UFS RV/0160-F/04

UFSRV/0160-F/0410.3.2006

Ausschüttungsgleiche Erträge aus Investmentfonds und Teilwertabschreibung bei Kursverlusten.

 

Beachte:
VfGH-Beschwerde zur Zl. B846/06 eingebracht (mit Eventualantrag auf Abtretung an den VwGH). Mit Beschluss vom 13.12.2006 an den VwGH abgetreten. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0376 eingebracht. Mit Erk. v. 24.9.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der RV., H, P 186, vertreten durch die RLV., B, R-Str 11, vom 4. Mai 2004 gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch, vertreten durch Mag. Thomas Huemer, vom 13. April 2004 betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 nach der am 9. Februar 2006 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Im Jahr 2003 fand bei der Berufungswerberin eine Buch- und Betriebsprüfung betreffend die Jahre 2000 bis 2002 statt. Dabei stellte die Betriebsprüferin ua. Folgendes fest (vgl. die Ausführungen zu Punkt 2. "Außerbücherliche Hinzurechnungen" des Betriebsprüfungsberichtes vom 6. April 2004): Im Betriebsvermögen hätten sich im Prüfungszeitraum Anteile an thesaurierenden Investmentfonds befunden. Sofern der Kurswert zum Bilanzstichtag noch über dem Buchwert zuzüglich der laufenden ausschüttungsgleichen Erträge gelegen sei, seien die laufenden ausschüttungsgleichen Erträge zum Wert des Fonds dazuaktiviert worden. Im Falle, dass der Kurswert im selben Kalenderjahr oder in einem Folgejahr unter den Buchwert gefallen sei, sei vom um die laufenden ausschüttungsgleichen Erträge erhöhten Bilanzansatz ausgegangen und auf den niedrigeren Kurswert abgeschrieben worden. Diese Vorgangsweise sei aus mehreren Gründen steuerlich nicht anzuerkennen: Gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 sei nicht abnutzbares Anlagevermögen und Umlaufvermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Für den Fall, dass der Teilwert niedriger sei, so könne dieser angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Betriebsvermögen gehörten, könne der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren den Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher als der letzte Bilanzansatz sei; es dürften jedoch höchstens die Anschaffungskosten angesetzt werden. Wertpapiere des Umlaufvermögens seien mit den Anschaffungskosten oder mit dem niedrigeren Börsen- oder Marktwert anzusetzen. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung sei dabei nicht erforderlich (strenges Niederstwertprinzip). Wesentlich für den Teilwert sei der Kurswert des Papiers. Investmentfondsanteile seien mit dem Rücknahmepreis anzusetzen. Dieser entspreche im Regelfall dem Kurswert. Demgegenüber regle § 40 Abs. 1 InvFG 1993 den Zuflusszeitpunkt von Erträgen aus Kapitalanlagefonds unterschiedlich zu § 19 EStG 1988. Für den Zurechnungszeitpunkt sei der Zeitpunkt der Weiterleitung an den Anteilinhaber entscheidend. Die Weiterleitung finde entweder im Zeitpunkt der Ausschüttung oder mit der Zurechnung des ausschüttungsgleichen Ertrages statt. Bei den in Rede stehenden ausschüttungsgleichen Erträgen handle es sich um die gesetzliche Fiktion einer Ausschüttung für steuerliche Zwecke. § 40 Abs. 2 Z 1 InvFG 1993 regle grundsätzlich für ausschüttungsgleiche Erträge die möglichen Zuflusszeitpunkte, wobei das jeweils früher eintretende Ereignis für den tatsächlichen Zufluss maßgeblich sei. Würden in der Folge Erträge, die bereits als ausschüttungsgleiche Erträge zugerechnet und steuerlich erfasst worden seien, später tatsächlich ausgeschüttet, so seien sie zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung steuerfrei. Da im Gegensatz zu Privatanlegern bei im Betriebsvermögen gehaltenen Investmentfondsanteilen sowohl bei einem Betriebsvermögensvergleich als auch bei einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung jede Wertsteigerung anlässlich deren Veräußerung erfasst werde, sei zur Vermeidung einer Doppelerfassung ein Merkposten hinsichtlich der laufend besteuerten ausschüttungsgleichen Erträge zu bilden. Dieser sei im Falle einer Veräußerung oder Entnahme der Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös bzw. Entnahmewert des Investmentfondsanteiles gegenzurechnen. Bei den Bestimmungen über die ertragswirksame Erfassung von ausschüttungsgleichen Er- trägen handle es sich um steuerliche Spezialbestimmungen, die nicht dadurch rückgängig gemacht werden könnten, indem der Bilanzansatz des Investmentfondsanteiles fiktiv erhöht und eine juristische Sekunde später auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werde. Dies führe im Ergebnis zur laufenden Nichtbesteuerung von ausschüttungsgleichen Erträgen und zwar solange sich der Teilwert auf Höhe der Anschaffungskosten oder darunter befinde. Nach Ansicht der Betriebsprüfung seien die Bewertungsebene des Investmentfonds sowie die Ebene der steuerlichen Erfassung von ausschüttungsgleichen Erträgen strikt zu trennen. Die im Rechenschaftsbericht des Fonds ausgewiesenen tatsächlichen Werte seien als Teilwert angesetzt worden. Der ausschüttungsgleiche Ertrag werde periodengerecht außerbücherlich dem steuerlichen Ergebnis hinzugerechnet. Ein sich ergebender Merkposten könne im Zeitpunkt der Veräußerung zusätzlich zum Buchwert abgesetzt werden.

