Zeitpunkt der Verrechnung von Altverlusten bei einer Umwandlung
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers gegen den Bescheid des Finanzamtes betreffend Einkommensteuer 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am 24. September 2002 teilte die A_GmbH dem Finanzamt mit, dass sie mit Wirkung 1. Januar 2002 gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes (UmwG, BGBl. Nr. 304/1996) mit Inanspruchnahme der umgründungsteuerrechtlichen Begünstigungen des Art. II UmgrStG (Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991) durch die Übertragung des Vermögens als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die durch diesen Umwandlungsvorgang entstehende A_OEG errichtend umgewandelt worden sei.
Im beigelegten Umwandlungsplan vom 19. September 2002 wurde dieser Vorgang wie folgt formuliert: "Zur errichtenden Umwandlung der übertragenen Gesellschaft gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes entstehende A_OEG , im Folgenden kurz, Nachfolgerechtsträger ' genannt, errichten die Vertragsteile den Folgenden Umwandlungsplan. Der Umwandlungsvorgang wird auf Grundlage die Bilanz der übertragenden Gesellschaft zum 1. Januar 2002 und mit Inanspruchnahme umgründungsteuerrechtlichen Begünstigung des Art. II UmgrStG mit dem Stichtag 1. Januar 2002 durchgeführt. ... Die Firma A_GmbH wird durch die Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten und Verzicht auf die Liquidation im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den durch den Umwandlungsvorgang entstehenden Nachfolgerechtsträger gemäß den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art. II UmgrStG zum Stichtag 1. Januar 2002 umgewandelt. ... Diesem Umwandlungsvorgang wird der Jahresabschluss der Firma A_GmbH zum 1. Januar 2002 zu Grunde gelegt. Dementsprechend wird als Stichtag für die Umwandlung der übertragenen Gesellschaft der 1. Januar 2002 vereinbart. Mit dem Ablauf des Umwandlungsstichtages gelten Handlungen der übertragenen Gesellschaft als für Rechnung des Nachfolgerechtsträgers vorgenommen. ... Mit den Ablauf des Umwandlungsstichtages gelten Handlungen der übertragenen Gesellschaft als für Rechnung des Nachfolgerechtsträgers vorgenommen. ... Mit dem Ablauf des Umwandlungsstichtages 1. Januar 2002 ist die übertragende Gesellschaft aufgelöst und ihr Vermögen als Ganzes im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolgerechtsträger übergegangen."
Als Anlage war unter anderem die Umwandlungsbilanz zum 1. Januar 2002 angeführt.
Im Schreiben vom 1. Oktober 2002 ersuchte der Berufungswerberin um Herabsetzung der Vorauszahlungen für die Einkommensteuer des Kalenderjahres 2002. Dies begründete er damit, dass die A_GmbH in die A_OEG mit Wirkung 1. Januar 2002 umgewandelt worden sei.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 2002 vom 28. April 2003 gab die Berufungswerberin S 15.885,02 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus der Beteiligung an der A_OEG bekannt. Als Verlustabzug aus den Vorjahren machte die Berufungswerberin S 48.016,26 bei der Kennzahl 462 geltend.
In der gleichen Höhe wurden diese Einkünfte auch im Rahmen der Feststellung Einkünfte der A_OEG gemäß § 188 BAO festgestellt und der Berufungswerberin mit Schreiben vom 13. Juni 2003 mitgeteilt.
