Vorsteuer im Baugewerbe aus Rechnungen eines Subunternehmers
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende HR Dr. Ursula Leopold und die weiteren Mitglieder Dr. Michael Rauscher, Dr. Bernhard Koller und Dr. Otmar Donnerer im Beisein der Schriftführerin Dagmar Brus über die Berufung der TGmbH, 8047 Graz-Ragnitz, Ragnitzstraße 196, gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom 26. September 2002 betreffend Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben gemäß § 201 BAO nach der am 29. November 2005 in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Den Berufungen betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für Dezember 2001 und April 2002 wird teilweise Folge gegeben.
Die Umsatzsteuer für den Zeitraum Dezember 2001 wird mit 10.606,14 € festgesetzt.
Die Umsatzsteuer für den Zeitraum April 2002 wird mit -1.092,54 € festgesetzt.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Der Berufung betreffend Festsetzung der Umsatzsteuer für Juli 2002 wird Folge gegeben. Der Bescheid betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für Juli 2002 wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Die TGmbH (in der Folge als Berufungswerberin, kurz Bw. bezeichnet) ist im Innenausbau tätig. Im Zuge einer bei der Bw. durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Ansicht, Vorsteuern aus Rechnungen einer als Subfirma für die Bw. tätigen SGmbH seien nicht anzuerkennen, da die in den Rechnungen angeführte Geschäftsanschrift nicht existiere.
Der Prüfer bezog sich auf eine Sachverhaltsdarstellung vom 18. September 2002.
Darin hatte ein Betriebsprüfungs-Organ des Finanzamtes für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien festgehalten, dass die fragliche Subfirma in diesem Amt aufgenommen worden war, da der Geschäftsführer Z eine aufrechte Meldebestätigung sowie alle erforderlichen Unterlagen einer Firmengründung vorgelegt hatte. Die Betriebsadresse 1150 Wien, AGasse 11/50 sei durch den Geschäftsführer bekannt gegeben worden. Das Haus weise nur Wohnungen bis zur Nr. 21 auf. Es seien keine Büros oder Geschäftslokale vorhanden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer Z der gegründeten GmbH sei nicht auffindbar. Anfragen bei der Sozialversicherung sowie im Zentralmeldeamt seien erfolglos geblieben. Der Gesellschafter-Geschäftsführer habe laut Aussage des Inhabers der Wohnung 1150 Wien, AGasse 11/2, K, sporadisch in dieser Wohnung gewohnt, wo er auch gemeldet gewesen sei. K habe die Anmeldung als Freundschaftsdienst geduldet. K habe angegeben, dass die Firmenadresse auf seine Wohnadresse habe lauten sollen. Es habe eine Adressänderung beim Firmenbuch durchgeführt werden sollen, welche jedoch unterblieben sei. Da in letzter Zeit Schwierigkeiten mit Behörden aufgetreten seien und Z auch von K nicht erreichbar sei, sei Z im September 2002 abgemeldet worden. Über Geschäftstätigkeiten der SGmbH habe K keine Ahnung.
Zufolge Abfragen bei der Wiener Gebietskrankenkasse seien bei der SGmbH folgende Arbeiter kurzfristig angemeldet gewesen:
M.D. | von 4.3.2002 bis 6.3.2002 |
Th | von 26.3.2001 bis 6.6.2001 (gewerberechtl. GF) |
E.Z. | von 25.6.2001 bis 12.10.2001 |
Weitere Arbeiter seien nicht gemeldet.
Aus einer der Sachverhaltsdarstellung beigelegten Niederschrift vom 29. August 2002 mit dem gewerberechtlichen Geschäftsführer der SGmbH, Th, ist ersichtlich, dass dessen gewerbliche Tätigkeit als Trockenbaumeister bei verschiedenen Firmen durch F abgewickelt wurde. Er selbst habe keine Ahnung, wo er an- bzw. abgemeldet (gewesen) sei. Die Bezahlung sollte monatlich netto 750,- € betragen. Die Bezahlung sei in bar erfolgt, die letzte Auszahlung im Jänner 2002. Bei den jeweiligen Firmen sei er mit 20 Stunden offiziell gemeldet (Wiener Gebietskrankenkasse). Er habe nie auf Baustellen in Wien gearbeitet, nur auf Baustellen in der Steiermark und im Burgenland, nicht aber für Wiener Firmen.