Das Finanzamt Feldkirch schloss sich diesen Feststellungen der Betriebsprüfung an, nahm die Verfahren betreffend die Veranlagung der Berufungswerberin zur Körperschaftsteuer für die Jahre 2000 bis 2002 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ entsprechende Körperschaftsteuerbescheide 2000 bis 2002 (datiert mit 13. April 2004).

In der gegen diese Körperschaftsteuerbescheide erhobenen Berufung vom 4. Mai 2004 wandte sich die Vertretung der Berufungswerberin gegen die jeweilige Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, insbesondere gegen die außerbücherlichen Hinzurechnungsposten in der Höhe von 12.025,16 € (2000), 17.345,38 € (2001) und 8.298,02 € (2002), und führte dazu Folgendes aus: Im Betriebsvermögen hätten sich Anteile an thesaurierenden Investmentfonds befunden. Die ausschüttungsgleichen Erträge seien jeweils zum Bilanzierungsstichtag dem Buchwert der Investmentfonds hinzuaktiviert worden. In den betreffenden Jahren sei der errechnete Wert der Investmentfonds zum Bilanzstichtag jeweils niedriger als die Summe aus dem Wert zum 1.1. und den ausschüttungsgleichen Erträgen des laufenden Jahres gewesen. Die Differenz aus dieser Summe und dem errechneten Wert sei gewinnmindernd ausgebucht worden. Die Außenprüfung habe in ihrem Außenprüfungsbericht diese Ausbuchungen nicht anerkannt. Die Außenprüfung vertrete die in den Steuergesetzen nicht auffindbare Meinung, dass die Bewertungsebene des Investmentfonds sowie die Ebene der steuerlichen Erfassung von ausschüttungsgleichen Erträgen strikt zu trennen sei. Deshalb seien die Ausbuchungen um den Betrag der ausschüttungsgleichen Erträge zu hoch bzw. nicht zulässig. Die Außenprüfung vertrete weiters die Meinung, dass eine allfällige steuerliche Wertminderung erst bei der Veräußerung des thesaurierenden Investmentzertifikates möglich sei. Die Merkposten führten daher erst im Zeitpunkt der Veräußerung zu einer steuerlichen Wertminderung. Diese Rechtsmeinung sei nicht nachvollziehbar. § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 sehe vor, dass nicht abnutzbares Anlagevermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen sei. Bei Nullkuponanleihen, Bezugsrechtskäufen und bei Annuitätenanleihen sei genauso wie bei thesaurierenden Investmentfonds eine Zuschreibung über die Anschaffungskosten steuerlich zulässig. Die Art der handelsrechtlichen Verbuchung der Zuschreibung sei in der Fachliteratur umstritten; die von der Berufungswerberin gewählte Methode sei aber zulässig. Weiters regele § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 dass, falls der Teilwert niedriger sei, dieser angesetzt werden könne. In diesem Zusammenhang sei das Stichtagsprinzip anzuwenden, das besage, dass sich die Bewertung in der Bilanz nach den Verhältnissen zu richten habe, wie sie sich am Bilanzstichtag dem Unternehmen darstellen würden (vgl. VwGH 13.12.1995, 92/13/0081). In diesem Erkenntnis werde dargelegt, dass Wertänderungen nach dem Bilanzstichtag nicht zu berücksichtigen seien. Die von der Außenprüfung geforderte steuerliche Berücksichtigung der Wertminderung des Merkpostens entspreche nicht dem Stichtagsprinzip. Nach der Novelle zum Investmentfondsgesetz 1998 seien auch thesaurierende Investmentfonds möglich. Im Zuge dieser Änderung seien auch die steuerlichen Vorschriften im § 40 InvFG den thesaurierenden Investmentfonds angepasst worden (Merkposten). Diese Anpassung habe das Ziel gehabt, die thesaurierenden Fonds gegenüber den ausschüttenden Fonds steuerlich nicht zu bevorzugen. Die von der Außenprüfung vertretende Rechtsmeinung führe aber zu einer krassen Benachteiligung der thesaurierenden Fonds. Dies sei an folgendem Beispiel verdeutlicht:

Thesaurierender Fonds: Anschaffung Fonds im Jahr 1: 100,00 € Ausschüttungsgleiche Erträge im Jahr 1: 5,00 € Ausschüttungsgleiche Erträge im Jahr 2: 10,00 € Errechneter Wert 31.12. des Jahres 2: 90,00 €

Ausschüttender Fonds (idente Performance wie Thesaurierer): Anschaffung Fonds im Jahr 1: 100,00 € Ausschüttung im Jahr 1: 5,00 € Ausschüttung im Jahr 2: 10,00 € Errechneter Wert 31.12. des Jahres 2: 75,00 € (= 90,00 € minus Ausschüttungen 15,00 €)

Steuerliches Ergebnis beim ausschüttenden Fonds: Erträge + 15 Teilwertabschreibung: - 25 Ergebnis: - 10

Steuerliches Ergebnis beim thesaurierenden Fonds It. Außenprüfung: ausschüttungsgleiche Erträge + 15 Teilwertabschreibung: - 10 Ergebnis: + 5 (Merkposten - 15)

