a) Sammlung von Bioabfall und dessen Kompostierung sowie Baum- und Strauchschnitt durch einen Landwirtb) Abgrenzung Nebenbetrieb, Nebentätigkeit, Gewerbebetrieb
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Steuerberater, vom 6. Juni 2001 gegen den Bescheid des Finanzamtes vom 7. Mai 2001 betreffend Einkommensteuer 2000 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Abgabepflichtige ist Land und Forstwirt. Er führte im Jahr 2000 im Auftrag eines örtlichen "Maschinen- und Betriebshilferinges" die Sammlung von Bioabfall und dessen Kompostierung sowie den Blumen- und Strauchschnitt für die Gemeinde E und andere Auftraggeber durch. Er verwendete hiefür sowohl eigene als auch angemietete Maschinen. Die aus dieser Tätigkeit erzielten Einnahmen betrugen laut einer "Auftragnehmerstatistik" des Maschinen- und Betriebshilferinges 302.084 S. Das Finanzamt erhöhte diesen Betrag um 20.280 S (wobei die dazu bei Kennzahl 520 des am 29.3.2001 eingereichten Formulares E 25 angebrachte Erklärung nicht entziffert werden kann). Mit dem am 7.5.2001 ausgefertigten Einkommensteuerbescheid für 2000 wurden die Einkünfte (von zusammen 322.364 S) als solche aus einem landwirtschftlichen Nebenerwerb beurteilt und mit 50 % der Einnahmen (somit 161.182 S) geschätzt.
Der Abgabepflichtige erhob fristgerecht am 29. Mai 2000 Berufung. In der angeschlossenen ("berichtigten") Einkommensteuererklärung samt Beilagen (E 25 und Komb 26) gab er die Einkünfte aus der o.a. Tätigkeit mit 38.648 S an. In der Berufung und in einer Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom 21.6.2001 führte er dazu aus:
Er habe es "als landwirtschaftlichen Nebenerwerb" übernommen, für die Gemeinde Kompostabfälle zu sammeln und Baum- und Strauchschnitt zu kompostieren. Die Kompostsammlung sei nach aufgewendeten Stunden, der Baum- und Strauchschnitt nach der Menge des fertigen Kompostes in Kubikmeter jeweils unter Anwendung der ÖKL-Richtsätze abgerechnet worden. Der vom Finanzamt verlangte Nachweis der tatsächlich entstandenen Kosten sei für das Jahr 2000 nicht mehr möglich. Er habe die Belege, da sie für die Verrechnung mit der Gemeinde ohne Bedeutung gewesen seien, nicht aufbewahrt. Er habe daher versucht, die entstandenen Kosten an Hand der ÖKL-Richtwerte und der von der Landeslandwirtschaftskammer ermittelten anteiligen Maschinenstunden für Baum- und Strauchschnitt glaubhaft zu machen. Es stelle sich auch die Frage, "ob überhaupt eine Nebentätigkeit" vorliege (Hinweis auf EStR RZ 4229 und Jilch, "Die Besteuerung pauschalierter Land-. und Forstwirte", Seite 153, FN 881).
Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom 1.3.2002 als unbegründet abgewiesen. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Berufungswerbers würden durch Pauschalierung ermittelt, wobei die Abschreibung und die Betriebskosten der eingesetzten Maschinen enthalten seien. Die vom Berufungswerber gewählte Berechnung würde daher diese Position doppelt berücksichtigen ("Pauschalierung und Richtsätze"). Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass zu den "bereits abpauschalierten Ausgaben" weiterer Mehraufwand angefallen sei. Soweit in der Berufung das Vorliegen einer Nebentätigkeit angezweifelt wurde, wies das Finanzamt darauf hin, dass "bei entsprechendem Bedarf Kompost an Außenstehende verkauft und auch zugestellt" worden sei. Es liege daher eine von der Pauschalierung nicht umfasste landwirtschaftliche Nebentätigkeit vor.