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und anerkannte die oben angeführten Vorsteuern in den Bescheiden betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2001, 4/2002 und 7/2002 nicht. In den Bescheiden betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2001, 4/2002 und 7/2002 wurden die folgenden Vorsteuern nicht anerkannt:
06/01-12/01 (Bescheid 12/2001) | 2.947,47 € |
01/02-04/02 (Bescheid 4/2002) | 5.369,18 € |
05/02-07/02 (Bescheid 7/2002) | 2.746,90 € |
Die Bw. wandte in der Berufung ein, die SGmbH sei in der Zeit, in der sie für die Bw. Leistungen erbracht habe, beim Firmenbuch Wien unter der Firmenbuchnummer 9...x registriert und beim Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk in Wien unter der Steuernummer 0../.... erfasst gewesen. Der Geschäftsführer der SGmbH sei in der AGasse 11/2 gemeldet gewesen, womit sich der Sitz der Geschäftsleitung dort befunden habe. Beim Firmenbuch und auch beim Gewerbeamt sei als Adresse AGasse 11/50 angegeben gewesen. Es werde vermutet, dass es sich dabei um einen Schreibfehler handeln dürfte, da 11/50 der Postleitzahl 1150 entspreche.
Der Geschäftsführer der SGmbH habe E.Z., wohnhaft ÄGasse, eine (der Berufung in Kopie beigelegte) Spezialvollmacht erteilt, wonach E.Z. im Namen der GmbH tätig werden durfte.
Laut den Feststellungen der durch das Finanzamt Graz-Stadt mit Erhebungen beauftragten Betriebsprüfungsabteilung Wien sei mitgeteilt worden, dass der Geschäftsführer der SGmbH, Z, die GmbH unter Vorlage einer aufrechten Meldebestätigung sowie aller für eine Firmengründung erforderlichen Unterlagen ordnungsgemäß angemeldet habe. Hier sei ebenfalls die Adresse AGasse 11/50 angegeben worden. Daraus, dass der SGmbH eine Steuernummer zugeteilt worden sei, lasse sich schließen, dass die Post des Finanzamtes an die Adresse AGasse 11/50 sehr wohl bei der SGmbH unter dieser Adresse angekommen sein müsse. Widrigenfalls wäre diese an das Finanzamt zurückgekommen, was schon zu einem früheren Zeitpunkt zu amtswegigen Erhebungen durch das Wiener Finanzamt hätte führen müssen. Auch die Kontoauszüge der Wiener Gebietskrankenkasse, bei welcher zeitweise Arbeitnehmer angemeldet gewesen seien, müssten auf dem Postweg zugestellt worden sein und dürften auch diese Schriftstücke unter der angegebenen Adresse bei der SGmbH angekommen sein.
Als Anschrift sei somit grundsätzlich die Hausnummer maßgebend, die Angabe einer Wohnungsnummer sei für eine Anschrift und Postzustellung somit nicht erforderlich.
Die SGmbH habe für die Berufungswerberin tatsächlich Leistungen erbracht und über diese Leistungen mit Mehrwertsteuer abgerechnet. Die Rechnungen entsprächen den Bestimmungen des § 12 UStG 1994.
Die SGmbH sei Unternehmer gewesen, was von der Betriebsprüfung nicht bezweifelt worden sei. Sie habe tatsächlich Leistungen im Inland erbracht, was durch die Betriebsprüfung ebenfalls nicht bezweifelt worden sei. Da die Rechnung sämtliche geforderten Merkmale enthalten habe, überdies sogar die Firmenbuchnummer, habe für die Bw. kein Zweifel an der Berechtigung zum Vorsteuerabzug bestanden.
Aus der Registrierung beim Firmenbuch könne geschlossen werden, dass die Firma auch beim Finanzamt steuerlich erfasst sei. Es könne keinesfalls der Bw. angelastet werden, wenn das zuständige Finanzamt Erhebungen unterlasse.
Grundsätzlich sei somit als Anschrift die Hausnummer maßgebend, die Angabe einer Wohnungsnummer sei für eine Anschrift und Postzustellung nicht erforderlich.
Die der Berufung in Kopie beigelegte "Spezialvollmacht" bezeichnet sowohl im Vollmachtstext als auch in der notariellen Beglaubigung die Adresse des Z mit AGasse 11/50.