Die Auslegung der Außenprüfung stehe nicht im Einklang mit dem Willen des historischen Gesetzgebers, nämlich eine Gleichbehandlung von thesaurierenden und ausschüttenden Investmentfonds herbeizuführen. Die Ansicht der Außenprüfung, dass ein sich ergebender Merkposten erst im Zeitpunkt der Veräußerung zusätzlich abgesetzt werden könne, würde weiters bei völliger Vermögenslosigkeit eines thesaurierenden Investmentfonds wohl zu einer Besteuerung der anfänglichen ausschüttungsgleichen Erträge, aber nie zur Auflösung der Merkposten sowie zur Abschreibung des Anschaffungswertes führen, weil eine Veräußerung eines vermögenslosen Investmentfondanteiles nicht möglich sei. Die von der Außenprüfung geäußerte Meinung der strikten Trennung von der Behandlung der Früchte (Einkünfte aus Kapitalvermögen) einerseits und des Stammes (Anschaffungskosten des Investmentfonds) andererseits gelte sicherlich für im Privatvermögen gehaltene Investmentfonds. Sie könne aber nicht für im Betriebsvermögen gehaltene Investmentfondsanteile gelten.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 17. Mai 2004 (zusätzliche Bescheidbegründung vom 24. Mai 2004) wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte es Folgendes aus: Gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 sei nicht abnutzbares Anlagevermögen und Umlaufvermögen mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Für den Fall, dass der Teilwert niedriger sei, so könne dieser angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zum Betriebsvermögen gehörten, könne der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren den Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher sei als der letzte Bilanzansatz; es dürften jedoch höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden. Für Wertpapiere des Umlaufvermögens gelte das so genannte strenge Niederstwertprinzip. Das Wesen eines thesaurierenden Fonds bestehe darin, dass bei diesem satzungsgemäß die erzielten Erträge nicht an die Anteilinhaber ausgeschüttet, sondern dem Fondsvermögen zugeschlagen würden. Die Wertsteigerung der nicht ausgeschütteten Erträge drücke sich in der Folge in den Preisen der Anteilscheine aus. Ausschüttende Fonds und thesaurierende Fonds würden sich insoweit unterscheiden, als es bei letzteren grundsätzlich keine Ausschüttungen gebe, während bei ausschüttenden Fonds sowohl Ausschüttungen als auch ausschüttungsgleiche Erträge denkbar seien. Die Berufungswerberin liege nun insoweit einem Irrtum auf, als sie der Ansicht sei, bei thesaurierenden Investmentfonds sei eine Zuschreibung über die Anschaffungskosten steuerlich zulässig, bestimme doch § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 eindeutig (diese sei als zwingende Norm des Steuerrechts jedenfalls für steuerliche Zwecke maßgeblich), dass bei Umlaufvermögen höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden dürften. Die Billigung der Vorgangsweise der Berufungswerberin, nämlich Zuschreibung der ausschüttungsgleichen Erträge und Abschreibung auf den Teilwert, hätte zur Folge, dass es hinsichtlich der ausschüttungsgleichen Erträge, entgegen der Bestimmung des § 40 Abs. 2 Z 1 InvFG, im Jahr der fiktiven Ausschüttung nicht zu einer Besteuerung kommen würde, und diese im Falle einer späteren Veräußerung des Anteils unter den Anschaffungskosten auch in Zukunft unbesteuert blieben. Infolge § 40 Abs. 2 Z 1 InvFG seien ausschüttungsgleiche Erträge aber richtigerweise bei der laufenden Gewinnermittlung (durch außerbücherliche Zurechnung zum steuerlichen Ergebnis) zu erfassen. Da bei im Betriebsvermögen gehaltenen Investmentfonds jede Wertsteigerung anlässlich deren Veräußerung erfasst werde, sei zur Vermeidung einer Doppelerfassung ein Merkposten hinsichtlich der laufend besteuerten ausschüttungsgleichen Erträge zu bilden. Dieser sei im Falle einer Veräußerung oder Entnahme der Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös bzw. Entnahmewert des Investmentfonds gegenzurechnen (bei der von der Berufungswerberin ins Treffen geführten möglichen späteren völligen Vermögenslosigkeit eines thesaurierenden Fonds würde es von vornherein im Fall der Veräußerung oder Entnahme nicht zu einer Doppelerfassung der ausschüttungsgleichen Erträge kommen, weshalb auch keine Merkposten gegengerechnet bzw. aufgelöst werden könnten). Aufgrund dieser Vorgangsweise werde sowohl die laufende Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge im Betriebsvermögen gewährleistet als auch die (zusätzliche, doppelte) Erfassung im Falle einer späteren Veräußerung oder Entnahme des Anteils vermieden. Dabei sei es unerheblich, ob die ausschüttungsgleichen Erträge in einem thesaurierenden oder einem ausschüttenden Fonds anfielen. Das von der Berufungswerberin angeführte Beispiel, in dem ein thesaurierender Fonds mit ausschüttungsgleichen Erträgen und ein ausschüttender Fonds mit Ausschüttungen einander gegenübergestellt werde, sei im Übrigen unrichtig, da gemäß § 12 Abs. 3 Z 1 KStG eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung nicht zulässig sei (somit in dem konkreten Beispiel auch beim ausschüttenden Fonds nur eine Teilwertabschreibung von 10 vorgenommen werden dürfte) und es daher im Ergebnis nicht zu einer steuerlichen Benachteiligung des thesaurierenden Fonds komme.

Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2004 stellte die Vertretung der Berufungswerberin einen Antrag auf Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat, womit die Berufung wiederum als unerledigt galt. Darin wurde Folgendes ausgeführt: Die von der Berufungswerberin gewählte Buchungsmethode, wonach die ausschüttungsgleichen Erträge zu den Anschaffungskosten hinzuaktiviert worden seien, sei handelsrechtlich zulässig. Der Fachsenat für Handelsrecht und Revision der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zeige in seiner Stellungnahme zur Verwirklichung der Erträge aus thesaurierenden Anteilscheinen an Kapitalanlagefonds auf, dass die Aktivierung der ausschüttungsgleichen Erträge handelsrechtlich eine zulässige Maßnahme sei. Bei dieser Art der Verbuchung würden die ausschüttungsgleichen Erträge direkt in der Buchhaltung als Erträge erfasst, sodass kein ausserbücherlicher Merkposten notwendig werde. Als Gegenbuchung dazu erfolge eine Erhöhung des Bilanzansatzes der Investmentfonds. Die Erhöhung des Bilanzansatzes stelle fortgeschriebene bzw. nachträgliche Anschaffungskosten dar. Die Randziffer 2188 der Einkommensteuerrichtlinien 2000 regle hierzu, dass nachträgliche Anschaffungskosten Bestandteil der Anschaffungskosten seien. Ein Verstoß gegen § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 sei aus diesem Gesichtspunkt nicht erfolgt. Diese Ansicht werde auch von Frauwallner/Feiler (vgl. SWK 2000, W 19) vertreten. Es sei daher klar, dass falls der errechnete Wert zum Bilanzstichtag unter diesen vorgeschriebenen Anschaffungskosten liege, eine Abschreibung in vollem Umfang zwischen Bilanzansatz und errechnetem Wert erfolgen könne und nicht wie irrig von der Betriebsprüfung angenommen, nur zwischen den seinerzeitigen historischen Anschaffungskosten (ohne Fortschreibung) und dem errechneten Wert. Genau dies führe nämlich zu einer krassen Benachteiligung der thesaurierenden Investmentfonds gegenüber den ausschüttenden Investmentfonds. Die Stellungnahme des Fachsenats für Handelsrecht und Revision lasse aber auch das Wahlrecht zu, die ausschüttungsgleichen Erträge nicht zu aktivieren. Die Stellungnahme führe dazu aus, dass durch diese Vorgangsweise das in der Generalklausel des § 222 Abs. 2 HGB geforderte möglichst getreue Bild sowohl der Vermögenslage als auch der Ertragslage nicht vermittelt werde. In diesem Fall seien gemäß § 222 Abs. 2 zweiter Satz HGB im Anhang die erforderlichen Angaben zu machen. In der Stellungnahme des Fachsenats für Handelsrecht und Revision sei in einer Fußnote dargestellt, dass zwischen thesaurierenden Investmentfonds und Zerobonds keine großen Unterschiede bestünden. Wenn dies im Handelsrecht gelte, so werde dies wohl auch im Steuerrecht gelten müssen. Auch bei Nullkuponanleihen komme es sowohl zu einer handelsrechtlichen als auch zu einer steuerrechtlichen Fortschreibung der Anschaffungskosten nach Maßgabe des internen Zinssatzes über die Laufzeit der Anleihe. Bei Investmentfonds würden an die Stelle des internen Zinsfußes die ausschüttungsgleichen Erträge treten. Diese stellten die fortgeschriebenen Anschaffungskosten dar. Weiters sei festzuhalten, dass in der Bescheidbegründung irrigerweise davon ausgegangen werde, dass die Wertpapiere im Umlaufvermögen gehalten würden und alle Ausführungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens ausgerichtet seien. Tatsächlich würden besagte Investmentfonds im Anlagevermögen gehalten. Weiters werde in der Bescheidbegründung irrigerweise das Verbot der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung gemäß § 12 Abs. 3 Z 1 KStG als Begründung angeführt. Ein Investmentfonds stelle keine Beteiligung im Sinne des § 10 KStG dar, somit könne das Verbot der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung auch nicht zutreffen. Aus österreichischer steuerrechtlicher Sicht sei der Investmentfonds kein eigenes Steuersubjekt (also auch keine Beteiligung). Die Erträge des Investmentfonds würden in Anwendung des Transparenzprinzips dem jeweiligen Investor direkt zugerechnet. Das in der Berufung angeführte Beispiel, in dem die krasse Benachteiligung der thesaurierenden Fonds gegenüber den ausschüttenden Fonds durch die Meinung der Außenprüfung aufgezeigt worden sei, sei korrekt.

In Ergänzung zum Vorlageantrag vom 24. Juni 2004 verwies die Vertretung der Berufungswerberin mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 auf den Artikel von Lohberger, "Behandlung ausschüttungsgleicher Erträge bei Wertverlust der entsprechenden thesaurierenden Fonds", in SWK 2004, S 818.

In weiterer Folge wurde vom Unabhängigen Finanzsenat ein Vorhalteverfahren durchgeführt (vgl. Schreiben vom 20. April 2005 und vom 30. Mai 2005); auf die diesbezüglichen Schriftsätze der Vertretung der Berufungswerberin vom 19. Mai 2005 sowie vom 27. Juni 2005 samt Beilage und auf das Schreiben des Finanzamtes vom 17. Mai 2005 wird verwiesen.

In der am 9. Februar 2006 abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung erläuterten die Parteien des zweitinstanzlichen Verfahrens ihre Standpunkte (vgl. dazu die umfangreichen Ausführungen in der Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung).

