UFS RV/1608-W/05

UFSRV/1608-W/0514.9.2005

Zulässigkeit eines Vorlageantrages

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Stb-Ges, vom 31. Jänner 2005 gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom 30. November 2004, mit dem die Zurückweisung des Vorlageantrages vom 20. September 2004 betreffend Berufungsvorentscheidung über die Einkünftefeststellung 2002 ausgesprochen wurde, entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der Zurückweisungsbescheid vom 30. November 2004 wird ersatzlos aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die berufungswerbende Kommanditgesellschaft (Berufungswerberin, Bw) übermittelte mit Schreiben vom 2. Juni 2004 (Gewinnfeststellungsakt = F-Akt, Bl 11/2002; Eingangsstempel 3. Juni 2004) folgende Steuererklärungen für das Jahr 2002 an das Finanzamt:

Das Finanzamt erließ einen - mit einigen Abweichungen im Cent-Bereich bei der Verteilung auf die Beteiligten - erklärungsgemäßen, mit 8. Juli 2004 datierten Bescheid zur Feststellung der im Kalenderjahr 2002 erzielten Einkünfte gemäß § 188 BAO (F-Akt Bl 29f/2002).

Mit Schreiben vom 11. August 2004 (=Postaufgabe; F-Akt Bl 31f) wurde Berufung gegen den Einkünftefeststellungsbescheid 2002 vom 8. Juli 2004, eingelangt am 12. Juli 2004, erhoben und die Einkünftefeststellung laut beigelegter berichtigter Einkünfteerklärung aufgrund der korrigierten Mehr-Weniger-Rechnung begehrt.

Das Finanzamt erließ eine - mit einigen Abweichungen im Cent-Bereich bei der Verteilung auf die Beteiligten - den berichtigten Formularen E6, E106 und E107 entsprechende, mit 19. August 2004 datierte Berufungsvorentscheidung zur Feststellung der im Kalenderjahr 2002 erzielten Einkünfte gemäß § 188 BAO (F-Akt Bl 48f/2002).

Mit Schreiben vom 20. September 2004 (=Postaufgabe, F-Akt Bl 50ff/2002) wurde ein Vorlageantrag hinsichtlich der Berufungsvorentscheidung vom 19. August 2004, eingelangt am 25. August 2004, erhoben und ergänzend zur ursprünglich eingebrachten Berufung die Berücksichtigung der in der Anlage beigelegten Prämienanträge zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie sowie der Prämie für katastrophenbedingte Ersatzbeschaffungen für das Kalenderjahr 2002 begehrt.

Das Finanzamt wies diesen Vorlageantrag mit Bescheid vom 30. November 2004 wegen Unzulässigkeit zurück (F-Akt Bl 81ff/2002), weil über die strittigen Prämien nicht im Einkünftefeststellungsverfahren gemäß § 188 BAO abgesprochen werde und daraus keine Änderung des Spruches des Einkünftefeststellungsbescheides resultieren könne.

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 (Eingangsstempel 31. Dezember 2004; F-Akt Bl 84f/2002) suchte die Bw um Verlängerung der Berufungsfrist u.a. hinsichtlich des Zurückweisungsbescheides vom 1. Dezember 2004 betreffend Berufungsvorentscheidung über die Einkünftefeststellung (gemeint sein kann nur: vom 30. November 2004, betreffend Vorlageantrag) bis zum 31. Jänner 2005 an. Da keine bescheidmäßige Verlängerung der Berufungsfrist aktenkundig ist, ist die Wirkung der Verlängerung der Berufungsfrist bis zum 31. Jänner 2005 durch Hemmung gemäß § 245 Abs 3 und 4 BAO eingetreten.