Die abweisenden Berufungsvorentscheidungen wurden damit begründet, dass die SGmbH an der in den Rechnungen angeführten Adresse nicht bekannt sei, bzw. ihre Geschäftstätigkeit nicht ausübe. Hinsichtlich der tatsächlichen Leistungserbringung werde den Berufungsausführungen zugestimmt. Die Abgabenbehörde vertrete jedoch weiterhin die Ansicht, dass es sich bei der in den Rechnungen angegebenen Anschrift um eine Scheinadresse handle. In der Berufung werde bestätigt, dass sich an der Adresse 1150 Wien, AGasse 11/50, nicht der Sitz der Geschäftsleitung befunden habe, dort werde nämlich angeführt, der Sitz der Geschäftsleitung habe sich in der AGasse 11/2 befunden, da der Geschäftsführer der SGmbH dort gemeldet gewesen sei.
Die Vorsteuerabzugsberechtigung aus einer Rechnung, auf der als Leistungserbringer ein Unternehmen aufscheine, das an der angegebenen Adresse gar nicht existiere, sei zu versagen.
Im Vorlageantrag wies die Bw. darauf hin, dass das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung die Leistungserbringung durch die SGmbH an die Bw. anerkannt habe. Die Bw. habe Geschäftsbeziehungen zu der beim Firmenbuch Wien unter 9...x registrierten SGmbH aufgenommen. An die Adresse laut Firmenbuch gerichtete Schriftstücke und Korrespondenz seien nachweislich bei der SGmbH angekommen, sodass kein Zweifel an der Existenz der Firma unter dieser Adresse bestehen konnte.
Die formalen Anforderungen an eine Rechnung dürften nicht so gestaltet sein, dass die Ausübung des Rechtes praktisch unmöglich sei. Die Rechnung habe keinen einzigen formalen Mangel aufgewiesen, zumal die angegebene Adresse auch mit dem Firmenbuchauszug übereingestimmt habe.
Die Anschrift auf der Rechnung, die üblicherweise Ort, Straße und Nummer zu enthalten habe, sei völlig richtig. Ein Irrtum in der Anführung einer anderen Topnummer sei als unbeachtlich anzusehen und rechtfertige die Versagung des Vorsteuerabzuges nicht.
Im Geschäftsleben sei es durchaus nicht üblich, dass man sich persönlich an Ort und Stelle vom Vorhandensein einer Geschäftsräumlichkeit überzeuge, sondern es sei durchwegs üblich, geschäftliche Kontakte durch Telefon, Fax, E-Mail und dergleichen zu knüpfen.
Aus dem BP-Akt ist ersichtlich, dass der Geschäftsführer der SGmbH am 22. März 2001, einen Tag nach der Errichtung des Gesellschaftsvertrages, seinem Neffen E.Z. eine Vollmacht zur Unterschriftsleistung für die GmbH erteilt hatte. E.Z. war auch zeichnungsberechtigt für das Bankkonto der SGmbH. Das am 21. März 2001 verfasste Geschäftsführerverzeichnis und die am selben Tag unterfertigte Musterzeichnungserklärung enthielten die Adresse AGasse 11/50 als Wohnanschrift des Geschäftsführers. Auch der Gewerbeschein wurde einer SGmbH Standort Wien AGasse 11/50 erteilt.
Aus Akten der SGmbH ist zu ersehen, dass Z an der Adresse 1150 Wien, AGasse 11, seinen Nebenwohnsitz hatte. Als Türnummer war auf dem Meldezettel (Anmerkung der Referentin: vermutlich ursprünglich) 50 angegeben gewesen. Diese Zahl war durchgestrichen und durch 2 ersetzt worden. Der Meldezettel trägt den Meldevermerk 21. März 2001 und enthält keinen Hinweis auf den Zeitpunkt der Änderung der Wohnungsnummer.
Am 21. März 2001 wurde der Gesellschaftsvertrag über die SGmbH errichtet.
Das im Akt der SGmbH enthaltene Unterschriftsprobenblatt gibt als Ort der Geschäftsleitung/Betriebsort ebenfalls AGasse 11/50 an. Auf diesem durch Z unterzeichneten Unterschriftsprobenblatt wurden Z und E.Z. als einzeln Zeichnende angeführt.
E.Z. gab in einer durch das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk am 8. Juni 2001 aufgenommenen Niederschrift an, der Sitz der im März 2001 gegründeten Firma sei vorübergehend in 1150 Wien, AGasse 11. Er selbst sei in beratender Funktion für Geschäftsanbahnung, Behördenwege etc. tätig, ein Dienstverhältnis bestehe nicht.