Im Vorlageantrag vom 26.3.2003 bestreitet der Berufungswerber, Ausgaben doppelt geltend gemacht zu haben. Durch die Tätigkeit als Kompostierer würden zusätzliche Betriebsstunden anfallen, was zusätzliche Betriebskosten nach sich ziehe. Die allein auf den "an Außenstehende" erfolgten Verkauf von Kompost gestützte Beurteilung als Nebentätigkeit sei nicht zutreffend. Er produziere jährlich rund 90 m³ Kompost. Davon würden "sicherlich nicht mehr als 1 m³" an Dritte abgegeben. Die Abgabe größerer Mengen sei nicht möglich, weil er sonst für die Düngung der eigenen landwirtschaftlichen Flächen Düngemittel zukaufen müsste.
Über die Berufung wurde erwogen:
Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Einkünfte aus einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Als Nebenbetrieb gilt ein Betrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb zu dienen bestimmt ist (vgl. § 21 Abs. 2 EStG 1988). Es handelt sich um einen Betrieb, der, wenn er ohne Zusammenhang mit der Land- und Forstwirtschaft betrieben würde, als Gewerbebetrieb anzusehen wäre. Der Nebenbetrieb ist auf Grund seiner wirtschaftlichen Zweckbestimmung und seiner wirtschaftlichen Bedeutung dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft im Sinn eines Hilfsbetriebes untergeordnet (z.B. VwGH 29.4.1960, 1479/59 und 4.3.1986, 85/14/0146). Der Nebenbetrieb muss (u.a.) mit eigenem, ihm zurechenbaren Betriebsvermögen ausgestattet sein. Ein Nebenbetrieb liegt daher nicht vor, wenn er im Wesentlichen mit Betriebsmitteln des Hauptbetriebes geführt wird. In diesem Fall liegt eine Nebentätigkeit (Nebenerwerb) vor (Doralt, EStG9, § 21 Tz 71 f).
Land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeiten (auch Nebenerwerb genannt) sind an sich gewerbliche Tätigkeiten, die keine Nebenbetriebseigenschaft haben, sich aber als Ausfluss der land- und forstwirtschaftlichen Haupttätigkeit darstellen. Kennzeichnend ist, dass für ihre Ausübung keine über die Land- und Forstwirtschaft hinausgehende Organisation nötig ist, d.h. die verwendeten Betriebsmittel sind notwendiges Betriebsvermögen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Die Tätigkeit tritt selbst nicht eigenständig in Erscheinung und ist auch wirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung. Ob eine wirtschaftliche Unterordnung der Nebentätigkeit vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, wobei das Verhältnis der Umsätze ein taugliches Kriterium darstellt. Beträgt der Umsatz aus der Nebentätigkeit weniger als 25 % der Gesamtumsätze aus der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit, kann eine wirtschaftliche Unterordnung angenommen werden. Überwiegen die Umsätze aus der Nebentätigkeit, dann liegt ein selbständiger Gewerbebetrieb vor (vgl. Doralt, EStG9, § 21 Tz 90 mwH und Tz 187).
Der Berufungswerber verwendet für die Sammlung von Bioabfall die für seine Landwirtschaft bereits 1994 angeschafften Maschinen ("Traktor 85 PS, Anhänger groß und Frontlader"; vgl. Berufung). Er muss darüber hinaus auch "Leistungen zukaufen" ("Schredder, Sieb, Hacker"; vgl. Vorhaltbeantwortung vom 5.8.2001). Die Auskunft, wonach der produzierte Kompost in der eigenen Landwirtschaft zur Düngung verwendet werde (Vorhaltbeantwortung vom 5.8.2001), wurde nach gegenteiligen Feststellungen des Finanzamtes relativiert. Im Jahr 2000 sei "einmalig" an den örtlichen Tourismusverband Kompost für den Schwimmbadbau geliefert worden. Dem Musikverein und der freiwilligen Feuerwehr habe er jeweils 2 m³ Kompost für die Christbaumversteigerung unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Auch Verkäufe an Privatpersonen seien - zum Preis von 400 S je m³ - erfolgt (Vorlageantrag vom 26.3.2002; Vorhaltbeantwortung vom 2.5.2002).
