UFS RV/1699-W/05

UFSRV/1699-W/052.12.2005

1. nachträglicher Wegfall des Verlustabzuges als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO2. Zustellung bei atypisch stiller Gesellschaft nach ihrer Beendigung3. Verjährungsbeginn im Falle eines bescheidauslösenden Ereignisses für einen Bescheid gemäß §295a BAO

 

Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0085 eingebracht. Mit Erk. v. 25.6.2008 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., vom 18. Jänner 2005 und vom 3. August 2005 gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling vom 22. Dezember 2004 (Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO) und vom 27. Juni 2005 (Änderung gemäß § 295 a BAO) betreffend Einkommensteuer für die Jahre 1996 und 1998 beschlossen und entschieden:

1. Die Berufung gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 wird als verspätet und unzulässig zurückgewiesen.

2. Die Berufung gegen den gemäß § 295a BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

ad 1.) Mit Berufungsschreiben vom 18. 1. 2005, das jedoch erst am 5. 8. 2005 beim Finanzamt einlangte (Vermerk am Eingangsstempel: Einwurfkasten), wendet sich der Bw. gegen den am 29. 12. 2004 zugestellten, gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996, in dem ein Veräußerungsgewinn gemäß § 24 Abs. 2, 3. Satz, EStG 1988, resultierend aus der Nichtauffüllung eines negativen Kapitalkontos nach Beendigung einer atypischen stillen Beteiligung, angesetzt wurde. Zwischenzeitig erging eine Berufungsentscheidung (RV/0802 - W/02 vom 10. 6. 2005), in der über die Einkommensteuer für das Jahr 1996 abgesprochen wurde. Der dem Bw. zugewiesene Veräußerungsgewinn wurde in die Einkommensteuerbemessungsgrundlage integriert.

Dem Bw. wurde mit Vorhalt vom 10. 10. 2005 zur Kenntnis gebracht, dass das Berufungsschreiben beim Finanzamt verspätet eingelangt sei und wegen der zwischenzeitig erlassenen Berufungsentscheidung gemäß § 291 BAO ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr zulässig gewesen sei. Dies habe zur Folge, dass die Berufung als verspätet und unzulässig zurückzuweisen sei.

ad 2.) Mit dem gemäß § 295 a BAO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 wurden Verlustabzüge, die auf dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 basierten, eliminiert, da durch den am 22. Dezember 2004 erlassenen, gemäß § 295 Abs. 1 EStG 1988 abgeänderten Einkommensteuerbescheid bzw. durch die Berufungsentscheidung für das Jahr 1996 die Voraussetzungen hiefür weggefallen sind.

Vom Bw. wurde vorgebracht, dass der Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung seiner Einkünfte für das Jahr 1996 aus der (ehemaligen) stillen Beteiligung nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und somit nicht in Rechtskraft erwachsen sei.

Die Zustellung des Bescheides an den Bw. sei wie folgt durchgeführt worden:

Herrn Bw. als ehemaliger still Beteiligter der ehemaligen B..

Der Bw. sei nun keinesfalls Zustellbevollmächtigter der Gesellschaft, da er nur bis zur Beendigung durch Eröffnung des Konkursverfahrens atypisch stiller Gesellschafter und Zustellungsbevollmächtigter jener Gesellschaft gewesen sei. Dieser Bescheid habe für ihn keine Wirkung gehabt, da dieser nach dem Willen der Behörde für eine andere Person bestimmt gewesen sei. Er sei nicht ordnungsgemäß zugestellt wordenund könne daher nicht in Rechtskraft erwachsen.

Weiters wurde Verjährung eingewendet, da das Recht zur Festsetzung von Abgaben für das Jahr 1996 mit Ablauf des Jahres 2001 erloschen sei.

Hinsichtlich des gemäß § 295a BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1998 wurde ebenfalls Verjährung eingewendet, da diese mit Ablauf des Jahres 2003 eingetreten sei.

Bei Außerachtlassung des Veräußerungsgewinnes aus der ehemaligen stillen Beteiligung ergäbe sich unter Bedachtnahme auf die Berufungsentscheidung des UFS (s. o.) ein Verlust, somit auch der Wegfall der Grundlage für die Bescheidänderung nach § 295a BAO.

Mit Vorhalt vom 10. 10. 2005 wurde dem Bw. auch zu diesem Punkt die Sach - und Rechtslage nach ho. Sicht zur allfälligen Stellungnahme klargelegt.

Hinsichtlich des Verjährungseinwandes wurde dem Bw. zur Kenntnis gebracht, dass wegen des anhängigen Rechtsmittels Verjährung hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 1996 noch nicht eingetreten sei und hinsichtlich Einkommensteuer für das Jahr 1998 die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 BAO idgF. von sieben Jahren nicht überschritten wurde.

