UFS RV/0001-F/06

UFSRV/0001-F/0610.3.2006

Bescheidaufhebung eines Bescheides betreffend Vergleichsgebühr (Scheidungsvergleich)

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Kopf und die weiteren Mitglieder Mag. Armin Treichl, Mag. Tino Ricker und Mag. Michael Kühne im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufung der BfADR, vertreten durch Dr. Angelika Lener, Rechtsanwältin in 6800 Feldkirch, Dorfstraße 23, vom 23. Dezember 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom 24. November 2005 betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung gemäß § 299 BAO nach der am 9. März 2006 in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Im Zuge des Scheidungsverfahrens hat die Berufungsführerin mit ihrem damaligen Ehegatten eine Vereinbarung ("Scheidungsfolgenregelung") abgeschlossen, welche am 24. Februar 2004 von der Berufungsführerin und ihrem damaligen Ehegatten eigenhändig unterfertigt wurde. Diese Vereinbarung wurde in der Tagsatzung vom 24. März 2004 in den gerichtlichen Vergleich aufgenommen. Dabei wurde ein Satz gestrichen. Der Vergleich vom 24. Februar 2004 lautet:

"I. Obsorge, Besuchsrechtsregelung:

Die alleinige Obsorge für die beiden minderjährigen Kinder S und L geht auf die Kindesmutter über.

Der Kindesvater H wird sein Besuchsrecht zu den beiden Kindern wie folgt ausüben:

Vierzehntägig an den Wochenenden, jeweils von Freitag abends bis Sonntag abends, mit Ausnahme der Hauptfeiertage an Weihnachten und Ostern sowie auf das Wochenende fallende Geburtstage der Kinder. Diese Hauptfeiertage werden die Kinder jedenfalls bei der Kindesmutter verbringen; zuzüglich Ferienbesuchsrecht in der Dauer von drei Wochen, wobei der Kindesvater die Kindesmutter so rechtzeitig über die geplanten Ferienzeiten und den Aufenthaltsort zu informieren hat, dass ihr eine Abstimmung mit den eigenen Ferienplänen problemlos möglich ist.

Im Detail werden die Vertragsteile das Besuchsrecht einvernehmlich und nach Maßgabe des Kindeswohles ausgestalten.

II. Kindesunterhalt:

Das durchschnittliche monatliche Grundgehalt des Kindesvaters H betrug im Jahr 2003 3.850,00 € (exklusive Reisespesen, Sachbezüge (PKW) und Prämienleistung).

Nach Maßgabe dieses Einkommens, jedoch unter ausdrücklichem Verzicht auf die gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung ermöglichte Anrechnung der von der Kindesmutter bezogenen Familienbeihilfe auf die Geldunterhaltsverpflichtung des Kindesvaters, verpflichtet sich letzterer ab Rechtskraft der Ehescheidung zu nachstehenden monatlichen Unterhaltsbeiträgen:

für S, geb. 14.07.1994: 539,00 € ab dato bis Juni 2004, danach 616,00 €; für L, geb. 25.02.2002: 462,00 €.

Diese Beträge sind jeweils bis zum 05. des laufenden Monats auf ein von der Kindesmutter namhaft zu machendes Konto zu bezahlen.

Sonderbedarf der Kinder (derzeit z. B. die Kosten des Besuches der Montessori- Privatschule Altach durch S) wird von den Eltern je zur Hälfte getragen.

III. Ehegattenunterhalt:

H ist gegenüber Bf dem Grunde nach unterhaltspflichtig. Diese Unterhaltverpflichtung ist unbefristet. Der zu leistende Unterhalt entspricht 80 % jenes Betrages, der sich bei Anwendung des § 66 EheG auf die Unterhaltsverpflichtung des H. errechnen würde. Dabei bleibt ein Eigeneinkommen der Unterhaltsberechtigten von bis zu 600,00 € monatlich netto außer Ansatz. Für die Dauer des derzeitigen Beschäftigungs- verhältnisses des Unterhaltspflichtigen bei HG, Dornbirn, bleiben außerdem allfällige Prämienleistungen von der Bemessungsgrundlage ausgenommen.

Bf bezieht derzeit ein Karenzgeld von 430,00 € monatlich, das aktuelle Einkommen des H ist in Punkt II. dieser Vereinbarung ausgewiesen.

H verpflichtet sich beginnend mit dem auf die Rechtskraft der Ehescheidung folgenden Kalendermonat zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen für Bf in Höhe von 770,00 € zu überweisen bis jeweils 05. des laufenden Kalendermonats auf ein von der Unterhaltsberechtigten bekannt zu gebendes Konto.

IV. Ehewohnung:

Die Vertragsteile sind je zur ideellen Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft [...] mit dem darauf errichteten Einfamilienwohnhaus [...]. Letzteres war die Ehewohnung der Vertragsteile.

H überträgt und übergibt im Rahmen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse seinen Hälfteanteil an dieser Liegenschaft an Bf und diese übernimmt den Hälfteanteil in ihr Eigentum, sodass sie künftig Alleineigentümerin ist.

H willigt ein, dass auch nur über einseitigen Antrag der Bf ob seinem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft [...] das Eigentumsrecht für Bf, geb. 27.06.1973, einverleibt wird, sodass diese unter Zusammenziehung der Miteigentumsanteile B-LNR 1 und B-LNR 2 Alleineigentümerin ist.