Über die Berufung wurde erwogen:

Unstrittig ist im konkreten Fall die Steuerpflicht der ausschüttungsgleichen Erträge. Streit besteht aber zwischen den berufungsgegenständlichen Parteien, wie im Falle des "Aufzehrens" der ausschüttungsgleichen Erträge durch Kursverluste vorzugehen ist; dabei ist im Konkreten strittig, ob steuerrechtlich die von der Berufungswerberin vorgenommene Aktivierung der ausschüttungsgleichen Erträge zu den (ursprünglichen) Anschaffungskosten der Investmentzertifikate und in der Folge die auf Grund von Kursverlusten zum Bilanzstichtag vorgenommenen Teilwertabschreibungen anzuerkennen sind.

Seit der Neufassung des § 13 InvFG im Zuge der Investmentfondsgesetznovelle 1998, idF BGBl. Nr. 41/1998, besteht in Österreich die Möglichkeit der Schaffung so genannter Thesaurierungsfonds. Diese Investmentfonds schütten weder ihre laufenden Erträge noch ihre Substanzgewinne an die Anteilinhaber aus, sondern führen diese Erträge unmittelbar der Wiederveranlagung zu. Dennoch kommt es gemäß § 40 Abs. 2 InvFG zur Besteuerung der Erträge im Rahmen ausschüttungsgleicher Erträge. Bei thesaurierenden Investmentfonds gelten die vom Investmentfonds erzielten Erträge gemäß § 40 Abs. 2 InvFG spätestens vier Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres als zugeflossen. Diese steuerlich fiktiven Ausschüttungen sind vom Anteilinhaber steuerlich so zu behandeln, als ob sie tatsächlich an ihn ausgeschüttet worden wären. Folglich sind diese Erträge einer Besteuerung zu unterziehen. Der Gesetzgeber stellt somit die thesaurierenden inländischen Investmentfonds den ausländischen Investmentfonds gleich (das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, stellte erstmalig die lückenlose Erfassung der Erträge aus Anteilsrechten an ausländischen Anlagefonds sicher; dadurch sollten Wettbewerbsnachteile der österreichischen Investmentfonds, deren Erträge aufgrund der bestehenden Ausschüttungsverpflichtung praktisch immer zu einer Besteuerung beim Anteilinhaber führen, beseitigt werden; vgl. EB zu Art VI und VII Z 3 Steuerreformgesetz 1993, 1237 BlgNR 18 GP ) und unterstellt nunmehr in beiden Fällen ertragsteuerlich fingiert realisierte Einkünfte (vgl. EB zu § 40 Abs. 2 und 3 InvFG, 917 BlgNR 20 GP ). Die Zuflussfiktion gilt ausschließlich für steuerliche Zwecke.

Nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates ist die Aktivierung der ausschüttungsgleichen Erträge zu den Anschaffungskosten der Investmentzertifikate im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung und demzufolge auch die strittigen Teilwertabschreibungen nicht zulässig, und zwar aus folgenden Überlegungen:

Die Gewinnrealisierung im Steuerrecht ist vom handelsrechtlichen Realisationsprinzip, das eine Ausformung des Vorsichtsprinzips bedeutet, beherrscht. Das Vorsichtsprinzip verlangt, dass nur die am Abschlußstichtag verwirklichten Gewinne auszuweisen sind. Das aus dem Vorsichtsprinzip abgeleitete Realisationsprinzip führt dazu, dass ein höherer Wert als jener der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erst im Zeitpunkt der Realisation durch einen Umsatzakt angesetzt werden darf. Nach diesem Prinzip dürfen Gewinne erst dann ausgewiesen werden, wenn sie am Abschlussstichtag (= Bilanzstichtag) realisiert sind (vgl. § 201 Abs. 2 Z 4 lit. a HGB).

Die Kapitalanlagegesellschaften bieten für beinahe alle Fonds zwei Gattungen von Anteilscheinen an, und zwar Anteilscheine, die Anspruch auf jährliche Ausschüttungen des Jahresertrages an die Anteilinhaber verbriefen (Ausschüttungsanteilscheine) und Anteilscheine, die keinen Anspruch auf Ausschüttungen des Jahresertrages an die Anteilinhaber verbriefen (thesaurierende Anteilscheine; vgl. § 22 Abs. 2 Z 7 InvFG). Ein thesaurierender Anteil ist ein Anteil, der seinem Anteilinhaber nicht die Möglichkeit verleiht, eine Ausschüttung zu erhalten. Nicht ausgeschüttete Ertragsbestandteile fließen dem Anteilinhaber erst bei Veräußerung des Anteiles zu, da er zu diesem Zeitpunkt Verfügungsgewalt über diese Beiträge erhält. Der Anteilinhaber kann erst bei Verkauf über die Erträge verfügen. Ein "Stehen lassen" der Gewinne zwecks Wiederveranlagung von Seiten des Anteilinhabers ist nicht anzunehmen, da er gar nicht die Möglichkeit hätte eine Auszahlung zu verlangen. Die Bilanzierung von ausschüttungsgleichen Erträgen setzt einen rechtlichen Anspruch auf Ausschüttung der jeweiligen Erträge voraus. Da bei Thesaurierungsfonds ein derartiger Anspruch auf Ausschüttung fehlt, steht dies einer bilanziellen Erfassung von Erträgen entgegen. Eine ergebniswirksame Erfassung von Erträgen kann nach dieser Überlegung erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Rückgabe der Anteilscheine erfolgen. Da bei thesaurierenden Fonds ein Rechtsanspruch auf Gewinnausschüttung schon systematisch nicht in Frage kommt, muss eine periodische Ertragserfassung scheitern.

