Rechtzeitigkeit der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie 2002
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., in W., vertreten durch Stb., vom 22. März 2004 gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 6/7/15 vom 3. März 2004 betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für 2002 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Am 29. Oktober 2003 reichte die Berufungswerberin (Bw.) die Umsatz- und die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 samt Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und Anlagenverzeichnis beim Finanzamt ein. Dieses erließ in der Folge die Steuerbescheide vom 16. Jänner 2004.
Gegen den Einkommensteuerbescheid wurde mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2004, beim Finanzamt eingelangt am 22. Jänner 2004, unter Beilage einer korrigierten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und nochmaligem Anschluss des Anlagenverzeichnisses Berufung erhoben. In dieser Berufung wurde auch die Erhöhung der Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie erwähnt. Ebenfalls am 22. Jänner 2004 wurde die Beilage zur Einkommensteuererklärung für 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie mit dem Verzeichnis der Wirtschaftsgüter (Formular E108e) übermittelt, mit der eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von € 2.827,00 beantragt wurde. Auf dieser Beilage wurde der handschriftliche Vermerk "korrigierte" angebracht.
Mit stattgebender Berufungsvorentscheidung vom 3. März 2004 erkannte das Finanzamt die mit der Berufung geltend gemachten Betriebsausgaben an.
Das Ansuchen betreffend Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie für 2002 wies das Finanzamt mit Bescheid vom 3. März 2004 ab. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, das Verzeichnis zur Geltendmachung der Investitionszuwachsprämie müsse gleichzeitig mit der Erklärung bzw. spätestens mit Ergehen des Einkommensteuerbescheides vorgelegt werden. Da das Verzeichnis erst am 22. Jänner 2004 eingelangt sei, könne die Investitionszuwachsprämie nicht mehr geltend gemacht werden.
Gegen diesen Abweisungsbescheid wurde fristgerecht Berufung mit folgender Begründung erhoben:
"Die am 22.01.2004 bei Ihnen eingelangte Beilage zur Einkommensteuer- / Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e müsste die bereits korrigierte und als solche auch gekennzeichnete Beilage gewesen sein, in der eine Korrektur zu der, unseres Erachtens, am 29.10.2003 mit den übrigen Unterlagen, das Jahr 2002 betreffend, eingereichten, ursprünglichen, Beilage zur Einkommensteuererklärung (wohl zu ergänzen: enthalten ist).
Wir erlauben uns Ihnen nochmals beide Beilagen, bei denen zugegebenermaßen leider kein Datum angegeben ist, mit den dazugehörenden Postaufgabescheinen in Kopie beizulegen und ersuchen, den genannten Formfehler unberücksichtigt gelassen, unseren Antrag auf Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e in Höhe von € 2.827,00 statt zu geben."
Dieser Berufung waren in Kopie zwei ausgefüllte, undatierte Formulare E108e angeschlossen. Im ersten wurde eine Prämie in Höhe von € 2.777,00 geltend gemacht; das zweite entsprach der Eingabe vom 22. Jänner 2004. Weiters wurden ein Postaufgabeschein über eine eingeschriebene Briefsendung an das Finanzamt für den 6., 7. und 15. Bezirk vom 29. Oktober 2003 und einer vom 21. Jänner 2004 übermittelt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob gleichzeitig mit Einreichung der Einkommensteuererklärung eine Investitionszuwachsprämie durch Abgabe des entsprechenden Verzeichnisses beantragt wurde (Standpunkt der Bw.) oder nicht (Standpunkt des Finanzamtes) und ob folglich ein Rechtsanspruch auf Gutschrift einer Prämie entstanden ist.
Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann nach § 108e EStG 1988 eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden.
Zu diesem Zweck ist der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen. Das Verzeichnis hat die Ermittlung der Bemessungsgrundlage sowie die daraus ermittelte Investitionszuwachsprämie zu enthalten und gilt als Abgabenerklärung (§ 108e Abs. 4 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung des BGB. I Nr. 155/2002).
Im gegenständlichen Fall ergibt sich anhand der objektiv vorliegenden Aktenlage, dass beim Finanzamt am 29.Oktober 2003 (vgl. den Eingangsstempel des Finanzamtes) die Umsatz- und die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 samt Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und Anlagenverzeichnis für 2002 eingelangt sind.
Erst nach dem Ergehen der Jahresbescheide vom 16. Jänner 2004 gelangte nach dem Akteninhalt gleichzeitig mit der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid am 22. Jänner 2004 das Formular E108e (Beilage zur Einkommensteuer- / Körperschaftsteuer- oder Feststellungserklärung für 2002 zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988) mit dem Verzeichnis der 2002 angeschafften Wirtschaftsgüter, denen der Investitionszuwachs zugeordnet wurde, dem Finanzamt zur Kenntnis. Das Formular E108e trägt - wie die Berufungsschrift - den Eingangsstempel des Finanzamtes vom 22. Jänner 2004. Folglich behandelte das Finanzamt den eingebrachten Antrag auf Investitionszuwachsprämie als verspätet.
Der steuerliche Vertreter der Bw. bringt demgegenüber in der Berufung gegen den angefochtenen Bescheid vor, die Beilage zur Einkommensteuererklärung zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie sei ursprünglich mit den übrigen das Jahr 2002 betreffenden Unterlagen am 29. Oktober 2003 eingereicht worden. Die am 22. Jänner 2004 im Zuge der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid übermittelte Beilage enthalte einen Antrag auf Berichtigung der Investitionszuwachsprämie.
