UFS RV/0321-I/05

UFSRV/0321-I/0521.12.2005

Zusätzliche Werbungskosten zum höchsten Pendlerpauschale für Familienheimfahrten bei einer Wegstrecke von über 120 km

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Berufsschullehrer, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom 5. April 2005 betreffend Einkommensteuer 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:

Einkommen: 37.412,44 Euro

Einkommensteuer (Gutschrift) nach Abzug der Absetzbeträge und der anrechenbaren Lohnsteuer: -354,03 Euro

Entscheidungsgründe

Der Abgabepflichtige wird aufgrund von gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuer veranlagt. Hauptberuflich ist der Abgabepflichtige als L. tätig. In der für das Jahr 2003 eingereichten Einkommensteuererklärung, die mit Bescheid vom 17.6.2004 erklärungsgemäß veranlagt wurde, hatte der Abgabepflichtige eine Eintragung übersehen, was dazu führte, dass die außergewöhnlichen Belastung für die auswärtige Berufsausbildung seines Sohnes nicht gewährt wurde. Mit Schreiben vom 9.8.2004 holte er diese Eintragung mit dem Ersuchen um Neuberechnung der Einkommensteuer nach.

Das Finanzamt teilte dem Pflichtigen daraufhin mit, dass "im Zuge der Neuaufrollung der Einkommensteuerveranlagung 2003" die als Werbungskosten geltend gemachten Familienheimfahrten in Höhe von 4.176 € nicht anerkannt werden könnten, da diese mit dem erhöhten Pendlerpauschale, welches bereits durch seinen Arbeitgeber berücksichtigt worden sei, abgegolten wären.

Mit Schreiben vom 29.10.2004 berief sich der Pflichtige auf RZ 352 der Lohnsteuerrichtlinien 2002, wonach seiner Ansicht nach ab 120 km anfallende Mehrkosten - beschränkt mit 2.100 € - neben dem Pendlerpauschale geltend gemacht werden könnten. Das ergebe bei der 292 km langen Wegstrecke R.L.-retour 2.476,80 € (172 km x 0,36 x 40 Wochen), sodass die irrtümlich mit 4.176 € geltend gemachten Heimfahrten auf 2.100 € zu kürzen wären.

Auf einen weiteren Vorhalt des Finanzamtes teilte der Pflichtige mit, dass er an der Berufsschule in XX an 5 Tagen in der Woche zwischen 4 und 10 Stunden unterrichtet. Drei Mal wöchentlich sowie am Wochenende fährt er zum Familienwohnsitz zurück. Bei Bedarf - somit einmal pro Woche - übernachtet er in der Berufsschule gegen einen Kostenbeitrag von 2,20 €. Da der Unterricht vorwiegend um 7 Uhr 15 beginnt, kann er kein öffentliches Verkehrsmittel benutzen, zumal dadurch die einfache Wegstrecke mit Wartezeit 4 Stunden beträgt.

Am 5.4.2005 hob das Finanzamt gemäß § 299 BAO den Einkommensteuerbescheid vom 17.6.2004 auf und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid, in welchem unter Hinweis auf § 20 Abs. 1 Z 2 lit e EStG 1988 idF nach Strukturanpassungsgesetztes 1996 zusätzliche Werbungskosten für Fahrten zwischen dem Wohnort und Arbeitsort neben dem bereits gewährten höchstzulässigen Pendlerpauschale nicht anerkannt wurden. An Nächtigungskosten am Beschäftigungsort wurden 88 Euro (2,20 x 40 Wochen) anerkannt.

In der gegen den Einkommensteuerbescheid vom 5.4.2005 fristgerecht erhobenen Berufung wendet der Bw. neuerlich unter Hinweise auf RZ 352 der LStR zu § 16 EStG ein, dass ab dem 121. km die tatsächlichen Fahrtkosten neben dem Pendlerpauschale geltend gemacht werden könnten. Die Nächtigungskosten seien mit jeweils 2,20 € absetzbar. Die unter dem Titel Familienheimfahrten geltend gemachten Werbungskosten bezifferte der Bw. wie folgt:

Familienheimfahrten Gesamtkilometer

292 km

 

davon nicht absetzbar

240 km

 

Rest absetzbar

52 km

 

25 km x 3/Woche x 40 Wochen = 6.240 km x 0,356

 

2.221,44

Nächtigungskosten 2,20 x 40 Wochen

 

88,00

Werbungskosten doppelte Haushaltsführung

 

2.309,44

Die Kosten für Familienheimfahrten seien somit insgesamt nicht höher als die Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung und dem Pendlerpauschale, da die Kosten der Anmietung einer Zweitwohnung sicherlich mehr als 367€ (?) betragen würden.

Mit teilweise stattgebender Berufungsvorentscheidung vom 23.5.2005 anerkannte das Finanzamt schließlich zusätzliche Kosten für Familienheimfahrten in Höhe von 740,48 € (52 km x 40 x 0,356) mit der Begründung, dass unter der Annahme, dass eine vorübergehende doppelte Haushaltsführung vorliege, ein verheirateter Dienstnehmer nur eine wöchentliche Familienheimfahrt geltend machen könne.