Im Fall der Ertragsthesaurierung verteilt sich der erwirtschaftete Ertrag im Verhältnis auf die Anteile, sodass sich der Anteilswert erhöht. Ein Ausweis von Wertsteigerungen ist erst dann zulässig, wenn die Steigerung durch Veräußerung verwirklicht wurde und somit für das Unternehmen verfügbar ist. Erst im Rahmen der Veräußerung durch den Anteilinhaber kommt es zur tatsächlichen Realisation der bisher nicht ausgewiesenen Wertsteigerungen. Verluste werden ebenfalls erst im Rahmen der Veräußerung tatsächlich realisiert.

Das Steuerrecht geht ebenfalls nicht von einer Realisation der thesaurierenden Gewinne aus. Aus diesem Grund normiert § 40 Abs. 2 Z. 1 InvFG, dass spätestens vier Monate nach Ende des Geschäftsjahres die nach Abzug der dafür anfallenden Kosten vereinnahmten Zinsen, Dividenden, ausschüttungsgleichen Erträgen von im Fondsvermögen befindlichen Anteilen an anderen in- oder ausländischen Kapitalanlagefonds und sonstige Erträge an die Anteilinhaber in dem aus dem Anteilsrecht sich ergebenden Ausmaß als ausgeschüttet gelten.

Was den Vergleich mit Zerobonds (Nullkuponanleihen) angeht, ist zu sagen, dass dieser nicht geeignet ist, eine Aktivierung der thesaurierten Beträge zu begründen. Zerobonds, bei denen während der Laufzeit gleichfalls keine Zinsenzahlung an den Bondsinhaber erfolgen, unterscheiden sich von thesaurierenden Anteilscheinen dadurch, dass die Zerobonds eine begrenzte Laufzeit haben, an deren Ende der Bond vom Emittenten zum von Anfang an feststehenden Rücklösungsbetrag rückgelöst wird und der Investor ein fixes Entgelt für die Kapitalüberlassung erhält, das aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabebetrag und dem höheren Rücklösungsbetrag am Ende der Laufzeit besteht. Die Aktivierung des kalkulatorischen jährlichen Zinszuwachses verstößt nach herrschender Lehre deshalb nicht gegen das Realisationsprinzip, weil die Forderung auf Zahlung des Nominales bereits zum Zeitpunkt des Wertpapiererwerbs realisiert ist. Der geplante Endwert stimmt stets mit dem tatsächlich realisierten überein. Im Gegensatz dazu gibt es bei Investmentfondsanteilen keinen fixen Tilgungskurs; bei Anteilen an Thesaurierungsfonds ist der zukünftige Rückkaufswert nicht voraussagbar und unbestimmt.

Zum Hinweis auf den Artikel von Partl-Pircher-Pülzl (FJ 2000, Seiten 199 bis 202) und den Verweis auf die Generalklausel der 4. EG-Richtlinie (Forderung nach "true and fair view"; die Richtlinie zielt auf die Abkehr von den historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten zu einer "fair value"-Bewertung ab) wonach der Jahresabschluss klar und übersichtlich aufzustellen ist, der Richtlinie entsprechen muss und ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu vermitteln habe, ist Folgendes zu sagen:

Im österreichischen Rechtsbereich ist die 4. EG-Bilanzrichtlinie bereits durch das Rechnungslegungsgesetz, BGBl. Nr. 475/1990, im Kernbereich innerstaatlich umgesetzt worden.

Die wesentlichste Änderung, die das RLG gegenüber der bisherigen Rechtslage darstellt, findet sich in der Generalnorm des § 195 HGB (für Kapitalgesellschaften § 222 Abs. 2 HGB), wo es in Bezug auf den Jahresabschluss heißt: "Er ist klar und übersichtlich aufzustellen. Er hat dem Kaufmann ein möglichst getreues Bild der Vermögens- und Ertragslage des Unternehmens (§ 222 Abs. 2 HGB hinsichtlich der Kapitalgesellschaften: "... der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ...") zu vermitteln." Bezüglich der Kapitalgesellschaften sieht § 222 Abs. 2 HGB weiters vor: "Wenn dies aus besonderen Umständen nicht gelingt, so sind im Anhang zusätzliche Angaben zu machen." War für Nicht-Kapitalgesellschaften eine derartige Bestimmung im bisherigen HGB überhaupt nicht vorgesehen, so beinhaltete das AktG lediglich den Passus, dass der Abschluss "... so klar und übersichtlich aufzustellen ... ist, dass er einen möglichst sicheren Einblick in die Lage der Gesellschaft gewährt".

Mit der neuen Formulierung wurde der Begriff des "true and fair view" aus dem internationalen, insbesondere dem angloamerikanischen Bereich übernommen, und es wird vom Wortlaut her klargestellt, dass der Jahresabschluss selbst ein "möglichst getreues Bild" und nicht lediglich die Möglichkeit des "sicheren Einblicks" zu vermitteln hat (vgl. SWK 1992, D1; ecolex 1990, 611). Teile der 4. EG-Richtlinie wurden jedoch nicht in österreichisches Recht überführt. Dies trifft auf die nicht erfolgte Translation des Art. 2 Abs. 5 der 4. EG-Richtlinie zu. Art. 2 Abs. 5 besagt, dass in Ausnahmefällen auf die Anwendung von Vorschriften verzichtet werden muss, wenn diese dem Grundsatz des "true and fair view" widersprechen [vgl. Straube, Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 2. Band, Wien 2000, Rz 31 zu § 195 und Rz 18 zu § 222; Bertl - Fraberger, Generalnorm - True and Fair View, RWZ 1994, 215 f; Feichtner, Das Prinzip der Wesentlichkeit ("Materiality") und seine Einordnung in die österreichische Rechnungslegung, FJ 1993, 183]. In Österreich hat die Generalnorm nicht den Charakter eines "overriding principle". Sollten daher Einzelvorschriften gegen eine Bilanzierung sprechen, so ist ein Abweichen von der Generalnorm zulässig. Eine derartige Einzelnorm stellt das Vorsichtsprinzip gemäß § 201 Abs. 2 Z 4 lit. a HGB dar, wonach nur die am Abschlussstichtag verwirklichten Gewinne auszuweisen sind.