Z gab am 5. Juli 2001 anlässlich der Identitätsprüfung zu Protokoll, die Tätigkeit Innenausbau werde seit März/April 2001 ausgeübt. Die Firma sei an der Meldeadresse des Geschäftsführers, AGasse 11/2, ansässig. In den nächsten Wochen werde ein geeignetes Büro gesucht.
Im Akt der SGmbH befindet sich eine Meldeanfrage vom 9. Mai 2001, der zufolge der in Smoljana, Kroatien, geborene, Z ab 21. März 2001 in der AGasse 11/2 einen Nebenwohnsitz hatte. Ein österreichischer Hauptwohnsitz ist aus dieser Anfrage nicht ersichtlich.
Ein Beitragsgrundlagennachweis der Wiener Gebietskrankenkasse für 2001 war im Mai 2001 ebenfalls für die Adresse AGasse 11/50 erfolgt.
Die Bw. legte über Vorhalt des UFS folgende Unterlagen über die strittigen Bauausführungen vor:
Zur Frage nach vorhandenen schriftlichen Aufzeichnungen über die Kontaktaufnahme mit der SGmbH: Preise-Leistungsverzeichnisse,
zur Frage nach Kostenvoranschlägen: Leistungsverzeichnisse, Aufträge,
zur Frage nach Aufzeichnungen der über von der SGmbH durchgeführte Arbeiten: Aufmassblätter, Regieberichte, Schriftverkehr,
zur Frage nach Arbeitsaufzeichnungen: Regieberichte,
zur Frage nach Rechnungen: Rechnungen der SGmbH
zur Frage nach schriftlichen Unterlagen über durch die Bw. geleisteten Zahlungen: Zahlungsaufstellungen, Internetbanking-Liste, Bankauszüge, Scheckauszüge
Sämtliche Aufträge waren von E.Z. unterzeichnet.
Auch die Rechnungen, für die in den Monaten 12/01 und 4/02 Vorsteuern geltend gemacht worden waren, trugen die Unterschrift von E.Z. . Dieser (wie bereits oben ausgeführt, der Neffe des Geschäftsführers Z), war Gesellschafter einer wegen Konkursabweisung mangels Vermögens durch Beschluss vom 13. März 2001 des zuständigen Firmenbuchgerichts aufgelösten und am 2. Juni 2001 amtswegig gelöschten Innenausbau GmbH, deren Sitz sich in Graz befunden hatte, gewesen.
Die strittigen Rechnungen enthielten den Namen der Gesellschaft, die Adresse 1150 Wien, AGasse 11, eine Bankverbindung, die Firmenbuchnummer und die Bezeichnung des Firmenbuchgerichtes. Telefon- oder Faxnummer waren auf den Rechnungen ebensowenig angegeben wie eine e-mail-Adresse.
Aus dem BP-Arbeitsbogen ist aus der Aufstellung Aufwand Subunternehmer für die Monate 12/2001, 4/2002 die Geltendmachung folgender Vorsteuern für die strittigen Rechnungen ersichtlich:
12/2001:
1.TR Leibnitz | ER 150 | S: 33.152,79 (netto) | € 2.409,32 | VST: € 481,82 |
1.TR A. | ER 155 | S: 24.709,16 | € 1.795,68 | VST: € 359,15 |
1.TR PA W. | ER 154 | S: 36978,74 | € 2.687,35 | VST: € 537,47 |
SUMME: | € 1.378,44 |
4/2002:
2.TR ARStr. | ER 250 | € 6.314,26 | € 1.262,85 | |
3.TR ARStr. | ER 275 | € 1.666,67 | € 333,33 | |
SUMME: | € 1.596,18 |
Im Monat 7/2002 scheinen strittige Vorsteuern nicht auf.
Durch das dafür zuständige Finanzamt in Wien wurde im Zuge von Begehungen durch Außendienstorgane festgestellt, dass durch die SGmbH keine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wurde. Sämtliche Erhebungen der Einbringungsstelle hinsichtlich vorhandenem Vermögen waren negativ verlaufen. Mit Beschluss vom 3. Mai 2002 des Handelsgerichtes Wien war für die Gesellschaft die Konkursabweisung mangels Vermögens erfolgt und die Gesellschaft etwas über ein Jahr nach ihrer Eintragung ins Firmenbuch aufgelöst. Das Finanzamt stellte daher am 11. November 2002 an das zuständige Firmenbuchgericht einen Antrag auf amtswegige Löschung der Gesellschaft.