Ob dieser Liegenschaft sind nachstehende Pfandrechte einverleibt:

C-LNR 2 Pfandrecht für Raiffeisenbank [...], ATS 620.000,00 s.A.

C-LNR 3 Pfandrecht für Raiffeisenbank [...], ATS 740.000,00 s.A.

C- LNR 4 Pfandrecht für Land Vorarlberg, ATS 611.000,00 s.A. Vorrang von C-LNR 6 vor 4

C- LNR 5 Veräußerungsverbot für Land Vorarlberg, Vorrang von C-LNR 6 vor 5

C-LNR 6 Pfandrecht für Raiffeisenbank [...], ATS 532.000,00 s.A. Vorrang von C-LNR 6 vor 4,5.

Diesen Hypotheken liegen nachstehende zur Finanzierung der Ehewohnung aufgenommene Kredite und Darlehen zugrunde:

CHF-Fremdwährungskredit Raiffeisenbank [...], Saldo 28.08.2003 53.374,00 €

CHF-Fremdwährungskredit Raiffeisenbank [...], Saldo 28.08.2003 80.060,00 €

CHF-Fremdwährungskredit Raiffeisenbank [...] Saldo 28.08.2003 43.691,00 €

Wohnbauförderungsdarlehen Land Vorarlberg, Saldo 31.12.2002 43.685,87 €

Bf verpflichtet sich, diese Kredite und Darlehen künftig alleine zu bedienen und zu tilgen und H schad- und klaglos zu halten, sofern eine vollständige Entlassung aus seiner Haftung nicht erwirkt werden kann.

H behält sich eine Antragstellung gemäß § 98 EheG ausdrücklich vor.

V. Eheliches Gebrauchsvermögen:

Bf übernimmt im Rahmen der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens den PKW Peugeot 206 XR 1.4, orange, amtliches Kennzeichen [...], in ihr alleiniges Eigentum und zu ihrer ausschließlichen Nutzung. H wird sämtliche für die Übertragung der Zulassung auf Bf erforderlichen Unterschriften leisten.

Der Hausrat und die übrigen ehelichen Fahrnisse wurden bereits anlässlich des Auszuges von H aus der Ehewohnung einvernehmlich geteilt.

VI. Eheliche Ersparnisse:

Das auf Konto [...], Raiffeisenbank [...], erliegende Guthaben von ca. 11.000,00 € wird zur Bezahlung sämtlicher Kosten und Gebühren der Ehescheidung (Gerichtsgebühren, Kosten dieser Vereinbarung und anwaltlicher Vertretung, Grunderwerbssteuer, Grundbucheintragungsgebühr, Ummeldekosten Pkw und Lebensversicherung) verwendet, der Überling wird zu gleichen Anteilen aufgeteilt.

Alle Rechte an der von H bei der Wüstenrot Versicherung abgeschlossenen Er- und Ablebensversicherung, Polizze Nr. [...], gehen ohne Entschädigung für die bisherige Ansparung auf die Berufungsführerin als neuer Versicherungsnehmerin über. H wird alle für den Rechtsübergang erforderlichen Unterschriften leisten.

Im übrigen bleibt jeder Vertragsteil Eigentümer all jener Ersparnisse und geldwerter Rechte, hinsichtlich derer er verfügungsberechtigt ist.

VII. Generalklausel:

Beide Vertragsteile erklären, dass sie mit dieser Vereinbarung ihre wechselseitigen Ansprüche auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse abschließend geregelt haben. "

Mit Bescheiden vom 17. Dezember 2004 hat das Finanzamt Feldkirch die Vereinbarung als Vergleich gewertet und Grunderwerbsteuer und Gebühr gemäß § 33 TP 20 GebG vorgeschrieben.

