UFS RV/0419-G/02

UFSRV/0419-G/0212.4.2005

unentgeltlicher Erwerbsvorgang bei Neuparifizierung

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des R., vertreten durch Styria Treuhand- u. Revisions- G.m.b.H. Nfg. KEG, 8010 Graz, Brockmanngasse 75, vom 10. April 2002 gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom 12. März 2002 betreffend Grunderwerbsteuer 2002 bzgl. Erwerbsvorgang mit G.N. entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, im Folgenden kurz Bw. genannt, war neben 5 weiteren Personen Miteigentümer der Liegenschaft EZ X, an der für ihn und für das Ehepaar N. Wohnungseigentum begründet war. Auf Grund einer vom Bw. vorgenommenen baulichen Änderung, nämlich dem Ausbau des Dachraumes zu einer selbstständigen Wohnung, kam es zu neuen Nutzflächen und wurde am 16. Dezember 2000 ein neues Parifizierungsgutachten erstellt, demzufolge sich der Gesamtnutzwert von 918 auf 1.127 erhöhte. Durch einen Anteilsänderungs- und Wohnungseigentumsvertrag vom 13. bzw. 15. Februar 2002 wurde diesem Umstand Rechnung getragen, indem zunächst einvernehmlich auf das Wohnungseigentum verzichtet und dieses aufgehoben wurde.

Damit waren die bisherigen Mindestanteile zu schlichten Miteigentumsanteilen umgewandelt und hielten die Miteigentümer folgende ideellen Anteile:

Bw.

394/918

G.N.

91/918

R.N.

91/918

B.R.

142/918

E.R.

100/918

G.R.

100/918

Danach wurden nach dem neuen Nutzwertfestsetzungsgutachten folgende Anteile von den Miteigentümern unentgeltlich an den Bw. übertragen:

G.N.

19019/1,034.586

R.N.

19019/1,034.586

B.R.

29678/1,034.586

E.R.

20900/1,034.586

G.R.

20900/1,034.586

Damit ergab sich ein neuer Stand der Miteigentumsanteile, nach dem sich die Anteile des Bw. erhöhten und die Anteile der übrigen Miteigentümer dementsprechend verringerten. Sodann wurde für den Bw. und das Ehepaar N. wiederum Wohnungseigentum begründet.

Der Einheitswert der gesamten Liegenschaft betrug zum 1. Jänner 1997 1,046.000,00 S.

Das Finanzamt sah in den Anteilsänderungen fünf unentgeltliche Erwerbsvorgänge vorliegen, für die vom anteiligen dreifachen Einheitswert jeweils Grunderwerbsteuer mittels Bescheiden vom 12. März 2002 vorgeschrieben wurde. Im gegenständlichen Fall wurde für den Erwerb von G.N. ein anteiliger dreifacher Einheitswert von 4.192,00 € als Bemessungsgrundlage in Ansatz gebracht und davon 3.5% Grunderwerbsteuer festgesetzt.

Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben und vorgebracht, dass der Bw. mit zuvor eingeholter Zustimmung der Miteigentümer auf eigene Kosten das Dachgeschoss ausgebaut habe, wodurch sich die Notwendigkeit der Änderung der Mindestanteile ergeben habe. Eine Grunderwerbsteuerpflicht könne daraus nicht entstehen und wurde um Bekanntgabe der Bemessungsgrundlage ersucht.

Das Finanzamt erließ am 29. April 2002 eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte darin aus, dass der Bw. Anteile der Liegenschaft erworben habe und dies einen grunderwerbsteuerlichen Vorgang im Sinne des § 1 GrEStG darstelle und nach § 4 leg. cit. die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen sei, wenn eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Im Vorlageantrag bemängelte der Bw., dass auf sein Vorbringen nicht eingegangen und die Bemessungsgrundlage zahlenmäßig nicht mitgeteilt worden sei.

Der unabhängige Finanzsenat brachte dem Bw. daraufhin mit Schreiben vom 15. März 2005 die genauen Bemessungsgrundlagen zahlenmäßig zur Kenntnis. In einer persönlich vorgebrachten Stellungnahme erklärte der Bw., dass er darin keinen Erwerbsvorgang erkennen könne, wenn er selbst auf eigene Kosten den Dachboden ausgebaut und dann den Grundbuchsstand berichtigt habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Erwerb von Anteilen an einer Liegenschaft, die durch den auf eigene Kosten des Bw. durchgeführten Ausbau des Dachbodens eine Änderung der Nutzflächen durch Neuparifizierung erfuhr, einen grunderwerbsteuerrechtlichen Tatbestand verwirklicht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer, wenn sie ein inländisches Grundstück betreffen.

Die Grunderwerbsteuer erfasst den Grundstückswechsel als solchen ohne Rücksicht auf die mit dem Grundstückserwerb verfolgten Zwecke. Sie ist eine Rechtsverkehrsteuer, die nach ihrem Wesen an einem bestimmten Verkehrsvorgang, im vorliegenden Fall an den Erwerb des Eigentums an einem Grundstücksanteil anknüpft (VwGH 28.1.1993, 92/16/0094, 0095 ua.).

