UFS RV/1471-W/05

UFSRV/1471-W/0527.4.2006

Offensichtliche Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen

 

Entscheidungstext

 

Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Hofrätin Dr. Anna Maria Radschek und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Dr. Kurt Folk, KR Oswald Heimhilcher und Mag. Robert Steier im Beisein der Schriftführerin Edith Sajovic-Mantl über die Berufung des Bw., vom 22. Dezember 2003 gegen die gem. § 293b BAO berichtigten Bescheide des Finanzamtes Wien 21/22, vertreten durch Mag. Georg Ullmann, vom 20. November 2003 betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2001 nach der am 29. März 2006 in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

 

Strittig ist die Berechtigung des Finanzamtes, Berichtigungen gem. § 293b BAO der o.a. Einkommensteuerbescheide wegen deren auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus den Abgabenerklärungen beruhender Rechtswidrigkeit vorzunehmen.

Beim Bw. fand für die Jahre 1999 bis 2002 eine Prüfung der Aufzeichnungen gem. §§ 147ff BAO statt, wobei u.a. folgende Feststellungen getroffen und im Betriebsprüfungsbericht (vgl. Tz. 22) ausführlich dargestellt wurden:

UAB

1999

2000

2001

lt. Bescheid v. 5.9.2000

7.886 (= da sehr geringes Einkommen, konnten sich nur max. 7.886 S von 10.500 S auswirken)

  

lt. Bescheid v. 29.8.2001

 

10.500

 

lt. § 293b BAO Bescheid v. 20.11.2003

10.500 (= [350 + 525] x 12 Monate)

10.500

10.500

Das Finanzamt folgte in den gem. § 293b BAO berichtigten Einkommensteuerbescheiden den Feststellungen der Betriebsprüfung.

Der Bw. erhob gegen die o.a. Bescheide Berufung und begründet diese im Wesentlichen folgendermaßen:

 

1999

2000

2001

Einnahmen (netto)

273.650,00

580.462,50

560.100,00

Ausgaben:

   

Subhonorarnoten (netto)

 

-7.000,00

 

div. Betriebsausgaben

-41.623,84

  

12 % pauschale Betriebsausgaben

 

-69.655,50

-67.212,00

Sozialversicherung

-44.388,56

-63.119,18

-91.256,78

Unterhaltszahlungen

-76.000,00

-84.000,00

-84.000,00

= Einkünfte aus Gewerbebetrieb

111.637,60

356.687,82

317.631,22

lt. Bescheid v. 5.9.2000

111.638

  

lt. Bescheid v. 29.8.2001

 

356.688

 

lt. Bescheid v. 25.9.2002

  

317.631

lt. § 293b Bescheid v. 20.11.2003

187.638

479.176

426.194

Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung vom 30. Juni 2005 als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:

Der Bw. stellte gegen die o.a. Bescheide einen Vorlageantrag an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und ergänzte sein Berufungsbegehren im Wesentlichen folgendermaßen:

Mit Vorhalt der Abgabenbehörde zweiter Instanz vom 29. November 2005 wurde der Bw. nochmals ersucht darzulegen, weshalb die erklärten Unterhaltsabsetzbeträge Betriebsausgaben darstellen sollten.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 23. Dezember 2005 hält der Bw. wie folgt fest:

Im Zuge der mündlichen Verhandlung ergänzte der Bw. die Berufungsausführungen u.a. folgendermaßen:

Der Vertreter des Finanzamtes entgegnete, dass der vorliegende Fall ein klassisches Beispiel für die Anwendung der Bestimmung des § 293b BAO darstelle, da doch der Bw. selbst erklärt habe, dass sich diese offensichtliche Unrichtigkeit in der Erklärung befände.