In der am 18. April 2005 durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung teilte der Geschäftsführer der Bw. mit, zur SGmbH sei der Kontakt mündlich hergestellt worden. E.Z. sei in die Firma gekommen, habe gefragt, ob Trockenbauarbeiten zu vergeben seien, und habe den Gewerbeschein, einen Firmenbuchauszug und seine Vollmacht vorgelegt. Nach Abschluss eines Vertrages mit der Bw. habe er auf der Baustelle gearbeitet. Der Geschäftsführer konnte nicht genau sagen, ob außer E.Z. jemand auf der Baustelle gearbeitet habe, da mit den Arbeitern ausschließlich der Bauleiter zu tun gehabt habe. Nach seinem Wissen seien zwei bis drei Arbeiter für die SGmbH tätig gewesen. Telefonischer Kontakt sei über die Handynummer von E.Z. hergestellt worden. Auch die Arbeiter hatten über Handys verfügt.
Es handle sich im vorliegenden Fall nicht um eine Scheinfirma, da es eine Unzahl an Aufträgen, Teilrechnungen, Aufmassblättern und Protokollierungen über die Abnahme der Baustellen gebe, ebenso Regieberichte und Lieferscheine, welche Voraussetzung einer ordnungsgemäßen Abwicklung eines Bauauftrages seien.
Die Finanzverwaltung selbst habe der SGmbH eine Steuernummer vergeben, was auf dem Postwege geschehe. Es bestehe keine Vorschrift, dass an Geschäftsadressen Firmentafeln, Büros oder Geschäftslokale vorhanden sein müssten. Es sei seit 30 Jahren Usus, die Firma auf die Wohnadresse des Geschäftsführers anzumelden.
Es liege kein formeller Mangel bei der Rechnungslegung vor, da die Verwechslung einer Top-Nummer unbeachtlich sei, die Rechnung stimme mit der Firmenbuchadresse überein und offenbar habe auch durch die Finanzverwaltung Korrespondenz mit der Firma unter der oben angegebenen Adresse stattgefunden. Auf den Rechnungen sei keine Top-Nummer angegeben gewesen.
Aus dem Fehlen einer Telefonnummer auf den Rechnungen seien für die Bw. keine Zweifel am Bestehen der SGmbH aufgetaucht. Auf den Aufmassblättern sei eine Handynummer zu finden, unter der E.Z. immer erreichbar gewesen sei. Dieser sei der Ansprechpartner der Bw. bei der SGmbH gewesen. Den Geschäftsführer der SGmbH kenne der Geschäftsführer der Bw. nicht, er habe auch keinen Kontakt zu ihm gehabt.
In der Baubranche sei es üblich, dass man keinen Kontakt zu den Geschäftsführern von Subunternehmen habe, vor allem, da im vorliegenden Fall eine Spezialvollmacht vorgelegt worden sei.
Die Bw. gab die aus Rechnungen der SGmbH geltend gemachten Vorsteuern im Zeitraum 12/2001 mit € 1.378,47, im Zeitraum 4/2002 mit € 1.596,18 bekannt. Im Zeitraum 7/2002 waren Vorsteuern aus Rechnungen der SGmbH nicht geltend gemacht worden.
Der Bautechniker K, Inhaber der Wohnung AGasse 11/2, erklärte am 31. Mai 2005 zur Niederschrift, dass es zwischen ihm und Z keinen schriftlichen Mietvertrag gegeben habe. Seit der Abmeldung Ende 2001 (Anm.: tatsächlich erfolgte die Abmeldung erst im Jahr 2002) habe K von Z nichts mehr gehört. Für Untermiete habe er nie Geld bekommen, da es sich um einen Freundschaftsdienst gehandelt habe. Z habe bei ihm monatlich zwei bis dreimal immer nur für ein paar Tage gewohnt und habe keinen eigenen Raum zur Verfügung gehabt. Er habe bei K in einer abgetrennten Schlafstätte geschlafen. Z habe keinen eigenen Schrank zur Verfügung gehabt, sei mit einer Tasche gekommen und wieder abgereist. Geschäftsunterlagen habe K in der Tasche nicht gesehen. Z habe erzählt, er gründe eine Firma mit Rigipsausbau, in welcher er selbst mitarbeite. Die Firmengründung sei für die Erlangung eines Visums nötig gewesen. Über die Anzahl der Personen in der Firma sei nicht gesprochen worden. Manchmal seien Schriftstücke der Firma an die Wohnadresse des Z zugestellt worden, großteils Telefonrechnungen (vom eigenen Handy), Schriftstücke vom Finanzamt und auch andere Schriftstücke. K könne sich daran nicht mehr genau erinnern.