Mit Schreiben vom 31. Jänner 2005 (=Postaufgabe) wurde Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom 30. November 2004 zum Vorlageantrag vom 20. September 2004 mit dem Begehren nach dessen ersatzloser Aufhebung erhoben (F-Akt Bl 87ff/2002). Das EStG 1988 träfe zwar zum Charakter der strittigen Prämien zweifelhafte Aussagen, wonach die Prämien als Abgaben vom Einkommen iSv BAO und AVOG gälten. Es sei aber nicht gut vorstellbar, dass eine Einkommensteuer ("Abgabe vom Einkommen") iSd BAO nicht zugleich auch eine Einkommensteuer iSd EStG 1988 sei. Nach Auslegung der Bw müsse über den Prämienanspruch aber sehr wohl bereits im Veranlagungs- bzw Einkünftefeststellungsverfahren entschieden. Solange diese Rechtsfrage noch nicht durch höchstrichterliche Rsp geklärt sei, müsse man aus Vorsichtsgründen auch den Zurückweisungsbescheid bekämpfen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Mit der rechtzeitigen Einbringung des Vorlageantrag vom 20. September 2004 galt die Berufung vom 11. August 2004 gegen den Einkünftefeststellungsbescheid vom 8. Juli 2004 für das Jahr 2002 gemäß § 276 Abs 3 BAO wiederum als unerledigt. Ein Antrag zur Abänderung des Spruches des Einkünftefeststellungsbescheides vom 8. Juli 2004 bestand somit darin, diesen im Sinne der Berufungsschrift und der diesem Begehren - mit Rundungsdifferenzen - entsprechenden Berufungvorentscheidung vom 19. August 2004 abzuändern. Dem steht die Berufungsvorentscheidung vom 19. August 2004 aus folgenden Gründen nicht entgegen: § 276 Abs 3 BAO lässt zwar die "Wirksamkeit" der Berufungsvorentscheidung durch die rechtzeitige Einbringung des Vorlangeantrages unberührt. Unter dieser Wirksamkeit ist der Abspruch über materiellrechtliche Rechte und Pflichten des Berufungswerbers zu verstehen, also insb über die Abgabenhöhe (Zahllast, Gutschrift), die festgesetzten Einkünfte und deren Verteilung etc. Hingegen reicht diese "Wirksamkeit" der Berufungsvorentscheidung nicht so weit, dass damit über die Position des Berufungswerbers im Berufungsverfahren entschieden würde, denn dem stünde die ebenfalls ausdrückliche Anordnung in § 276 Abs 3 BAO entgegen, wonach die Berufung von der rechtzeitigen Einbringung des Vorlageantrages an wiederum als unerledigt gilt. Innerhalb des - wiederum offenen - Berufungsverfahrens ist nur die beantragte Abänderung des angefochtenen Bescheides von Belang, während die Abänderung des Spruches der Berufungsvorentscheidung nicht zur Debatte steht. Die Berufungsvorentscheidung behält zwar, da sie nicht rückwirkend ungeschehen gemacht wird, ihre Wirkungen als Vorhalt und auf die Verjährung; die Parteien bzw die Berufungsbehörde können zwar in Schriftsätzen bzw in der Berufungsentscheidung auf die Berufungsvorentscheidung Bezug nehmen; stets ist es jedoch die Berufung gegen den angefochtenen Bescheid, über die die Berufungsbehörde entscheidet (vgl § 276 Abs 2 Satz 1 BAO). Dementsprechend werden an den Vorlageantrag auch keine besonderen inhaltlichen Ansprüche gestellt (vgl Ritz, BAO-Komm2, § 276 Tz 14; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 276 Anm 15) und § 276 Abs 4 verweist nicht auf §§ 250 und 275 BAO. In dem durch den Vorlageantrag wiederum offenen Berufungsverfahren werden nur an die Anfechtung des ursprünglichen Bescheides die inhaltlichen Anforderungen gemäß § 250 Abs 1 BAO gestellt.

Da der Vorlageantrag vom 20. September 2004 zulässig gewesen ist, ist der den Vorlageantrag zurückweisende Bescheid vom 30. November 2004 stattgebend ersatzlos aufzuheben.

Dadurch erlangt der Vorlageantrag vom 20. September 2004 wieder seine volle Wirksamkeit und die Berufung vom 11. August 2004 gegen den Einkünftefeststellungsbescheid 2002 gilt gemäß § 276 Abs 3 BAO wiederum als unerledigt und wurde ha. mit der GZ. RV/1611-W/05 versehen. Im Vorlageantrag vom 20. September 2004 wurden eine mündliche Verhandlung sowie die Entscheidung über die Berufung (vom 11. August 2004) durch den gesamten Berufungssenat beantragt. Ebensolche Anträge wurden in den Berufungsschriften vom 31. Jänner 2005 hinsichtlich der Berufungen gegen die Bescheide vom 1. Dezember 2004 über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie und der katastrophenbedingten Ersatzbeschaffungssonderprämie gestellt, welche ha. unter GZ. RV/849-W/05 protokolliert worden sind.

Über die o.a. Berufungen mit Zuständigkeit des Gesamtsenates und beantragter mündlicher Verhandlung konnte in der vorliegenden Berufungsentscheidung, die gemäß § 282 Abs 1 BAO dem Referenten namens des Senates obliegt, noch nicht abgesprochen werden.

Ergeht auch an Finanzamt Waldviertel zu St.Nr. X

Wien, am 14. September 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 276 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 276 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

inhaltliche Anforderungen

Stichworte