erfolgen können. Der Bw. hätte jede freie Minute genützt in die Steiermark zu fahren, und wäre seitens des Finanzamtes D. bis zur nächsten Überprüfung eine Frist bis in Frühjahr 2004 eingeräumt worden. Zum Zeitpunkt der Überprüfung wären bereits 50 % des Gewerbebetriebes fertig gestellt gewesen, hätte jedoch bis zur Fertigstellung der Betriebsräume ruhend gemeldet werden müssen. Die Fertigstellung wäre nach den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln erfolgt und vom Finanzamt D. eine neue Frist bis ins 1 Quartal 2004 gewährt worden.
Beim Finanzamt wären jedenfalls nachweislich Informationen eingeholt worden, und hätte laut Bw. der Dienstgeber mit den genannten Finanzbeamten Rücksprache halten müssen.
Im Rahmen eines Vorhaltsverfahrens wurde der Bw. ersucht, Nachweise betreffend das Pendlerpauschale und doppelte Haushaltsführung vorzulegen bzw. bekannt zu geben, ob der Gewerbebetrieb in der Steiermark nun eröffnet und überprüft worden wäre. Dazu führte der Bw. ergänzend aus, dass die Nachweise betreffend Pendlerpauschale beim (früheren) Arbeitgeber der G.P. aufliegen würden. Die Eröffnung wäre Ende Juni 2004 geplant. Im Rahmen eines in der Folge durchgeführten Amtshilfeersuchen an das Finanzamt D. wurde bekannt gegeben, dass nach der Überprüfung im August 2003 keine weiteren Überprüfungen stattgefunden hätten, bzw. die vorgelegten Unterlagen an die Adresse P. retourniert worden wären.
Die Einwendungen wurden in der Folge mit Berufungsvorentscheidung vom 29. September 2004 als unbegründet abgewiesen, da der Bw. an der Adresse P. bis 22. Juli 2002 gemeldet gewesen wäre und diese Adresse bei aufrechter ehelicher Gemeinschaft den Familienwohnsitz darstellt. Die Ausgaben betreffend den Gewerbebetrieb in der Steiermark einschließlich der Kosten wegen doppelter Haushaltsführung seien mangels Bekanntgabe der Eröffnung des Gewerbebetriebes nicht zuzuerkennen.
Im Zuge des Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die zweite Instanz wurde die fehlende Zustellung eines Vorhalteverfahrens vom 21. Juli 2004 bemängelt und eine Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft D. betreffend die Eröffnung des Gewerbebetriebes mit 20. Dezember 2004 zum Nachweis vorgelegt. In Beantwortung des genannten Vorhaltes wurde in der Folge ergänzend ausgeführt, dass der Wohnsitz ab 22. Juli 2002 vorübergehend nach W. , verlegt worden wäre, um den Gewerbebetrieb einzurichten. Die nicht selbstständige Tätigkeit hätte flexibel gestaltet und der Kontakt zur Familie aufrecht erhalten werden können. Die Eröffnung des Betriebes hätte sich durch die finanzielle Lage bzw. mangels Kreditaufnahme verzögert, wäre jedoch mit 20. Dezember 2004 erfolgt und auch der Bezirksbehörde mitgeteilt worden. Die Übermittlung der Belege an die Wohnadresse des Bw. in P. könnte vom Bw. aber nicht bestätigt werden bzw. nicht in der Dokumentenmappe vorliegen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten alle Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Aufwendungen für die eigene Wohnung sind daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Die Kosten der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Arbeitsweg) sind grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag abgegolten, der allen aktiven Arbeitnehmern unabhängig von den tatsächlichen Kosten zusteht. Darüber hinaus stehen Werbungskosten in Form des Pendlerpauschales gemäß § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 nur dann zu, wenn
- entweder der Arbeitsweg eine Entfernung von mindestens 20 Kilometer umfasst (kleines Pendlerpauschale) oder
- die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich des halben Arbeitsweges nicht möglich oder nicht zumutbar ist und der Arbeitsweg mindestens 2 Kilometer beträgt (großes Pendlerpauschale).
Im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze ist die Entfernung zum nächstgelegenen Wohnsitz maßgebend (VwGH 19.9.1995, 91/14/0227). Verfügt der Arbeitnehmer über eine am Dienstort befindlichen Schlafstelle, so ist zur Berechnung eines allfälligen Pendlerpauschales die Wegstrecke bzw. der Arbeitsweg von dieser Schlafstelle aus zur Arbeitsstätte zu berechnen (LStR 2002, Rz 259 unter Verweis auf VwGH 19.9.1995, 91/14/0227). Lt. ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Schlafstelle jedoch nur dann maßgeblich, wenn diese als Wohnung anzusehen ist (vgl. Doralt, a.a.O., Rz 115 zu § 16 EStG 1988.
Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen durch die beruflich veranlasste Begründung eines eigenen Haushalts an einem außerhalb des Familienwohnsitzes gelegenen Beschäftigungsortes bzw. eines Doppelwohnsitzes erwachsen, sind als Werbungskosten absetzbar. Behält der Steuerpflichtige seinen bisherigen Wohnsitz aus privaten Gründen bei, so gehören die durch die getrennte Haushaltsführung verursachten Kosten zu den nicht abzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung.
Die Begründung eines eigenen Haushalts am Beschäftigungsort bei gleichzeitiger Beibehaltung des Familienwohnsitzes (doppelte Haushaltsführung) ist somit dann beruflich veranlasst, wenn der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen
- von seinem Beschäftigungsort so weit entfernt ist, dass ihm eine tägliche Rückfahrt nicht zugemutet werden kann und entweder
- die Beibehaltung des Familienwohnsitzes außerhalb des Beschäftigungsortes nicht privat veranlasst ist oder
- die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort nicht zugemutet werden kann.
Ein Zweitwohnsitz ist jedenfalls dann beruflich begründet, wenn eine tägliche Heimkehr nicht zumutbar ist und der Steuerpflichtige selbst an beiden Wohnsitzen eine selbständige oder unselbständige Tätigkeit ausübt und sich daraus die Notwendigkeit eines Doppelwohnsitzes ergibt (berufsbedingter Doppelwohnsitz).
Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein unverheirateter Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet (siehe dazu VwGH 24.4.1996, 96/15/0006; Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Rz 102 zu § 16 EStG 1988, "Doppelte Haushaltsführung"; Doralt4, a.a.O., Rz 349 zu § 4 EStG 1988).
Ergänzend zum Sachverhalt ist auszuführen, dass der Bw. das Gewerbe "Organisation von Veranstaltungen" mit Standort P. bereits im Jahre 1997 und als weitere Betriebsstätte W. mit 14. Oktober 2002 angemeldet hat. Lt. Einvernahme des Bw. vom 12. August 2003 durch das Finanzamt D. gab dieser bekannt, beide Gewerbeanmeldungen umgehend wieder ruhend gemeldet zu haben. Bis dato wäre die Tätigkeit nicht ausgeübt worden und im Wohnhaus in der Steiermark kein Raum für Bürozwecke adaptiert worden. Der Bw. würde jedoch dreimal wöchentlich in die Steiermark fahren, um das Wohnhaus zu versorgen bzw.den zukünftigen Gewerbestandort aufzubauen. Die Gattin und die beiden Kinder würden am Wochenende sowie einen Teil der Ferien in der Steiermark verbringen.
Der Bw. ist somit im vorliegenden Streitjahr 2002 nicht gewerblich tätig geworden, weder am Standort in P. noch in der Steiermark. Die gewerbliche Tätigkeit wurde noch im Jahre 2002 insgesamt ruhend gemeldet. Somit liegt auch kein Nachweis betreffend einer nach außen hin erkennbaren Absicht der Eröffnung eines Betriebes vor. Die Betreuung von einem Liegenschaftsbesitz allein rechtfertigt jedoch nach herrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Doppelwohnsitz, auch ist ein Doppelwohnsitz nicht gerechtfertigt, wenn die Tätigkeit in einem der Betriebe eine zu vernachlässigende Größe hat (VwGH 29.1.1965, 1176/63). Die Eröffnung eines Gewerbebetriebes im Streitzeitraum 2002 liegt somit nicht vor.
Eine beruflich veranlasste Begründung eines zweiten Wohnsitzes in der Steiermark liegt jedoch mangels Wechsels des Dienstgebers auch nicht vor. Die vom Bw. geltend gemachten Wohnungskosten in P. als außergewöhnliche Belastung für doppelte Haushaltsführung sind somit ebenso nicht zuzuerkennen.
Im vorliegenden Fall steht dem Bw. zudem nach wie vor die Wohnung in P. als Schlafmöglichkeit zur Verfügung. Lt. Angaben des Bw. im Rahmen der Befragung vom 12. August 2003 wäre dieser dreimal wöchentlich in die Steiermark gependelt, um das Wohnhaus zu versorgen bzw. den zukünftigen Gewerbebetrieb aufzubauen. Der Bw. benutzte somit nach wie vor die Wohnung in P. als Schlafstelle, und wurden Fahrten auch aus privaten Gründen zum Wohnhaus in der Steiermark getätigt. Eine Abmeldung nach dem Meldegesetz bzw./und Meldung am Zweitwohnsitz allein bewirkt darüber hinaus noch nicht die Verlegung des Familienwohnsitzes und damit die Anerkennung eines Pendlerpauschales, sondern ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entfernung der Arbeitsstätte zum nächst gelegenen Wohnsitz (Schlafstelle) maßgeblich. Die Wegstrecke G.P. und Wohnung in P. gilt jedoch als mit dem allgemeinen Verkehrsabsetzbetrag abgedeckt. Das vom Bw. geltend gemachte große Pendlerpauschale ist somit nicht zuzuerkennen.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 15. Mai 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | doppelte Haushaltsführung, großes Pendlerpauschale |