Durch die Gebietskrankenkasse Wien wurde über Vorhalt bekannt gegeben, dass folgende Personen durch die SGmbH als Dienstgeber gemeldet waren. D1= Angestellter, A1= Arbeiter
Th (D1) | 26.3.2001 bis 6.6.2001 |
M.D. (A1) | 4.3.2002 bis 6.3.2002 |
Die Steiermärkische GKK gab für die SGmbH folgende Dienstnehmer bekannt: D1= Angestellter, A1= Arbeiter
E.Z. (D1) | 25.6.2001 bis 12.10.2001 |
M.C. (D1) | 30.5.2001 bis 17.9. 2001 |
M.A. (A1) (D1) | 2.4.2001 bis 30.9.2001 1.10.2001 bis 9.11.2001 |
M.DZ (D1) | 25.9.2001 bis 20.12.2002 |
H.Z. (D1) | 22.10.2001 bis 7.12.2001 |
Aus Abfragen von Versicherungsdaten der Österreichischen Sozialversicherung ist ersichtlich, dass die SGmbH mit der Adresse 1150 Wien, AGasse 11/50, erfasst war.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst schien nicht als Arbeitnehmer auf.
Am 29. November 2005 gab der Geschäftsführer der Bw. an, am 16. Mai 2002 sei durch die Bw. eine Unterweisung in Sachen allgemeine Gefahren auf einer bestimmt genannten Baustelle durchgeführt worden, bei welcher E.Z., M.C. und M.DZ mit Unterschrift die Unterweisung bestätigten.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. § 11 UStG 1994 bestimmt unter anderem, dass Rechnungen den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers enthalten müssen.
Wenn sich die Selbstberechnung (der Voranmeldung) als nicht richtig erweist, hat das Finanzamt die Steuer gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 festzusetzen.
Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass an die Bw. die in den gegenständlichen Rechnungen angeführten Trockenbauarbeiten erbracht wurden. Es ist allerdings zu klären, ob die an die Bw. ergangenen Rechnungen die an eine Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinn gestellten Anforderungen erfüllen.
Die SGmbH, in deren Namen die Rechnungen gestellt wurden, war mit Gesellschaftsvertrag vom 21. März 2001 durch ihren einzigen Gesellschafter, der auch Geschäftsführer war, errichtet worden. Der Sitz der Gesellschaft war in Wien. Laut Firmenbuchauszug lautete die Geschäftsanschrift und die Adresse des Gesellschafter-Geschäftsführers AGasse 11/50.
Gemäß § 5 Abs. 4 GmbHG (Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl 1906/58) muss der Gesellschaftsvertrag als Sitz einen im Inland gelegenen Ort bestimmen. Die genaue Adresse an einem bestimmten Ort (Geschäftsadresse) ist im Gesellschaftsvertrag nicht anzuführen, wohl aber in der Anmeldung zum Firmenbuch (siehe Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht, I.Band, 1/156).
Sowohl in der dem Gesellschaftsvertrag beiliegenden Gesellschafterliste, wie auch im Geschäftsführerverzeichnis und in der Musterzeichnungserklärung ist die Adresse des Gesellschafter-Geschäftsführers mit AGasse 11/50 angegeben.
Durch den Magistrat der Stadt Wien wurde im Gewerbeschein für diese GmbH als Standort ebenfalls die Adresse AGasse 11/50 angeführt.
Auch die "Spezialvollmacht" weist AGasse 11/50 als Adresse des Geschäftsführers aus.
Wesentlich ist im vorliegenden Fall nicht, ob die GmbH entstanden, sondern, ob an der angegeben Adresse ein Unternehmen betrieben worden ist.
Die GmbH hatte ihren Sitz in Wien und als Geschäftsanschrift die Adresse AGasse 11/50. Diese Adresse existiert nicht, da das Haus AGasse 11 lediglich Wohnungen bis Nr. 21 aufweist. Auch die Adresse des Geschäftsführers war im Firmenbuch mit AGasse 11/50 angeführt.