Im Einkommensteuerbescheid 2002 datiert vom 21. August 2003 folgte das Finanzamt der Abgabenerklärung zwar insofern, als es die Einkünfte aus der Beteiligung an der A_OEG erklärungsgemäß und entsprechend der Feststellung der Einkünfte der A_OEG mit S 15.885,02 festsetzte. Allerdings unterließ es einen Verlustabzug anzusetzen und begründete dies damit, dass § 4 Z 1 lit. a UmgrStG in Verbindung mit § 10 Z 1 lit. a UmgrStG besage, dass Verluste erstmals in jenem Veranlagungszeitraum (= Kalenderjahr) von der übernehmenden OEG (Teilhaber der OEG) als Sonderausgabe abgezogen werden könnten, welches dem Jahr folgt, in das der Umwandlungsstichtag falle. Laut den vorgelegten Verträgen sei im Fall der Berufungswerberin der Umwandlungsstichtag der 1. Januar 2002. Das Schreiben vom 30. Juni 2003 (welches nicht im Akt aufliegt), in welchem angeführt werde, dass irrtümlich der Umwandlungsstichtag mit 1. Januar 2002 in den Verträgen angegeben worden sei, könne nicht als Nachweis für den Umwandlungsstichtag 31. Dezember 2001 anerkannt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung vom 26. August 2003, in welcher das Anerkennen des Verlustabzuges von € 48.016,26 geltend gemacht wird. Dies wird damit begründet, dass die Berufungswerberin Gesellschafterin der A_GmbH gewesen sei, welche aufgrund des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2001 in die A_OEG umgewandelt worden sei. Wenngleich der Umwandlungsstichtag irrtümlich mit dem 1. Januar 2002 angegeben wäre, falle dieser richtigerweise auf den 31. Dezember 2001. Auch der Jahresabschluss der A_GmbH sei auf den Stichtag 31. Dezember 2001 und nicht auf den irrtümlich angegeben Stichtag 1. Januar 2002 erstellt worden. Somit sei die A_OEG tatsächlich bereits mit 31. Dezember 2001 Rechtsnachfolgerin der A_GmbH geworden. Da lediglich ein Irrtum beziehungsweise ein Versehen vorliege, werde höflich ersucht, den geltend gemachten Verlustabzug bereits im Jahr 2002 zu berücksichtigen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wie schon in der oben zitierten Berufungsvorentscheidung ausgeführt, sieht § 10 UmgrStG vor, dass bei Umwandlungen von Kapitalgesellschaften in im Firmenbuch eingetragene Personengesellschaften § 8 Abs. 4 Z 2 KStG 1988 (Körperschaftsteuergesetz, BGBl. Nr. 401/1988: "Folgende Ausgaben sind bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen: ... Der Verlustabzug im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 des Einkommensteuergesetzes 1988. ...") insoweit anzuwenden ist als die Voraussetzungen des § 4 Z 1 lit. a, c und d UmgrStG (§ 10 Z 1 lit. a UmgrStG) erfüllt werden. Es sind dann die übergehende Verluste den Rechtsnachfolgern als Verluste gemäß § 18 Abs. 6 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988) in jenem Maß zuzurechnen, welches sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Gesellschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt (§ 10 Z 1 lit. b UmgrStG).
§ 4 UmgrStG, auf den im § 10 UmgrStG verwiesen wird und an sich den Verlustvortrag bei Verschmelzungen regelt, sieht in Ziffer 1 Litera a) vor, dass Verluste der übertragenden Körperschaft, die bis zum Verschmelzungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, im Rahmen der Buchwertfortführung ab dem dem Verschmelzungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum der übernehmenden Körperschaft insoweit als abzugsfähige Verluste dieser Körperschaft gelten, als sie den übertragenden Betrieben, Teilbetrieben oder nicht einem Betrieb zurechenbaren Vermögensteilen zugerechnet werden können.
Fast man diese Verweiskette zusammen ergibt sich daraus, dass, wenn, wie im Fall der Berufungswerberin, eine Körperschaft (GmbH) in eine der im § 1 UmwG aufgezählten Personengesellschaften (OEG) umgewandelt wird, Verluste die bei der übertragenden Gesellschaft (A_GmbH) bis zum Umwandlungsstichtag entstanden sind und noch nicht verrechnet wurden bei den Rechtsnachfolgern (Gesellschafter der A_OEG) als Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 EStG 1988 ("Als Sonderausgaben sind auch Verluste abzuziehen, die in einem vorangegangenen Jahr entstanden sind (Verlustabzug). Dies gilt nur, wenn die Verluste durch ordnungsmäßige Buchführung ermittelt worden sind und soweit die Verluste nicht bereits bei der Veranlagung für die vorangegangenen Kalenderjahre berücksichtigt wurden.Die Höhe des Verlustes ist nach den §§ 4 bis 14 zu ermitteln.") gelten und entsprechend der Anteile an der Personengesellschaft als Sonderausgaben im dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Veranlagungszeitraum abgezogen werden dürfen.
Die eben aufgezählten Voraussetzungen wurden von der Berufungswerberin und vom Finanzamt , abgesehen davon, wann der Umwandlungsstichtag und dementsprechend der folgende Veranlagungszeitraum gewesen sein soll, übereinstimmend als gegeben angesehen.
