UFS RV/1178-W/04

UFSRV/1178-W/048.9.2005

Entgeltliche Erbsentschlagung zu Gunsten unterliegt zur Gänze der Grunderwerbsteuer

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn E.B., J., vertreten durch Herrn D.B., gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom 11. März 2004 betreffend Grunderwerbsteuer (Erwerbe von 1. Herrn J.B., 2. Frau B.H., 3. Frau M.H. und 4. Frau A.J.) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Frau R.B. ist am 21. Oktober 2002 verstorben. Auf Grund des Gesetzes waren die Kinder Herr E.B., der Berufungswerber, Herr J.B., Frau B.H. , Frau M.H. und Frau A.J. zu je einem Sechstel und die Enkelkinder K.E. und N.E. zu je einem Zwölftel als Erben berufen. Vor Abgabe der Erbserklärung verzichteten Herr J.B., Frau B.H., Frau A.J. und Frau M.H. zu Gunsten des Berufungswerbers auf ihr Erbrecht. In der Folge wurden vom Berufungswerber und den beiden Enkelkindern bedingte Erbserklärungen abgegeben. Das Abhandlungsgericht legte diese Erbsentschlagungen sowie die abgegebenen Erbserklärungen der Einantwortung des Nachlasses zu Grunde. Mit Einantwortungsurkunde vom 20. August 2003 wurde der Nachlass dem Berufungswerber zu fünf Sechsteln und den beiden Enkelkindern zu je einem Zwölftel eingeantwortet.

Mit den vier Bescheiden je vom 11. März 2004 wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien für die Erbsentschlagungen des Herrn J.B., der Frau B.H., der Frau M.H. und der Frau A.J. zu Gunsten des Berufungswerbers diesem eine Grunderwerbsteuer in der Höhe von jeweils € 159,52 vorgeschrieben. Die Gegenleistung wurde mit den anteilig übernommenen Passiven und Verfahrenskosten ermittelt.

In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde vorgebracht, dass nach Ansicht des Berufungswerbers die zu seinen Gunsten erfolgten Entschlagungen nur insoweit zu versteuern seien, als er auf Grund dieser qualifizierten Entschlagungen zu einer höheren Quote zum Erben berufen ist, als dies schon auf Grund von schlichten Entschlagungen der Fall gewesen wäre. Bei schlichten Erbsentschlagungen wäre der Berufungswerber zur Hälfte erbberechtigt gewesen, durch die qualifizierten Entschlagungen habe sich seine Quote auf fünf Sechstel, also um ein Drittel erhöht. Der Berufungswerber sei nicht um jeweils ein Sechstel, sondern nur um jeweils ein Zwölftel bereichert worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Durch die Erbsentschlagungen zu Gunsten des Berufungswerbers und durch die ausdrückliche Annahme durch ihn hat er - neben seiner gesetzlichen Quote von einem Sechstel - den Anspruch auf weitere vier Sechstel Erbteile erworben. Der Titel hiefür ist die qualifizierte Erbsentschlagung und da diese zum Teil entgeltlich erfolgte, ist von den anteilig übernommenen Passiven und Verfahrenskosten die Grunderwerbsteuer zu entrichten.

Eine qualifizierte Erbausschlagung ist die Erklärung des Erben, auf die Erbschaft zu Gunsten einer bestimmten Person zu verzichten und führt beim Ausschlagenden zu einem steuerpflichtigen Erwerb durch Erbanfall im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG. Dabei zeigt schon die Möglichkeit, die Erbschaft oder einen Teil derselben vor Abgabe der Erbserklärung entgeltlich (Erbschaftskauf) oder unentgeltlich (Erbschaftsschenkung) veräußern zu können, eindeutig, dass der Erbe bereits durch Erbanfall bzw. mit dem Tode des Erblassers durch den Erwerb seines Erbrechtes von Todes wegen bereichert sein muss. Daraus folgt, dass die qualifizierte Ausschlagung im Verhältnis zum Begünstigten den Tatbestand nach § 1 GrEStG erfüllt.

Unbestritten ist, dass ein teilweise entgeltlicher Erwerb vorliegt. Strittig ist nur, in welcher Höhe die Grunderwerbsteuer vorzuschreiben ist.

Die so genannte schlichte Ausschlagung der Erbschaft (das ist die Ausschlagung ohne Benennung eines dadurch Begünstigten) vor Abgabe der Erbserklärung vernichtet den vorher eingetretenen Erbanfall wieder und hat keine Belastung durch Erbschaftssteuer (beim Verzichtenden) oder Grunderwerbsteuer (beim Empfänger) zur Folge. Von einer so genannten einfachen Ausschlagung spricht man, wenn durch die Entschlagung eine Person zum Zuge kommt, der die Erbschaft ohne den Anfall an den zunächst Berufenen ohnehin angefallen wäre. Bekäme der Dritte bei Ausschlagung ohne jeden Beisatz ohnedies die ganze Erbportion, so liegt Ausschlagung nach § 805 ABGB vor und kommt dem Beisatz "zu Gunsten ....." nur die Bedeutung einer Motivierung zu. Der Rechtstitel, der in diesem Fall zum Erwerb des Nachlassvermögens verhilft, ist nicht ein der Grunderwerbsteuer unterliegender Vertrag hinsichtlich des Anteiles, sondern ist im Gesetz begründet.

Anders verhält es sich mit einer so genannten qualifizierten Ausschlagung der Erbschaft, durch die eine bestimmte Person (der die Erbschaft bei Wegfall des zunächst Berufenen nicht ohne weiteres angefallen wäre) begünstigt wird. Bei der qualifizierten Erbausschlagung bleibt beim ausschlagenden Erben der Erbanfall steuerlich bestehen. Gegebenenfalls liegt zusätzlich ein Erbschaftskauf oder eine Erbschaftsschenkung (möglich ist auch eine gemischte Erbschaftsschenkung) vor. Durch die qualifizierte Erbausschlagung wird der Anspruch auf Übereignung der in den Nachlass fallenden Grundstücke erworben. Dieser Erwerb fällt nach § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG unter die Grunderwerbsteuer.

Da J.B., B.H., M.H. und A.J. ihre Erbteile dem Berufungswerber zukommen lassen wollten, konnten sie sich nicht ohne Benennung eines Begünstigten entschlagen, sondern mussten sie das ihnen zustehende Recht an den Berufungswerber übertragen. Hätten sie die Erbschaft ohne Benennung eines Begünstigten ausgeschlagen, wären ihre Anteile nicht zur Gänze dem Berufungswerber angefallen. Da bei einer schlichten Ausschlagung der Erbschaft dem Berufungswerber die Anteile nicht zur Gänze zugefallen wären, ist er für den Übergang dieses Erbteiles voll grunderwerb- und

schenkungssteuerpflichtig, und zwar auch dann, wenn er bei vorbehaltsloser Entschlagung einen Teil davon von Todes wegen erworben hätte. Eine Aufspaltung ist nicht möglich, da hier dem Grunderwerbsteuergesetz und dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz die wirtschaftliche Betrachtungsweise fehlt.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 8. September 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

Schlagworte:

qualifizierte Erbsentschlagung, Erbschaftskauf

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