Am 25. Oktober 2005 stellte die Berufungsführerin einen Antrag auf Aufhebung des Bescheides betreffend Gebühr gemäß § 33 TP 20 GebG. In der Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, dass der außergerichtliche Vergleich in der Präambel einen Hinweis darauf enthalte, dass diese Vereinbarung ausschließlich für den Fall der Rechtskraft der Ehescheidung Wirksamkeit erlangen solle. Die Ehegatten hätten von Anfang an vorgehabt die Scheidungsfolgenvereinbarung als gerichtlichen Vergleich abzuschließen, um einen Exekutionstitel zur Durchsetzung allfälliger Rechte und Anspruche zu schaffen. Beim Bezirksgericht Feldkirch sei aus Gründen der Vereinfachung die Vereinbarung zwar vorgelesen und protokolliert worden, bei der Ausfertigung des Vergleichs habe der zuständige Richter jedoch auf den von der Vertragsverfasserin übermittelten, von den Parteien bereits unterfertigten Entwurf zurückgegriffen, wobei lediglich die Präambel des Textes abgedeckt worden sei, und am Ende des Textes die Ausfertigung des gerichtlichen Vergleichs durch Gerichtsstempel bestätigt worden sei. Die Antragstellerin habe es in weiterer Folge selbst unternommen, den Scheidungsvergleich zur Erlangung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung und grundbücherlichen Durchführung der getroffenen Vereinbarung beim Finanzamt Feldkirch anzuzeigen. Sie habe am 17.12.2004 sowohl den Grunderwerbssteuerbescheid als auch einen Gebührenbescheid über 7.105,57 € erhalten. Sie habe die vorgeschriebenen Steuern entrichtet. Ebenso habe sie die gerichtliche Pauschalgebühr entrichtet. Einer Besteuerung nach den Bestimmungen des § 33 TP 20 Gebührengesetz unterlägen ausschließlich außergerichtliche Vergleiche, nicht jedoch solche, die vor Gerichten als staatlicher Gerichtsorganisation abgeschlossen wurden. Derartigen gerichtlichen Vergleichen komme zwar auch der Charakter eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäftes zu, gleichzeitig stellten sie aber eine Prozesshandlung dar. Sämtliche in einem gerichtlichen Vergleich enthaltenen Vereinbarungen unterlägen diesfalls ausschließlich der Gerichtsgebühr und nicht der Gebühr nach § 33 TP 20 Gebührengesetz (Vgl. VwGH 09.05.1960, Sammlung 2225/f, und vom 14.04.1972, 536/71). Dies gelte selbst für Vergleichsvereinbarungen, die über den Gegenstand eines allfällig anhängig gemachten gerichtlichen Streits hinausgehen. Der zwischen der Antragstellerin und ihrem damaligen Ehemann abgeschlossene Vergleich über eine Scheidungsfolgenregelung habe ausschließlich jene gesetzlichen Regelungskreise betroffen, die gemäß § 55 a Abs. 2 EheG verpflichtend im Fall einer Scheidung geregelt werden müssen. Dass sie sich darüber in Form eines gerichtlichen Vergleiches geeinigt haben, schließe daher auch unter Verweis auf die zitierte Judikatur maiore ad minore jede Gebührenpflicht nach dem Gebührengesetz aus. Dieser Rechtsauffassung könne auch die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.10.1970, 1854/69 (und Folgeentscheidungen) geäußerte Rechtsmeinung, wonach Vorschreibungen für eine Gerichtsgebühr für einen gerichtlichen Vergleich nicht den Bestand einer für eine vorhergehende Vereinbarung festgesetzte Rechtsgebühr berührten, nicht entgegen gehalten werden. Gegenstand dieser oberstgerichtlichen Entscheidungen seien Vereinbarungen mit unbedingtem Charakter, welche unabhängig von einer allfälligen gerichtlichen Protokollierung zweifelhafte Rechte für die Zeit nach der Scheidung regeln sollten. Im konkreten Fall sei es die klare Absicht der Parteien, ihre Scheidungsfolgen in Form eines gerichtlichen Vergleichs zu klären. Diese ergebe sich allein aus dem Umstand, dass die Parteien noch vor Gericht Modifikationen des bereits unterfertigten Entwurfs vorgenommen hätten, etwa durch Streichung eines Satzes in Punkt 3. über den Ehegattenunterhalt. Diese Streichung sei vom Richter in seinem Protokoll über die Tagsatzung ausdrücklich festgehalten worden. Gegen die Beurteilung des Scheidungsvergleiches als gebührenpflichtiger Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 Abs. 1 Gebührengesetz spreche ferner,dass dieser Bestimmung ausschließlich Vergleiche unterlägen, die nach § 1380 ABGB zu beurteilen sind, also einen Neuerungsvertrag darstellten, welcher streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimme, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen verbindet (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 24.02.1954, Sammlung 892/f u. a., zuletzt 29.07.2004, 2003/16/0117). Ein derartiger Vergleich sei notwendig ein entgeltliches Rechtsgeschäft, was für den zwischen der Antragstellerin und ihren damaligen Ehegatten abgeschlossenen Scheidungsvergleich nicht gelte. Im Gegenteil seien unterhaltsrechtliche Regelungen, insbesondere hinsichtlich der ehelichen Kinder, so formuliert, dass sie den gesetzlichen Vorgaben und ständiger Judikatur folgten. Insbesondere der Kindesunterhalt sei auf Basis der Bestimmungen des § 140 ABGB ausgemessen und zwischen des Kindeseltern nie zur Diskussion gestanden. Dennoch sei auch der Kindesunterhalt in die Bemessungsgrundlage für die Vergebührung des außergerichtlichen Vergleiches eingeflossen. Ebenso wenig unterlägen Anerkenntnisse oder Verzichte einer Beurteilung als außergerichtlicher Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 Gebührengesetz. Der damalige Ehegatte habe im Rahmen der beurteilten Scheidungsfolgenregelung auf alle Ansprüche an seiner Ehewohnung verzichtet, insbesondere auf eine Ausgleichszahlung für während der Ehe getätigte Wertschöpfung. Die offensichtlich dennoch vorgenommene Bewertung der Vermögensübertragung im Rahmen des Gebührenbescheides sei daher weder nachvollziehbar noch verständlich. Auch die Berechnung der Gebühr gemäß den Bestimmungen der §§ 15 und 16 Bewertungsgesetz sei rechtswidrig. Der Gesetzgeber habe Gerichtsgebühren und Kostentarife, welche Unterhaltsansprüche zum Gegenstand haben, aus sozialrechtlichen Gründen privilegiert. Diese Privilegierung ergebe sich einerseits bereits aus § 58 JN, wonach als Wert des Rechtes auf den Bezug von Zinsen, Renten, Früchten oder anderen wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen bei immerwährender Dauer auf das zwanzigfache, unbestimmter oder auf Lebenszeit beschränkter Dauer das zehnfache, bei Ansprüchen auf Unterhalts- oder Versorgungsbeiträge und Zahlung von Renten aber lediglich auf das dreifache der Jahresleistung abgestimmt werde. Für gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen werde dieser Wert gemäß § 23 Abs. 1 des Gerichtsgebührengesetzes sogar auf die einfache Jahresleistung eingekürzt, gleiches gelte gemäß § 9 RAG. Dass trotz dieser vom Gesetzgeber eindeutig privilegierenden Bestimmungen aus sozialpolitischen Erwägungen, im Fall einer Gebührenbemessung nach dem Gebührengesetz auch für Unterhaltsleistungen ausschließlich die Bewertungsbestimmungen der §§ 15 und 16 Bewertungsgesetz herangezogen werden, sei rechts- und systemwidrig und verfassungsrechtlich bedenklich, jedenfalls aus rechtspolitischen Gründen verfehlt. Ferner verlange § 55 a EheG vom Richter, dass er eine Ehe nur scheiden dürfe, wenn die Ehegatten eine schriftliche Vereinbarung über die Scheidungsfolgen dem Gericht unterbreiten oder vor Gericht abschließen. Überdies formuliere § 222 Abs. 1 Außerstreitgesetz a.F., dass die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Protokolle, die Beweise und "so weit es sich um eine Vereinbarung im Sinne des § 55 a Abs. 2 EheG handelt, über den Vergleich" anzuwenden seien. Mit einer entsprechenden Fußnote zum Wort "Vergleich" werde in der kommentierten Fassung des Außerstreitgesetzes von Edlbacher, Manz, ausdrücklich auf § 204 ff. ZPO verwiesen, fordere vom Richter daher geradezu den Abschluss einer Scheidungsfolgenregelung in Form eines gerichtlichen Vergleiches. Zumindest aus zivilrechtlicher Sicht könne daher nicht in Zweifel gezogen werden, dass Scheidungs- vereinbarungen jedenfalls als gerichtlicher Vergleich auszufertigen seien. Dass der Gesetzgeber für solche Fälle eine doppelte Vergebührung ins Auge gefasst habe, müsse ausgeschlossen werden. Letztlich sprächen auch Billigkeitsargumente gegen eine Gebührenpflicht des Scheidungsvergleiches nach § 33 TP 20 Gebührengesetz, nämlich dass diese Gebührenpflicht allein deshalb entstehen soll, weil die Parteien den Vergleich bereits einen Monat vor gerichtlicher Abfassung im Rahmen ihrer Antragstellung auf einvernehmliche Ehescheidung an das zuständige Gericht, quasi in vorauseilendem Gehorsam und ohne rechtliche Kenntnisse über die möglichen Rechtsfolgen, unterfertigt hätten.

