Kapitalertragsteuer bei vorzeitiger Tilgung von Nullkuponanleihen
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/13/0172 eingebracht (Amtsbeschwerde). VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/13/0171 eingebracht. Mit Erk. vom 30.3.2011 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit der erstbeschwerdeführenden Partei aufgehoben. Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei als unbegründet abgewiesen. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. RV/1048-W/11 erledigt.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der A-AG, Adresse1, vertreten durch B, vom 1. April 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 23 vom 1. März 2004 betreffend Abweisung der Anträge vom 5. Juni 2003 auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer gemäß § 202 in Verbindung mit § 201 BAO für zwei Wertpapiertransaktionen im Zeitraum März 2003 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Die A-AG (im Folgenden Bw.) übermittelte als Beilage zu einem Schreiben vom 13. Mai 2003 eine Kapitalertragsteueranmeldung betreffend den Zeitraum März 2003, mit der der Abzug und die Abfuhr von Kapitalertragsteuer in Höhe von € 1.312.055,06 bekannt gegeben wurde. In dem Schreiben wurde mitgeteilt, dass die gegenständliche Kapitalertragsteueranmeldung auch einbehaltene Kapitalertragsteuer aus dem mit Valutadatum 20. März 2003 erfolgten vorzeitigen Rückkauf der Nullkuponanleihe XS 0085291242 (Wertpapierkennnummer 230525) der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung 98-28 enthalte. Der Rückkauf sei gemäß den Anleihebedingungen zu 2,137% (Ausgabewert 1%) des Nominales erfolgt. Weiters wurde die dabei von der Bank angewendete Berechnungsmethode offen gelegt. Danach ergibt sich der Kapitalertrag aus dem Differenzbetrag des Ausgabewertes in Euro mit dem Rückkaufpreis in Euro.
Mit zwei Schreiben, jeweils vom 5. Juni 2003, beantragte die Bw. u.a. die Festsetzung der Kapitalertragsteuer gemäß § 202 in Verbindung mit § 201 BAO hinsichtlich zweier Geschäftsfälle, die in der Kapitalertragsteueranmeldung vom 13. Mai 2003 enthalten seien. Es handle sich dabei um die Geschäftsfalle zweier Kunden, die von der oben erwähnten Anleihe Nominale von PLN 35.000.000,- bzw. PLN 1.956.420.000,- gehalten hätten.
Gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 seien Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert und Einlösungswert/Rückkaufpreis von Wertpapieren nur dann Einkünfte aus Kapitalvermögen, wenn diese 2% des Wertpapiernominales übersteigen würden. Da dies bei den oben erwähnten Geschäftsfällen nicht der Fall sei, sei bei diesen Geschäftsfällen kein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen und die Kapitalertragsteuer jeweils mit € 0,00 festzusetzen und nicht wie in der Kapitalertragsteueranmeldung angegeben mit € 19.759,20 bzw. € 1.104.494,21.
Weiters sei bei der manuellen Abrechnung ein Rechenfehler unterlaufen. So habe die Bw. hinsichtlich des zweiten Geschäftsfalles nur einen Betrag von € 1.104.494,21 gemeldet und abgeführt, dieser Betrag sei aber um € 100,- zu niedrig.
Mit Bescheid vom 1. März 2004 wies das Finanzamt diese Anträge ab. Nach Auffassung des Finanzamtes sei die Freigrenze des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 eindeutig überschritten, weil in den Fällen vorzeitiger Tilgung die 2% Grenze nicht auf das für die Gesamtlaufzeit bezogene Nominale, sondern auf den Rückkaufpreis zu beziehen sei. Da sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erwiesen habe, dürfe keine Festsetzung der Abgabe erfolgen.
Dagegen erhob die Bw. Berufung und führte nach Darstellung des bisherigen Verfahrensverlaufes aus, dass sie die Kapitalertragsteuer ausschließlich deshalb im Rahmen der Kapitalertragsteueranmeldung für den Monat März 2003 an das Finanzamt abgeführt habe, weil sie eine Haftung als Abzugsverpflichtete vermeiden habe wollen. Wäre die Bw. in Folge der Nichtabfuhr der Kapitalertragsteuer zur Haftung herangezogen worden, hätte sie die Kapitalertragsteuer nur im Wege des Regresses gegenüber den Kunden geltend machen können. Die Bw. hätte damit ein erhebliches Risiko sowie Kosten auf sich nehmen müssen, um den Betrag der entrichteten Kapitalertragsteuer bei den (womöglich ehemaligen) Kunden einbringlich zu machen. Um dieses Risiko auszuschließen, habe die Bw. vom Rückkaufpreis die Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt, obwohl sie bereits zu diesem Zeitpunkt die Rechtsauffassung vertreten habe, dass die in § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 normierte Freigrenze von 2% auf die gegenständliche Wertpapiertransaktion anzuwenden gewesen wäre und demnach kein der Kapitalertragsteuer unterliegender Sachverhalt vorgelegen sei.
Aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ergebe sich eindeutig, dass bei vorzeitigem Rückkauf des Wertpapiers an Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis tritt. Bei vorzeitigem Rückkauf einer Nullkuponanleihe, auf den - so wie hier - § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl I Nr. 71/2003 noch nicht anzuwenden gewesen sei, sei § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 nämlich so zu lesen, dass zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch gehören: "Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert und dem Rückkaufpreis der Nullkuponanleihe, wenn diese 2% des Wertpapiernominales übersteigen".
Im Falle des vorzeitigen Rückkaufs berechne sich der relevante Unterschiedsbetrag daher schon nach dem Wortlaut des Gesetzes durch Abzug des Ausgabewertes vom Rückkaufpreis. Nur dann, wenn der solcher Art berechnete Unterschiedsbetrag 2% des Wertpapiernominales übersteige, lägen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, die der Kapitalertragsteuer unterlägen.
Bei beiden hier in Frage stehenden Transaktionen übersteige der Unterschiedsbetrag nicht 2% des Wertpapiernominales.
Für die vom Finanzamt vorgenommene Interpretation des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 bleibe auf Grund des eindeutigen Wortlautes dieser Bestimmung aber kein Platz. Zwar normiere § 27 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988, dass im Falle des vorzeitigen Rückkaufes eines Wertpapiers an Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis zu treten habe; die Freigrenze von 2% des Wertpapiernominales lasse aber § 27 Abs. 2 Z 2 letzter Satz EStG 1988 unberührt. Auch im Falle des vorzeitigen Rückkaufs des Wertpapiers würden steuerbare Kapitaleinkünfte nur dann vorliegen, wenn der Unterschiedsbetrag (zwischen Ausgabewert und Rückkaufpreis) 2% des Wertpapiernominales übersteige und nicht - im Gegensatz zu der vom Finanzamt vertretenen Auffassung - schon dann, wenn der Unterschiedsbetrag 2% des Rückkaufpreises übersteige.
Mit Vorhalt vom 27. Juli 2005 wurde die Bw. ersucht, bekannt zu geben, ob anlässlich des Erwerbes der gegenständlichen Wertpapiere im Nominale von PLN 1.956.420.000 und PLN 35.000.000 durch zwei Kunden Kapitalertragsteuergutschriften geltend gemacht wurden. Weiters wurde die Bw. gebeten, gegebenenfalls auch die Höhe der geltend gemachten Gutschriften bekannt zu geben. Erläuternd wurde dazu im Vorhalt ausgeführt, diese Angaben seien deshalb erforderlich, weil, für den Fall, dass in diesen Fällen keine Steuerpflicht gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 besteht, die beim Erwerb als Gutschrift geltend gemachte Kapitalertragsteuer zur Herstellung der Kapitalertragsteuerneutralität der Transaktionen bei einer Festsetzung der Kapitalertragsteuer zu berücksichtigen wäre (in sinngemäßer Anwendung des § 95 Abs. 6 EStG 1988).
Mit Schreiben vom 26. August 2005 teilte die Bw. folgendes mit:
1. Anleihen im Nominale von PLN 1.956.420.000,-
Die geltend gemachte - linear berechnete - Kapitalertragsteuergutschrift betrug ATS 115.779.882,61. Die vom zuständigen Finanzamt anerkannte - finanzmathematisch berechnete - Kapitalertragsteuergutschrift betrug ATS 6.469.262,30.
Der Differenzbetrag in Höhe von ATS 109.310.620,31 wurde der Berufungswerberin mit Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom 2.5.2001 (St.Nr. xxx, Prüfungszeitraum Mai bis Juni 2000) vorgeschrieben und dem Kunden angelastet.
2. Anleihen im Nominale von PLN 35.000.000
Die geltend gemachte - linear berechnete - Kapitalertragsteuergutschrift für einen Teil dieser Anleihen im Nominale von PLN 10.000.000,- betrug nach den Informationen der Berufungswerberin ATS 672.426,64.