Zu dieser Verjährungsfrist wurde ausgeführt.

"Der Verjährungseinwand trifft nach ho. Ansicht nicht zu, da ihr vorsätzliche Abgabenverkürzung (Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG) entgegensteht. Dies ist aus Folgendem ableitbar:

Gemäß § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 ist im Falle des Ausscheiden des Mitunternehmers als Veräußerungsgewinn der Betrag des negativen Kapitalkontos zu erfassen, das nicht mehr aufgefüllt werden muss. Aus Ihrer Qualifizierung als Wirtschaftstreuhänder ist abzuleiten, dass Sie vorsätzlich die Offenlegung des infolge Beendigung des Beteiligungsverhältnisses eingetretenen Nachversteuerungstatbestandes unterließen. Sie akzeptierten für das Jahr 1995 vielmehr eine (infolge verfehlter Adressatenbezeichnung tatsächlich nicht wirksame) unrichtige Einkünftezuteilung mit S 0, obwohl Sie einen anteiligen Verlust aus dieser Beteiligung erklärt hatten, was eine Abgabennachforderung von S 387.000 zur Folge hatte. Dies erscheint nur dadurch erklärbar, dass Sie infolge der weiteren ebenfalls unrichtigen Tangente für das Jahr 1996 mit S 0 sich die Versteuerung des Veräußerungsgewinnes und die Nachversteuerung des für 1998 zu Unrecht in Anspruch genommenen Verlustabzuges "ersparten".

Innerhalb der im Vorhalt eingeräumten Frist von vier Wochen nach Zustellung erfolgte keine Stellungnahme des Bw.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Erwägungen, die zur Zurückweisung der Berufung gegen den gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996 führten:

Durch Nichteinreichung der Berufung innerhalb der im § 245 Abs. 1, 1. Satz BAO normierten Monatsfrist nach Zustellung (§ 97 Abs. 1 lit a leg. cit.) erlangte der am 29. 12. 2004 zugestellte Bescheid Rechtskraft. Die Berufung war daher als verspätet zurückzuweisen.

Da die Berufung erst nach Zustellung der Berufungsentscheidung vom 10. 6. 2005 (15. 6. 2005) beim Finanzamt eingereicht wurde, war sie überdies auch gemäß § 291 Abs. 1 BAO als unzulässig zu werten.

2. Erwägungen, die zur Abweisung der Berufung gegen den gemäß § 295a BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1998 führten:

Ein Zustellungsmangel, wie er vom Bw. behauptet wird, konnte hinsichtlich des Bescheides über die Erfassung des Veräußerungsgewinnes aus der ehemaligen stillen Beteiligung nicht festgestellt werden. Denn es wurde nicht, wie vom Bw. als Annahme dargestellt wurde, eine Bescheidausfertigung an die (ehemalige) Personengesellschaft beabsichtigt bzw. durchgeführt und trotz Erlöschens der Zustellvollmacht infolge Konkurseröffnung ihm noch zugestellt. Es erfolgte vielmehr die Zustellung einer Bescheidausfertigung an ihn direkt, da wegen Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses durch Konkurseröffnung die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO nicht mehr rechtswirksam war (vgl. Ritz, BAO3, § 101 Tz. 7ff). Es wurde jedem der ehemaligen Gesellschafter, so auch dem Bw., eine Bescheidausfertigung übermittelt, die - wie vom Bw. zitiert - den Adressaten in unbedenklicher Form ausgewiesen hat. Denn der Bw. wurde als ehemaliger still beteiligter Gesellschafter an der ehemaligen atypischen Gesellschaft "B. " bezeichnet.

Auch dem Verjährungseinwand kommt keine Bedeutung zu. Nicht nur, dass durch die Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1998 gemäß § 295a BAO der Verjährungsbeginn gemäß § 208 Abs. 1 lit e BAO erst mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis (bescheidmäßig erfasster Wegfall der Verlustabzugsberechtigung infolge Nacherfassung des Veräußerungsgewinnes durch den gemäß § 295 Abs. 1 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1996) eingetreten ist, somit erst mit Ablauf des Jahres 2004, wirksam wurde, lag nach ho. unwidersprochener Auffassung vorsätzliche Abgabenverkürzung vor, womit die Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2, 2. Satz BA0 nicht fünf, sondern sieben Jahre beträgt, daher auch unter diesem Aspekt durch die Bescheiderlassung im Jahre 2005 Verjährung ebenfalls nicht eintrat.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 2. Dezember 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 zweiter Satz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

rückwirkendes Ereignis, Wegfall der Voraussetzungen für den Verlustabzug, Zustellfiktion, beendete atypisch stille Gesellschaft, Verjährung, Abgabenanspruch, Abgabenhinterziehung

Verweise:

Ritz, BAO-Kommentar, 3. Auflage, § 101 Tz 7 ff

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