Daraufhin stellte der Bw. den Vorlageantrag und beantrage die Anerkennung der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von 2.309,44 €. Begründend führte er aus, dass es sich nicht um eine vorübergehende, sondern um eine auf Dauer angelegte doppelte Haushaltsführung handle. In Bezug auf das Familieneinkommen seien die Jahreseinnahmen von durchschnittlich 5.000 € (Anm.: aus der Vermietung am Familienwohnsitz) sehr wohl von wirtschaftlicher Bedeutung. Daher sei die überwiegende Rückkehr zum Familienwohnsitz von drei Mal wöchentlich zur Sicherung der Einnahmen erforderlich.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte Werbungskosten. Gemäß lit a - c leg.cit. sind diese Ausgaben pauschaliert. Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann wird bei einer einfachen Wegstrecke von über 60 km ein Pauschbetrag von 2.100 € jährlich berücksichtigt. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und den Pauschbeträgen sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Dem Berufungswerber steht aufgrund des unstrittigen Sachverhaltes das höchste Pendlerpauschale von 2.100 € zu, welches aufgrund der Erklärung zur Berücksichtigung des Pendler-Pauschales (Formular L 34) vom 11.1.1989 bereits seitens des Arbeitgebers bei den nicht selbständigen Einkünften berücksichtigt wurde.

Aus den Lohnsteuerrichtlinien vermeint der Berufungswerber abzuleiten, dass ihm aufgrund der langen Wegstrecke, die eigentlich unzumutbar für eine tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz wäre, zusätzliche Werbungskosten für Familienheimfahrten zustehen würden. "Kehrt der Steuerpflichtige ungeachtet der weiten Entfernung dennoch überwiegend zum Familienwohnsitz zurück, sind aber dem Grunde nach die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben, so steht das Pendlerpauschale für Wegstrecken über 60 km zu. Daneben können für die Wegstrecke, die über 120 km hinausgeht, die tatsächlichen Fahrtkosten geltend gemacht werden. Allfällige Nächtigungskosten für jene Tage, an denen der Dienstnehmer nicht an seinen Familienwohnsitz zurückkehrt, sind gesondert absetzbar. Insgesamt dürfen die genannten Aufwendungen (Pendlerpauschale, tatsächliche Fahrtkosten ab 120 km, gelegentliche Nächtigungskosten) aber nicht höher sein als die Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung und die mit dem Pendlerpauschale begrenzten Familienheimfahrten."

Abgesehen davon, dass die Lohnsteuerrichtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den UFS beachtliche Rechtsquelle darstellen und ein Erlass keine Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen begründen kann (vgl. VwGH 28.1.2003, 2002/14/0139), interpretiert der Bw. und ihm folgend in seiner teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung auch das Finanzamt diese Erlassregelung offensichtlich falsch.

Gemäß § 20 Abs.1 Z 2 lit. e EStG in der für das Berufungsjahr geltenden Fassung dürfen nämlich bei den einzelnen Einkünften Kosten für Familienheimfahrten, soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Tätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Z 6 lit.c EStG angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden. Der Gesetzgeber begrenzt somit die anzuerkennenden Kosten für Familienheimfahrten ausdrücklich mit dem höchsten Pendlerpauschbetrag von 2.100 €.

Durch eine Erlassregelung wie die Lohnsteuerrichtlinien kann keinesfalls die gesetzliche Regelung erweitert werden. Die Erlassinterpretation des Bw. würde dazu führen, dass ab einer (unzumutbaren) Wegstrecke von 120 km der Pauschbetrag nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG quasi bis zum doppelten Betrag anzuheben wäre bzw. sich auch der in § 20 Abs.1 Z 2 lit. e normierte Betrag quasi verdoppeln würde. Dies hat auch das Finanzamt ansatzweise richtig erkannt und in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt: "Würde man Ihre Berechnung von 3x wöchentlich 52 km ansetzen, käme das einem "Anheben" des bereits berücksichtigten Pendlerpauschales gleich." Dennoch hat das Finanzamt unrichtigerweise eine zusätzliche Familienheimfahrt wöchentlich gewährt und damit das bereits berücksichtigte Pendlerpauschale tatsächlich "angehoben".

Richtigerweise kann diese Erlassregelung nur so verstanden werden, dass zusätzliche Fahrtkosten, soweit sie im höchsten Pauschalbetrag noch Deckung finden(dies wäre z.B. der Fall, wenn vom Arbeitgeber wegen Zumutbarkeit der Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels nur der "kleine" Pauschbetrag nach lit b von 1.152 € gewährt worden wäre) sowie gelegentliche Nächtigungskosten (höchstens aber die Kosten einer zweckentsprechenden Zweitwohnung) geltend gemacht werden können. Jede andere Auslegung würde eine Bevorzugung gegenüber jenen Steuerpflichtigen darstellen, die bei doppelter Haushaltsführung kein Pendlerpauschale beziehen (weil sie die Fahrtstrecke zwischen Arbeitsstätte und Familienwohnsitz nicht überwiegend zurücklegen) und ebenfalls für Familienheimfahrten nur 2.100 € an Werbungskosten gelten machen können. Auch ein Umlegen einer im Vergleich zu der günstigen Nächtigungsmöglichkeit höheren fiktiven Miete auf die Fahrtkosten - wie vom Bw. angedacht - findet im Gesetz keine Deckung.

Aufgrund der eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 16,20 EStG stehen somit neben dem höchsten Pendlerpauschale keine Werbungskosten für Familienheimfahrten zu. Dadurch erübrigt sich auch eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob im Falle des Bw. die Voraussetzungen für eine dauerhafte doppelte Haushaltsführung überhaupt vorliegen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am 21. Dezember 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Pendlerpauschale, Familienheimfahrten

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