Der Senat hat über die Berufung nach mündlicher Verhandlung erwogen:

 

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:

a) Der Bw. legte seinen Steuererklärungen für die Jahre 1999 bis 2001 Einnahmen/Ausgaben-Rechnungen bei, welchen die von ihm vorgenommene Ermittlung seiner Einkünfte aus Gewerbebetrieb entnommen werden kann.

b) Den in den einzelnen Jahren erzielten Gewinn minderte er, in dem er Unterhaltszahlungen als Betriebsausgaben in folgender Höhe in Abzug brachte (alle Beträge in Schilling):

Jahr:

Betrag:

1999

76.000

2000

84.000

2001

84.000

c) Den Einkommensteuererklärungen legte der Bw. ein weiteres Beiblatt mit dem Antrag, die Unterhaltspflichten für seine beiden mj. Kinder in voller Höhe aus der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer auszuscheiden, bei, was er damit begründete, dass diese Beiträge kein frei verfügbares Einkommen darstellten.

d) Die Unterhaltszahlungen des Bw. wurden vom Finanzamt im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer für die Jahre 1999 bis 2001 durch die Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages i.H.v. 10.500 S jährlich steuerlich berücksichtigt.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den vom Bw. vorgelegten Unterlagen:

zu a-c) Dies ist den Steuererklärungen (inkl. Beilagen) für die Jahre 1999 bis 2001 zu entnehmen.

zu d) Dies ist den Einkommensteuerbescheiden vom 20. November 2003 zu entnehmen.

Dieser Sachverhalt war rechtlich folgendermaßen zu würdigen:

§ 293b BAO normiert:

Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

Die Rechtswidrigkeit des Inhaltes eines Bescheides gibt somit dann einen Berichtigungsgrund nach § 293b BAO ab, wenn diese

(vgl. Stoll BAO Kommentar, Band 3, Punkt 2 zu § 293b).

Ziel dieser gesetzlichen Bestimmung ist die Herbeiführung eines der Gleichheit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. September 2005, 2002/15/0198, ausführt, ist somit für die Anwendbarkeit des § 293b BAO entscheidend, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies ist dann zu bejahen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. VwGH vom 19.1.2005, 2001/13/0235, 22.12.2004, 2004/15/0126, 25.4.2002, 99/15/0255, 23.9.2005, 2002/15/0198 sowie Stoll, BAO, Seite 2832f).

Ob eine unzutreffende Rechtsauffassung und somit eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen (vgl. VwGH vom 16.5.2002, 98/13/0180, 22.12.2004, 2004/15/0126).

Gem. § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben solche Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.

§ 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 normiert u.a., dass freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden dürfen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 sind somit Zuwendungen, auch wenn sie auf einer den Zuwendenen verpflichtenden Vereinbarung beruhen, nicht abzugsfähig, wenn sie

gewährt werden. Beide Gruppen von Zuwendungen stellen Einkommensverwendung dar, fallen damit in die private Lebenssphäre des Bw. und können weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch als Sonderausgaben vom Einkommen abgezogen werden (§ 20 Abs. 3 EStG 1988). Dies selbst dann nicht, wenn die Zuwendungen, zu welcher der beiden Gruppen sie immer gehören mögen, auf einer den Zuwendungen belastenden Vereinbarungen beruhen (vgl. Hofstätter-Reichel, EStG 1988 Band IIIB Kommentar, Tz. 8.1 zu § 20).

Die Auffassung, dass Unterhaltszahlungen als Betriebsausgaben in Abzug gebracht werden können, wurde zu keiner Zeit von Lehre und Rechtsprechung vertreten. Es handelt sich dementsprechend um eine unvertretbare Rechtsauffassung.

Da aus den Beilagen zu den Abgabenerklärungen hervorgeht, dass der Bw. seine Unterhaltszahlungen als Betriebsausgaben geltend gemacht hat, ist die Geltendmachung der Unterhaltszahlungen als Betriebsausgaben als offensichtlich unrichtig zu beurteilen.

Der weitere Einwand des Bw., die Abgabenbehörde habe damit keine Entscheidung über seinen Antrag auf Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen getroffen, ist insofern unzutreffend als das Finanzamt mit der Gewährung des Unterhaltsabsetzbetrages i.H.v. 10.500 S (= [350 +525] x 12 Monate gem. § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG 1988) jährlich über die Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen abgesprochen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 27. April 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

offensichtliche Unrichtigkeiten, Abgabenerklärung, Unterhaltsabsetzbetrag, Betriebsausgabe

Verweise:

VwGH 19.01.2005, 2001/13/0235
VwGH 22.12.2004, 2004/15/0126
VwGH 25.04.2002, 99/15/0255
VwGH 23.09.2005, 2002/15/0198

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