Aus dem Realisationsprinzip folgt das Anschaffungskostenprinzip. Die Anschaffungskosten sind bis zur Realisation die Obergrenze für die Bewertung von Vermögensgegenständen. Die Beachtung des Realisationsprinzips bei der Bewertung von Vermögensgegenständen schließt den Ausweis von Wertsteigerungen über die Anschaffungskosten hinaus - vor dem Zeitpunkt der Realisation des Mehrwertes durch einen Umsatzsteuerakt - aus.

Gemäß § 203 Abs. 1 HGB sind Gegenstände des Anlagevermögen mit den Anschaffungskosten, vermindert um Abschreibungen gemäß § 204 leg. cit., anzusetzen.

Im Steuerrecht enthält der Bewertungskatalog des § 6 EStG getrennte Bewertungsregeln für abnutzbares und nicht abnutzbares Anlagevermögen. Gegenstände des Anlagevermögens sind gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 mit den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist ein Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Bei Wirtschaftsgütern, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftjahres zum Betriebsvermögen gehört haben, kann der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren den Teilwert auch dann ansetzen, wenn er höher als der letzte Bilanzansatz ist; es dürfen jedoch höchstens die Anschaffungskosten angesetzt werden.

Auf Grundlage der Bewertungsregel des § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens höchstens mit ihren Anschaffungskosten angesetzt werden (Anschaffungskostenprinzip). Diese stellt zwingendes Steuerrecht dar. Die Obergrenze für die Bewertung bilden damit die Anschaffungskosten, die Untergrenze ist mit dem niedrigen Teilwert festgelegt. Die Bewertung in der Steuerbilanz kann sich demnach nur innerhalb dieser Wertgrenzen bewegen. Auch eine allfällige handelsrechtliche Bewertung der Investmentfondsanteile mit dem "fair value" (Marktwert), der über die (ursprünglichen) Anschaffungskosten hinausgeht, hat keine ertragssteuerliche Auswirkung. Da gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 die Anschaffungskosten nicht überschritten werden dürfen, ist eine allfällige handelsrechtliche Aktivierung von ausschüttungsgleichen Erträgen steuerlich unbeachtlich. Die Aktivierung der ausschüttungsgleichen Erträge stellt eine Durchbrechung des Anschaffungskostenprinzips dar und ist steuerlich nicht zulässig. Im Rahmen der steuerlichen Bewertung sind daher die Anschaffungskosten der Investmentzertifikate ohne Einbeziehung der ausschüttungsgleichen Erträge anzusetzen.

Auf Grund dieser Überlegungen ist im Übrigen auch mit dem Berufungsvorbringen, wonach der betriebliche Anleger, der die ausschüttungsgleichen Erträge handelsrechtlich nicht verbuche, sondern über die Mehr-Weniger-Rechnung berücksichtige, mit der Buchung "Investmentfondsanteile an Kapitalerträge" in der (fiktiven) Steuerbilanz den steuerlichen Buchwert erhöhe (vgl. Schreiben der Vertretung der Berufungswerberin vom 27. Juni 2005 unter Hinweis auf Marschner, SWK 2004, S 405) nichts zu gewinnen.

Zum Vorbringen des Vertreters der Berufungswerberin, dass die ausschüttungsgleichen Erträge nachträgliche Anschaffungskosten seien (die Parteien einigten sich im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlungen auf die Verwendung des Begriffes "nachträgliche" statt "fortgeschriebene" bzw. "nachträgliche" Anschaffungskosten; vgl. Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung, Seiten 2 und 3) ist Folgendes zu sagen:

Der Begriff der Anschaffungskosten ist im Steuerrecht nicht definiert, sondern wird nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung interpretiert (vgl. Doralt4, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 64 zu § 6 EStG 1988). Gemäß § 203 Abs. 2 HGB sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die nachträglichen Anschaffungskosten.

Nachträgliche Anschaffungskosten setzen Aufwendungen voraus, die nach Erwerb des Vermögensgegenstandes anfallen. Sie müssen in einem kausalen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang stehen. Sie setzen, wie die ursprünglichen Anschaffungskosten, einen tatsächlichen Aufwand des Erwerbers voraus. Ein solcher ist jedoch nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates im gegenständlichen Fall nicht gegeben.

Die Erträge von Thesaurierungsfonds werden wieder in entsprechende Werte investiert und erhöhen das Fondsvermögen nach dem Zinseszinsprinzip. Durch diesen Zinseszinseffekt steigt der errechnete Wert der Anteilscheine der Berufungswerberin, nicht jedoch die Anzahl der von ihr gehaltenen Anteile. Während sich bei ausschüttenden Fonds durch die Wiederveranlagung die Anzahl der Anteile des Inhabers erhöht (das Anschaffungskostenprinzip wird hier wegen des Neukaufs von Anteilen nicht verletzt), werden bei thesaurierenden Fonds keine weiteren Anteile gekauft (vgl. Puchinger, Investmentfonds & Steuern, Seite 110). Indem mit den neuen Erträgen keine neuen Anteile erworben werden, handelt es sich nicht um neue oder nachträgliche Anschaffungskosten. Der bilanzierende Steuerpflichtige geht bei Kauf bzw. Verkauf eines Anteilscheines gedanklich auch nicht von einem anteiligen Kauf bzw. Verkauf der im Fondsvermögen befindlichen Wertpapiere aus. Er erwirbt bzw. veräußert lediglich ein Wertpapier (Anteilschein). Ein Durchgriff auf das Fondsvermögen ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht vorzunehmen.