Hinzu kommt, dass der Geschäftsführer der GmbH zwar im Haus AGasse 11 in der Wohnung 11/2, wo er einen Nebenwohnsitz hatte, gemeldet war, ihm in dieser Wohnung eine Übernachtungsmöglichkeit, jedoch weder ein eigener Raum noch Schränke zur Verfügung standen. In dieser Wohnung waren auch keinerlei Geschäftsunterlagen aufbewahrt. Der Geschäftsführer kam mit einer Tasche, in der der Wohnungsinhaber keine Geschäftsunterlagen gesehen hatte und nahm diese auch wieder mit. An die GmbH gerichtete Schreiben wurden durch K an den Geschäftsführer weitergegeben.
Am Tag nach der Unterfertigung des Gesellschaftsvertrages hatte der Gesellschafter-Geschäftsführer seinen Neffen bevollmächtigt, für die GmbH Unterschriften zu leisten, soweit nicht gesetzlich ausdrücklich die Unterschrift des Geschäftsführers gefordert war. Dieser Neffe war am Firmenkonto zeichnungsberechtigt.
Aus den durch die Bw. vorgelegten Unterlagen geht hervor, dass dieser Neffe, der vom 25. Juni 2001 bis 12. Oktober 2001 bei der SGmbH beschäftigt war, die Verträge im Namen dieser Gesellschaft mit der Bw. und auch die strittigen Rechnungen an die Bw. unterfertigt hatte.
Die GmbH hatte in der AGasse 11/50 - somit an einer nicht existierenden Adresse - ihre Geschäftsanschrift. An einer nicht existierenden Adresse ist die Ausübung einer unternehmerischen Betätigung aber undenkbar. Wie aus dem Berufungsverfahren ersichtlich ist, wurde auch an der Adresse Wien, AGasse 11/2, der Adresse, an welcher der Geschäftsführer der GmbH einen Nebenwohnsitz hatte, eine Geschäftstätigkeit nicht ausgeübt. Wie bereits oben ausgeführt, stand ihm weder ein eigener Raum noch eigenes Mobiliar zur Verfügung. Da kein Mietvertrag bestand, hatte der Geschäftsführer der GmbH in der Wohnung AGasse 11/2 lediglich so lange eine Schlafmöglichkeit wie der Wohnungsinhaber es duldete. In der Sachverhaltsdarstellung vom 18. September 2002 wurde ausgeführt, dass der Wohnungsinhaber über Geschäftstätigkeiten der SGmbH keine Ahnung habe. Am 31. Mai 2005 gab der Wohnungsinhaber zur Niederschrift, Z habe 2 bis 3 mal monatlich kurz (einige Tage) bei ihm gewohnt. Geschäftsunterlagen habe der Wohnungsinhaber in der durch Z mitgebrachten Tasche nicht gesehen. Über die Geschäftsgebarung - Arbeit sei so weit gesprochen worden, dass Z dem Wohnungsinhaber mitgeteilt habe, die Gründung einer Rigipsausbau-Firma sei für Z zwecks Visum notwendig. Über die Anzahl der in der Firma tätigen Personen sei nicht gesprochen worden. Es ist daher zu erkennen, dass in der Wohnung Nummer 2 der AGasse 11 eine Geschäftstätigkeit nicht entfaltet wurde.
Auch die Vergabe einer Steuernummer an die SGmbH durch das für diese Adresse zuständige Wiener Finanzamt ist nicht zum Nachweis eines tatsächlich an der Adresse AGasse 11 betriebenen Unternehmens geeignet. Aus dem Abgabenakt dieser GmbH sind Ermittlungen darüber, ob das Unternehmen tatsächlich an dieser Adresse betrieben wird, nicht ersichtlich. Das Finanzamt hat sich offenbar mit der Aussage des Geschäftsführers (und dessen Neffen), die GmbH sei in der AGasse 11/2 Wien - der Meldeadresse des Geschäftsführers - ansässig, zufrieden gegeben, ohne weiter zu überprüfen, ob diese Angaben auch den Tatsachen entsprechen und eine Geschäftstätigkeit an dieser Adresse ausgeübt wird.
Dem Geschäftsführer der SGmbH war offenbar bewusst, dass die Adresse der Gesellschaft im Firmenbuch nicht den Tatsachen entsprochen hat. Er hat es dennoch verabsäumt, die Adresse im Firmenbuch richtig zu stellen, bzw. dem Magistrat Wien eine Standortverlegung mitzuteilen.