Der Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO wurde vom Finanzamt Feldkirch mittels Bescheid vom 24. November 2005 als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus:

Voraussetzung für eine Aufhebung wäre eine objektive Unrichtigkeit des Bescheides. Diese sei nach Ansicht des Finanzamtes aus folgenden Gründen nicht gegeben: Scheidungsfolgenvereinbarungen unterlägen nach der ständigen RSpr. des VwGH der Vergleichsgebühr gemäß § 33 TP 20 Abs 1 nach dem Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistung. Die Bewertung der Leistungen hätten gemäß § 26 GebG nach den Bestimmungen des ersten Teiles BewG mit der Maßgabe zu erfolgen, dass bedingte Leistungen als unbedingte zu behandeln seien. Nicht unter die Bestimmung des § 33 TP 20 GebG fielen nur gerichtliche, d.s. vor Gericht abgeschlossene Vergleiche. Im Antrag selbst werde aber ausgeführt, dass die Unterfertigung der Vereinbarung von den Parteien schon ca. einen Monat vor der Tagsatzung am 22.3.2004 unterschrieben worden sei. Es liege daher kein gerichtlicher Vergleich vor. Aus welchen Gründen die Unterfertigung durch die Parteien bereits vor der gerichtlichen Tagsatzung erfolgt ist, sei bei der Gebührenbemessung unbeachtlich, ebenso, dass dieser nur für den Fall der Scheidung wirksam werde. Daran ändere auch nichts, dass in der nachmaligen gerichtlichen Protokollierung die Unterhaltsvereinbarung zum Teil abgeändert wurde. Dies bedeute vielmehr eine spätere Abänderung des bereits abgeschlossenen Privatvergleiches im späteren gerichtlichen Vergleich. Die weitere Beurkundung als gerichtlicher Vergleich oder auch die Abänderung iSd § 21 GebG sei aber nicht Gegenstand des Bescheides. Was die Einwendungen im Hinblick auf ein Anerkenntnis unzweifelhafter Rechte betrifft, sei auf die RSpr. des VwGH zu verweisen, wonach Scheidungsfolgenvereinbarungen grundsätzlich als Regelung zukünftiger zumindest ungewisser bzw. zweifelhafter Rechte zu beurteilen seien. Der Umstand, dass andere Tarif- und Kostenbestimmungen in anderen Bereichen als dem GebG andere Bewertungsvorschriften anwenden, könne bei der Festsetzung der Gebühren nach dem GebG keine Berücksichtigung finden, zumal das GebG hinsichtlich der Bewertung ausdrückliche Vorschriften normiere. Aus den zit. Bestimmungen des § 55 a EheG gehe auch nicht hervor, dass zwingend eine bereits unterfertigte schriftliche Vereinbarung, die damit eine Gebühr nach den Bestimmungen des GebG auslöst, vorliegen müsse, damit eine einvernehmliche Scheidung ausgesprochen werden kann. Im Übrigen wäre es nach Ansicht des Finanzamtes nicht eine Sache des GebG, sondern des GGG eine allenfalls "zweite" Gebühr aus einem gerichtlichen Vergleich durch eine entsprechende Gebührenbefreiung oder -ermäßigung zu berücksichtigen, da eine Doppelbelastung grundsätzlich nur durch die "zweite" Vergebührung, nicht aber durch die Vergebührung des von den Parteien zuvor privat abgeschlossenen Vergleiches eintreten könne, zumal eine von den Parteien abgeschlossene Scheidungsfolgenvereinbarung überhaupt nicht erst anlässlich einer konkret geplanten Scheidung abgeschlossen werden könne, sondern auch schon wenn eine solche überhaupt noch nicht absehbar sei, zB schon vor Eheschließung, und damit der Anfall einer "zweiten Gebühr" überhaupt nicht feststehe. Billigkeitserwägungen könnten bei Beurteilung der Rechtsrichtigkeit des antragsbezogenen Bescheides nicht in Betracht gezogen werden, da Voraussetzung für die Anwendung des § 299 BAO eine objektive Unrichtigkeit des Bescheides sei, nicht aber Billigkeitserwägungen.