Wie oben dargestellt ist in den vorgelegten Unterlagen wie dem Umwandlungsplan ausschließlich und wiederholt vom 1. Januar 2002 als Umwandlungsstichtag die Rede. Der nächste darauf folgende Veranlagungszeitraum der Berufungswerberin ist jener vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2003. Dass in den Dokumenten als Datum des Umwandlungsstichtages der 1. Januar 2002 angeführt ist, wird auch von der Berufungswerberin nicht in Zweifel gezogen, sondern führt diese bloß aus, dieser sei irrtümlich gewählt worden. Besser oder richtig wäre es gewesen den 31. Dezember 2001 zu wählen. Dabei unterlässt es die Berufungswerberin zu erläutern, wie der von ihr geltend gemachte Irrtum zustande gekommen sein soll.
Es bleibt daher offen, ob der Umwandlungsstichtag 1. Januar 2002 bereits beim Verfassen der entsprechenden Dokumente gegen den eigentlichen Willen der Vertragpartner in den Umwandlungsplan aufgenommen wurde und dieser Irrtum trotz notarieller Beurkundung unentdeckt geblieben ist oder ob der ursprüngliche Wille der Parteien sehr wohl auf den 1. Januar 2002 als Umwandlungsstichtag gerichtet war und sich erst im Nachhinein herausgestellt hat, dass dies zu steuerlichen Nachteilen bei den Gesellschaftern der Nachfolge-OEG führen kann und insofern ein Fehler oder Irrtum beim Verfassen der notwendigen Dokumente passiert ist.
Beides führt jedoch steuerlichrechtlich zu den gleichen Konsequenzen. Zwar folgt das Steuerrecht in weiten Teilen bei der Gesetzesauslegung der so genannten wirtschaftlichen Anknüpfung und sind daher Gesetzesbegriffe in ihrem wirtschaftlichen Zusammenhang und getrennt von deren Verwendung in anderen Rechtsbereichen zu verstehen, doch kennt auch das Steuerrecht der unmittelbaren Anknüpfung an andere Rechtsgebiete.
Dies ist etwa bei der Umwandlung der Fall. Die Anwendung der Bestimmungen des UmgrStG hängt unmittelbar vom Erfüllen der handelsrechtlichen Vorschriften ab. Die Beurteilung der Zulässigkeit beziehungsweise Ordnungsmäßigkeit der Durchführung der Umwandlung obliegt ausschließlich den zuständigen Gerichten (so die übereinstimmende Lehre etwa Keppert in Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründunge, Rz 6 zu Art. II § 7, 6).
Da es sich beim Umwandlungsplan um einen zivilrechtlichen Vertrag handelt, dessen Inhalt eine Gültigkeitsvoraussetzung für die Anwendung des UmwG durch die Gerichte und des UmgrStG ist, muss von dessen Richtigkeit ausgegangen werden, solange dies nicht durch zivilrechtliche Anfechtung geändert wurde. Eine nachträgliche rückwirkende Änderung des Inhaltes des Umwandlungsplanes nach dessen erfolgter Eintragung im Firmenbuch wird in der Literatur ausgeschlossen (siehe etwa Brix, Änderung des Spaltungs- und Übernahmsvertrages nach Einreichung beim Firmenbuchgericht und vor Spaltungsbeschluss zulässig?, NZ 2003/28).
Die A_OEG wurde am 23. September 2002 aufgrund des oben zitierten Umwandlungsplanes im Firmenbuch eingetragen und existiert daher seit 24. September 2002 handelsrechtlich. Umgründungssteuerrechtlich ist ein Rückbeziehen der Umwandlung bis zum Umwandlungsstichtag möglich. Dieser ist jedoch der 1. Januar 2002. Wie auch Keppert (aaO. Rz 13 zu Art. II § 10, 87) darlegt, kommt es genau in dieser Situation, wenn der Rechtsnachfolger wie die Berufungswerberin das Kalenderjahr als Veranlagungszeitraum hat, dazu dass ein Jahr weniger einem Tag zwischen dem Umwandlungsstichtag und der ersten möglichen Verlustverrechnung aus den Verlusten der übertragenden Gesellschaft liegt und war aus diesem Grund die Berufung abzuweisen.
Linz, am 1. Februar 2006
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 10 Z 1 lit. a UmgrStG, Umgründungssteuergesetz, BGBl. Nr. 699/1991 |
Schlagworte: | Umwandlung, Umwandlungsstichtag, Verlustvortrag, Sonderausgaben |