Die Aktivierung der ausschüttungsgleichen Erträge unter dem Titel "nachträgliche Anschaffungskosten" und damit das Übersteigen der historischen Anschaffungskosten der Anteilscheine würde eine gesetzwidrige Durchbrechung des Realisations- und des damit in Zusammenhang stehenden Anschaffungskostenprinzips bedeuten.

Was das Vorbringen des Vertreters der Berufungswerberin angeht, dass die Vorgehensweise des Finanzamtes, welche sich im Wesentlichen auf die Investmentfondsrichtlinien stütze, nicht korrekt sei, da im konkreten Fall die Investmentfondsrichtlinien unbeachtlich seien, und dass selbst das Bundesministeriums für Finanzen im Erlass vom 12. Dezember 1994, Zl. 14 0602/10-IV/14/94, die Meinung vertrete, dass die ausschüttungsgleichen Erträge steuerlich zu aktivieren seien (vgl. Schreiben der Vertretung der Berufungswerberin vom 27. Juni 2005 sowie Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung, Seiten 3, 4 und 7), ist Folgendes zu sagen: Eingangs ist festzuhalten, dass der Unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidungsfindung weder an Richtlinien noch an Erlässe der Finanzverwaltung gebunden ist. Der Unabhängige Finanzsenat ist als unabhängige Verwaltungsbehörde (vgl. § 1 Abs. 1 UFSG) nur an das Gesetz gebunden. Richtlinien, Erlässe, Einzelerledigungen des Bundesministeriums für Finanzen etc. sind für den Unabhängigen Finanzsenat nicht verbindlich. So können Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen allenfalls ein Auslegungsbehelf für die Entscheidungsfindung des Unabhängigen Finanzsenates sein.

Zu berücksichtigen ist dennoch, dass der zitierte Erlass zur Situation bei Anteilen an ausländischen (thesaurierenden) Investmentfonds ergangen ist und dass diese im Erlass vertretene Meinung, dass gegen eine doppelte Erfassung von Erträgen anlässlich der Realisierung des Wertes des Anteilsrechtes durch Einstellung eines eigenen Aktivpostens vorzusorgen sei, überholt ist, denn das Bundesministerium für Finanzen hat seine Rechtsmeinung über die Besteuerung von Anteilscheinen an in- und ausländischen Kapitalanlagefonds in den zwischenzeitlich erstellten Einkommensteuerrichtlinien 2000 und Investmentfondsrichtlinien 2003 festgehalten. In den Einkommensteuerrichtlinen (Rz 1048) bzw. in den Investmentfondsrichtlinien (Rz 227) vertritt das Bundesministerium für Finanzen die Meinung, dass bei im Betriebsvermögen gehaltenen Investmentzertifikaten zur Vermeidung einer Doppelerfassung ein Merkposten hinsichtlich der laufend besteuerten ausschüttungsgleichen Erträge zu bilden sei. Dieser sei im Falle einer Veräußerung der Differenz zwischen Buchwert und Veräußerungserlös des Investmentzertifikates gegenzurechnen.

Die Bestimmung des § 40 Abs. 2 Z 1 InvFG, wonach bereits versteuerte ausschüttungsgleiche Erträge, die nachweislich später ausgeschüttet werden, steuerfrei sind, soll sicherstellen, dass bei Verkäufen von Anteilscheinen eine doppelte Erfassung von ausschüttungsgleichen Erträgen, die der Besteuerung unterzogen worden sind, vermieden wird. Eine etwaige Doppelbesteuerung von im Veräußerungserlös enthaltenen thesaurierten Erträgen kann nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates durch die vom Finanzamt vertretenen Methode der Setzung von "Merkposten", welche außerhalb der Bilanz festzuhalten und bei einer Veräußerung gegenzurechnen sind, oder durch Festhalten der erforderlichen Angaben im Anhang oder durch eine Darstellung der Wertentwicklung des Investmentfondsanteiles in einer Beilage zur Steuererklärung vermieden werden. Die Wahl der Evidenzierungsmethode dabei ist nicht entscheidend; wesentlich ist nur, dass sichergestellt wird, dass jene Anteile im Veräußerungserlös, die bereits als ausschüttungsgleiche Erträge in Vorperioden versteuert wurden, nicht erneut erfasst werden. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, dass zu diesem Zweck die ausschüttungsgleichen Erträge aktiviert werden und damit Teil der Anschaffungskosten werden sollen, so hätte er dies auch dementsprechend formuliert. Weder das Gesetz noch die dazu ergangenen Erläuterungen geben den geringsten Hinweis in diese Richtung.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Feldkirch, am 10. März 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 6 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 201 Abs. 2 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897
§ 203 Abs. 1 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897

Schlagworte:

Investmentfonds, ausschüttungsgleiche Erträge, Aktivierung, Anschaffungskosten, nachträgliche Anschaffungskosten, Kursverlust, Teilwertabschreibung, Realisationsprinzip, Anschaffungskostenprinzip, true and fair view

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