Unter einem inländischen Grundstück sind gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. In grunderwerbsteuerlicher Sicht ist beim Wohnungseigentum der anteilige Grund und Boden das Grundstück, während das Recht, eine selbstständige Räumlichkeit ausschließlich zu nutzen und hierüber allein zu verfügen, infolge seiner untrennbaren Verbindung zum Grundstücksanteil als Bestandteil des Grundstückes behandelt wird (VwGH 28. 9. 1972, 749/71). Im gegenständlichen Fall kommt es allerdings auf Grund der zuvorigen Aufhebung des Wohnungseigentumes nur zu einer Übertragung von fünf ideellen Anteilen einer Liegenschaft.

Ausgenommen von dieser grundsätzlichen Steuerpflicht bei Übergang eines inländischen Grundstückes sind allerdings nach § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141 idgF.

Von einer Grundstücksschenkung kann aber im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, da eine Bereicherung iSd § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG auf Kosten des Zuwendenden nicht eingetreten ist. Diese Aussage treffen zwei Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes (19.12.2002, 99/16/0431 und 26.6.2003, 2003/16/0074), die zu ähnlichen Fällen ergangen sind. Im letzteren Erkenntnis sieht der Verwaltungsgerichtshof einen tauschähnlichen Vorgang vorliegen: "Bei verständiger Würdigung der Vereinbarung ist also davon auszugehen, dass XY als Gegenleistung dafür, dass die Liegenschaft eine entsprechende Wertsteigerung erfährt, der Beschwerdeführerin - die diese Wertsteigerung herbeiführen sollte - in einem tauschähnlichen Vorgang die äquivalenten Miteigentumsanteile zu übertragen hatte. Anders gesagt hat XY, der sich an der Verbesserung der Liegenschaft offenkundig nicht beteiligt hat, mit der vorliegenden Vereinbarung die durch die Bautätigkeit der Beschwerdeführerin eintretende Wertsteigerung - soweit sie über den Wert der ihm verbleibenden Einheit Top 8 hinausgeht - der Beschwerdeführerin übertragen."

Der Anteilsänderungsvertrag ist daher als "anderes Rechtsgeschäft" zu sehen, das den Anspruch auf Übereignung weiterer Anteile an der Liegenschaft begründet hat.

Die Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes sind nicht auf entgeltliche Erwerbsvorgänge beschränkt (VwGH 9.1.1952, Slg 520/F; 4.11.1994, 94/16/0177). Dies geht zum Beispiel aus der Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG hervor, wonach die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist. Damit ist klargestellt, dass der Grunderwerbsteuer keineswegs nur Rechtsgeschäfte unterliegen, bei denen eine Gegenleistung vorliegt.

Wenn nun der Bw. bei einem ihm anteilig im Eigentum stehenden Gebäude einen Dachbodenausbau vornimmt, kommt es damit zu einer Steigerung des Wertes der Liegenschaft, die auch zu einer Erhöhung des Nutzwertes führt. Im gegenständlichen Fall wurden zunächst die Wohnungseigentumsverhältnisse nach § 21 des WEG (Wohnungseigentumsgesetz 1975 in der damals geltenden Fassung) aufgelöst und kam es sodann zu einer Übertragung von ideellen Anteilen an der Liegenschaft durch die anderen Miteigentümer in Höhe von insgesamt 109.516/1,034.586 an den Bw. Um den gleichen Betrag verringerten sich die von den übrigen Miteigentümern gehaltenen Liegenschaftsanteile. Werden in einem Anteilsänderungsvertrag dem Bw. die entsprechenden Anteile von den übrigen 5 Miteigentümern überlassen, so sind darin 5 Erwerbsvorgänge von Grundstücksanteilen zu sehen, die grundsätzlich die Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auslösen.

Die vereinbarte Unentgeltlichkeit führt zum Ansatz des anteiligen Einheitswertes als Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG. Als Wert eines Grundstückes ist in diesen Fällen ab 1. Jänner 2001 das Dreifache des Einheitswertes anzusetzen, der auf den dem Erwerbszeitpunkt unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt worden ist.

Bei einem Einheitswert von 1,046.000,00 S beträgt der dreifache Wert 3,138.000,00 S oder 228.047,35 €. Umgelegt auf den Anteil, den G.N. auf den Bw. übertragen hat, nämlich 19.019/1,034.586, beträgt die Bemessungsgrundlage 4.192,00 € und davon 3,5 % Grunderwerbsteuer 146,72 €.

In Anbetracht der Sach- und Rechtslage war spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am 12. April 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987
§ 4 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987

Schlagworte:

Neuparifizierung, Grunderwerbsteuer, unentgeltlicher Erwerbsvorgang

Stichworte