Den maßgebenden "Einheitswert für den Grundbetrag" ermittelte das Finanzamt ausgehend von den Angaben des Berufungswerbers (im Formular E 25, eingereicht am 29.5.2001; vgl. auch die der Berufung angeschlossene berichtigte Erklärung) mit 75.202 S. Der Grundbetrag ergab sich mit 20.305 S (27 % von 75.202 S). Die Einnahmen aus der Nebentätigkeit gab der Berufungswerber mit 302.084 S an, den Gewinn ermittelte er mit 38.640 S. Schätzt man den Umsatz aus der Land- und Forstwirtschaft mit 150 % des Einheitswertes (vgl. dazu Doralt, EStG9, § 21 Tz 91/1), so betragen sowohl Umsatz als auch Gewinn aus der Nebentätigkeit annähernd das Doppelte der entsprechenden Vergleichsgrößen aus dem land- und forstwirtschafltichen Betrieb. Der Nebentätigkeit kann daher im Vergleich zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr nur untergeordnete wirtschaftliche Bedeutung beigemessen werden. Die Einkünfte können mangels wirtschaftlicher Unterordnung nicht jenen aus Land- und Forstwirtschaft zugeordnet werden. Es liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor.
Bei der Ermittlung der Höhe der Einkünfte ist von den bekannten Einnahmen auszugehen. Die erwachsenen Aufwendungen kann der Berufungswerber dagegen nicht mehr mitteilen. Der Gewinn muss daher gemäß § 184 BAO geschätzt werden. In der Berufung vom 29.5.2001 wurde eine Schätzung vorgenommen. Daraus ist ersichtlich, an welchen Tagen die jeweiligen Arbeiten durchgeführt wurden. Die Ausgaben wurden durch Anwendung der vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik und Landentwicklung (ÖKL) veröffentlichten Richtsätze (362 S für die Traktorstunde, 75 S je Stunde für den Anhänger und 386 S je Stunde für den Frontlader) auf die jeweilige Einsatzdauer mit 45.069 S (Traktor), 9.337 S (Anhänger groß) und 16.380 S (Frontlader) errechnet. Die Kosten für den "Strauchschnitt" wurden mit ca. 112 S je m³ angenommen (für 1.710 m³ ergaben sich Kosten von 190.727 S). Den Gewinn ermittelte der Berufungswerber auf diese Weise mit 38.648 S.
Zur Berechnung dieser Richtwerte erläuterte das ÖKL (z.B. unter "http://www.oekl.at / publikationen /sonstige/ richtwerte"), es handle sich um die reinen Selbstkosten, d.h. ohne Gewinn, ohne Umsatzsteuer und ohne Entgelt für Arbeitszeit oder andere Spesen. Bei außergewöhnlichen Verhältnissen seien Zu- oder Abschläge gerechtfertigt. Die Selbstkosten seien unter Berücksichtigung mittlerer Neuwerte einer Reihe vergleichbarer Fabrikate errechnet worden. Es handle sich um Kosten für "reine Betriebszeiten", Kosten für Standzeiten seien separat zu berücksichtigen. Die ÖKL-Richtwerte seien "Anhaltspunkte für die Verrechnung von Leistungen im Rahmen der Maschinen- und Betriebshilferinge" und "Grundlage für die Anerkennung der Pauschalierung von Einkünften aus solchen Dienstleistungen durch das Finanzamt".
Der UFS hält die in der Berufung erfolgte Schätzung daher für geeignet, dem tatsächlich erwirtschafteten Ergebnis möglichst nahe zu kommen. Andere Berechnungsgrundlagen stehen nicht zur Verfügung und auch das Finanzamt hat nicht dargelegt, weshalb gerade eine Schätzung der Ausgaben mit 50 % der Einnahmen (vgl. Berufungsvorentscheidung) zutreffend sein sollte.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt (in Schilling und in Euro)
Innsbruck, am 30. August 2005
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 21 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Nebenbetrieb, Nebentätigkeit, Gewerbebetrieb |