In der Berufung brachte die Berufungsführerin im Wesentlichen vor:

Die von der Finanzbehörde erster Instanz vertretene Rechtsansicht habe eine exzessive Besteuerung zur Folge, welche gerade im Vergleich mit den Bestimmungen des Gerichts- gebührengesetzes und den darin aus sozialrechtlichen Erwägungen vorgenommenen Privilegierungen, insbesondere von Unterhalts- und Scheidungssachen, rechts- und systemwidrig sei und daher verfassungsrechtlich bedenklich sei. Von einer rechtskonformen Auslegung der Bestimmungen des Gebührengesetzes durch die Abgabenbehörde erster Instanz könne daher keine Rede sein. Die Berufungswerberin mache ihre Ausführungen im Antrag auf Aufhebung des Abgabenbescheides gemäß § 299 BAO daher ausdrücklich und vollinhaltlich auch zur Begründung dieses Rechtsmittels.

In der Folge wiederholte sie das gesamte Vorbringen im Antrag auf Bescheidaufhebung. Weiters beantragte sie die Durchführung einer Verhandlung vor dem gesamten Berufungssenat.

Mit Telefax vom 16. Jänner 2006 hat der UFS der Rechtsanwältin der Berufungsführerin folgenden Vorhalt übermittelt:

"Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin!

Da Sie keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt haben, wird keine mündliche Verhandlung stattfinden. In der Berufung haben sie die Einvernahme der Berufungsführerin als Partei sowie ihre eigene Einvernahme als Zeugin beantragt. Der UFS wird diese Vernehmungen nicht durchführen, da sowohl Sie als auch die Berufungsführerin mit der Sachlage vertraut sind, sie keine Beweisthemen und auch keinen Beweiszweck angegeben haben. Es steht Ihnen aber selbstverständlich frei, sowohl eine schriftliche Stellungnahme der Berufungsführerin als auch ihrer eigenen Zeugenaussage dem UFS vorzulegen. Weiters haben Sie sich andere Beweise vorbehalten. Sie werden eingeladen diese Beweisanträge zu konkretisieren. Der Vorlage ihrer Zeugenaussage, einer allfälligen schriftlichen Stellungnahme der Berufungsführerin sowie allfälligen weiteren Beweisanträgen wird binnen drei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens entgegengesehen."

Mit Schriftsatz vom 31. Jänner 2006 übermittelte die Rechtsanwältin die schriftliche Stellungnahme der Berufungsführerin, die im Wesentlichen folgenden Wortlaut hat:

"Ich habe aus Anlass meiner Ehescheidung von [...] Rechtsanwältin Dr. Angelika Lener kontaktiert und um rechtsberatende Unterstützung ersucht. Ich war mir damals mit meinem Mann zwar darüber einig, dass die Kinder bei mir bleiben und er den gesetzlichen Unterhalt bezahlt, ebenso darüber, dass ich unsere Ehewohnung übernehme, jedoch bestanden unterschiedliche Auffassungen über gewisse Modalitäten des mir zustehenden Ehegattenunterhalts sowie über die Aufteilung unserer Ersparnisse. Nach Klärung der offenen Fragen bat ich meine Anwältin, eine Scheidungsfolgenregelung auszuarbeiten. Da ich bei meiner Anwältin bereits deponiert hatte, dass ich keine Vertretung vor Gericht benötige, übermittelte mir RA Dr. Angelika Lener in der Folge einen vorbereiteten Scheidungsantrag an das Gericht und den Entwurf für eine Scheidungsfolgenregelung zur Unterfertigung bei Gericht. Anlässlich eines Gesprächs mit meinem Mann machte dieser dann unerwartete Einwendungen gegen die Vertragsklausel, dass ich mir Einkünfte bis zu 600,00 € nicht auf meine Unterhaltsansprüche anrechnen lassen müsse. Er strich diese Passage händisch aus dem Vertragsentwurf. Ich bat meinen Mann in Folge, nunmehr den Vertragsentwurf zu unterfertigen, weil ich sicher gehen wollte, dass bis zum Scheidungstermin nicht weitere Diskussionen zu Themen entstehen, über die wir uns bereits geeinigt hatten. Auch ich unterfertigte die Vereinbarung, nicht wissend, dass wir mit diesem Schritt eine Gebührenpflicht auslösen könnten. Über diesen Umstand informierte uns auch der Scheidungsrichter nicht, als wir am 22.03.2004 zur Scheidung bei Gericht erschienen. Nachdem sich der Richter über unsere Scheidungsabsicht vergewissert hatte, wurde der von meiner Anwältin konzipierte Vertragsentwurf nochmals als gerichtlicher Vergleich protokolliert, ohne dass ein Hinweis darauf erfolgt wäre, dass mit diesem Schritt allenfalls sogar eine doppelte Gebührenpflicht ausgelöst werde. Erst als ich meine Rechtsvertreterin Dr. Angelika Lener Ende Mai 2005 wieder kontaktierte, weil mein Exmann mit der Erfüllung des Scheidungsvergleichs säumig war, wurde ich von ihr darüber aufgeklärt, dass ich neben der Gerichtsgebühr für den gerichtlichen Scheidungsvergleich und Grunderwerbsteuer auch noch eine Vertragsgebühr nach § 33 TP 20 bezahlt hatte."

Im begleitenden Schriftsatz führte die Rechtsanwältin im Wesentlichen aus:

"Fristgerecht wird die mündliche Zeugenaussage der Berufungswerberin zur Vorlage gebracht (Beilage .1 A). Im übrigen wird auf die im Rechtsmittel Bezug genommenen Akten, insbesondere die Zivilakte 9 C 24/04 m BG Feldkirch mit der darin enthaltenen Scheidungs- folgenregelung nach § 55 a EheG, verwiesen.

Punkte F) und folgende der Berufungsschrift enthalten im wesentlichen Rechtsausführungen. Soweit in diesem Schriftsatz auf die Ausmessung des Kindesunterhaltes Bezug genommen wird, bestätige ich an Eides statt, den Kindesunterhalt auf Basis der Bestimmungen des § 140 ABGB ausgemessen zu haben."

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Vertreterin der Berufungsführerin hat im Berufungsschriftsatz Beweise angeboten bzw Beweisanträge gestellt. Da letztlich allein die Rechtsfragen strittig sind und das Tatsachenvorbringen als richtig erkannt wurde, unterbleiben aus verwaltungsökonomischen Gründen weitere Ermittlungsschritte (§ 183 Abs 3 BAO).

§ 299 BAO lautet:

(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden.

(3) Durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs. 1) befunden hat.

Die Bescheidaufhebung hat daher nur dann zu erfolgen, wenn sich der Spruch des Bescheides als nicht richtig erweist.

Die Berufungsführerin hat unter Beweis gestellt, dass am 24. März 2004 vor Gericht eine Vereinbarung gemäß § 55a Abs. 2 Ehegesetz geschlossen wurde. Allerdings wurde nicht dieser gerichtliche Vergleich, sondern jene Urkunde der Vergebührung unterzogen, die am 24. Februar 2004 von den Vertragspartnern unterfertigt und am 10. August 2004 dem Finanzamt vorgelegt wurde. Zu prüfen ist also, ob ein gemäß § 15 GebG gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft in Urkundsform errichtet wurde und ob ein solches Rechtsgeschäft dem Tatbestand des §§ 33 TP 20 GebG unterstellt werden kann. Dass der Abschluss gerichtlicher Vergleiche nämlich außergerichtliche Vergleiche nicht ausschließt, ergibt sich schon kraft Größenschlusses aus der Bestimmung des § 25 Abs. 1 GebG, wonach (grundsätzlich) aufgrund des Urkundsprinzips bei Mehrfachbeurkundung desselben Rechtsgeschäftes auch mehrfach Rechtsgebühren anfallen. Die Aufnahme eines Rechtsgeschäftes in einen gerichtlichen Vergleich steht der Gebührenpflicht dieses Rechtsgeschäftes nicht entgegen. Weder das geltende Gerichtsgebührengesetz und dessen Vorgängerbestimmungen noch das Gebührengesetz kennen Vorschriften, die Gerichtsgebühren einerseits und Stempel- und Rechtsgebühren andererseits voneinander generell abgrenzen. Fehlt es aber an einer grundsätzlichen Abgrenzungsbestimmung, so ist davon auszugehen, dass selbst ein und derselbe Rechtsvorgang mehreren Abgabenbelastungen unterliegen kann. Aus dem Vorbringen, dass die Berufungsführerin und ihr damaliger Ehegatte von vornherein die Absicht hatten, die Scheidungsfolgenregelung als gerichtlichen Vergleich zu schließen, bzw dass der Vergleich durch den Richter modifiziert worden ist, ist daher nichts zu gewinnen.