Als Abgabenerklärung ist nur die erste Erklärung und nicht auch eine diese später berichtigende Eingabe zu verstehen (vgl. Ritz, BAO, Kommentar, 2. Auflage, Tz. 6 zu § 133 und die dort zitierte Judikatur). Somit ist mit der Steuererklärung, die im ersten Satz des § 108e Abs. 4 EStG 1988 genannt wird, im vorliegenden Fall jene am 29. Oktober 2003 eingereichte Einkommensteuererklärung gemeint. Im Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung für den Streitzeitraum, also am 29. Oktober 2003, wurde nach der Aktenlage aber weder eine Beilage zur Einkommensteuererklärung noch ein Verzeichnis zur Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie für 2002 übermittelt.
Im Übrigen finden sich im Veranlagungsakt auch keine Indizien, dass eine Investitionszuwachsprämie bereits mit Abgabe dieser Steuererklärung geltend gemacht worden wäre. Aus den mit der Berufung in Kopie vorgelegten Postaufgabescheinen kann nicht ersehen werden, was der Inhalt der jeweiligen eingeschriebene Briefsendung war. Auch aus den unterschiedlichen Unterschriften auf den am 29. Oktober 2003 eingereichten Steuererklärungen (vgl. Aktenseite 9 und 13/2002) einerseits und der am 24. März 2004 übermittelten Beilage zur Einkommensteuererklärung, in welcher eine Investitionszuwachsprämie in Höhe von € 2.777,00 beantragt wird (vgl. Aktenseite 30/2002), andererseits kann ein Hinweis auf eine mögliche gemeinsame Übersendung der angeführten Unterlagen nicht gewonnen werden. Schließlich ist auch in dem Umstand, dass in der Beilage kein Unterfertigungsdatum angegeben ist, keine Stütze für den Standpunkt der Bw. zu finden.
Damit bietet sich aber kein Anhaltspunkt dafür, dass dem Finanzamt der Antrag auf Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie für 2002 vor dem 22. Jänner 2004 zur Kenntnis gelangt wäre. Somit ist in dem dem Finanzamt am 22. Jänner 2004 übermittelten Formular E108e der erstmalige Antrag zu sehen.
Die maßgebliche gesetzliche Regelung, dass der Steuererklärung ein Verzeichnis der Investitionszuwachsprämie des betreffenden Jahres anzuschließen ist (§ 108e Abs. 4 EStG 1988), ist eindeutig und klar. Der Gesetzgeber koppelte das Verfahren betreffend Geltendmachung der Prämie, die nach dem Gesetzeswortlaut lediglich zu Lasten der veranlagten Einkommensteuer zu berücksichtigen ist, damit aber selbst weder Einkommensteuer noch eine Sonderform derselben darstellt, vom Veranlagungsverfahren und damit auch vom Einkommensteuerbescheid klar ab (vgl. § 108e Abs. 5 erster Satz EStG 1988), befristete allerdings explizit die Einreichung des Verzeichnisses mit dem Zeitpunkt der Einreichung der Einkommensteuererklärung (in dem der Steuerpflichtige das Ausmaß seiner Investitionen ja spätestens kennt). In diesem Sinne wird die zitierte Regelung auch von der Lehre verstanden. Hofstätter/Reichel (Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz 7 zu § 108e) halten zu dieser Frage fest: "Die Geltendmachung hat somit gleichzeitig mit der Einreichung der Steuererklärung beim Finanzamt zu erfolgen." Letztlich bestätigen auch Denk und Gaedke (SWK 20/21/2003, S 496) die Richtigkeit dieser Auslegung in ihrer rechtspolitisch kritischen Arbeit. Denn sonst würden sie diese nicht mit dem Wunsch nach einer Toleranzregelung abschließen. Diesem Wunsch ist das Bundesministerium für Finanzen zwischenzeitig nachgekommen, indem es den Erklärungsvordruck ergänzt hat und den Finanzämtern mitteilte, dass keine Bedenken bestünden, wenn die Prämien jeweils bis zum Ergehen (Zustellung) des das jeweilige Jahr betreffenden Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheides geltend gemacht werden (vgl. SWK 22/2003, S 545).
Mittlerweile hat auch der Gesetzgeber auf die rechtspolitisch kritischen Ausführungen reagiert. Durch das Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, wurde § 108e Abs. 4 EStG 1988 geändert. Die Neuregelung lässt die Geltendmachung der Prämien bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des jeweiligen Jahresbescheides zu, sie ist allerdings gemäß der maßgeblichen Inkrafttretensbestimmung (§ 124b Z 105 EStG 1988) erstmals für Prämien anzuwenden, die das Kalenderjahr 2004 betreffen. Auf den gegenständlichen Fall (betreffend das Jahr 2002) ist die Neuregelung nicht anwendbar.
Da im vorliegenden Fall die den Antrag auf Prämiengutschrift enthaltende Beilage zur Einkommensteuererklärung mit dem darin enthaltenen erforderlichen Verzeichnis (laut Aktenlage Eingangsstempel 22. Jänner 2004) erst nach der Einkommensteuererklärung (Erklärungsabgabe am 29. Oktober 2003), aber auch nach Ergehen des Einkommensteuerbescheides vom 16. Jänner 2004 dem Finanzamt zur Kenntnis gelangt ist, hat das Finanzamt den auf § 201 BAO fußenden Bescheid vom 3. März 2004 betreffend die Investitionszuwachsprämie zu Recht erlassen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 5. April 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 108e Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Investitionszuwachsprämie, Zeitpunkt der Einreichung des Verzeichnisses |