Da diese Anleihen erst nach Erteilung der Kapitalertragsteuergutschrift durch ein anderes Kreditinstitut auf ein Depot der Berufungswerberin übertragen wurden, stehen der Berufungswerberin keine Informationen darüber zur Verfügung, ob die linear berechnete Kapitalertragsteuergutschrift vom zuständigen Finanzamt anerkannt wurde und allenfalls in welcher Höhe dieses Kreditinstitut zur Haftung für die Differenz zwischen der linear und der finanzmathematisch berechneten Kapitalertragsteuergutschrift herangezogen wurde.
Die geltend gemachte - linear berechnete - Kapitalertragsteuergutschrift für den anderen Teil dieser Anleihen im Nominale von PLN 25.000.000,- betrug ATS 1.666.528,09. Die vom zuständigen Finanzamt anerkannte - finanzmathematische berechnete - Kapitalertragsteuergutschrift betrug ATS 94.805,71.
Der Differenzbetrag in Höhe von ATS 1,571.722,38 wurde der Berufungswerberin mit Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom 2.5.2001 (St.Nr. xxx , Prüfungszeitraum Juli 2000) vorgeschrieben und dem Kunden angelastet.
Der in der Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufes geschilderte Sachverhalt ist insbesonders hinsichtlich der Höhe der gutgeschriebenen und einbehaltenen Kapitalertragsteuerbeträge im Wesentlichen unstrittig.
Für die Anleihen im Nominale von PLN 1.956.420.000 und 35.000.000,- betrug der Ausgabewert von 1% zum Ausgabedatum 20. März 1998 PLN 19.564.200,- bzw. 350.000,- Zum damaligen Kurs von PLN/EUR von 0,268988 berechnet nach den Anleihebedingungen ("Inital PLN/ITL-exchange rat": 0,00192PLN=ITL1,00) ergibt dies einen Ausgabewert in Euro von 5.262.525,03 bzw. 94.145,79.
Der Rückkaufwert zum Valutastichtag (2,137% des Wertpapiernominales) beträgt PLN 41.808.695,40 bzw. 747.950,-. Der für den Rückkauf maßgebliche Kurs berechnet nach den Anleihebedingungen war PLN/EUR 0,231543. Der Rückkaufpreis betrug daher Euro 9.680.510,76. bzw. 173.182,59.
Währung | Kurs | Nominale | Ausgabewert | Rückkaufpreis | 2% des Nominales | Differenz Ausgabewert zu Rückkaufpreis |
PLN | 1.956.420.000 | 19.564.200 | 41.808.695 | 39.128.400 | 22.244.495 | |
EUR(Ausgabe) | 0,268988 | 526.253.503 | 5.262.535 | 11.246.037 | 10.525.070 | 5.983.502 |
EUR(Rückkauf) | 0,231543 | 452.995.356 | 4.529.954 | 9.680.511 | 9.059.907 | 5.150.557 |
PLN | 35.000.000 | 350.000 | 747.950 | 700.000 | 397.950 | |
EUR(Ausgabe) | 0,268988 | 9.414.580 | 94.146 | 201.190 | 188.292 | 107.044 |
EUR(Rückkauf) | 0,231543 | 8.104.005 | 81.040 | 173.183 | 162.080 | 92.143 |
Über die Berufung wurde erwogen:
Die für die gegenständliche Berufungserledigung maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten wie folgt:
§ 201 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002:
(1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen vorliegen würden, oder
4. wenn sich die Selbstberechnung wegen Widerspruches mit zwischenstaatlichen abgabenrechtlichen Vereinbarungen oder mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union als nicht richtig erweist.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist, oder
2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
Gemäß § 202 Abs.1 BAO gilt § 201 sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt. Hiebei sind Nachforderungen mittels Haftungsbescheides (§ 224 Abs. 1) geltend zu machen. Nach § 202 Abs.1 BAO gilt Abs. 1 des § 202 BAO nicht, soweit ein zu Unrecht einbehaltener Betrag gemäß § 240 Abs. 3 zurückgezahlt wurde oder im Fall einer Antragstellung nach dieser Bestimmung zurückzuzahlen wäre.
Gemäß § 93 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 400/1988 unterliegen Unterschiedsbeträge zwischen dem Ausgabewert eines Wertpapiers und den im Wertpapier festgelegten Einlösungswert, soweit sie 2% des Wertpapiernominales übersteigen, einem Kapitalertragsteuerabzug.
Dieser Kapitalertragsteuerabzug ist bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen gemäß § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 von der kuponauszahlenden Stelle, das ist das Kreditinstitut, das die Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung eines Forderungswertpapiers auszahlt, vorzunehmen.
Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen.
Werden Kapitalerträge rückgängig gemacht, dann sind von dem zum Abzug Verpflichteten gemäß § 95 Abs. 6 EStG 1988 die entsprechenden Beträge an Kapitalertragsteuer gutzuschreiben.