Dem Wunsch der Bw., ihr möge der Passus genannt werden, wonach es Vorschrift sei, Firmentafeln, Büro oder Geschäftslokale an der Geschäftsadresse zu finden, kann lediglich hinsichtlich der Firmentafel entsprochen werden. § 63 der Gewerbeordnung 1994, BGBl.194/1994 (kurz GewO 1994) verpflichtet Gewerbetreibende zur äußeren Bezeichnung der Betriebsstätten. Die Missachtung dieser Bestimmung stellt eine Verwaltungsübertretung gemäß § 368 der GewO 1994 dar.
Ob eine Firmentafel an einer bestimmten Adresse vorhanden ist oder nicht, ist nicht entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob ein Unternehmen an dieser Adresse betrieben wird, stellt aber im vorliegenden Fall ein Indiz dar, das gemeinsam mit den übrigen Ergebnissen des Verfahrens dazu beiträgt, eine Geschäftstätigkeit an der angegebenen Adresse nicht anzunehmen.
Wie der VwGH im Erkenntnis vom 10.8.2005, Zl.2005/13/0059, unter Hinweis auf Ruppe, UStG 1994, 2.Auflage, § 11 Tz 60 ausführte, ist es für die Frage der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzung des § 11 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ohne Bedeutung, ob die auf den Rechnungen angeführte Anschrift des leistenden Unternehmens mit jener übereinstimmt, unter welcher er seine Firma eintragen ließ. Die Eintragung der Geschäftsanschrift im Firmenbuch geht auch im vorliegenden Fall -wie offenbar in jenem Erkenntnis-auf eine unüberprüfte Behauptung des Eintragungswerbers zurück, anderenfalls wäre die Eintragung einer nicht existierenden Geschäftsanschrift undenkbar.
Die Ausführungen der Bw., es sei seit Jahrzehnten Usus, eine Firma auf die Wohnadresse des Geschäftsführers anzumelden, mögen durchaus richtig sein. Es kommt jedoch darauf an, ob ein Geschäftsführer an einer Adresse tatsächlich wohnt und dort auch eine Geschäftstätigkeit entfaltet oder ob er an dieser Adresse lediglich zeitweise mit Zustimmung des Wohnungseigentümers schläft und keinerlei Indizien für eine an dieser Adresse ausgeübte unternehmerische Tätigkeit sprechen.
Es ist zwar davon auszugehen, dass die SGmbH tatsächlich über einen Ort verfügt hat, welcher der Führung ihres Geschäftsbetriebes diente, dieser Ort befand sich jedoch nicht an der in den Rechnungen angeführten Adresse.
Die strittigen Rechnungen erfüllen daher die durch § 11 UStG 1994 geforderten Voraussetzungen nicht. Für das Abgabenverfahren ist es unerheblich, ob die Bw., welche Vorsteuern geltend gemacht hat, ein Verschulden an der Unkenntnis trifft, dass an der in der Rechnung angeführten Adresse eine Geschäftstätigkeit nicht ausgeübt wird. Entscheidungserheblich ist - wie bereits oben ausgeführt -, dass die Rechnung legende Gesellschaft an der in den Rechnungen angeführten Adresse nicht tätig war.
Zum Einwand der Bw., am 16. Mai 2002 sei eine Unterweisung an drei Personen (die die Bw. offenbar der SGmbH zurechnete) erfolgt, ist festzustellen, dass weder die Leistungserbringung durch die SGmbH an die Bw., noch die Bezahlung dieser Leistungen strittig ist. Erwähnenswert, wenn auch keineswegs entscheidungswesentlich ist der Umstand, dass im Zeitpunkt der durchgeführten Unterweisung zwei der drei durch die Bw. unterwiesenen Personen nicht als Arbeitnehmer der SGmbH angemeldet waren.
Bleibt der Leistungserbringer für den Abgabepflichtigen greifbar, lassen sich in der Rechnungslegung unterlaufene Fehler im Innenverhältnis zwischen den Vertragspartnern beheben. Die Ungreifbarkeit eines Leistungserbringers ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (VwGH vom 28.5.1997, 94/13/0230).
Da die Bw. in den Voranmeldungszeiträumen 12/2001 und 4/2002 Vorsteuern aus Rechnungen der SGmbH lediglich in der oben bezeichneten Höhe, im Voranmeldungszeitraum 7/2002 aus Rechnungen der SGmbH keine Vorsteuern geltend gemacht hatte, war wie im Spruch zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Graz, am 29. November 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte: | Anschrift des leistenden Unternehmers, Rechnung |
Verweise: |