Voraussetzung der Gebührenpflicht ist, dass ein Rechtsgeschäft gültig zustande gekommen ist und beurkundet wurde. Die eingangs beschriebene, mit "Scheidungsfolgenregelung gemäß § 55 a EheG" überschriebene Urkunde trägt die vorbehaltslose Unterschrift des damaligen Ehegatten und der Beschwerdeführerin vom 24. Februar 2004. Daraus ergibt sich, dass volle Übereinstimmung zwischen beiden Partnern der Vereinbarung am 24. Februar 2004 zu allen Vertragspunkten bestand.

Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von einer Genehmigung eines der Beteiligten abhängt. Aus dem Hinweis in der Präambel, dass die Vereinbarung erst mit Rechtskraft der Ehescheidung Wirksamkeit erlangen soll, ist daher für die Berufungsführerin nichts zu gewinnen. Die Gebührenschuld entstand daher auf Grund der Unterfertigung durch die beiden Vertragspartner am 24. Februar 2004.

Die Tatsache, dass in der Folge ein Gerichtsvergleich geschlossen wurde, schließt es nicht aus, die gegenständliche Vereinbarung als eine Vereinbarung für den Fall der Scheidung anzusehen, mit der die unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander geregelt werden sollten (§ 55a Abs. 2 EheG). Wie aus der späteren Vorlage bei Gericht unzweifelhaft hervorgeht, war die Vereinbarung geeignet sie dem Gericht als Scheidungsfolgenvereinbarung zu unterbreiten.

Es entspricht nun der herrschenden Lehre (Fellner § 16 Tz 62, § 33 TP 20, Tz 9, 26, 27) und ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass derartige Vereinbarungen als außergerichtliche Vergleiche gemäß § 33 TP 20 GebG anzusehen sind (hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1983, Zl. 82/15/0081, vom 19. Juni 1989, Zl. 88/15/0167, und vom 10. Juli 1989, Zl. 88/15/0088), weil dadurch zumindest zweifelhafte Rechte für die Zeit nach der Scheidung geregelt werden. Die Behauptung, dass die unterhaltsrechtlichen Regelungen so formuliert seien, dass sie den gesetzlichen Vorgaben und der ständigen Judikatur entsprechen ist nicht richtig, da es beim Kindesunterhalt im Absatz 2 wörtlich heißt: "Nach Maßgabe dieses Einkommens, jedoch unter ausdrücklichem Verzicht auf die gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung ermöglichte Anrechnung der von der Kindesmutter bezogenen Familienbeihilfe auf die Geldunterhaltsverpflichtung des Kindesvaters, verpflichtet sich letzterer ab Rechtskraft der Ehescheidung zu nachstehenden Unterhaltsverpflichtungen". Daraus geht klar hervor, dass ein anderer Unterhaltsbetrag vereinbart wurde, als er nach der Rechtsprechung des OGH zusteht (vgl VwGH 29.7.2004, 2003/16/0117 und 19.6.1989, 88/15/0167). Aber selbst wenn die Behauptung, dass die unterhaltsrechtlichen Regelungen so formuliert seien, dass sie den gesetzlichen Vorgaben und der ständigen Judikatur entsprechen, richtig wäre, wäre daraus nichts zu gewinnen, da im Gesetz die Folgen der Scheidung im Einzelnen nicht festgelegt sind und Unterhaltsvereinbarungen von verschiedenen Parametern abhängen, die durchaus strittig sein können. Vielmehr muss grundsätzlich von einem streitbeendeten Vertrag ausgegangen werden. Zudem wurde im gegenständlichen Vertrag nicht nur der Kindesunterhalt, sondern auch der Ehegattenunterhalt, die Obsorge für die Kinder, die Ehewohnung, das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse geregelt. Da die Berufungsführerin und ihr damaliger Ehegatte die Errichtung der gegenständlichen Vereinbarung ganz offenbar für erforderlich hielten (weil diese sonst ja nicht errichtet worden wäre), kam der Vereinbarung jedenfalls eine Klarstellungsfunktion zu, womit eine für die Vertragsparteien bis dahin sichtlich nicht ganz klare Situation bereinigt wurde. Dies geht auch noch aus der Stellungnahme der Berufungsführerin vom 25. Jänner 2006 hervor, wonach sie ihren Ehegatten ersucht habe den Vergleich zu unterfertigen, weil sie sicher gehen wollte, dass bis zum Scheidungstermin nicht weitere Diskussionen zu Themen entstehen, über die sie sich bereits geeinigt haben. Das Herausnehmen einzelner Punkte aus einem Vergleich, ist deshalb unzulässig, weil gerade das für einen Vergleich wesentliche Nachgeben beider Teile, jeweils für sich betrachtet in einem Anerkenntnis oder einem Verzicht bestehen kann, welche Rechtsinstitute für sich gesehen, der Gebührenpflicht nach § 33 TP 20 GebG nicht unterliegen, und eine solche Betrachtungsweise der zitierten Gesetzesstelle in solchen Fällen ihren Anwendungsbereich nehmen würde (VwGH vom 19.6.1989, 88/14/0167).

§ 26 GebG lautet:

Für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände gelten, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Bestimmungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.