Gemäß § 96 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 hat bei Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren der zum Abzug Verpflichtete die in einem Kalendermonat einbehaltenen Steuerbeträge abzüglich gutgeschriebener Beträge spätestens am 15. Tag nach Ablauf des folgenden Kalendermonats abzuführen.
Der zum Abzug Verpflichtete haftet gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.
Aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 400/1988 ergibt sich eindeutig, dass bei einem vorzeitigen Rückkauf eines Wertpapiers an Stelle des Einlösungswertes der Rückkaufpreis tritt. Bei einem vorzeitigen Rückkauf ergibt sich der maßgebliche Unterschiedsbetrag durch Abzug des Ausgabewertes vom Rückkaufpreis. Nur dann, wenn der auf diese Weise ermittelte Unterschiedsbetrag 2% des Wertpapiernominales übersteigt, liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, die einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Bei beiden berufungsgegenständlichen Transaktionen übersteigt der Unterschiedsbetrag nicht 2% des Wertpapiernominales.
Wie aus der Tabelle auf Seite 5 ersichtlich liegt dieser Unterschiedsbetrag auch bei allen möglichen Varianten der Umrechnung der maßgeblichen Werte in Euro immer unter 2% des Wertpapiernominales.
Die vom Finanzamt vorgenommene Interpretation des § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 400/1988, nämlich, dass im Falle des vorzeitigen Rückkaufs der Rückkaufpreis nicht nur an die Stelle des Einlösungswertes, sondern auch an die Stelle des Wertpapiernominales trete, findet im Wortlaut der Bestimmung keine Deckung.
Anlässlich des Erwerbes der gegenständlichen Wertpapiere durch die beiden Kunden ist die Bw. von einer Kapitalertragsteuerpflicht dieser Wertpapiere ausgegegangen und hat für die im Kaufpreis enthaltenen anteiligen Kapitalerträge Kapitalertragsteuergutschriften geltend gemacht.
Nunmehr steht aufgrund des vorzeitigen Rückkaufes der Wertpapiere am 20. März 2003 fest, dass keine Kapitalerträge vorliegen, die einem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Gemäß § 95 Abs. 6 EStG 1988 sind dann, wenn Kapitalerträge rückgängig gemacht werden, von dem zum Abzug Verpflichteten die entsprechenden Beträge an Kapitalertragsteuer gutzuschreiben, das heißt der Kapitalertragsteuerabzug ist rückgängig zu machen. Dies muss auch für den Fall gelten, wenn der zum Abzug Verpflichte davon Kenntnis erlangt, dass er dem Erwerber eines Wertpapiers eine Kapitalertragsteuergutschrift mangels eines kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalertrages nicht erteilen hätte dürfen.
Aufgrund des vorzeitigen Rückkaufes der Wertpapiere hat sich nunmehr ergeben dass die Unterschiedsbeträge zwischen den Ausgabewerten der Wertpapiere und den Rückkaufwerten 2% der Wertpapiernominale nicht übersteigen und daher überhaupt keine Kapitalertragsteuerpflicht für die beiden Erwerber besteht. Somit besteht aber auch kein Grund für eine Kapitalertragsteuergutschrift.
Die Bw. war daher einerseits mangels Zutreffen der Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in Verbindung mit § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 idF BGBl. Nr. 400/1988 nicht verpflichtet vom Rückkaufpreis der Wertpapiere Kapitalertragsteuer einzubehalten, hätte aber andererseits die beim Erwerb als Gutschrift geltend gemachte Kapitalertragsteuer zur Herstellung der Kapitalertragsteuerneutralität der Transaktionen einbehalten und abführen müssen.
Aus diesem Grund erweist sich die Selbstberechnung als unrichtig.
Das Finanzamt hätte daher gemäß § 202 Abs. 1 in Verbindung mit § 201 Abs.1 und 3 Z 1 BAO die Kapitalertragsteuer mit Bescheid festsetzen müssen. § 202 Abs. 2 BAO ist gegenständlich nicht anzuwenden, weil nicht ausschließlich zu Unrecht einbehaltene Beträge im Sinne des § 240 Abs. 3 BAO vorliegen, sondern auch die von der Bw. beim Kauf geltend gemachten Kapitalertragsteuergutschriften rückgängig zu machen sind.
Der Bescheid, mit denen die Anträge auf Festsetzung der Kapitalertragsteuer abgewiesen wurden, war daher aufzuheben.
Wien, am 11. Oktober 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Nullkuponanleihe, vorzeitige Tilgung |