Das Finanzamt hat unbestrittenermaßen die Bestimmungen des Bewertungsgesetzes angewendet. Auf Grund der klaren Anordnung des § 26 GebG und der Tatsache, dass § 33 TP 20 GebG keine Sondervorschriften hinsichtlich der Bewertung enthält, ist die Bewertung der Unterhaltsansprüche korrekt erfolgt. Die Ausführungen der Berufungsführerin, dass die Bewertung nach den Gerichtsgebührengesetz, der JN und der RAO begünstigt sind, sind angesichts der klaren Anordnungen des § 26 GebG nicht nachvollziehbar.

Der UFS glaubt der Berufungsführerin, dass sie nicht gewusst hat, dass durch die außergerichtliche Unterfertigung des Vergleiches eine Vergleichsgebühr entsteht. Daraus ist für die Berufungsführer aber nichts zu gewinnen, weil die Vertragsparteien in der Gestaltung des Vertrages frei waren und es ihnen zudem frei gestanden ist, eine Urkunde zu errichten oder dies zu unterlassen; die abgabenrechtlichen Folgen ergeben sich aus dem Urkundeninhalt. Dabei kann es auch zu von den Vertragsparteien unvorhergesehenen und unerwünschten abgabenrechtlichen Ergebnissen kommen. Der Berufungsführerin wird eingeräumt, dass die nunmehr auch in der Berufungsentscheidung vertretene Rechtsauffassung im Ergebnis Rechtsfolgen nach sich zieht, die subjektiv als bedenklich und unbillig erfahren werden mögen, freilich verweist der Senat nochmals darauf, dass diese Rechtsauffassung in der übereinstimmenden Lehre und Rechtsprechung (VwGH 26.6.1996, 93/16/0077) gedeckt ist und sich zudem als Folge eines an sich vermeidbaren, aber aus freien Stücken und mit rechtsfreundlichem Beistand gewählten Verhaltens darstellt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass bei der Abgabenfestsetzung Billigkeitsgründe außer Betracht zu bleiben haben.

Hinsichtlich der Behauptung, dass der damalige Ehegatte der Berufungsführerin auf alle Ansprüche an seiner Ehewohnung verzichtet hat, insbesondere auf eine Ausgleichszahlung für während der Ehe getätigte Wertschöpfung und offensichtlich dennoch die vorgenomme Vermögensübertragung in die Bemessungsgrundlage einbezogen wurde, ist auszuführen:

§ 15 Abs 3 GebG lautet:

Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer), Versicherungssteuergesetz oder Beförderungssteuergesetz fallen, sind von der Gebührenpflicht ausgenommen.

Zweck dieser Vorschrift ist es zu vermeiden, dass ein Rechtsgeschäft, das nach einem der hier erschöpfend aufgezählten Abgabengesetze steuerbar ist, nicht überdies noch mit einer Rechtsgebühr belegt wird. Für die Anwendung des § 15 Abs 3 GebG genügt es, dass das Rechtsgeschäft überhaupt den genannten Verkehrssteuern unterliegt; es ist also nicht erforderlich, dass eine nach diesen Gesetzen anfallende Steuer tatsächlich vorgeschrieben wird.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können im konkreten Einzelfall auch betreffend Scheidungsvergleiche sehr wohl Gegenleistungen ermittelbar sein (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1993, Zl. 92/16/0149 und vom 29. Jänner 1996, Zlen. 95/16/0187, 0188), wobei es unmaßgeblich ist, ob eine solche vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen Eheleuten anlässlich der Scheidung oder zwischen Lebensgefährten anlässlich der Beendigung einer solchen Beziehung erfolgt. Insbesondere wenn sich aus dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung ergibt, dass eine bestimmte Leistung nur als (weitere) Gegenleistung für die Übertragung einer Liegenschaft (eines Liegenschaftsanteils z.B. einer Eigentumswohnung etc.) gedacht ist, kann diese Leistung nicht mehr als allgemeiner Spitzenausgleich einer umfassenden Auseinandersetzung angesehen werden. Genau das ist auch im Berufungsfall festzustellen. Auf Grund der Textierung wurden die auf der Ehewohnung lastenden Schulden von der Berufungsführerin übernommen, da diese auch die Ehewohnung übernommen hat. Diese Verbindlichkeiten sind daher nicht in die Bemessungsgrundlage für die Gebühr miteinzubeziehen.

Insoweit ist der Gebührenbescheid objektiv mit Rechtswidrigkeit belastet.

Die Aufhebung gemäß § 299 BAO ist eine Ermessensentscheidung. Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände. Bei der Ermessensübung kommt dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine zentrale Bedeutung zu. Grundsätzlich kommt dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrrang vor dem Prinzip der Rechtssicherheit zu. Eine Aufhebung ist nur dann zu unterlassen, wenn die Rechtswidrigkeit bloß geringfügig ist. Die gegenständliche Änderung ist mit ca. 1.500,00 € weder absolut noch in Relation zum festgesetzten Abgabenbetrag geringfügig. Das Finanzamt hat daher den Gebührenbescheid gemäß § 299 BAO aufzuheben und einen neuen Sachbescheid zu erlassen (vgl Ellinger, BAO³, § 299 Anm 21).

Feldkirch, am 10. März 2006

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 26 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957

Schlagworte:

Bescheidaufhebung, Vergleichsgebühr, Scheidungsvergleich

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